Kitabı oku: «La Fontaines Fabeln», sayfa 5

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Drittes Buch
1. Der Müller, sein Sohn und der Esel

An Herrn von Maucroix

Zwar ist, wie alle Kunst, der Fabeldichtung Blume

Im ersten Keim entsproßt dem griech'schen Altertume;

Allein so wenig noch ist abgemäht dies Feld,

Daß gern auch unsereins hier Ährenlese hält.

Die Dichtung ist ein Land voll unbebauter Strecken,

Wo täglich unser Aug' noch Neues mag entdecken.

Des zum Beweis hab' ich ein Stück dir auserwählt,

Das seinem Freund Racan, Malherbe einst hat erzählt.

Die zwei Poeten, beid' horazisch feine Geister,

Die Jünger des Apoll und, mehr noch, unsre Meister,

Begegneten sich einst, fern von der Welt Gebraus,

Und tauschten Lust und Leid und all ihr Denken aus.

Racan begann also: »Willst du 'nen Rat mir geben?

Du kannst es, wenn du willst; denn, Freund, du kennst das Leben,

Die Altersstufen hast du alle durchgemacht

Und stehst in Jahren, wo man jeder Furcht nur lacht.

Was soll ich tun? Zeit wär's, daß in Betracht wir's zögen –

Du kennst mein Haus wie mein Talent und mein Vermögen:

Zieh' ich in die Provinz, aufs Land mich still zurück?

Nehm' ich im Heere Dienst? Such' ich bei Hof mein Glück?

Alles ist in der Welt gemischt aus Wohl und Wehe:

Der Krieg hat seine Lust, ihr lästig Leid die Ehe.

Folgt' ich nur meinem Wunsch, wüßt' ich wohl, was ich möcht';

Doch wie mach' ich's dem Hof, dem Volk, den Meinen recht?«

Malherbe drauf: »Es recht zu machen allen Leuten!

Hör' ein Geschichtchen, die Moral ist leicht zu deuten.

Von einem Müller las ich 'mal und seinem Sohn:

Jener ein Greis, und der ein Jung', halbwachsen schon,

Von fünfzehn Jahren. Einst sah man die beiden laufen;

Sie gingen hin zu Markt, 'nen Esel zu verkaufen.

Damit das Tier hübsch frisch und recht preiswürdig sei,

Banden sie ihm die Bein' und trugen ihn ganz frei

An einem Stock, wie man Kronleuchter pflegt zu tragen –

Das dumme arme Volk, gewohnt, sich stets zu plagen!

Der erste, der sie sieht, bleibt staunend stehn und lacht:

»Nein, was dies Bauernvolk für dummes Zeug doch macht!

Wen von den drei'n soll man den größten Esel nennen?«

Der Müller mochte wohl die Torheit jetzt erkennen,

Schnürt los das Tier und läßt's auf eignen Füßen gehn.

Laut schreit der Esel auf, er schien's nicht gern zu sehn;

Der Müller hört nicht drauf, er läßt den Jungen reiten

Und geht beiher. So von drei biedern Handelsleuten

Wird unser Paar gesehn; die ärgern sich darob,

Und ihrer einer ruft dem Jungen zu ganz grob:

»Holla! Steig' ab! Ein Bursch mit jugendlichen Mienen

Läßt sich von einem Greis mit grauem Bart bedienen!

Der sollte reiten, und du mußt zu Fuße gehn!«

Der Müller spricht: »Ihr Herrn, eu'r Wille soll geschehn.«

Absitzt der Knab', und nun besteigt der Greis den Grauen.

Drei Mädchen kommen. »Ist das nicht 'ne Schmach, zu schauen –

Sagt eine »wie zu Fuß der arme Junge schwitzt,

Indes der alte Tropf stolz wie ein Bischof sitzt,

Sich reckt und räkelt, just als ob ein Kalb er wäre?«

»»In meinem Alter«« sagt der Müller »»ist, auf Ehre,

Man sicherlich kein Kalb! Geht eures Wegs nur fort!««

Nachdem noch hin und her geschimpft manch grobes Wort,

Gibt nach der Greis und läßt auch noch den Jungen reiten.

Kaum dreißig Schritt, da kommt ein dritter Trupp von Leuten,

Die spotten ihrer laut: »Seht nur die Narren dort!

