Kitabı oku: «Leben und Überleben in Mecklenburg und Bremen 1943 bis 1948», sayfa 4

Yazı tipi:

GALOPP VIERSPÄNNIG

Es wurde von Tag zu Tag schwüler. Die Ernte war schon weitgehend eingefahren. Die Pferde kannten uns schon so gut, dass sie Platz machten, damit ich über die Deichsel zwischen den Pferden auf das Handpferd steigen konnte.

Wenn es nachmittags schwül und gewittrig wurde, flogen die Pferdefliegen mit leisen Summen oder aber fast lautlos. Die Pferde hörten sie dennoch. Wenn sie gestochen wurden, und auch schon vorbeugend, ließen sie die Haut zucken, um die Plagegeister loszuwerden. Sie schlugen mit den Schwänzen und schüttelten die Mähnen.

Dann gab es noch die Bremsen, groß wie Hummeln, nur viel schlanker. Ihr Brummen war etwas lauter und schärfer, ähnlich wie eine Schmeißfliege, die ihr Zielgebiet umkreist, oder wie Kampfflugzeuge auf und abschwellend: „SSSsssSSSsss.“

Dieses Geräusch machte die Pferde absolut nervös. Da sie während des Aufladens still stehen mussten, fingen sie an mit den Hufen zu scharren und sie schlugen noch heftiger mit den Schwänzen. Am liebsten wären sie davongelaufen. So schnell wie die Pferde waren die Bremsen nicht. Sie waren eher langsame Flieger, die ihr Opfer eine Weile umkreisten, bevor sie sich niederließen, um recht schmerzhaft zu zustechen.

Wir hatten unsere Mühe, die Pferde ruhig zu halten. Mehrfach zogen sie unvermittelt an. Das war für die Frauen, die auf dem Wagen standen, gefährlich, da sie sich beim Laden mit den Forken verletzen konnten. Es wurde anstrengend, ständig auf die Pferde aufzupassen, dass sie sich nicht abrupt in Bewegung setzten. Fuhr man dann zum Laden ein Stück „bitzu“, wollten sie nicht mehr anhalten.

Dann kam wieder einmal mein Gespann mit den hellbraunen Belgiern, die erst im Frühjahr eingespannt worden waren. Mein Bruder hatte seine Gespanne und die meinen kamen zu mir. Die Belgier kamen zu mir. Mein Bruder wollte auch einmal die Belgier haben. Aber die Knechte hatten gesagt, dass die Pferde nicht auf jeden hörten. Bei mir ging es recht gut. Nur die Bremsen machten sie sehr unruhig und ich hatte meine Mühe.

Der Wagen war bereits zu einem Drittel geladen. Auf einmal umsummten uns mehrere Bremsen gleichzeitig. Ein Knecht ging nach vorne, um die vorgespannten Pferde am Zügel am Zügel zu fassen und zu beruhigen. Die Mägde und Knechte warteten ab. Bevor der Knecht dorthin kam, wo er die Pferde am Zügel nehmen konnte, gab es einen Ruck. Die Pferde gingen durch, die Mägde warfen die Forken von sich und fielen auf dem Wagen hin.

Ich war noch nie Galopp geritten, aber so musste das wohl sein. Es ging unheimlich schnell. Die Mägde hielten sich rechts und links an je einer Garbe fest und ließen sich damit hinten vom Wagen fallen. Was hinter mir geschah, erzählten mir später die anderen. Angst hatte ich keine. Da die Pferde durch nichts zum Stehen zu bringen waren, ließ ich sie laufen. Ich lenkte sie auf den Waldrand zu. Einmal konnte ich für einen Augenblick nach hinten sehen: Der Wagen war fast leer. In der Ferne standen die Mägde und Knechte und schauten mir nach.

Es ging weiter auf den Waldrand zu. Die Pferde waren noch immer nicht zu bremsen. Dann rauschten wir in den Wald. Ich duckte mich ganz flach auf das Pferd wegen der Zweige und Äste. Das war nicht mehr nötig, denn das Gespann hielt schnaufend im Unterholz zwischen Brombeeren, Hasel und anderem Gestrüpp. Der Wald war den Belgiern offensichtlich fremd. Sie hatten wohl zu spät gemerkt, dass sie wohin gelaufen waren, wo sie nicht hingewollt hatten.

So huften wir langsam vierspännig rückwärts aus dem Wald und wendeten. Die Belgier schwitzten. Wir fuhren im Schritt zurück, damit die Pferde sich langsam abkühlen und beruhigen konnten. Der Pferdeknecht, der mit den Belgiern die ganzen Tage zwischen dem Hof und dem Feld hin- und hergefahren war, freute sich und war glücklich, dass mir nichts passiert war. Ich habe das einfach wunderbar gemacht. Mein Bruder war voller Häme, dass mir die Pferde durchgegangen waren. Das machte die Knechte wütend. So was passiert fast jedes Jahr einige Male und auch mit erfahrenen Knechten, die ihre Pferde kennen.

Auf dem Hof gab es am Abend eine Unterredung. Ich war auch dabei. Trotz des Vorfalles ließ man die vier jungen Belgier zusammen. Die nächsten Tage verliefen ohne Zwischenfälle.

Dann waren die zwei Wochen auch schon vorbei und wir durften am Montag wieder wie gewohnt in die Schule. Nach der Schule waren wir zu Onkel Bernhard eingeladen. Man ließ uns warten und warten. Das war so üblich. Es war fast wie vor einem Festakt.

Als es so weit war, erschien Onkel Bernhard, er trat auf uns zu: Wir wurden von Onkel Bernhard reichlich gelobt und gelobt für unseren Fleiß und unsere brave Arbeit und … und … und dann wurde jedem von uns mit einer großen Geste ganze „5 Reichsmark“ in die leere Hand gelegt. Wir vergaßen auch nicht pflichtgemäß danke zu sagen und waren bis auf weiteres sprachlos. Dann riet Onkel Bernhard uns noch, das Geld zu sparen, dann brächten wir es eines Tages zu was.

Auf dem Nachhauseweg stellten wir dank unseres enormen Hungers fest, dass es schon sehr spät sein musste. Auch in unseren Händen glaubten wir eine gewisse Leere zu spüren. Es hätte schon ein klein wenig mehr sein dürfen, damit wir das Gefühl gehabt hätten, nicht mit fast leeren Händen nach Hause zu kommen.

Hatte nicht ein Knecht gesagt, dass Onkel Bernhard geizig sei? Dann muss Geiz schädlich sein, zumindest für das Ansehen Onkel Bernhards bei uns beiden. Wenn er uns gar nichts gegeben hätte, hätten wir vielleicht nie erfahren, was das Wort „geizig“ bedeutet.

WIDDER

Ich hatte ein Kaninchen bekommen. Widderkaninchen sind ziemlich groß und haben große Ohren. Ein Ohr liegt normalerweise auf dem Rücken des Tieres, während das andere mit ca. 45° schräg aufwärts nach hinten zeigt. Weil das so ist, dachte ich zuerst mein Kaninchen sei krank.

Ich blätterte in einem Buch über Kaninchen und stellte fest, dass mein Kaninchen eben auch ein Widderkaninchen sei und dass das Schlappohr ein Merkmal sei. Mein Kaninchen war also gesund und ich durfte erwarten, dass es besonders groß würde.

Wenn jemand in meinem Alter ein Tier sein eigen nennt, so denkt er bestimmt nicht über den Nährwert und das Verspeisen eines solchen Tieres nach. Das Wichtigste ist, dass es dem Tier gut geht. Man hat es auch entsetzlich lieb. Man füttert es und pflegt es.

Wenn ich mit Futter in den Stall kam, stellte es sich am Gitter auf. Wenn ich ohne Futter kam, legte es sich quer zum streicheln. Beim Streicheln schloss es oft die Augen und streckte die Füße so weit nach hinten aus, dass man die Unterseite der Füße sehen konnte, und drückte sich ganz flach dahin.

Außer Futter und Wasser bekommt es auch reichlich Streicheleinheiten und gelegentlich eine Mohrrübe oder besonders viel Löwenzahn. Dann muss man den Stall regelmäßig sauber machen und frisches Heu in den Stall legen. Schließlich kann man abends nicht einschlafen, wenn man vergessen hat, noch einmal nach dem Tier zu sehen und gute Nacht zu sagen, bevor man selbst zu Bett geht. In solch einer Situation wünscht man sich manchmal ganz leise, dass man gar kein Kaninchen hätte. Aber dann geht man auch bei Dunkelheit doch noch einmal aus dem Haus, über den Hof und in den Stall. Kurzum das Kaninchen war mein Ein und Alles.

Der Kaninchenstall stand in dem gleichen Stall, in dem sich auch der Hühnerstall befand. Im Hühnerstall hatte ein Marder in einer Nacht fast alle unsere Hühner umgebracht, in dem er ihnen die Hälse durchgebissen hatte. Es muss ein richtiger Blutrausch gewesen sein. Wir hatten die Drahtgitter an allen Ställen verstärkt und passten abends besonders gut auf, dass die verschiedenen Stalltüren auch gut verschlossen waren.

Dann roch es eines Tages im Stall sonderbar. Wir rätselten herum, bis uns jemand sagte, das könne nur ein Iltis sein. Ich blätterte wieder in dem Tierbuch herum: Der Iltis sollte um einiges größer als der Marder sein und auch nicht so schlank. Besonders auffällig sei der Gestank, den ein Iltis verbreitete. Also hatten wir einen Iltis im Stall. Wo er hereinkam, fanden wir bald heraus. Wir verstopften das Loch. Aber es wurde immer wieder aufgekratzt. Zement konnten wir nicht bekommen, mit einer Falle hatten wir keinen Erfolg. Schließlich verstopfte ein Knecht das Loch mit einer Mischung aus Lehm und Glasscherben.

Eines Morgens fehlte mein Widderkaninchen. Das Türgitter hatte ein großes Loch. Das Loch war neu. Es war schön rund aufgeweitet und gerade groß genug für mein Kaninchen. Das Kaninchen war weg. Alles Suchen half nichts.

Nach der Schule, in der ich überhaupt nicht aufgepasst hatte, erfuhr ich, was passiert war. Das Loch im Türgitter war so groß, dass es nicht von dem Kaninchen stammen konnte. Ein solches Loch konnte ein Kaninchen unmöglich in einer Nacht genagt haben. Schon gar nicht durch ein doppeltes Gitter, welches am Abend zuvor noch ganz war. Auch ein Iltis konnte unmöglich ein solches Loch in das Gitter gerissen haben.

In der Eingangstür zu den Ställen gab es einen Schieber, durch den die Hühner bei Tag in den Hühnerstall gelangen konnten. Dieser Schieber war über Nacht nicht geschlossen worden. Mein Bruder hatte angeblich vergessen ihn zu schließen.

Das Kaninchen muss durch das große Loch aus seinem Stall gefallen sein. Der Iltis war durch den offenen Schieber in den Stall geschlichen und hatte sich an dem Kaninchen festgebissen. Anschließend ist das Kaninchen mit dem Iltis im Genick durch den Schieber in der Eingangstür und noch 50 Meter bis hinter den Park gelaufen, bis der Iltis dem Kaninchen an den Hals konnte. Von da an gab es noch eine 50 Meter lange Blutspur.

An dem nachfolgenden Kaninchenessen habe ich nicht teilgenommen. Ich habe im Wohnzimmer gegessen, ohne Fleisch. Es war nicht nur der Verlust des Kaninchens, der mir zusetzte. Es war auch die unverhohlene Schadenfreude meines Bruders Karl.

Mein Bruder hat sehr viel später zugegeben, dass er das doppelte Gitter aufgerissen und den Schieber an der Stalltür offen gelassen hat. Er freut sich heute noch über diesen Streich. Für mich war es damals wie ein Weltuntergang, da ich von da an für lange Zeit niemanden mehr hatte, den ich streicheln konnte.

***

Mein Bruder hat oft Streit mit anderen Schulkameraden angefangen, weil er wusste, dass ich ihm mit absoluter Sicherheit zur Hilfe eile und die anderen gründlich verhaue, vorausgesetzt, sie konnten nicht schnell genug laufen.

Aufgrund einer Anordnung meiner Mutter war ich verpflichtet meinem Bruder zu helfen, wenn er von anderen verprügelt werde. Meistens hatte sich mein Bruder mit zwei oder drei Mitschülern angelegt. So lernte ich sehr schnell mich gegen mehrere Angreifer zu verteidigen, während mein Bruder sich aus dem Staube machte.

Als mein Bruder wieder einmal einen Streit vom Zaun gebrochen hatte und von anderen Jungen gründlich verprügelt wurde, habe ich ihm nicht geholfen. Ich habe auch nicht zugesehen, wie er verprügelt wurde und ich, – ich bekam von meiner Mutter zur Belohnung für mein Nichtstun mindestens sechs, oder auch acht gewaltige Ohrfeigen: Links, Rechts, Links, Rechts, … Zack, Zack, …

***

Ich hatte mich vor langem mit dem „Drücker“ angefreundet, dem Pferd, das als sehr bösartig und gefährlich galt, Abends, wenn die Pferde in den Stall gebracht worden waren und der Knecht beim Abendessen war, krabbelte ich häufig zu diesem Pferd in die Futterkrippe, Ich brachte immer etwas Kleeblüten, Löwenzahnblüten oder Brot mit. Manchmal, wenn ich einschlief, wachte ich auf, weil das Pferd mich vorsichtig an den Ohren, dem Hemd oder den Haaren zupfte. Dann stand ich in der Futterkrippe auf, nahm den Kopf des Pferdes in meinen Arm und streichelte es.

Eines Abends, als der Pferdeknecht den Stall abschließen wollte, wurde ich erwischt. Ich hatte große Angst vor der obligatorischen Tracht Prügel, denn der Pferdestall war verbotenes Terrain. Der Knecht war so sehr erstaunt, dass ich ausgerechnet bei dem Drücker Zuflucht gesucht hatte. Darüber vergaß er mich zu versohlen. Er schickte mich nach Hause. Ich solle nichts sagen, weil ich sonst Daheim noch etwas bekäme. Danach schaute der Pferdeknecht jedes Mal nach, ob ich in der Krippe saß, bevor es den Stall abschloss.

DER SCHWEINETROG

Der Schweinetrog war kein Schweinetrog. Er hieß nur so. Der Trog stammte aus dem Schafstall und war von den vielen Fütterungen innen mit einer absolut wasserdichten Schicht überzogen. Er war auch viel breiter und länger als ein Schweinetrog und auch nicht ganz so hochbordig. Außerdem hatte er einen Fehler: Er hatte die Form eines Kahns.

Ein Kahn im Schafstall! – Das konnte nicht gut gehen. Wir, die Jungen aus dem Dorf und vom Hof, schafften Abhilfe. Der Kahn schwamm eines Tages auf dem Dorfteich, dort wo er von seiner Form her auch hingehörte.

Ein Kahn ohne Besatzung war etwas Unanständiges. Also bekam der Kahn auch eine anständige Besatzung. Dabei schwappte unanständig viel Wasser über die Bordwände, sodass wir mit dem Hintern im Wasser saßen. Im Trog wurde alles glitschig. Das wurde erst besser, als wir den Trog mit Sand ausgerieben hatten.

Dann wurden wir von Cislak, dem polnischen Schäfer, entdeckt. Wir verließen einer nach dem andern den Kahn und schwammen ans Ufer, bevor Cislak andere Knechte holen konnte. Der Letzte von uns stieß den Kahn in Richtung Cislak und schwamm ans gegenüberliegende Ufer.

Leider hatte Cislak uns heftig beschimpft. So wagte es niemand, ihm zu helfen, als er den Trog zurück in den Schafstall schleppte. Als wir am nächsten Tag aus der Schule kamen, schwamm der Kahn bereits mitten auf dem Dorfteich. Cislak stand ratlos am Ufer. Einige Knechte hatten den Kahn nämlich in der Mitte des Dorfteichs mit einem Draht und einem Stein als Anker befestigt.

Das war für uns Jungen vom Hof die Gelegenheit, sowohl mit Cislak Frieden zu schließen, als auch ihm zu helfen den Kahn wiederzubekommen. Wir versprachen ihm, abends den Kahn zusammen mit ihm in den Schafstall zu ziehen, wenn er uns bis dahin mit dem Kahn fahren ließe.

Als in den nächsten Wochen der Kahn immer wieder auf wundersame Weise auf dem Dorfteich schwamm, stahlen wir einen Kälbertrog aus dem Kuhstall und schleppten ihn in den Schafstall. Von da an blieb der Kahn auf dem Dorfteich. Wir segelten sogar mit Hilfe einer Bohnenstange als Mast und einer alten Dreieckzeltplane. Einer hielt den Mast, der andere einen Zipfel der Plane. – Zurück wurde gepaddelt.

Jetzt konnten wir im Sitzen über den Teich schippern. Nass wurden dabei nur unsere Füße und der Hintern. Das Ganze war ein enormer Fortschritt, denn bisher hatten wir immer einige Planken von herumstehenden Ackerwagen stibitzt, um darauf. bäuchlings schwimmend über den Teich zu fliehen. Jetzt hatten wir einen Kahn mit dem wir sogar segeln konnte.

BALLERBÜCHSE

Die Rüben wurden geerntet. Es war Spätherbst. Die Zuckerrüben wurden nach Parchim gefahren. Die Futterrüben wurden in Mieten gesetzt. Die Steckrüben lagen noch in großen Haufen auf dem Hof.

Wir Jungen holten uns gelegentlich eine, schälten sie und schnitten sie in Scheiben. Dazu brauchte man ein kräftiges Taschenmesser. Die Scheiben aßen wir gerne. Sie schmeckten ähnlich wie Kohlrabi. Auch die Kaninchen mochten Steckrüben gerne. Die Futterrüben und Zuckerrüben aber konnten wir nur zum Ballerbüchsenschießen gebrauchen und zu sonst nichts.

Ballerbüchsen waren hohle Holunderholzrohre, die vorne und hinten mit einem Pfropfen aus einer Kartoffel oder einer Rübe versehen wurden. Dann wurde mit einem Stößel aus hartem Holz der hintere Pfropfen in das Rohr gedrückt, bis der vordere Pfropfen mit lautem Knall herausflog. Ballerbüchsen wurden aus Holunderästen angefertigt.

Hierbei kam es auf die richtige Auswahl des Holzes an. Die jungen Äste hatten sehr schöne große Markgänge, aber das Holz war zu dünn für eine kräftige Büchse. Es konnte beim Schießen platzen.

Je kräftiger das Holz, je größer der Markkanal, je länger das Rohr und je härter der Pfropfen, desto kräftiger der Schuss.

Die Ballerbüchse hatte gegenüber Pfeil und Bogen und der Steinschleuder einen großen Vorteil: Man brauchte keine großen Hantierungen vornehmen, welche geeignet waren, die Aufmerksamkeit der Opfer zu erregen und sie vorzeitig zu warnen.

Man hielt die Ballerbüchse mit beiden Händen, drückte den Stößel gegen den Brustkorb und zielte. Im entscheidenden Augenblick drückte man den Stößel von hinten durch das Rohr.

Im Kuhstall hatten wir nichts zu suchen. Der Knecht, der den Kuhstall versorgte, hatte eine sehr gute Ballerbüchse. Er hatte eine besondere Technik und Fertigkeit entwickelt. Er hatte im Kuhstall sogar einen Iltis erlegt. Er konnte so genau schießen, dass er uns auf bis zu 10 Meter Entfernung noch auf die Waden traf.

Er schoss mit Schnitzeln aus wildem Meerrettich. Die waren sehr hart und es gab schöne blaue Flecken. Manchmal blutete es auch, wenn man getroffen wurde. Nachdem er einigen von uns Jungen auf die Waden und Knöchel geschossen hatte, gingen wir ihm aus dem Wege. Wir hatten ganz offensichtlich seine Freundschaft verscherzt und so was konnte recht schmerzhaft sein.

PFEIL UND BOGEN

Die einen spielen Indianer, die anderen Ritter, aber alle schießen mit Pfeil und Bogen. Es gibt auch andere Gründe, mit Pfeil und Bogen umzugehen. Zielschießen ist auf Dauer langweilig. Nach Spatzen zu schießen ist sinnlos, da sie schneller sind als der Pfeil.

Wenn sie erst einmal begriffen haben, dass Buben, die gekrümmte Haselnussstecken in den Händen halten, mit abgeschnittenen Schilfrohrstängeln nach ihnen schießen, beziehungsweise werfen, dann fliegen sie beizeiten fort. Wahrscheinlich sehen die Spatzen das so, wenn kleine Jungen mit Pfeil und Bogen Jagd auf sie machen.

Trotzdem haben wir uns Bogen aus Haselstecken gemacht. Wozu wachsen Haselsträucher überall? – Wozu gibt es Schnur und Taschenmesser? – Saudumme Frage! Zuerst sucht man sich einen schön gleichmäßig gewachsenen Haselzweig im Gebüsch und schneidet ihn so zurecht, dass er bis in Schulterhöhe reicht.

Dann kerbt man beide Enden ein und bindet um das dicke Ende die Schnur so, dass sie zum Schluss über die Kerbe läuft. Dann dreht man den Stecken um und biegt das andere Ende ein wenig nach unten und befestigt die Schnur so, dass sie zuerst über die Kerbe läuft. Man prüft die Spannung der Schnur und sieht sich die Krümmung des Bogens an.

Das ist alles ganz einfach. Man muss nur wissen, wie es geht.

Die Pfeile schneidet man aus geraden Schilfrohrhalmen. Davon gibt es genug, und der Liebe Gott hat sie, außer zum Dachdecken, ausschließlich zu diesem Zweck wachsen lassen. Damit ein Pfeil schön schnell und geradeaus fliegen kann, muss man ihn vorne beschweren. Am besten nimmt man ein wenig Bleidraht. Aber der ist rar. Eisendraht ist schlecht zu biegen, Kupferdraht ist da besser, und dann … dann darf man Draht nicht nehmen, weil – ja, weil das zu gefährlich ist, wenn da jemand verletzt wird und nachher fehlt dann vielleicht auch noch ein Auge.

Auch Nägel sind verboten. Obwohl Pfeile mit Draht und Nägeln sehr viel schneller wären und man bestimmt, oder zumindest vielleicht, doch Erfolg bei der Spatzenjagd haben könnte. Pfeile mit Draht und Nägeln sind streng verboten.

Zwischen verboten und streng verboten muss man unterscheiden. Streng verboten ist gefährlich, wenn es schief geht, und auch gefährlich, wenn man erwischt wird. Verboten ist nur gefährlich, wenn man erwischt wird. Erlaubt waren Pfeilspitzen aus Holunderholz. Es wurden daumenlange Stücke von jungen Holundertrieben geschnitten und vorne auf die armlangen Rohrhalme gesteckt. Das war erlaubt und ziemlich ungefährlich.

Damit konnten wir die von Spatzen besetzten Schwalbennester an der Scheunenwand so weit zerschießen, dass die Spatzeneier heraus fielen, wenn überhaupt welche darinnen waren. Schon wenn die Nester für die Spatzen nicht mehr attraktiv waren, verließen sie diese und die Schwalben fingen irgendwann wieder an, die Nester zu reparieren und zu bebrüten.

Schwalben waren nützlich, weil sie die Fliegen im Kuhstall fraßen und die Mücken über dem Teich. Spatzen waren schädlich, weil sie in Scharen über die Getreidefelder herfielen und die Körner fraßen. Es gab sogar Prämien für tote Spatzen. Ich glaube, es war ein Pfennig pro Spatz oder sogar fünf. So genau weiß ich es auch nicht mehr.

Adek Potlypnek war ein erfolgreicher Spatzenjäger. Er besaß als Einziger von uns Jungen ein Stück Schuhmacherpech. Damit konnte man dünne Schnüre haltbarer und fester machen. Adek hatte auch den besten Bogen mit der dünnsten Schnur und …. er benutzte auch Pfeile mit Bleidraht. Adek besaß auch andere nützliche Dinge. So zum Beispiel eine Zwille, mit der er fast immer traf. Ob er seine Spatzen mit dem Bogen oder mit der Zwille geschossen hatte, weiß ich nicht. – Und weil Adek eine Zwille hatte, mussten wir anderen auch unbedingt eine haben. Aber dazu benötigte man außer Taschenmesser und Schnur noch zwei Gummibänder, am besten recht schmal von einem Autoschlauch, und ein Stück weiches Leder, am besten eine Zunge aus einem Schuh.

Die erforderliche kleine Astgabel im Hosentaschenformat musste man sich selbst besorgen. Der Zusammenbau erfordert immer viel Sorgfalt, sonst leidet die Treffsicherheit erheblich. Die Zwille trägt man in der rechten Arschbackentasche so, dass die Gummis mit dem Leder hinten herunterbaumeln und dass es jeder sehen kann. Eine Zwille ist schließlich ein Statussymbol.

In der Schule trägt man die Zwille nur im Verborgenen oder besser gar nicht, weil der Lehrer ein zu großes Interesse an Zwillen hat. Er nimmt sie einem ab und bestraft einen noch dafür, dass man sie ihm mitgebracht hat. Weil der Lehrer eine Zwille nicht als Leihgabe betrachtet, bekommt man sie auch nie wieder. Das ist mehr als hundsgemein.

Ich hatte großes Glück, dass mich der Stellmacher sehr gut leiden konnte. So bekam ich von ihm eine Zwille aus dickem Draht gebogen, um die mich alle Jungen beneideten.

Ich hatte auch Pech, weil ich immer daneben schoss. Treffen war nicht meine Stärke. Adek traf fast immer. Ich lieh ihm meine Zwille häufig aus. So fiel es nicht auf, dass ich kein guter Schütze war und ich bekam von Adek gute Angelschnur fürs Ausleihen.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
333 s. 39 illüstrasyon
ISBN:
9783960083078
Telif hakkı:
Автор
İndirme biçimi: