Kitabı oku: «Fleshly Transmission», sayfa 6

Yazı tipi:

12. Neon-Jesus

Turel saß mit Kim und Laura im Club Blue Monday, in einer Ecke recht weit entfernt von der kleinen Bühne, auf der gerade der Tanz einer Einbeinigen in einem flimmernden, glänzenden Kleid in den Strip einer Frau mit Schwanz überging, die auf Turel unsicher in ihrer Cowgirl-Montur wirkte.

Blaues und rosarotes Licht schwappte über all die tanzenden und trinkenden und feiernden Menschen hinweg. Trotz der ravigen Version von „This must be the Place“ konnten sie sich noch recht gut verstehen. In dem blaurosa Licht wirkte Kim wieder so in Dunkelheit gehüllt. Sie streckte lächelnd den Arm aus: „Das ist Loman, er ist Anwalt.“

Loman war ein älterer Mann mit einer kleinen Brille, schmalen Augen, einem grauen Schnauzbart und bis auf das Kinn schien er über keinen Hals zu verfügen. Wie es sich für einen ordentlichen Anwalt gehörte, steckte er in einem ordentlichen Anzug, dessen Farbe in diesen Lichtverhältnissen einfach nicht zu identifizieren war.

Er schüttelte Turel die Hand und setzte sich: „Kim hat mich bereits über die Lage informiert und ich muss sagen, dass ich außerordentlich zuversichtlich über Ihre Chancen vor Gericht bin. Was Ihnen angetan wurde, war eine Scheußlichkeit und ich will Ihnen versichern, dass ich alles in meiner Macht Stehende unternehmen werde, um den Hund festzunageln, der Ihnen das angetan hat“, er wiegte den Kopf nachdenklich. „Möglicherweise kann ich es durchbringen, dass Sie aufgrund der schweren Schäden, die Ihnen dieses Ereignis zugefügt hat, keinen Finger mehr krumm machen müssen. Wie ich schon erwähnte, hat Kim mich so gut informiert, dass ich eigentlich schon vor Gericht ziehen könnte, aber ich wollte mich unbedingt vorher mal mit Ihnen unterhalten haben. Wie geht es Ihnen?“

„Ich komme klar“, meinte Turel.

„Sehr gut“, meinte Loman. „Wissen Sie, der Vater dieses Flitzwitz-Typen hat schon eine ganze Menge Dreck am Stecken gehabt, den unser Flitzwitz gleich mit der gesamten Firma übernommen hat. Ich kenne genug Leute, die einen persönlichen Groll gegen ihn hegen. Die meisten davon habe ich bereits in die Jury integriert. Die Fotos, die Kim gemacht hat“, er klopfte ihr leicht auf die Schulter, „sind gut genug, um als Beweise angeführt zu werden. Ich schlage Folgendes vor“, meinte er und beugte sich über den ovalen Tisch, auf dem ihre Getränke standen, zu Turel hinüber, dessen rote Krokodillederjacke in dem Licht schwarz und glänzend schimmerte wie ein echtes Krokodil. „Sie sagen besser nichts. Sollte die Presse an Sie herantreten, mit der Bitte nach einem Interview – und ich kann Ihnen versprechen, dass sie das tun werden –, dann wird es besser sein, wenn nichts über Ihre Lippen kommt, außer: Wie schlecht es Ihnen geht, welch starke Schmerzen Sie haben und wie Sie psychisch unter der Tortur leiden“, er ließ eine kleine Pause, damit Turel es verstehen konnte. „Vor Gericht machen Sie das Gleiche. Allerdings sollten Sie das Reden hauptsächlich mir überlassen, dann kann nichts schiefgehen. Das bezieht sich allerdings nur auf offizielle Dinge. Im Privaten können Sie es sich gern gut gehen lassen, Gott weiß, Sie haben’s sich verdient. Falls doch irgend so ein Kerl von der Presse Sie beim ausgelassenen Feiern erwischen sollte, können Sie immer noch darauf zurückgreifen, dass Sie das Erlittene durch Alkohol zu verdrängen versuchen. Das kommt immer gut“, nebenbei spähte er auf seine Armbanduhr mit Lederband. „Oh, wie ich gerade sehe, muss ich schon wieder los“, er sah lächelnd zu Turel hinüber: „Ich hoffe, dass Sie mit meiner Strategie einverstanden sind?“

„Na klar“, meinte Turel leicht irritiert.