Das Langohr kann nicht mehr; ich glaub', es stirbt sofort!

Ist das 'ne Last für solch 'ne abgetriebne Mähre!

Glaubt ihr, daß bei dem Volk Mitleid zu finden wäre?

Die bringen ganz gewiß zu Markte nur das Fell!«

Der Müller sagt: »Potz Blitz! Jetzt seh' ich's klar und hell:

Nur ein Verrückter denkt es jedem recht zu machen.

Indes versuchen wir's – es ist zwar nur zum Lachen –

Laß sehn, ob's uns gelingt!« Sie steigen beide ab,

Leer geht der Esel nun voraus in stolzem Trab.

Kommt wieder einer: »Ah! Bravo! Das muß ich sagen!

Spazieren geht Langohr, der Müller muß sich plagen!

Wer ist, er oder Ihr, geschaffen für die Last?

Ich rat' Euch, Lieber, daß Ihr gleich in Gold ihn faßt!

Zerreißen ihre Schuh' und schonen ihren Grauen!

Der umgekehrte Klaus, der, um sein Lieb zu schauen,

Sein Grautier stets bestieg, woher das Liedchen stammt

Vom Esel-Kleeblatt!« Drauf der Müller: »Ha, verdammt!

Ich bin ein Esel, ja, ich will es nur gestehen!

Allein von jetzt ab wird das anders – Ihr sollt sehen:

Wie auch die Welt von mir dann red', ob gut, ob schlecht,

Ich tu' nach meinem Kopf!« Er tat's, und er tat recht.

Du – geh' zu Hofe, schwör' zu Mars', zu Amors Fahnen,

Steh', lauf', bleib' hier, zieh' dich zurück ins Schloß der Ahnen,

Werd' Geistlicher, Soldat, Rat, nimm ein Weib, nimm keins:

Dem Klatsch der Welt verfällst du doch – 's ist alles eins.

2. Die Glieder und der Magen

Dies Märchen sollte zum Beginn

Etwas vom Königtume sagen;

Denn wohl ist in gewissem Sinn

Sein Ebenbild Durchlaucht von Magen:

Fehlt dem etwas, dann fühlt's sogleich der ganze Leib.

Den Gliedern macht' es einst nicht länger Zeitvertreib,

Für ihn zu schaffen; als Baron wollt' jedes leben.

Sein eigen Beispiel ist's, auf das man sich beruft:

»Ohn' uns« so sprachen sie »lebt' er wohl nur von Luft!

Wir sollen Schweiß und Müh', Packeseln gleich, hingeben,

Für wen? Für ihn allein! Wir werden nimmer satt,

Wir sorgen nur dafür, daß er zu essen hat.

Drum laßt uns striken! Er treibt dies Geschäft ohn' Ende

Ja selbst!« Gesagt, getan: nichts fassen mehr die Hände,

Schlaff hängt der Arm, der Fuß will nicht mehr gehn;

Jedes sagt ihm, er möcht nach andern sich umsehn.

Das war ein Irrtum, den sie reuevoll empfanden:

Bald fiel das arme Volk in Ohnmacht und ward schwach,

Im Herzen bildete kein frisches Blut sich nach;

Es litt ein jedes Glied, und alle Kräfte schwanden.

Nicht lang', und die Rebellen fanden,

Daß der, den sie für faul und müßig hielten, grad'

Fürs allgemeine Wohl mehr als sie alle tat.

Dies Bild ist auf die Macht der Kön'ge anzuwenden:

Sie gibt und sie empfängt mit völlig gleichen Händen.

Ein jeder wirkt und schafft für sie, und umgekehrt

Ist sie's, die alle schützt und nährt.

Dem Handwerksmann schafft sie, daß seine Arbeit lohne,

Dem Kaufmann Reichtum, sie zahlt Obrigkeit und Rat,

Der Bauer findet Schutz bei ihr, Sold der Soldat,

Geschenk' und Gnaden teilt hundertfach aus die Krone,

Sie hält allein den ganzen Staat.

Gut wußt's Menenius anzuwenden,

Als einst zu Rom das Volk sich lossagt vom Senat.

