Kitabı oku: «Das Wunder vom Little Bighorn», sayfa 6

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Rasch kam er wieder zu Kräften, und schon bald brachen Eagle Bird und die Mädchen in erleichtertes Gelächter aus; den Mädchen rannen Tränen über die Wangen. Wenige Zeit später kamen Männer mit Gewehren und Pfeil und Bogen herbeigeeilt, alarmiert von den wilden Schreien, die die Mädchen beim Anblick des Bären ausgestoßen hatten.

Eagle Birds linkes Ohr war gespalten, und über seine linke Wange verliefen zwei lange, aber nicht sehr tiefe Schnittwunden. Er fragte nach seinem Messer und seinem Gewehr. Jemand reichte ihm das Gewehr, während andere nach dem Messer zu suchen begannen. Sie fanden es erst, als sie den toten Bären auf den Rücken drehten. Es steckte mitten in seinem Herzen.

Eagle Birds Wunden wurden an Ort und Stelle mit Kräutern und Wurzeln versorgt und bandagiert, so daß er sich schon bedeutend besser fühlte, als er sich mit den beiden Mädchen und den Männern, die den Bären trugen, um dessen Fleisch Beloved gebeten hatte, auf den Heimweg machte. Eagle Bird sah sein Blut auf den Lippen der beiden Mädchen und dachte für sich, daß er für seinen Kampf gut belohnt worden sei. Er flüsterte ihnen zu: »Wenn ihr noch ein bißchen Wasser in euren Beuteln habt, solltet ihr euch das Blut von den Lippen waschen, bevor allzu viele neugierige Leute es zu sehen bekommen.« Die Mädchen erröteten und lachten aus vollem Halse.

»Wir werden den Neugierigen sagen, daß wir so wild waren, daß wir begonnen haben, den Bären halblebendig zu verschlingen!« riefen sie. Dann sagte Beloved: »Wir haben dich so sehr bemitleidet, als du wie tot auf meinem Schoß lagst, daß wir nicht anders konnten, als dich abzuküssen. Du solltest dankbar sein, daß wir Mädchen ein Herz haben und dich geküßt haben und daß du noch am Leben bist und es erfahren hast.«

Eagle Bird erwiderte nichts darauf, sondern richtete seine Blicke auf den südwestlichen Abschnitt des Lagers. Er versuchte, unter den vielen Gestalten eine bestimmte ausfindig zu machen, wie er es seit einiger Zeit stets zu tun pflegte.

Sie waren noch nicht im Lager angelangt, als der Stammesausrufer schon die Hälfte des großen Kreises, in dem die Tipis der Oglala standen, im Trab abgeritten hatte, immer von neuem die Worte wiederholend: »Ein Bär hat Eagle Bird und zwei Mädchen angegriffen! Beerensammler, hütet euch vor Bären, hütet euch vor Bären!« Diese Nachricht veranlaßte etliche neugierige Leute, in den nördlichen Teil des Lagers zu eilen.

Maiden Chief bat aufgeregt ihren Vater: »Halte den Ausrufer an, Vater, und frag ihn, was geschehen ist!« Loves War stellte sich dem Ausrufer mit erhobenen Händen in den Weg. Als dieser ihn sah, brachte er sein atemloses Pferd zum Stehen und rief: »Eagle Bird, Beloved und Coming Day sind die Leute, die angegriffen worden sind, aber der Bär ist tot. Eagle Bird hat ihn mit dem Messer erlegt. Sein linkes Ohr ist gespalten und er hat zwei arge, tiefe Schnitte in der linken Wange, aber alles in allem ist es nichts Ernstes.« Unverzüglich setzte er seinen Weg fort, weiterhin rufend: »Hütet euch vor Bären, ihr Beerenpflücker!« Es ist erstaunlich, wie schnell in jener Zeit Nachrichten ihren Weg bis ins Ratszelt des Stammes fanden, und es war fast immer die genaue Wahrheit, die übermittelt wurde. Denn der Berichterstatter mußte die Wahrheit sagen, oder er würde im Gedächtnis der Ratsleute für immer als unzuverlässig gelten. Die Sioux jener Tage verabscheuten Unwahrheiten.

