Kitabı oku: «Leben und Überleben in Mecklenburg und Bremen 1943 bis 1948», sayfa 2

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DER HOF

Der Hof war ein großes Rechteck, an dessen östlichem Kopfende zwischen großen Bäumen, das lang gestreckte, vergammelte, Ziegelgemauerte, eineinhalbgeschossige Gutshaus stand.

Zwischen dem Gutshaus im Osten und dem Dorfteich im Westen befand sich das eigentliche Hofgelände, eine sandige, etwas kümmerliche Wiese, auf der gelegentlich einige Ackerwagen herumstanden und die Hühner nach nicht vorhandenem Futter pickten.

Dieser Teil wurde rechts des Gutshauses von dem lang gestreckten, einstöckigen Pferdestall mit Ziegeldach begrenzt. In dem Stall befand sich auch unser Hühnerstall.

Links des Hofgeländes stand ein großer, moderner Kuhstall. Dieser war bis zur Decke des 1. Geschosses aus Ziegeln gemauert. Das Obergeschoss diente als Strohscheune und war mit Holz verkleidet. Das Dach war für damalige Verhältnisse ungewöhnlich flach. Davor dehnte sich auf ganzer Länge ein gelbbrauner Misthaufen aus.

Am westlichen Ende, gegenüber dem Gutshaus, hinter dem von Weiden eingefassten Dorfteich, stand entsprechend genauso lang der zweistöckige, moderne Schafstall, im gleichen Stil wie der Kuhstall.

Der Dorfteich wurde rechts und links von mächtigen strohgedeckten Scheunen mit mehreren Storchennestern flankiert. Die Dächer hingen bis auf Mannshöhe auf beiden Seiten herunter über das dunkle Eichenfachwerk mit den roten Ziegelsteinen. An den Kopfseiten reichte das Fachwerk bis unter das kurze Walmdach. Dort befanden sich an beiden Enden die großen Scheunentore. Während der Ernte fuhren dort die Wagen hindurch. Es konnten immer zwei Wagen zugleich abgeladen werden, so lang waren die Scheunen. Im Spätherbst, wenn es regnete, wurde in der Scheune gedroschen.


Das Gutshaus hat sich kaum verändert

Grundriss Gutshaus Vimfow



Quelle: „Mestlin, Chronik eines mecklenburgischen Dorfes“

DAS KLO

Aus Herrnhut waren wir einiges gewohnt. Wir Kinder schliefen unter dem Dach im Obergeschoss. Dort gab es auch ein Klo, ein richtiges Plumpsklo. Es befand sich am obersten Ende des Fallrohres. Sobald man den Deckel abhob, wollten alle beißenden Gerüche aus der Grube dort hinaus.

Es gab nur eine Möglichkeit, dies zu verhindern: Man setzte sich mit dem Hintern so auf das Loch, dass kein Lüftchen mehr entweichen konnte.

So war es, bis ich kam. Ich klemmte drei dünne, gebogene Weidenzweige über Kreuz in das Fallrohr, legte einige Zeitungsblätter darauf und noch einmal zwei, drei Weidenzweige, damit die Zeitungen nicht nach oben fliegen konnten. Das war fast duftdicht. Man konnte etliche Male auf das Klo gehen, bis sich die Zweige mit der Ladung rauschend wie ein Fahrstuhl ohne Bremse in Bewegung setzten und mit einem Klatscher in der Grube die Fahrt beendeten. Wir Kinder waren, ob meiner Erfindung sehr zufrieden.

***

Der Fahrstuhl funktionierte wunderbar. Wir hatten für alle Fälle einige Weidenzweige und Zeitungen unter dem Bett liegen. Leider hatte ich nicht an alles gedacht. Seltsame Geräusche hatte man auch schon in größeren zeitlichen Abständen in der Küche wahrgenommen, aber ihnen nicht die Bedeutung zugemessen, die ihnen gebührte.

Die alte Tante, die auch im Hause wohnte und in der Küche half, war nach dem Mittagessen mit sich zu Stuhl gegangen. Der befand sich auf einem unteren Abzweig unseres Fahrstuhles.