Es sei die ganze Macht – so klagt's – in dessen Händen,

Würden und Ehr' und Geld und der Befehl im Heer,

Indes das Schlimme all' dem Volk geblieben wär',

Abgab' und Steuern und des Krieges schwere Lasten.

Schon lagen außerhalb der Mauern sie umher,

Da der Auswanderung gewagten Plan sie faßten –

Da kommt Menenius und spricht,

Den Gliedern wären sie vergleichbar,

Und führt durch dieses Bild, als Fabel unerreichbar,

Sie bald zurück zu ihrer Pflicht.

3. Der Wolf als Hirt

Ein Wolf, dessen Geschäft in Schafen etwas flau

Nachgrade ging, mochte wohl meinen,

Gut wär's, in anderer Gestalt, wie'n Füchslein schlau,

Und nur vermummt noch zu erscheinen.

Er kleidet sich als Hirt, zieht einen Kittel an,

Als Stab hat er 'nen Knittel, dann

Auch noch den Dudelsack mitgenommen.

Und um die Täuschung ganz vollkommen

Zu machen, schrieb' er gern an seinen Schäferhut:

»Guillot bin ich, der Hirt, in dessen treuer Hut

Die Herde steht.« In diesem Kleide

Schlich, auf den Stab gestützt die Vorderfüße beide,

Der falsche Guillot leis' herbei und unentdeckt.

Guillot, der wahre Hirt, lag da, auf grüner Heide

In festem Schlummer ausgestreckt.

Sein Hund schlief ebenfalls und, satt von fetter Weide,

Die meisten Schafe auch, da nichts sie weckt und schreckt.

Fein, mit der List des Diplomaten

Hätt' gern der Schelm gelockt die Schaf' in seinen Bau,

Und zur Verkleidung fügt' er noch das Wort höchst schlau;

Denn also schien es ihm geraten.

Das war die dummste seiner Taten;

Denn da des Hirten Ton zu treffen ihm mißlang,

War, wie nur sein Geheul im Walde widerklang,

Sein ganz Geheimnis bald verraten.

Vor Schreck ob dieser Stimme wird

Gleich alles wach, Schaf, Hund und Hirt.

Der arme Wolf in Angst und Bangen

Kann sich, durch seinen Rock beirrt,

Nicht wehren noch zur Flucht gelangen.

Auf irgendeine Art läßt jeder Schelm sich fangen.

Wer Wolf ist, laß' als Wolf sich sehn,

So wird er meistens sicher gehn.

4. Die Frösche, die einen König haben wollen

Müde der Demokratie,

Schrien die Frösche tausendtönig,

Und nicht eher ruhten die

Schreier, bis einem Herrn sie Zeus macht' untertänig.

Vom Himmel fiel herab ein höchst friedfert'ger König;

Doch macht sein heft'ger Fall solch einen Lärm, daß sie,

Dieses Volk der sumpf'gen Strecken,

Dumm wie's ist, und leicht zu schrecken,

Schnell im Wasser sich verlor,

Unterm Schilf, im Binsenrohr,

In den Löchern des Morastes,

Und lang' sich nicht getraut ins Angesicht des Gastes

Zu schaun; denn ihnen kam er wie ein Riese vor.

Nur ein Klotz lag da im Moor;

Doch seine stumme Würd' erregte Furcht und Grauen

Dem ersten, der sich vorgewagt

Aus seiner Höhl', ihn anzuschauen.

Er naht sich ihm, doch sehr verzagt;

Ein zweiter, dritter folgt, bald kommt herbeigejagt

Ein heller Hauf', und diese Schlauen

Sind endlich ganz voll Mut und springen voll Vertrauen

Auf ihres Königs Schulter dreist herum.

Der gute Herr läßt sich's gefallen und bleibt stumm.

Bald macht das dumme Volk dem Zeus viel Kopfzerbrechen:

»Gib uns 'nen König, der sich regen kann und sprechen!«

'nen Kranich sendet nun der Götterfürst den Frechen;

Der beginnt sie abzustechen

Und zu speisen nach Begier.

Wie die Frösche Klag' erheben,

Spricht Zeus: »Potz Blitz! Was wollt ihr? Sollen etwa wir

Nur euren Launen stets nachgeben?

Zunächst war's wohl der klügste Rat,

Zu wahren euren alten Staat.