Er schüttelte Turel erneut die Hand: „Schön, dass ich Sie noch mal treffen konnte“, und verabschiedete sich. Als er weit genug weg war, nahm Laura den Blick von ihm: „Was war das denn?“

„Mach dir keine Sorgen, Loman ist der Beste in dem, was er tut“, bestätigte Kim und wandte sich an Turel: „Warst du inzwischen auf meiner Blogseite?“

„Leider nein“, meinte er und sah, wie sich der Zwitter, sichtbar erleichtert und bis auf die Cowboystiefel und dem dazu passenden Cowboyhut entblößt, verabschiedete.

„Wann soll diese Gerichtsverhandlung überhaupt sein?“, fragte er Kim schließlich.

„Loman wird sich mit dir in Verbindung setzen. Bis dahin gehst du offiziell einfach so vor, wie er gesagt hat. Dann kann eigentlich kaum was schiefgehen.“

Laura trank ihren Drink aus und stand auf: „Also ich misch mich unter die Leute“, beugte sich zu Turel vor, „mal sehen, was ich so abgreifen kann“, lächelte sie tatfreudig und verschwand in der Menge.

„Die Leute sind verrückt nach Menschen, die leiden“, meinte Kim. „Warum kommt wohl Batman so gut an? Weil er einfach ein Mensch ist und mit seinem Trauma zu kämpfen hat. Er bekämpft die wahnsinnigen Verbrecher, um nicht selbst zu einem solchen Irren zu werden. Oder Jesus. Der christliche Superstar. Ich sag dir was: Es gibt keine Religion, die sich endgültig durchsetzen wird, wenn sie keinen persönlichen Jesus hat. Gott ist nicht greifbar und so, man soll sich das Paradies nicht vorstellen, bla-bla-bla“, meinte sie sichtlich angetrunken und heiter. Trotzdem verloren ihre weit offenen Augen nicht das Geringste an Eindringlichkeit in ihrem katzenhaften Gesicht. „Jesus ist greifbar und menschlich. Er hat gelitten. Deshalb lieben ihn alle“, sie ließ sich auf die Bank zurücksinken. Schaute in die blauen und rosaroten Blitze, die über die Tanzenden zuckten. Nur unterbrochen von einigen bunten Knicklichtern, mit denen sich die Tanzenden behangen hatten. Einige ihrer Gesichter waren sogar mit phosphoreszierender bunter Farbe verschmiert. Neon-Geister, die in der Disko tanzten.

In dem Blau, das über Turel glitt, wirkten seine unregelmäßigen Narben, die sein Gesicht kreuzten, wie tiefe, schwarze Abgründe. Ebenso trat die sichelförmige Narbe an seinem Hals viel deutlicher hervor. Auch die Löcher in seinen Händen schienen prägnanter und offensichtlicher zu sein. Seine goldenen Zähne waren fast unsichtbar und schwarz im Licht.

„Komm, wir gehen tanzen“, meinte Turel. „Ich will nicht ewig hier herumsitzen.“

„Ach, ich weiß nicht“, meinte Kim. „Ich sitze eigentlich lieber wie ein Raubtier im Gebüsch und warte, anstatt bei den Gazellen zu tanzen.“

„Bist halt kein Partylöwe“, meinte Turel und schaute zur leeren Bühne hinüber. „Ich mische mich trotzdem mal unter die Leute“, er stand auf und tat das.

Die Musik hämmerte und er konnte kein genaues Lied aus den Geräuschen herausdestillieren. Es war eine hämmernde, rhythmische Masse. Rund um ihn ruckelten und zuckelten größtenteils junge Leute, die an diesen Montagabend nichts Besseres zu tun hatten.

Einer, der voller bunter Knicklichter hing, tanzte an Turel vorbei, in beiden Händen hielt er Ringe in verschiedenerlei leuchtenden Farben.

Blau, rot, grün, gelb, violett.

„Hey!“, rief Turel und der junge Kerl hielt inne und musterte Turel.

„Gib mal was von den leuchtenden Dingern her“, lächelte Turel zu ihm hinüber. Der junge Mann hob eine Hand voller Lichter und schaute fragend zu Turel. Der lächelte und nickte, da reichte der Kerl ihm einfach einige und tanzte davon. Turel drehte die biegsamen Lichter zu einem leuchtenden, bunten Kranz zusammen.

„Seht her!“, rief er und die meisten schienen diesem Befehl zu folgen.