Maiden Chief blickte in den nordöstlichen Lagerabschnitt, ohne irgend jemanden in der in diese Richtung strömenden Menschenmenge wahrzunehmen. Sie war außer sich vor Ärger und Eifersucht auf die drei vom Bären Angegriffenen, vor allem auf Beloved. »Jetzt verstehe ich, warum dieser Mann verkleidet zu mir gekommen ist und versucht hat, mich zu täuschen. Er wollte nicht, daß seine Verlobte davon erfährt. Jetzt verstehe ich alles!« sagte sie sich. Sie ballte die Fäuste, bis die Knöchel fast weiß wurden. Vor Wut kochend wandte sie sich um und lief ins Zelt. Sie warf sich auf ihr Lager, bebend wie ein tödlich verletztes Tier. Tränen strömten ihr über die Wangen.

Die Begegnung mit dem Bären hinderte Eagle Bird daran, Maiden Chief an diesem Abend noch einmal aufzusuchen. Er war sich inzwischen so gut wie sicher, daß er nun wohl überhaupt keine Chance mehr haben würde, sie für sich zu gewinnen, da ja ihre Hochzeit offenbar kurz bevorstand. So sehr er sich auch danach sehnte, sie aufzusuchen, wagte er es doch nicht. Sein Gesicht war so verbunden, daß sich auch sein Mund unter dem Verband befand, wodurch seine Stimme unnatürlich klang. Auch der starke Geruch der Kräutermedizin, die auf seine Wunden aufgebracht worden war, würde Maiden Chief mißtrauisch machen, und sie durfte doch um keinen Preis herausfinden, wer er sei.

Immer wieder hatte er versucht, sich ihr in all seiner Schönheit zu zeigen, aber irgendein Mißgeschick hatte es zu verhindern gewußt, daß er sie mit seinem guten Aussehen für sich gewinnen konnte. Auf diese Weise würde er es nicht mehr versuchen. Da er nun begonnen hatte, sie mit Worten zu umwerben, mußte seine tiefe Liebe zu ihr von selbst einen Weg finden, ihre Liebe zu gewinnen. So und nicht anders sollte es sein.

Es verging ein ganzer Tag, und ein weiterer endlos langer Tag folgte, ohne daß er sich in der Lage fühlte, Maiden Chief zu besuchen, denn noch immer trug er seine Verbände mit der stark riechenden Medizin. Am dritten Tag zog der Stamm zu einem neuen Zeltgrund, der noch schöner war als der letzte. Eagle Bird fürchtete unaufhörlich, erfahren zu müssen, daß Maiden Chief geheiratet habe. Er hatte einen Cousin namens Shoots First, der Maiden Chief regelmäßig aufsuchte. Er fragte ihn jeden Tag danach, wie es Maiden Chief ging, aber der Cousin schöpfte nicht den geringsten Verdacht.

Eagle Bird organisiert einen Kriegszug

Zehn Tage nach Eagle Birds letzter Begegnung mit Maiden Chief waren seine Wunden soweit abgeheilt, daß die Verbände entfernt werden konnten und die Medizin nicht mehr benötigt wurde. Er sah sich endlich in der Lage für ein letztes Treffen mit ihr. Zwei Tage zuvor hatte er in aller Heimlichkeit seinen Kriegszug mit zwölf ausgewählten Kriegern organisiert. Die sogenannten Adlerkrieger hatten ihren Anführer Eagle Bird um die Erlaubnis gebeten, mit ihm in den Kampf ziehen zu können, und er hatte sie ihnen erteilt. Da er in seiner Verzweiflung den Entschluß gefaßt hatte, so bald wie möglich den Tod zu finden, hatte er bereits für sich beschlossen gehabt, den Kriegspfad zu betreten. Er hätte sich keine bessere Gesellschaft für sein Unterfangen wünschen können als jene zwölf jungen Krieger. »Ich bin mir sicher, daß wir mit der Hilfe des Großen Geistes siegreich sein werden«, sagte er ihnen. Er selbst hatte jedoch nicht die Absicht, als lebender Sieger wiederzukehren. Es wurde vereinbart, daß Eagle Birds Kriegszug bis zu dem Moment geheimgehalten werden sollte, in dem die Männer zur traditionellen Abschiedsparade vor ihrem Volk antreten würden.