Da dies nun nicht geschehn, so mußt' es euch genügen,

Daß euer erster Fürst voll Mild und Sanftmut war.

Den hier behaltet, um nicht gar

Vielleicht 'nen Schlimmern noch zu kriegen!«

5. Der Fuchs und der Ziegenbock

Altmeister Reineke ging einstmals zum Vergnügen

Mit seinem Freunde Bock, der hohe Hörner trug,

Sonst aber eben nicht weitsichtig war und klug,

Indes der erst' ein Schelm und Meister im Betrügen.

Vor Durst stieg man in einen Brunnen flugs,

Dort tranken sie sich satt und satter;

Und als sie nun genug getrunken, sprach der Fuchs

Zu seinem Freunde Bock: »Was tun wir nun, Gevatter?

Der Trunk war gut, allein wie kommt man aus dem Loch?

Heb' deine Vorderbein' und auch die Hörner noch,

Stemm' an die Mauer fest sie an; auf deinem Rücken

Erst in die Höhe klettre ich,

Schwing' dann auf deine Hörner mich;

Auf diese Art wird's mir schon glücken

Herauszukommen allgemach,

Und später dann zieh' ich dich nach.«

»»Trefflich, bei meinem Bart!«« spricht jener »und ich lobe

So kluge Leute immer sehr;

Ich für mein Teil wär nimmermehr

Darauf gekommen, nicht die Probe!««

Das Füchslein springt heraus, läßt den Kam'raden drin

Und hält dann noch mit weisem Sinn

'ne Red', um ihm Geduld zu pred'gen:

»Hätten« so fängt er an »die Götter dir, die gnäd'gen,

So viel Verstand im Hirn verliehn wie Bart am Kinn,

Dann wärest du nicht so leichtsinnig

Hinabgestiegen. Nun leb' wohl! Ich bin heraus;

Sieh, wie du nachkommst! Gib dir Müh' und harre aus!

Ich hab zu tun, und darum bin ich

Verhindert, länger noch jetzt hier bei dir zu stehn.«

Bei jedem Dinge muß man auf das Ende sehn.

6. Der Adler, die wilde Sau und die Katze

Hoch nistete der Aar auf einem hohlen Baum,

Unten die Sau, die Katz' im mittlern Raum;

So ging's, daß ganz bequem, indem den Platz sie teilten,

Mütter und Säuglinge in buntem Mischmasch weilten.

Der Katze Falschheit hat die Eintracht schwer bedroht;

Zum Adler klettert sie und sagt ihm: »Unser Tod

(Sicher der Kinder Tod, das Schlimmre fast von beiden)

Scheint nächstens kaum noch zu vermeiden.

Siehst du dort unten nicht, wie die verdammte Sau

Fortwährend wühlt und gräbt? Entwurzeln will beizeiten

Sie diesen Eichbaum, ich seh' es ganz genau,

Und unsren Säuglingen den Untergang bereiten.

Fällt erst der Baum, frißt sie sie alle auf;

Ich geb' euch Brief und Siegel drauf.

Ach, bliebe mir nur eins, ich würde minder klagen!«

Nachdem die Falsche hier verbreitet Furcht und Zagen,

Schleicht sie sogleich hinab zur Bucht,

Wo sie besucht

Die Sau, die grade lag in Wochen.

Zu der hat leise sie gesprochen:

»Ach, liebste Nachbarin, glaubt mir, ich rat euch gut;

Geht ja nicht fort, sonst stürzt der Aar auf eure Brut!

Doch ihr versprecht mir, nicht zu schwatzen,

Sonst fiel' auf mich sein ganzer Groll.«

Nachdem auch dieses Haus von Angst und Schrecken voll,

Kehrt sie zurück zu ihren Katzen.

Der Aar traut sich nicht fort, schafft seiner Brut kein Brot;

Die arme Sau litt fast noch größre Not –

Die Toren! Nicht zu sehn, das wichtigste Gebot

Sei dies, daß man zunächst dem Hungertod ausweiche!

Sie saßen beide fest in ihres Bau's Bereiche,

Den Ihren beizustehen im Fall der Not sofort:

Der Adler bei dem Sturz der Eiche,

Die Sau bei Überfall und Mord.