„Ich bin der Neon-Jesus“, rief er und krönte sich selbst mit dieser zusammengedrehten „Dornenkrone“ aus Knicklichtern. Hielt die Hände mit den Löchern hoch und hüpfte herum. Ab und zu fielen durch sie rote und blaue Lichtstrahlen auf Tanzende, die sich wie ein Strudel um ihn bildeten.

„Ich bin ein verdammter Heiliger!“, rief er und breitete beim Herumspringen die Arme aus. Der bunte Heiligenschein aus Knicklichtern überzog sein vernarbtes Gesicht mit bunten Lichtstrahlen und die Leute freuten sich, berauscht von Turels Präsens, während Laura unauffällig durch die Gruppe schwamm und aus den Taschen zog, was sie gerade fand.

13. Drei Studien einer Kreuzigung

Turel träumte.

Er befand sich in einem zylindrischen Raum mit einem ebenen, orangenen Fußboden und roten Wänden mit Fenstern in den Rundungen, vor denen jeweils ein schwarzer Stoffrollladen hinuntergezogen war. Es gab keine offensichtliche Lichtquelle und trotzdem war es hell.

Er stand an einem roten Tisch, auf dem zwei Rindehälften lagen, oder waren es Schweinehälften? Turel konnte es nicht so recht erkennen. Die weißen Rippen schimmerten aus dem feucht glänzenden Rot.

Er ging vorbei an einem pritschenähnlichen, ovalen Bett, dessen blauweiß gestreiftes Bettzeug unter der Last leicht durchhing. Turel ging direkt vorbei. Er wagte nicht, das Ding auf dem Bett länger anzusehen. Wie ein gekrümmter Mann, die Beine an die Brust gezogen, das Laken und die Decke blutbefleckt, feucht glänzend. Der Mann, oder das Ding darauf, voller blauer Flecke und Gedärm. Der Kopf schien nach vorn unnatürlich lang, affenähnlich, mit bloßliegenden Zähnen. In den oberen Schneidezähnen fehlte einer.

Es erinnerte Turel aber einfach zu sehr an sich selbst, als dass er lange an diesem scheußlichen Ding stehen bleiben wollte.

Er ging auf das Ding in der Mitte des Raumes zu. Von einem roten, flachen Monolithen hing etwas, was einer dieser Schweinehälften nicht ganz unähnlich war. Aus seinem aufgeschnittenen Inneren schimmerten die weißen Rippen wie kostbares Elfenbein hervor. Das feuchte, glänzende Rot. Es schien kopfüber zu hängen. Der Kopf – oder das aufgequollene, rot schimmernde Organ, was er dafür hielt – besaß einen offenstehenden Mund mit spitzen Katzenzähnen. Unterhalb dieses „Kopfes“ ergoss sich ein Schwall aus Gedärmen.

Turel stand davor und wusste nicht, was er tun sollte, außer dieses grässliche Ding anzustarren. Seine morbide Schönheit zu bewundern. Wie es leicht den Mund öffnete und ihn sanft wieder schloss, wie eine im Schlaf atmende Person.

Turel fühlte sich verloren. Fast wie als er am Kreuz hing. Es mussten die fast gleichen Gefühle sein. Er betrachtete das ausgeweidete, atmende Ding, was von dem roten Monolithen hing. Es wirkte auf ihn ruhig, nicht als ob es Schmerzen hätte. Er konnte im Innern die Rippen und die weiße Wirbelsäule bewundern und doch atmete es noch. Lebte es noch.

Wie auch er hatte es alles überstanden.

Unverwandt schaute Turel an sich hinab und sah, wie eine Dornenranke sich sein rechtes Bein hinaufschlängelte.

14. Hormone

Turel kam von einem Gespräch mit Dr. Klember, das eher einem freundschaftlichen Plausch geglichen hatte, als einem Gespräch zwischen Psychologen und Patienten.

Obwohl der Himmel blau war und die Sonne schien, so konnte sie doch nicht die Straße erreichen, durch die Turel nun ging. Den vernarbten Asphalt und den rissigen Fußweg betrachtend. Zu seinem Spiegelbild sehend, das die Scheiben der Läden reflektierte. Er dachte über irgendwas nach. Wälzte auf eine merkwürdig gefühllose Art seine Situation. Die Hände in den Taschen seiner weinroten Krokodillederjacke. Darin spielte er mit dem zugeklappten Messer, das Dennis ihm gegeben hatte. Er fühlte sich absolut antriebslos. Merkwürdig gedämpft. Ab und zu verging ein Tag in fast völliger Ereignislosigkeit. Was würde wohl der hypothetische Lee tun, wenn alles wieder aufgebaut war?