Einige vertrauenswürdige Persönlichkeiten in den Stammesgruppen der Oglala kannten stets Wege, Kenntnis von vielen Geheimnissen, die in ihrem Stamm existierten, zu erhalten. Niemand kannte die Quellen dieses Wissens. Einer dieser Männer war Loves War. Er mußte sich nicht die geringste Mühe geben, um derartige Geheimnisse zu erfahren. Und so erzählte er mit gedämpfter Stimme seiner Frau, als er aus dem Ratszelt zurückkehrte: »Frau, ein Kriegertrupp wird am kommenden Tag in der Morgendämmerung aufbrechen. Lone Wolfs Sohn ist der Anführer. Ich habe versucht, mich dem Trupp anzuschließen, aber man hat mich abgelehnt. Dabei wollte ich sehr gern dabei sein, denn ich werde allmählich träge, wenn ich immer nur zu Hause herumlungere.« Obgleich er geflüstert hatte, hatte Maiden Chief jedes Wort vernommen. Der Bericht ihres Vaters war ein schrecklicher Schlag für sie, die ohnehin schon vor Ungeduld verging, da sie Tag für Tag auf die Wiederkehr des verkleideten Freiers wartete, dem sie in qualvoller Liebe verfallen war, seit sie ihm zu seinem Tipi gefolgt war. »So geht es also zu Ende. Er muß in den Krieg ziehen und wird vielleicht nie mehr zurückkehren. Was soll ich nur tun?« dachte sie verzweifelt.

Sie fühlte, daß ein Wendepunkt erreicht war. Sie ergriff ihren Umhang und einen Wassersack und verließ das Tipi. Mit raschen Schritten lief sie zum Fluß. Sie sah nichts und hörte nichts, ihr Verstand weigerte sich zu funktionieren. Am Ufer ließ sie sich auf einen Hügel niedersinken. Sie weinte nicht, konnte nicht mehr weinen. Sie hatte keine Zeit mehr dafür, sie mußte nachdenken, einen Ausweg finden aus all der Verzweiflung und Qual. Das Wasser des Flusses plätscherte, der Wind rauschte in den großen Blättern der Pappeln, Tauben gurrten traurig, und das helle Tirilieren der Lerche erklang hoch über ihrer jammervollen Gestalt. Doch all diese wunderbaren Dinge des Lebens vermochten nicht, zu ihr zu dringen. Aber ihr Geist arbeitete plötzlich wieder mit großer Klarheit, während sie wie tot auf dem Hügel lag.

Sie blieb nicht lange so liegen, sondern setzte sich abrupt auf und warf ihren Umhang von sich. Jenes bezaubernde Lächeln war auf ihr Antlitz getreten, das manchen jungen Oglala fast um den Verstand gebracht hatte. Ihre schneeweißen Zähne funkelten wie Kristalle, die an einem fernen Hang in der Sonne glitzerten. Ihre Augen waren weit geöffnet. Ein tiefes Glücksgefühl durchströmte sie. Endlich hatte sie einen Weg gefunden, all ihrem Kummer ein Ende zu bereiten. Eagle Bird würde sich ihr nicht entziehen können. Er würde keine Wahl haben, als sie zu lieben. Sie wußte nun, wie sie den Stolz dieses Mannes überwinden konnte. Er würde klein beigeben müssen.

Maiden Chief sprang auf die Füße, ergriff ihren Wassersack und füllte ihn mit dem reinen Wasser des Flusses. Sie wandte sich um und wollte ihren Umhang ergreifen. Plötzlich stieß sie einen Überraschungsschrei aus und verharrte mitten in der Bewegung. Direkt vor ihr stand niemand anders als Eagle Bird. Mit wildem, flammendem Blick, gleich der Statue einer unsterblichen Gottheit, starrte sie in sein lächelndes Gesicht. Er sah genauso aus, wie sie ihn in seinem Tipi zum ersten Mal gesehen hatte, vielleicht sogar noch schöner. Aufrecht wie ein Pfeil stand er und ergötzte sich an Maiden Chiefs Anblick. Sein Umhang hing über dem linken Arm, das Gewehr hielt er in der Hand. Seine Kleidung bestand aus weißem Leder, mit Fransen versehen und mit gefärbten Stachelschweinstacheln bestickt. Die Schöße reichten bis über seine Leggings. Sein langes, dichtes Haar war ordentlich gekämmt und zu zwei großen Zöpfen geflochten, die zu beiden Seiten seiner Brust herabhingen. Die Enden der Zöpfe waren mit glänzendem Otterfell umwunden. Das Stirnhaar hatte er glatt zurückgekämmt und am Hinterkopf befestigt, wo zwei weiße Adlerfedern aufrecht standen und die Stellung des Mannes anzeigten, eines tödlichen Kriegers höchsten Ranges. Seine Gestalt und seine Gesichtszüge wirkten noch anziehender als beim ersten Mal, da sie den Mann unverhüllt erblickt hatte. Selbst die frischen Narben auf seiner linken Wange schienen seinen Zauber nur noch zu unterstreichen.