Der Hunger tötete sie alle, keiner war es

Von all den Frischlingen und von der Brut des Aares,

Der nicht den Tod erleiden mußt',

Dem Katzenvolk zu großer Lust.

Welch Unheil ist nicht schon der Bosheit falscher Zungen

Und schlauer Niedertracht entsprungen!

Von dem Übel mancherlei,

Das Pandorens Büchs' entstammte,

Ist das mit vollstem Recht von aller Welt verdammte,

Wie mir scheint, die Schurkerei.

7. Der Trunkenbold und sein Weib

Ein Fehler klebt gewiß unheilbar jedem an,

Nicht Scham noch Furcht hilft ihm dagegen.

Da fällt mir ein Geschichtchen ein, das kann

Als Beispiel diesen Satz belegen –

So halt' ich's stets. Ein echter Bacchussohn

Ward an Gesundheit schwach, an Geist und Beutel. Schade!

Gewöhnlich ist die Art auf halbem Lebenspfade

Mit ihrem Geld zu Ende schon.

Einst hatte dieser Mann, ganz voll vom Saft der Reben,

Den letzten Rest Verstand der Flasche preisgegeben;

Da sperrte seine Frau in eine Gruft ihn ein.

Hier gährt im Hirn der junge Wein

Ihm weiter fort. Als er erwacht mit leisem Schauer,

Sieht er rings um sich her des Todes ernst Geleit,

Die Kerzen und das Sterbekleid.

»Ha!« ruft er »was ist das? Trägt mein Weib Witwentrauer?«

Da kommt die Frau; man sieht, als Furie angetan

An Stimm' und Kleid, sie dem vermeintlich Toten nah'n

Mit Bier, so glühend heiß, als wär' es für den Teufel

Gekocht, das sie ganz dicht ihm vor die Nase hält.

Der arme Mann! Nun glaubt er ohne allen Zweifel,

Er sei schon in der Unterwelt.

»Wer bist du?« fragt er die Erscheinung sondergleichen.

»Bin Kellnerin in Satans Reichen«

Spricht sie »und Speise trag' ich allen denen zu,

Die in des Grabes Nacht versinken.«

Sogleich versetzt der Gatte: »Du,

Sag', bringst du ihnen nichts zu trinken?«

8. Die Gicht und die Spinne

Die Hölle schuf die Gicht und schuf zugleich die Spinne.

»Ihr, meine Töchter, könnt euch rühmen insgemein«

So sprach sie »für der Menschen Sinne

Gleich furchtbar und verhaßt zu sein.

Denkt nach jetzt: wo quartiert ihr euch am besten ein?

Seht hier die niedrig engen Hütten,

Dort die Paläste, schön mit Gold geziert und groß;

Ihr sollt drin wohnen – 's wird kein Widerspruch gelitten.

Hier sind zwei Hölzchen – darf ich bitten?

Wählt eines oder zieht das Los.«

Die Spinne meint: »Nie könnt' solch Hüttchen mir behagen!«

Die Gicht, im Gegenteil, sieht die Paläste, voll

Vom Volk der Ärzt', und denkt: »Wie soll

In Ruh' und Frieden nur ich hier zu hausen wagen!«

Sie wählt das andre Teil, schlägt dort ihr Lager auf,

Setzt sich und macht sich breit auf eines Armen Zehen

Und spricht: »Ich fürchte just nicht müßig hier zu stehen,

Noch treibt Hippokrates von hier, ich wette drauf,

Hinweg mich oder heißt mich gehen.«

Die Spinne setzt sich auf ein Wandgetäfel hin,

So fest, als hätt' sie hier gemietet gleich fürs Leben,

Und spinnt drauf los – seht, seht ihr feines Netz sie weben!

Seht, Fliegen schon als Beute drin!

Da kommt die Magd und fegt es fort mit einem Schlage;

Ein neu Geweb', und gleich ein neuer Besenstrich.

Das arme Tierchen muß ausziehn fast alle Tage –

Umsonst! Zuletzt entschließt sie sich

Und geht zur Gicht ins Haus; doch die war nicht darinnen,

Sie, tausendmal noch schlimmer dran

Als die unglücklichste der Spinnen.

Bald führt Holz hacken sie ihr Wirt, der arme Mann,

Bald graben, roden bald; die Gicht recht abzuhetzen,

Heißt halb schon an die Luft sie setzen.