Mitten in ihrer geruhsamen Tätigkeit, vernahm sie hinter sich ein heftiges Rauschen und bekam einen kräftigen Luftzug. Das erschreckte sie derart, dass sie ohne ein Papier benutzt zu haben, mit einem Satz aus diesem stillen Kämmerchen schoss, als wenn der Leibhaftige hinter ihr her sei.

Für mich hatte der Vorfall wider Erwarten keine schwerwiegenden Folgen. Herr Renkewitz hatte mich ins Verhör genommen und war so erstaunt, dass er eine Bestrafung vergaß.

***

In Vimfow war kein Fahrstuhl möglich. Das Plumpsklo befand sich hinter dem Pferdestall gute 50 Meter vom Wohnhaus entfernt. Die Fallhöhe entsprach der Stuhlhöhe. Unter dem Sitzloch stand ein Kübel mit Kufen. Dieser wurde wöchentlich von einem Knecht mit Pferd abgeholt und auf den Mist gekippt.

Hier machte mein Bruder Karl eine heiße Erfindung, die jedem Besucher in kürzester Zeit jede übereilte Benutzung des stillen Örtchens mit absoluter Sicherheit abgewöhnt hätte.

Nach einem ausgiebigen Mittagessen eilte ich mit vollem Bauch und enormen Druck zum bewussten Örtchen. Drinnen hörte ich meinen Bruder Karl werken. Da mein Druck unheimlich wurde, polterte ich wiederholt und zum Schluss mit Ausdauer an die Tür mit dem missratenen Herzchen.

Gerade in dem Augenblick, in dem ich zu platzen drohte, öffnete mein Bruder geruhsam die Tür. Er war noch nicht draußen, da war ich schon drinnen. Tür zumachen ging nicht mehr, Hose runter, Deckel runter und drauf auf die runde Öffnung des Feuerstuhls. – Feuer frei! – Es ging alles unheimlich schnell. Aber nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war, als wenn ich mich mit dem Hintern auf die heiße Herdplatte gesetzt hätte.

Als ich mich erhob und umschaute, sah ich die Bescherung: Mein Bruder Karl hatte einen Arm voll Brennnesseln mit viel Sorgfalt in den fast vollen Kübel gesteckt, sodass die Spitzen aus dem runden Loch ragten. Dann hatte er den Deckel sorgfältig darauf gelegt, sodass nur wenige Spitzen geknickt worden waren.

Was sich unter dem Deckel befand, hatte ich übersehen. Mein Bruder hat selten so viel Spaß gehabt. Anschließend ist mein Bruder Weltrekord gelaufen. Ich habe mich nie wieder unbesehen auf ein Loch gesetzt, auf dem mein Bruder zuvor tätig gewesen war.

SCHULE

Die Schule befand sich im ersten Haus auf der rechten Straßenseite in Mestlin, wenn man von Vimfow her kam. Wir Kinder mussten jeden Morgen von Vimfow nach Mestlin zur Schule laufen. Für uns waren das drei Kilometer. Da das Gutshaus, in dem wir wohnten, am anderen Ende von Vimfow lag,. mussten wir zuvor durch das ganze Dorf laufen Unterwegs trafen wir mit den anderen Kindern zusammen, die auf uns warteten.

1. Klasse bis 4. Klasse morgens; die Großen hatten nachmittags Unterricht. Im Sommer war das schön. Es war noch nicht so heiß und wir hatten den Nachmittag für uns zum Spielen und Baden. Im Winter war es gar nicht schön. Es war noch dunkel und oft ging ein eisiger Wind. Lag auch noch Schnee, gingen wir im Gänsemarsch. Der Größte von uns Kleinen ging so lange voraus und trat eine Spur, bis er müde war. Dann kam der Nächste dran.

Mittags ging es dann häufig bei Sonnenschein nach Hause. Das war angenehm. Weniger angenehm war es bei Ostwind, der meistens einige Tage nach den Schneefällen zu blasen begann. Dann trieb uns der Schnee in langen, zerrissenen, dünnen Schleiern auf der Straße entgegen. Der Wind biss uns gehörig in die Ohren und die Nase. Die Backen brannten und wurden rot. Der Wind biss durch die Hosen in die Beine. Im zweiten Winter konnte uns der Winter nicht mehr so viel anhaben. Mutter hatte uns aus einem schwarz gefärbten russischen Armeemantel Hosen und Jacken genäht, durch die kein Wind hindurch konnte. Aber der Stoff war so rau, dass er uns mächtig die Waden kratzte.

Die Hosen hatten noch einen Vorteil: Wenn man Unfug getrieben hatte und von Herrn Mense, unserem Lehrer, über das Pult gezogen wurde, da gab es nur eine Staubwolke, den Rohrstock spürte man fast überhaupt nicht, so sehr sich Herr Mense auch abmühte. Socken in den Unterhosen erübrigten sich da absolut. Mit einem Grinsen im Gesicht und mit Blick unter dem linken Arm hindurch auf die Klassenkameraden jammerten wir pflichtgemäß, damit Herr Mense das Gefühl hatte, dass seine Bemühungen auf fruchtbaren Hosenboden gelangt seien.

Das kam öfter vor. Schließlich bemühten sich die Jungen der 3. und 4. Klasse, den Unterricht durch besondere Leistungen abwechslungsreich zu gestalten. Das ging immer schön der Reihe nach. Jeder kam einmal dran und musste dann etwas tun, was Herrn Mense nicht gefiel und ihn richtig in Zorn versetzte. Wenn der Zorn nicht groß genug war, dann gab es eins auf die Finger, auf den Kopf oder eine Kopfnuss, und das tat weh. Wenn der Zorn groß genug war, dann wurde man über das Pult gezogen, und Herr Mense konnte sich so richtig austoben. Herr Mense hielt einen mit der Rechten am Kragen, während er mit der Linken den Rohrstock schwang. Hinterher atmete er schwer und war stets ruhiger.


Das Schulhaus in Mestlin und der Schulweg.

Ganz hinten hinter dem Hügel liegt Vimfow.

Auf dem Pult wusste man, wo die Schläge mit dem Rohrstock trafen. Da konnte man sich darauf vorbereiten. Wenn man an der Reihe, war Unfug zu machen, kam man schon morgens mit zwei Socken in der Unterhose in die Schule. Die Socken mussten genau postiert sein, damit der Rohrstock nicht daneben traf. Wenn Herr Mense, was sehr, sehr selten vorkam, den Schüler bei seinem flegelhaften Benehmen nicht bemerkte, dann musste man auf seinen Socken sitzen bleiben, und durfte am nächsten Tag noch einmal mit Socken in der Unterhose in die Schule kommen. Das war im Sommer bei der Hitze weniger angenehm.

Alles spielte sich in einem ganz bestimmten Zyklus ab: Hatte Herr Mense wieder einmal einen Schüler über das Pult gezogen und seine Wut ausgelassen, so war er hinterher freundlich und sanftmütig wie ein Lamm. Langsam von Tag zu Tag wurde er dann kratzbürstiger. Er zog an den Ohren, es gab Kopfnüsse, er schlug mit dem Lineal auf die Finger, es wurden Ohrfeigen verteilt und er war sehr wachsam. Es entging ihm fast nichts mehr. Beim kleinsten Anlass schlug er zu.

Oft traf es die Unschuldigen. Das war der Zeitpunkt für uns, etwas anzustellen, damit die Klasse ihren Spaß hatte und Herr Mense sich austoben konnte. Wenn der so richtig in Fahrt geriet und den Kandidaten über das Pult zog, kam es nur auf dessen Geschicklichkeit an, dass er selbst so wenig wie möglich abbekam.

Hinterher, in der Pause, ließ der Kandidat in der Toilette die Hosen runter und wir überzeugten uns davon, dass er keine oder fast keine roten Striemen abbekommen hatte. Für uns war der Spaß die Hauptsache. Unbewusst sorgten wir dabei für ein ausgewogenes Arbeitsklima in der Schule.