Die beiden standen lange Zeit einander gegenüber. Maiden Chiefs Art, in anzusehen, ließ Eagle Bird begreifen, daß sie ihn als ihren verkleideten Besucher wiedererkannt hatte, auch wenn er nicht im geringsten ahnte, auf welche Weise sie zu ihrem Wissen gelangt war. Jeder wartete, daß der andere die ersten Worte sprach. Stumm forderte Maiden Chief den Mann heraus, der es vollbracht hatte, alles, was ihr Leben glücklich gemacht hatte, zu zerstören, es in Grund und Boden zu stampfen. Es schien schon viele Winter zurückzuliegen, daß er zum ersten Mal verkleidet zu ihr gekommen war, um sie zu belügen und ihr ihre Liebe zu stehlen, eine Liebe, die wertvoller für sie war als selbst ihr Leben.

In Gedanken sagte sie zu ihm: »Du wirst mich niemals berühren, bis du mir nicht sagst, daß du mich liebst, und ich werde wissen, ob du die Wahrheit sprichst oder mich belügst.« Sie stand mit erhobenem Haupt vor Eagle Bird. Ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln, blickte sie ihm tief in die Augen. Sie sah, daß der Mann sich ihr langsam näherte. Sie zuckte zusammen, als er sie berührte, aber er schloß sie fest in seine Arme. Endlich hörte sie ihn in vorwurfsvollem Ton sagen: »Mädchen, ich liebe dich. Ich wollte dich so sehr, aber du wolltest mich nicht.« Er fuhr fort: »Ich bin gekommen, um dir zum letzten Mal zu sagen, daß ich dich in solchem Maße liebe, wie niemand es für möglich halten kann. Ich will deine Antwort, selbst wenn sie so ausfällt, wie ich es befürchte. Ich muß die Antwort aus deinem Munde vernehmen, um sicherzugehen, daß ich mich nicht darin irre, was ich glaube und was ich über dich weiß. Es wird dann leichter für mich sein dort, wo ich hingehe. Ich werde mich immer an dich erinnern. Du bist alles für mich, das es gibt. Du bedeutest mir mehr als das Leben. Sobald du mir geantwortet hast, werde ich gehen, und ich weiß, daß ich glücklich dort sein werde, wo ich hingehe. Denn ich werde darauf warten, daß du mir dorthin nachfolgst, wo ich sein werde. Denn nur dort und nur dann wirst du die Größe der Liebe, die ich für dich empfinde, erkennen. Dort wirst du es wissen, so wie ich es weiß, und wir werden vereint sein und uns nie wieder voneinander trennen. Hier werde ich nicht mehr lange warten müssen, denn mein Leben wird nicht mehr lange währen. Doch wenn es vergangen ist, dann werde ich an jenem Ort lange Zeit auf dich warten, bis du endlich kommen wirst.« Eagle Birds Kopf sank herab, nachdem er diese Abschiedsworte gesprochen hatte.

Maiden Chief wußte, daß jedes Wort, das der Mann gesprochen hatte, eine Wahrheit war, die unter Qualen aus seinem Herzen gestiegen kam. Sie weinte vor Scham, weil sie so schlecht von dem Mann gedacht hatte, den sie liebte. Schluchzend sagte sie: »Ich wollte dich doch auch, und ich liebe dich. Nimm mich mit, ich gehöre dir.« Nachdem sie diese Worte stammelnd hervorgebracht hatte, hob sie das Gesicht, um die Küsse ihres Liebsten zu empfangen. Ihre Lippen waren aneinandergepreßt, als wären sie miteinander verschmolzen. Ein selten gekanntes Glück umtanzte die beiden Liebenden aus dem Volk der Oglala, während der Große Geist auf die beiden Kinder der Wildnis herunterblickte und ihre Schwüre vernahm. Gemeinsam mit seinen Engeln vollführte er ihre Trauung vor seinem Altar, während er den Worten der beiden Ehegatten, die sie an ihn und aneinander richteten, lauschte.

First Woman, die treue und liebende Mutter, verbarg sich wieder hinter dem Uferstrauchwerk, nachdem sie gesehen hatte, wie ihre schöne Tochter und deren Geliebter in einem langen Kuß vereinigt waren. Sie war stolz und glücklich, als sie fast im Laufschritt zu ihrem Tipi zurückeilte. Wenig wissen die Sterblichen über das, was sie hinter der geheimnisvollen Schwelle der Zukunft erwartet, und dies gilt selbst für den nächsten Augenblick. Die Mutter jedenfalls ahnte nicht das geringste, während sie vor Freude, daß ihre Tochter endlich ihr Glück gefunden hatte, vor sich hinsang. Tatsächlich war, während sie fröhlich singend zum Tipi lief, bereits ein heftiger Streit zwischen den Liebenden entbrannt, die sie doch gerade in solch inniger Umarmung gesehen hatte, als könnte die beiden nie wieder etwas voneinander trennen.