»Ach, länger halt' ich's hier nicht aus!« ruft sie empört

»Komm, Schwester, tauschen wir!« Wie das die andre hört,

Nimmt sie sie gleich beim Wort und kriecht ins niedre Zimmer,

Wo sie bei ihrem Werk kein rauher Besen stört.

Die Gicht dagegen zieht, des Bessern jetzt belehrt,

Zu einem Bischof, dem für immer

Das Bett zu meiden sie verwehrt.

Umschläg' und Salben nun – helf' Gott! – Ein jedes Leiden,

Der Menschen Torheit macht's nur schlimmer, glaubet mir.

Ganz ihre Rechnung fand so jede von den beiden;

Sie taten klug daran, zu tauschen ihr Quartier.

9. Der Wolf und der Storch

Stets frißt der Wolf mit gier'ger Hast.

Ein Wolf hat sich so übernommen

Bei einem Picknick, daß er fast

Dabei ums Leben wär' gekommen:

In seiner Kehle steckt ihm fest ein Knochenstück,

Er konnte nicht mehr schrein; da kommt zu seinem Glück

Ein Storch des Weges just zu gehen.

Er winkt; der naht – ein Weilchen nur,

Und schon kann man als Arzt ihn bei der Arbeit sehen:

Er zieht den Knochen aus. Drauf für gelungne Kur

Sein Honorar gefordert hat er.

»Was? Honorar?« versetzt zur Stund'

Der Wolf »Du spaßest wohl, Gevatter?

Ist's nicht schon viel, daß du gesund

Und heil gerettet hast den Hals aus meinem Schlund?

Geh', Undankbarer, deiner Wege!

Komm nie mir wieder ins Gehege!

10. Der vom Menschen niedergeworfene Löwe

Man sah auf eines Malers Werke,

Das öffentlich er ausgestellt,

'nen Leu'n von ungeheurer Stärke,

Durch einen einz'gen Mann gefällt.

Laut rühmt das Publikum sich dessen.

Ein Löwe, der es hört, setzt dem Geschwätz ein Ziel:

»Wohl seh' ich« spricht er »euch gefiel,

Daß euch der Sieg hier zugemessen.

Doch hat der Mann euch angeführt:

Wohl mocht' mit eitlem Sieg er prahlen!

Mit größrem Recht hätt' uns die Oberhand gebührt,

Könnt' unsereins nur etwas malen.«

11. Der Fuchs und die Trauben

Dem Hungertode nah, sah ein Gascogner Fuchs,

Ein feiner Schalk, ganz hoch am Dache grüner Lauben

In roter Beeren üpp'gem Wuchs,

Fast überreif, die schönsten Trauben.

Das wär' ein Mahl, recht nach des armen Schelms Geschmack!

Doch da er sie nicht konnt' erjagen,

Sprach er: »Sie sind zu grün, nur gut für Lumpenpack!«

Tat er nicht besser als zu klagen?

12. Der Schwan und der Koch

Schwan und Gänschen lebten einsam

Auf 'nem Hofe, doch gemeinsam

Mit viel andrem Federvieh;

Für des Gebieters Aug' war jener ausersehen,

Für seinen Gaumen dies; im Park umherzugehen,

War er nicht wenig stolz, just wie im Hause sie.

Der beiden Tummelplatz waren des Schlosses Gräben;

Bald schwammen, Seit' an Seit', sie friedlich auf und ab,

Bald um die Wette schnell, bald tauchten sie hinab,

Doch nimmer mochte sich ihr Neid zufrieden geben.

Einst griff der Koch – er war betrunken jedenfalls –

Anstatt der Gans den Schwan; er packt ihn fest am Hals

Und würgt ihn, um als Supp' ihn auf den Tisch zu bringen.

Halb tot beginnt der Schwan sein Klagelied zu singen;

Da wird der Koch vor Schrecken bleich,

Und seinen Mißgriff merkt er gleich:

»Wie? Solch ein Sänger! Und der sollt 'ne Suppe geben?

Nein, nimmermehr – ich schwör's – raubt meine Hand das Leben

'ner Kehle, die so hold erklingt!«

Man sieht, daß, wenn Gefahr und Not uns auch umschweben,

Ein sanftes Wort nie Schaden bringt.

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