Ab und an gab es diese antriebslosen Momente, in denen Turel nichts mit sich anzufangen wusste. Oft lagen sie unmittelbar vor irgendwelchen Partys, oder Diskobesuchen, oder ganz einfach an einem Tag, an dem einfach nichts Richtiges geschah. Es waren rund 30 Tage um. Kein Wunder, dass er sich antriebslos fühlte.

Als Turel im Gehen, fast an seinem Haus, aufsah, stand dort wieder ein unliebsamer Bekannter, direkt an dem Elektrowarengeschäft, an dem er sich mit Dennis unterhalten hatte.

Es war der blonde Mingzi in irgendeiner belanglosen Strickjacke. Vermutlich versuchte er unauffällig zu sein. Er rauchte eine Zigarette und sah verstohlen zu Turel hinüber. Ein breites, dämliches Grinsen nahm in seinem Gesicht Gestalt an.

„Hi“, grinste er. Turel blieb stehen: „Was willst du hier?“

„Mit dir reden“, meinte Mingzi.

Turel hätte das Messer in seiner Tasche aufklappen und den Freak einfach hier und jetzt vor dem Elektrowarengeschäft abstechen können, aber er fühlte sich nicht danach. Ihm war nicht nach Rache. Vielleicht war Mingzi nach Rache?

„Keine Sorge, keine Sorge“, meinte Mingzi mit gehobenen Händen. „Ich nehme dir das von neulich nicht übel. Ganz ehrlich, ich kann’s verstehen. Ich meine, ich habe nur einen Befehl befolgt. Flitzwitz hat eben gesagt: ‚Dann machst du ihn eben fertig.‘ Ich konnte ja nicht wissen, dass Flitzwitz keine Eier in der Hose hat“, lachte er. Sog kräftig an der Kippe, die bis auf den Filter nur aus einer Aschebahn bestand. Er schnippte sie weg. „Hör zu, ich bin hier, weil du ein richtig harter Typ zu sein scheinst. Und so was können wir gebrauchen.“

„Wer ist ‚Wir‘?“

„Flitzwitz und ich. Hör zu, du brauchst doch Geld, oder?“

„Flitzwitz und du?“

„Na gut“, gab Mingzi zu. „Diesmal nur ich. Mit Flitzwitz ist nichts los, der ist nicht so wie sein alter Herr. Der Kerl ist eben einfach eine Flasche. Aber du nicht. Nein, du hast das alles weggesteckt und ich bin sicher, dass du Geld vertragen kannst.“

„Komm schon zu Sache“, meinte Turel lächelnd.

„Also gut“, sprach Mingzi nun etwas gedämpfter. „Das ist ein ganz einfaches krummes Ding. Ich habe alles organisiert, ich brauche nur noch jemanden, dem man vertrauen kann. Masken und Waffen, alles ist bereit. Das wird eine ganz einfache Nummer, wir gehen rein, holen uns was und gehen wieder raus. Ganz einfach.“

„Warum rufst du nicht Dorl an?“, fragte Turel. Mingzi war jemand ganz Gewöhnliches geworden. Es war, als wäre er einfach bloß irgendein Idiot. Kein blutverschwommenes Bild von Mingzi, der mit der Zange klapperte oder mit der Schere, um ihm die Eier abzuschneiden. Nur Mingzi, das blonde Schlitzauge, das da vor ihm stand und sagte: „Dorl geht irgendwie nicht an sein Handy, wer weiß? Aber das ist doch eine prima Sache, oder? Kein Flitzwitz. Nur wir beide. Und weißt du, irgendwie tut mir das Ganze ja auch leid. Ich bin nämlich nicht so ein schlimmer Finger, wie du vielleicht von mir denkst. Ich habe einfach einen Befehl falsch verstanden und dachte, ich tue nur, wie mir aufgetragen wurde. Wenn überhaupt jemanden eine Schuld trifft“, meinte er im Versuch, seine Hände reinzuwaschen, „ … dann Flitzwitz, der sich einfach nicht klar ausdrücken kann. Verstehst du? ‚Dann machst du ihn eben fertig, dann machst du ihn eben fertig.‘ Was soll das auch heißen!? Weißt du, ich dachte, dann mach ich ihn eben fertig … na ja, jedenfalls kann da eine ganze Menge für dich rausspringen. Ich erkläre dir alles dann im Detail. Du musst dir auch gar keine Kreuze im Kalender machen oder so. Freitag. Also morgen. Wie wäre es? Ich werde morgen um zwölf hier stehen. Du musst einfach nur aus deinem Haus rauskommen und dann werden wir das Ding schon schaukeln. Und ich habe sogar noch was“, meinte er und griff in seine Hosentasche. „Hier!“, Mingzi hielt ihm ein paar Scheine hin, die, einmal gefaltet, von einer flachen, silbernen Geldklammer zusammengehalten wurden.