***

Nur einmal hat Herr Mense es versucht, an einem Vormittag zwei Schüler gleichzeitig zu verhauen. Die wollte er im Hof versohlen. Das war gefährlich, weil man nicht wusste, wo der Rohrstock einen traf.

Herr Mense hatte beide am Kragen gepackt; in der Linken dazu noch den Rohrstock, schob er die Missetäter im Laufschritt zur Tür hinaus. Noch in der Tür ließen sich die beiden fallen, als wenn sie über die Türschwelle gestolpert wären. Herr Mense fiel über die beiden, die zu jammern anfingen, als wenn sie sich furchtbar wehgetan hätten. Herr Mense jammerte überhaupt nicht, obwohl er in dem sehr engen Schulflur mit dem Kopf entsetzlich auf den Fußboden und gegen die Wand gedonnert war.

Das Gejammer der beiden Schüler war so überzeugend, dass Herr Mense von ihnen abließ und in seine Wohnung verschwand, um seinen lädierten Kopf zu kühlen. Das dauerte eine Weile. In der Klasse hatten wir unseren Spaß. Nur durften wir nicht zu laut sein, denn sonst hätte Herr Mense es in seiner Wohnung hören können. Die beiden Missetäter beteuerten, dass sie absolut nichts abbekommen hätten, was nicht ganz stimmen dürfte.

In den nächsten Tagen verfärbte sich die Stirn und die Glatze Herrn Menses sonderbar. Das kommt wohl davon, wenn man zwei Arbeiten gleichzeitig erledigen will.

BERNI

Berni war bereits in der 2. Klasse. Das sah man daran, dass er in der dritten Reihe saß. Für jede Klassenstufe gab es zwei Reihen. Berni hatte große Schwierigkeiten mit dem Zählen. Zusammenzählen ging überhaupt nicht.

Lehrer Mense schlug gerne zu. Bei Berni tat er das nicht. Für Berni brachte er eine bewundernswerte Geduld auf. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Berni war nie frech und lächelte immer freundlich, auch wenn er nichts verstanden hatte oder besonders dann.

Lehrer Mense hatte offensichtlich einen Gedankenblitz, wie er Berni das Rechnen dennoch beibringen könne. Er lächelte Berni freundlich an und sagte: „Berni, – du isst doch gerne Schinken?“ Berni strahlte: „Ja, Herr Mense.“

Berni klemmte die Unterlippe unter die Oberlippe und leckte danach die Oberlippe gründlich ab, als ob er gerade ein Stück Schinken gegessen hätte. Dann schaute er Herrn Mense erwartungsvoll an.

„Berni“, sagte Herr Mense, „was ist ein Schinken und noch ein Schinken?“

Berni strahlte über das ganze Gesicht, weil er endlich eine Antwort wusste. Dann stand er auf, holte tief Luft und sagte laut und deutlich, „ein Arsch, Herr Mense“, und setzte sich wieder. Er war so froh, endlich eine Rechenaufgabe richtig gelöst zu haben.

Lehrer Mense starrte Berni traurig an. Er sagte auch nicht, dass dieses Ergebnis nicht seinen Erwartungen entsprach. Er sagte gar nichts. – Und Berni, der strahlte die restliche Schulstunde vor sich hin.

DAS ZIELGEBIET

Das Toilettenhäuschen im Schulhof war weder schön noch besonders hygienisch. Es war eher ein Bretterverschlag mit einer Pinkelrinne und zwei Plumpsklos. Auch hatte man an der Höhe gespart. Aber es entsprach durchaus ländlichem Standard und war eben nur für Notfälle, und da auch nur für Schüler gedacht.

Jungen können grundsätzlich alles besser als Mädchen. Besonders dann, wenn es um das Pinkeln geht. Ein Schüler aus der 4. Klasse konnte das so gut, dass kein anderer Schüler mehr mit ihm in Konkurrenz zu treten versuchte. Er war eben einsame Klasse. So trainierte er auch nur noch für sich alleine. Eines Tages verkündete er stolz, dass er in die Dachrinne des Toilettenhäuschens pinkeln könne.


Die Schule und der Schulhof mit dem Toilettenhäuschen und dem Schultor

Das mussten wir sehen! Die Mädchen wurden von der Vorführung ausgeschlossen, beziehungsweise abgedrängt. Alles wartete gespannt. Der Hosenstall wurde geöffnet, der Piepmatz in Position gebracht. Gespannte Erwartung. Der Strahl stieg und stieg … senkrecht … in die Höhe … dicht an der Dachrinne vorbei, knickte dann ab … in die Dachrinne. Kein Tropfen ging daneben. Fast unglaublich. Als dann die Pause vorbei war, verzogen sich die Schüler immer noch staunend in die Klasse.

Auch die Mädchen hatten es erfahren und wollten einige Tage später sehen, was da geboten wurde. Alles lief wie beim ersten Mal. Gespannte Erwartung … der Strahl stieg und stieg … senkrecht … in die Höhe … dicht an der Dachrinne vorbei, … knickte dann ab, … aber nicht in die Dachrinne. Alles rieselte auf den Schüler hernieder. Kein Tropfen ging daneben. Fast unglaublich.

Die Mädchen fingen sofort an zu kichern. Dann lachten auch die Jungen. Mit der Zielgenauigkeit hatte es diesmal nicht ganz gestimmt. Wahrscheinlich waren die Mädchen schuld daran. Mädchen haben bei solchen Übungen eigentlich nichts zu suchen. Besonders dann, wenn es um das Pinkeln geht. Sie verstehen ja auch nichts davon.

BERTA

Wir hatten ein ukrainisches Hausmädchen, welches wir Berta nannten. Berta war Fremdarbeiterin. Berta war deportiert worden, um in Deutschland zu arbeiten.

Berta hatte ein eigenes Zimmer mit Tisch, Stuhl und Schrank. Berta war nicht besonders fleißig, aber sehr zuverlässig. Berta kümmerte sich besonders um meine kleine Schwester Heilwig. Berta besuchte von Zeit zu Zeit ihre ukrainischen Freundinnen in Mestlin im Lager.

Eines Tages hatten Heilwig und Jochen Läuse. Berta hatte auch welche. Weil es keine Mittel gegen Läuse gab, wurde nach russischer Methode verfahren. Zuerst wurden die Haare mit Petroleum eingerieben. Nach einiger Zeit wurde dann das Petroleum mit Kernseife gründlich ausgewaschen. Die Kernseife juckte in den Bissstellen der Läuse. Was aber noch unangenehmer war, das war, dass man immer etwas von der Seifenlauge in die Augen bekam. Das passierte spätestens beim Ausspülen. Diese Prozedur wurde jeden zweiten Tag wiederholt, so lange bis die letzten Läuse aus den Nissen, den Lauseeiern, ausgeschlüpft waren.

Dann bekamen wir Kinder die Krätze. Überall, hauptsächlich auf dem Kopf, juckte es ständig. Überall hatten wir rote Flecken. Krätze wird durch Milben verursacht.

Wir wurden mit einer nach Karboleum stinkenden Salbe auf den roten Flecken eingerieben. Ebenso die Kopfhaut. Die Krätze ging zurück. Berta durfte nicht mehr zu ihren ukrainischen Freundinnen ins Lager.

HEIMATERDE

Berta weinte oft. Berta weinte, wenn sie traurig war. Berta weinte, wenn sie glücklich war. Hatte Berta Heimweh, dann ging sie in ihr Zimmer. Dort knotete sie ein Tuch auf, in dem sich zwei Hände voll Heimaterde befanden, und ließ ihre Tränen dort hineinfallen. Nach einiger Zeit kam sie mit roten, verweinten Augen wieder heraus.

Meiner Mutter zeigte sie einmal das Tuch mit der Heimaterde. Etwas Russisch hatte meine Mutter sich selbst beigebracht. Manchmal sprach sie russisch mit Berta. Meine Mutter versuchte sie zu trösten und sagte auf Russisch: „Berta, du wirst bestimmt bald wieder nach Hause kommen, der Krieg ist bald zu Ende.“ Berta weinte nur noch mehr.

Wenn Berta genug geweint hatte, summte sie ukrainische Heimatlieder. Meine Mutter fragte sie: „Berta, warum singst du nicht?“ Berta sang. Meine Mutter griff den Text auf, den sie selbst nicht ganz verstand. Dann sangen beide und Berta wurde richtig fröhlich. Dann tanzte sie quer durch die Küche.

BERTAS FREUNDIN

Berta hatte eine Freundin, die ihrem kriegsgefangenen Freund nach Deutschland nachgelaufen war. Der Freund war schon lange in Gefangenschaft und Bertas Freundin war mit Berta gekommen. Sie wohnte jetzt mit anderen ukrainischen Frauen zusammen in einer Unterkunft für Fremdarbeiterinnen.

Die Kriegsgefangenen hatten keinerlei Kontakt zu den Fremdarbeiterinnen. Auch sonst waren jegliche Kontakte streng verboten. Für die Gefangenen galt: morgens antreten zum Frühstücken, zur Arbeit, zum Mittagessenfassen, zum Arbeiten, zum Abendessenfassen, zum Schlafen hinter verschlossenen Türen. Kontakte? – Unmöglich. Zu den Fremdarbeiterinnen? – Absolut unmöglich.

Bertas Freundin war ihrem Freund praktisch nicht umsonst nachgelaufen. In Deutschland ging es den Ukrainern besser als in der Ukraine. Dort gab es nicht genug zu essen. Man musste mit Verhaftungen rechnen, wenn die Partisanen wieder zugeschlagen hatten. Zumindest war das die Meinung von Berta. Also war die freiwillige Meldung ihrer Freundin als Fremdarbeiterin nicht ganz umsonst.

Morgens, wenn die Leute zur Arbeit eingeteilt wurden, konnte sie ihren Freund sehen. Das war alles. Viel Winken, das ging nicht. Da gab es Ärger.

Eines Tages fragte Berta, ob sie die kleine Blechbadewanne ausleihen könne. Dann fragte sie, ob meine Mutter die alten Bettlaken mit den Löchern noch brauche. Meine Mutter war von Berta allerlei gewohnt. Nur als die kleine Blechbadewanne für längere Zeit nicht wiederkam, fragte sie Berta nach deren Verbleib. Berta erzählte, sie habe sie ihrer Freundin ausgeliehen, weil die ihre Wäsche waschen wollte. Dort gäbe es keine richtige Waschmöglichkeit. Aber sie brächte sie bald wieder. Das „Bald“ dauerte. Meine Mutter fragte nach einiger Zeit nach. Ach ja. Berta hatte es ganz vergessen. Die Antwort Bertas ließ Schlimmes ahnen. Meine Mutter erkundigte sich in der Unterkunft. Dort wusste man zuerst auch nichts über den Verbleib der Wanne.

Dann fragte meine Mutter Berta auf Ehr und Gewissen, was sie mit der Wanne angestellt habe. Berta fing wieder an zu weinen. Es nützte nichts. Dann gestand Berta, dass sie die Wanne ihrer Freundin gegeben habe. Ihre Freundin bekäme ein Kind von ihrem Freund. Sie könne sich nicht mehr zusammen mit den anderen Fremdarbeiterinnen am Waschtrog waschen. Sie sei im neunten Monat.

Meine Mutter packte alle Babywäsche meiner kleinen Schwester zusammen. Am anderen Morgen ging Berta strahlend mit einem Paket nach Mestlin.

Die Blechwanne und die Betttücher waren unbemerkt nach Mestlin in die Unterkunft gelangt. Die Babywäsche war in der Unterkunft aufgefallen. Meine Mutter bekam aus Mestlin eine amtliche Aufforderung, keine Kinderwäsche oder Ähnliches an die Fremdarbeiter zu geben, mit „Heil Hitler!“ darunter.

Es gab andere Wege: Mutter gab Berta Babykleidung zum Waschen. Die Sachen waren nach der Wäsche von der Leine verschwunden, und niemand wusste wohin, auch Berta nicht!

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22 aralık 2023
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333 s. 39 illüstrasyon
ISBN:
9783960083078
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