»Du mußt warten, bis ich vom Kriegszug zurückgekehrt bin. Was würdest du denn von einem Ehemann oder Geliebten denken, der sein Wort nicht hält? Was würden denn die Leute von jemandem, auf den man nicht bauen kann, halten? Ohne Zweifel werden sie früher oder später erfahren, daß ich mein Wort gebrochen habe, daß ich meine Freunde angelogen habe wegen einer Frau. Nicht einmal für dich, Mädchen, darf ich von meinem Versprechen zurücktreten. Für deine Ehre und um dir die Schande zu ersparen, muß ich mein Wort halten und gehen. Ich werde nicht sterben. Ich kann nicht sterben. Hab keine Angst und bete für mich zum Großen Geist, bis ich zurückgekehrt sein werde und dich zur Frau nehme. Dich, wie du es möchtest, im Tipi meines Vaters als meine Frau zurückzulassen, ist unmöglich. Damit würde ich dich fälschlicherweise vor den Augen aller deiner Reinheit berauben. Du und ich, wir gehören einander in jeder Weise, aber Tisch und Bett können wir nicht miteinander teilen, bis die rechte Zeit hierfür gekommen sein wird, und die richtige Zeit ist genau dann, wenn ich zurückkehre.«

Mit dieser Rede hatte Eagle Bird das Wortgefecht gewonnen. Es machte Maiden Chief jedoch nicht allzu viel aus, in diesem Streit die Unterlegene zu sein, denn sie hatte ja gerade erst an diesem Ort, an dem sie jetzt mit ihrem Verlobten saß, einen Plan geschmiedet, von dem sie ihm nichts erzählt hatte. Der Julimond, fast schon voll, leuchtete flackernd zwischen dahineilenden Wolken hindurch. Die Luft roch nach Regen, als die beiden Liebenden gemächlich zu Maiden Chiefs Tipi spazierten. Dort trennten sie sich. Maiden Chief war so glücklich und zuversichtlich gestimmt, daß der Abschied ihr nicht schwer wurde.

Der Aufbruch der Krieger

Lange Zeit lag Maiden Chief in dieser Nacht wach. Sie war zu glücklich, um einschlafen zu können, und so lauschte sie, wie der Regen gegen die ledernen Zeltwände klopfte und wie in der Ferne der Donner rollte. Nach und nach wiegten die monotonen Geräusche sie in den Schlaf.

Der neue Tag versprach, sehr schön zu werden. Die kraftvollen Strahlen der sich noch hinter dem Horizont verbergenden Sonne erleuchteten schon das halbe Himmelszelt. Kein Wölkchen war zu sehen. Die Luft war angenehm und duftete nach dem frisch gefallenen Regen. Das ganze Universum schien zu vibrieren vom unermüdlichen Gesang der Vögel. Mehr denn je war Maiden Chief sich der Pracht dieses Paradieses bewußt, in dem sie lebte. Zusammen mit ihren Eltern stand sie vor ihrem Tipi und sah zu, wie ihr Verlobter und seine Männer in vollem Kriegsschmuck durch das Lager paradierten. Sie konnte ihre Augen nicht von Eagle Bird abwenden, der sein tänzelndes rotbraunes Kriegspony ritt und einen Kopfschmuck mit prächtigem Federschweif trug.

Maiden Chief wäre solange stehengeblieben, bis ihr Liebster in der Ferne dem Blick entschwunden wäre, aber War Cry, ihr wilder Mustang, gab plötzlich hinter dem Tipi laute Geräusche von sich, so daß sie zu ihm eilte. Der Gesang, die Rufe und der Jubel der Leute, das Weinen von Eltern und Verwandten der aufbrechenden Krieger, das Gebell der Hunde und das Wiehern der aufgeregten Stuten und Fohlen, all dieser Heidenlärm hatte War Cry erschreckt. Er hatte den Kopf in die Höhe gestreckt, um besser sehen zu können, was vor sich ging, die Nüstern waren flammendrot, der lange Schweif war wie erstarrt. Vor Aufregung zitterte er am ganzen Körper. Gleich einem Antilopenbock, der sich einer vermeintlichen Gefahr herausfordernd entgegenstellt, zerstampfte er den Boden mit seinen Hufen, so daß Schlamm in alle Richtungen spritzte, und stieß von Zeit zu Zeit ein ohrenbetäubendes wildes Schnauben aus, das von den nahegelegenen Felswänden zurückgeworfen wurde und den allgemeinen Lärm im Lager noch übertönte. Er warf sich herum und lief leichtfüßig im Kreis, die Leine aus Rohhautleder, mit der er an einen Pfahl aus Eschenholz gebunden war, straff gespannt. War Crys Bewegungen waren so kraftvoll, daß das Seil und der Pfahl wie Nadel und Faden wirkten und nicht wie ein Gefängnis, das ihn an Ort und Stelle bannte.

Maiden Chief redete beruhigend auf ihn ein, was seine Erregtheit ein wenig milderte. Sie hielt ihm die Hände vor die Augen, damit War Cry das aufregende Geschehen im Lager nicht mehr sehen konnte. Mit zurückgelegten Ohren und einem wilden Ausdruck in den geröteten Augen drängte der Hengst seine Herrin beiseite, um den Kriegertrupp, der langsam über einen im Westen gelegenen Bergrücken ritt, zu beobachten. Maiden Chief stellte sich an die Seite des Rappen, und beide sahen zu, wie Eagle Bird allmählich am Horizont verschwand. »Erinnere dich an diesen Weg, mein teurer Freund«, raunte sie dem Pferd zu, wobei sie ihm den gebogenen Hals tätschelte. »Heute nacht werden wir beide ihm bis zum Ende folgen müssen. Ich weiß nicht, was mich auf dem Pfad, den du dir gewiß schon eingeprägt hast, erwartet. Der Mann wird sich nicht träumen lassen, wie unmöglich es für mich ist, hierzubleiben. Ich weiß, daß er mich wirklich liebt, denn ich habe gehört, wie unter seiner Stimme sein Herz zu mir sprach, gestern am Flußufer. War Cry, mein Freund, du und ich, wir werden es schaffen, daß dieser Mann uns liebt, so daß er uns sein ganzes Leben lang verehren wird. Du und ich, wir wollen seine vollständige, reine und niemals endende Liebe. Wir wollen nicht an zweiter Stelle sein in irgend­eines Mannes Herz, nicht wahr, mein Freund? Wir sind bereit, für diesen Preis unser Leben einzusetzen.«

Während Maiden Chief War Cry diese Worte zuflüsterte, führte sie ihn vom Tipi fort, um ihn auf einem frischen Weidegrund anzupflocken. Dann setzte sie sich auf einen großen Stein in seiner Nähe und beobachtete, wie der Hengst gierig das üppig wachsende zarte Riedgras rupfte. Scherzhaft belehrte sie das Tier: »Du wildes, verschlagenes Pferd. Ich habe Mitleid mit dir gehabt und dich aufgezogen und alles Erdenkliche für dich getan, seit Vater dich als Gefangenen mitgebracht hat, um dich jemandem zum Sklaven zu geben, der dich am Ende gebrochen hätte. Ich habe dich für mich verlangt und habe dir ein Leben voller Härten und Grausamkeiten erspart. Zum Lohn dafür mußt du mir alle Kraft und Klugheit, die in deinem bösen Körper stecken, geben. Deine ganze Bosheit mußt du dafür benutzen, um mir zurückzuzahlen, was ich für dich getan habe.« Dann, nach einem Moment des Schweigens, begann Maiden Chief an ihr Pferd gewandt zu beten: »Großer Vater, hab Mitleid mit mir, denn ich brauche deine Hilfe. Hilf mir, den Wunsch in meinem Herzen Wirklichkeit werden zu lassen, ohne daß mir ein Mißgeschick begegnet, damit ich leben kann.« – Die Sioux betrachten sich selbst in ihrer Religion als die geringsten aller Geschöpfe. Aus diesem Grunde sehen sie alle anderen Geschöpfe im Universum als höhere, göttliche Wesen an und beten zu ihnen. Der Große Geist war die herrschende Macht, von der diese niedrigeren Gottheiten Kräfte erhielten, die dieser ihnen nicht wieder nehmen konnte. Vielleicht beruht dieser Glaube meines Volkes auf der biblischen Lehre, daß Gott zunächst alle anderen Wesen und Dinge geschaffen hat und erst zuletzt den Menschen.

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23 aralık 2023
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