„Ich zahl dir sogar Dreitausendfünfhundert im Voraus. Was hältst du davon? Kann ich auf dich zählen?“, noch immer das Geld in der Klammer vor Turels Nase haltend.

Turel überlegte kurz hin und her, schließlich griff er es sich mit den vernarbten Fingerspitzen und den Fingernägeln mit ihrem weißen Rand.

„Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann!“, freute sich Mingzi. „Die Geldklammer kannst du behalten, ich dachte nur, ich mache das stilvoll, weißt du?“, er spähte kurz verschwörerisch hin und her. „Also gut, man“, er klopfte Turel auf die Schulter. „Wir sehen uns dann morgen. Ich sag’s dir, das wird ein verdammtes Kinderspiel. Ganz einfach. Rein und wieder raus. Danach sind wir gemachte Männer“, grinste er breit, was seine mandelförmigen Augen noch mehr verengte, und schließlich zog er von dannen.

Turel sah ihm einen Moment nach, dann schaute er das Geld in der Klammer an. Damit könnte er sicher was Lustiges anfangen. Mal sehen, was sich bot.

Das rosa Licht in seinem Zimmer war noch aus. Die Sonne schien fast zum Balkon herein und Turel traf eine recht zufriedene Laura an.

„Hi Turel, schau mal, was ich heute erbeutet habe“, sie deutete auf einen großen Karton, der in der Mitte des Teppichs stand. Sie klopfte auf den Karton: „Ein Ultra-HD-Fernseher. Toll, oder? Ich habe einen Kassenzettel gefunden und wollte eigentlich das Geld holen, also gehe ich rein, suche den richtigen Fernseher raus und gehe mit dem Ding zur Kasse – und Kassenzettel versteht sich – und will mein Geld zurück. Die begriffsstutzige Kassiererin fragt, wieso. Scheiße, wer fragt schon, wieso? Also musste ich mir schnell was ausdenken. Da habe ich gesagt, das Ding geht nicht und ich will mein Geld wiederhaben. Da holt die dumme Kuh noch einen Mitarbeiter und ich denke schon, dass die Beiden mich in die Zange nehmen“, sie lief aufgeregt durchs Zimmer: „Doch der Typ glaubt sogar, mich wiederzuerkennen und gibt mir statt des Geldes einfach ein neues Gerät. Da dachte ich mir, das ist ein Wink des Schicksals und nahm den Fernseher“, lächelte sie. Turel nun angesteckt von ihrer guten Laune stieg mit ein.

„Meine Meisterdiebin“, lachte er mit seinen Goldzähnen.

„Ja, oder?“, bestätigte Laura ihm. „Jetzt hast du hier wenigstens einen ordentlichen Fernseher stehen“, meinte sie und deutete zu dem kleinen Röhrenfernseher hinüber, der neben dem Balkon stand. „Außerdem soll ich dich von Otto grüßen, ich habe ihn heute getroffen. Wie war’s bei Dr. Klember?“, fragte sie und ließ sich auf dem Bett nieder.

„Das Übliche halt. Mir geht’s gut, also haben wir uns einfach nur unterhalten. Zahlt momentan eh die Krankenkasse“, meinte Turel.

„Hey, wollen wir ficken?“, fragte sie schließlich.

Turel ergründete die Tiefen seiner Gefühle und musste feststellen, dass ihm nicht danach war. „Weiß nicht. Mir ist eigentlich nicht danach.“

„Warum denn schon wieder nicht?“, fragte Laura ein wenig maulend.

„Die 30 Tage sind fast rum. Mein Testosteron ist alle“, zuckte er mit den Schultern.

„Dann jag dir eben noch welches in den Hintern“, schlug Laura vor.

„Bist du irre?“

„Irre hast du mich letztens schon genannt, aber in einem anderen Zusammenhang. Und wieso nicht?“

„Weil Testosteron ein Hormon ist. Wenn man ein Hormon falsch einsetzt, kann man sein ganzes Protoplasma damit versauen. Weißt du zum Beispiel nicht, warum so viele schwule Kerle da draußen rumrennen?“

„Sag bloß, die nehmen alle Hormone?“, fragte Laura.

Turel warf seine Jacke und einige andere Sachen über den Stuhl und ging ins Bad. Redete weiter: „Nicht ganz freiwillig.“

Laura stand auf und folgte ihm. „Du meinst, jemand verabreicht Schwulen unfreiwillig irgendwelches Hormonzeug?“

„So ähnlich“, meinte Turel und drehte das Wasser in der Wanne auf, nachdem er den Stöpsel reingesteckt hatte.

„Und wer bitte?“, fragte Laura halb amüsiert.

„Ihr“, deutete Turel auf sie, nahm das Schaumbad und schraubte es auf.

„Wir?!“, fragte Laura überrascht auf sich deutend. „Also ich weiß nichts davon, dass ich Schwulen irgendwelche Hormone einflöße.“

„Nimmst du noch die Pille?“, fragte er und goss einen Deckel voller grünem Schleim in das warme Wasser, was daraufhin zu schäumen anfing.

„Nö. Warum auch? Du kannst mich ja schwerlich ohne Eier schwängern, oder?“

„Na gut, dann du nicht mehr. Aber …“, meinte Turel, stellte das Schaumbad weg und begann das Hemd aufzuknöpfen, „ … einige Hormone bleiben in eurem Urin haften und die schickt ihr in die Kanalisation“, er reichte Laura das Hemd, was er locker zusammengefaltet hatte. „Und davon wiederum gibt es die einen oder anderen Hormone, die die Kläranlagen nicht herausbekommen und das Zeug wandert halt scheinbar gereinigt ins Trinkwasser zurück.“

„Du meinst, die werden schwul, weil Hormone im Wasser sind?“

„Na ja, nicht alle, aber manche, die vielleicht eine Veranlagung haben?“, er faltete die Hose zusammen und reichte auch sie an Laura weiter. Zog sich weiter aus: „Ich habe das mal irgendwo aufgeschnappt, klang glaubwürdig“, meinte Turel.

„Du meinst, du wirst schwul, wenn du dir das Testosteron zu früh spritzt?“, fragte sie ungläubig. „Ehrlich gesagt würde ich mir das gern mal anschauen“, lächelte sie verspielt.

„Keine Chance“, meinte Turel und stieg in das Wasser, was durch die Löcher seiner Füße sickerte. Ein kurzer Flashback zischte durch ihn hindurch: Wie Dennis ihn blutend und zerschunden in eine leere, staubige Wanne hob.

„Aber ich will jedenfalls keinen Blödsinn mit Hormonen treiben, weißt du“, über sprach er den Flashback. „Also, was sagt dir das?“, fragte er, sich noch immer darauf konzentrierend, die Eindrücke los zu werden. Das warme Wasser half dabei, ihn ins Jetzt zurückzubeordern.

„Dass – wenn deine Eier nachgewachsen sind – ich mir keine Pillen mehr zu kaufen brauche, sondern bloß ein Glas Leitungswasser hinterkippen muss. Verhütung aus der Leitung“, meinte sie.

Turel ließ sich weiter ins heiße Wasser sinken und drehte den Hahn zu. Noch immer schien ihm das schaumige Wasser rot zu sein, also fand er sich damit ab.

Laura legte den Stapel Kleidung beiseite: „Vorschlag“, meinte sie.

Turel sah von der Wanne, die in der Schräge stand, zu ihr hinüber. Spätnachmittagslicht fiel durch das kleine Fenster an der Dachschräge hinein.

„Du jagst dir das Testosteron nach Mitternacht rein. Dann ist das quasi morgen.“

„Sagen wir zwei Uhr und ich bin dabei.“

Worauf Laura meinte: „Deal. Als tun wir’s nach zwei Uhr?“

„Ja“, meinte Turel und tauchte einen Lappen ins heiße, dampfende Wasser der Wanne ein, legte den Kopf zurück und den Lappen über seine geschlossenen Augen. „Ja, nach zwei Uhr mach ich dich fertig.“

„Was dagegen, wenn ich mir reinkomme?“, fragte Laura, nun durch den Lappen außerhalb von Turels Sichtfeld.

„Tu nur“, sagte er.

₺182,23

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
23 aralık 2023
Hacim:
470 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783960085010
Telif hakkı:
Автор
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre