Kitabı oku: «Stiefmütterchen Ost und Königskerze West», sayfa 2

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Eisblumen

Wenn glitzernde Eisblumen Scheiben belecken,

Und fröstelnde Menschen die Körper verstecken,

Wenn der „Nord-Ost” versendet eisigen Hauch,

Aus dem Schornstein aufsteigt schneeweißer Rauch,

Dann lass’ sie rasch fliegen die Schmetterlinge,

Und stell’ dir vor die schönsten Dinge!

Schmetterlinge im Bauch

Liebkosende Hände

Erwecken ein Beben,

Wär’s niemals zu Ende,

Das Schönste am Leben.

Kraftvoll flatternd im Bauch

Tausend Schmetterlinge,

Als berauschender Hauch

Heiss ersehnter Dinge.

Beraubt aller Sinne,

Weit geöffnet die Tür,

Flüstert liebende Stimme:

Jetzt gehörst du nur mir!

Großes gewollt zu haben, ist groß

„Magna voluisse magnum“ kann der Vorbeieilende auf Ferdinand von Schills Grabstein auf dem zum Park verwilderten alten Stralsunder Friedhof lesen.

Aber wer geht hier schon gerne entlang, es ist viel zu gefährlich geworden.

Als Kinder benutzten wir allerdings diesen Weg als Abkürzung zum Freibad. Die Übersetzung kannten wir, schließlich war unser Onkel Lateinlehrer an der „Hansa“, aber das Zitat sagte uns damals gar nichts. Wir wollten groß werden, um unser Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Normales Ziel jedes Heranwachsenden. Nicht jeder kann große Taten vollbringen und will es auch gar nicht.

Aber leben will jeder. Mehr wollte ich auch nicht.

Und da war ich nun. Schlaksig, neugierig und immer hungrig.

Zehn Salzkuchen von Bäcker Radfahn aus der Hainholzstraße, dünn mit Griebenschmalz geschmiert, waren keine Seltenheit. Und dazu frische Milch von Bauer Bahls. Oder Heisswecken mit süßer Milch und Mandeln. Wo meine Großmutter das Geld für meinen hungrigen Bauch hernahm, blieb mir ein Rätsel.

Unaufhaltsam wuchs ich, lernte Schwimmen und Radfahren, aus Nachbars Garten mit einem langen Stock, der an der Spitze einen rostigen, dicken Nagel trug, Äpfel aufzuspießen und durch den engen Maschendraht zu bugsieren und manch andere nützliche Dinge. Eine bessere Großmutter konnte es nicht geben. Und was waren für Geheimnisse auf dem riesigen Boden in den unzähligen Schränken und Truhen verborgen, die sie nach und nach lüftete! So vergingen die Tage viel zu schnell, Langeweile war ein Fremdwort. Und wenn mal gar nichts zu erforschen war oder schlechtes Wetter das Ströpern verhinderte, konnte sie mich stundenlang mit ihren Sammelalben voller Stollwerck- oder Liebig-Bilder fesseln oder mit einer alten Laterna Magica, durch die man auf Glas gemalte Bilder, durch Kerzenlicht an die Wand geworfen, stundenlang betrachten konnte. Und was sie für Geschichten kannte! Oft konnte ich danach nicht einschlafen und träumte nachts davon. Ich saugte alles gierig in mich auf, als könnte mir die Zeit davonlaufen.

„Großmutti, erzähl uns noch eine Geschichte“, sagten wir abends in unseren Betten auf dem Dachboden, wenn Großmutti uns wie immer den Gutenachtkuss und für jeden ein Stück Vitalade brachte, und dann sprudelte es unaufhörlich aus ihr heraus: „Unser Großvater besaß mit der „Sophia Charlotta“ die damals größte Dreimastbark der Ostsee. Sie hatte ein Bruttoregistergewicht von 750 Tonnen! Er kreuzte mit ihr auf allen Meeren und trotzte manchen Gefahren. Sein Leitspruch lautete: „Mannes Wort-fester Hort.“ Es war etwa 1830, als die „Sophia Charlotta“ nach einer stürmischen Fahrt, die das Schiff verschlagen hatte, an der damals noch wenig bekannten Küste Afrikas Anker warf, um Wasser einzunehmen. Ein Boot wurde flott gemacht, und ein Teil der Mannschaft unter Führung des zweiten Steuermanns ging an Land, um nach Trinkwasser zu suchen. Hierbei wurden sie von Eingeborenen überfallen, gefangen genommen und verschleppt. Durch einen Unterhändler wurde von dem Häuptling ein hohes Lösegeld gefordert. Deutsche Konsulate gab es damals nicht, der Kapitän war auf sich selbst angewiesen und fand im Ausland nicht den Schutz wie heute. So ließ er dem Häuptling sagen, dass er nach einer bestimmten Frist das Lösegeld herbeischaffen werde und bis dahin Schutz für seine Leute verlange. Das wurde zugestanden, dennoch erduldeten die Gefangenen manche Härte. Durch ungünstige Winde verzögerte sich die Heimkehr des Schiffes, und so mag dem Häuptling die Geduld ausgegangen sein. Am Strande, an der Stelle, wo vor Wochen das Boot einst landete, wurden Pfähle eingerammt, die Matrosen wurden gefesselt, mit Stroh umwunden und dieses mit einer Teer ähnlichen, leicht brennbaren Flüssigkeit getränkt, dann jeder Mann einzeln an einen Pfahl gebunden. Der ganze, nach vielen Hunderten zählende Stamm hatte sich am Ufer versammelt, um sich an den Qualen der Seeleute zu weiden. Fertig zum Anzünden entdeckte der Steuermann fern am Horizont ein Segel. Eine gewaltige Spannung trat ein und Hoffnung beseelte die Männer, die bereits mit dem Leben abgeschlossen hatten und sich ergeben dem schrecklichen Schicksal beugten. Ein Seemannsauge ist scharf, erkennt ein Schiff bald schon an der Stellung der Masten, an der Takelage und dem Stand der Segel. Es war in der Tat die „Sophia Charlotta“, die mit dem Lösegeld zurückkam. Aber nicht mit dem allein, vier kleine Geschütze, die in möglichster Eile beschafft und wozu ein Zufall die Hand geboten, sollten im Ernstfall der Forderung um Freigabe der Gefangenen Nachdruck verleihen und kam die „Sophia Charlotta“ zu spät nach dem alten Gesetz, Auge um Auge, Zahn um Zahn, blutige Vergeltung üben. Die Auslösung der Gefangenen ging indes friedlich vonstatten und mit Jubel wurden sie an Bord begrüßt. Nie unternahm er wieder Fahrten ohne diese Geschütze, und zweimal noch hat später in chinesischen Gewässern und an der Küste von Algier ihr Mund ein ernstes Wort mitgesprochen.

Für mich war er ein Held, der für seine Verdienste von seiner Vaterstadt in seiner Eigenschaft als sogenannter „Meister vom Stuhl“ einen Degen mit Goldgriff erhielt. Ferdinand von Schill hatte dagegen nur einen kümmerlichen, verrosteten Säbel in seiner Hand! So wollte ich auch werden, und in meinen Träumen gelang es mir vortrefflich.

Das alte Lied

So wie die Alten sungen,

So zwitschern heut die Jungen?

Die Alten zwitschern jetzt ganz laut,

Die Jugend hat sich nicht getraut!

So wie die Alten sungen,

So simsen heut’ die Jungen!

Die Jungen simsen Tag und Nacht,

Und haben sich recht schlau gemacht!

So wie die Alten sungen,

Hat’s immer schon geklungen:

Was soll bloß aus ihn’n werden,

Sie werden wohl dumm sterben!

So wie die Alten sungen,

Hat’s bald ganz laut geklungen.

Die Alten sind längst nicht mehr da,

Die Jungen ehrt man, o la la!

Herbst

Das Laub verlässt die Bäume,

Das Wasser tritt zurück,

Jetzt kommt die Zeit der Träume,

Vom nächsten Sommerglück!

Einfallspinsel

Er lebt in einer and’ren Welt,

Wo sich nicht alles dreht um Geld,

Wo man so spricht, wie man gedacht,

Dafür wird er nun ausgelacht!

Der „Pflaumenbaum“

1973

Ich hatte mit gerade 25 Jahren meine erste leitende Arbeitsstelle und war offen für alles, aber noch völlig unerfahren. Dennoch wurde ich respektiert.

Die meisten Mitarbeiter – damals lief ja noch der sozialistische Großversuch mit der Bevölkerung der DDR – konnten gar nicht glauben, dass ich mit meiner Familie freiwillig in dieses verlassene Dorf gezogen bin und fragten sich hinter vorgehaltener Hand, was ich wohl auf dem Kerbholz hätte? Sie hatten ja schon so ihre Erfahrungen mit meinen Vorgängern gemacht, und irgend etwas konnte hier doch nicht stimmen! Aber es stimmte alles, wir sind aufs Land gezogen, weil wir dort sofort eine schöne Neubauwohnung bekamen, etwas mehr Geld als üblich und die leitende Stelle. Und bereut hatten wir diesen Schritt eigentlich nie.

In dem Dorf war es üblich, dass meistens ganze Familien im selben Betrieb arbeiteten. Dadurch war die Bindung an den Betrieb größer. Ich sage das nur, weil in der Wendezeit 1990 die von den Bundis initiierten Betriebsräte als erstes dafür sorgten, dass im Falle von beschäftigten Ehepaaren ein Partner ohne Ansehen seiner Leistung sofort entlassen wurde. Man meinte, das wäre sozialverträglicher. Dabei war es der größte Unsinn, der je gemacht wurde, denn viele Leistungsträger standen plötzlich vor einer Neuorientierung, während einige weiterhin initiativlose Mitläufer weiter „beschäftigt“ wurden.

Aber zurück ins Jahr 1975. Den Betrieb durchlief gerade eine junge Auszubildende, damals Lehrling genannt, als Schreibkraft. Vorübergehend lernte sie nun bei mir.

Ihre Mutter arbeitete in der Lohnbuchhaltung, und ihr Vater war ein tüchtiger Schlosser.

Eines Tages zum Feierabend kam sie in mein Büro und sagte mit dort üblicher Rucksack-Berliner Kotterschnauze: „Chef, morjen muss ick mal een’ Tag frei kriejen, jeet dat in Ordnung?“

Mir kam das etwas plötzlich vor und so fragte ich: „Was haben Sie denn Wichtiges zu erledigen, dass Sie mir das erst zum Feierabend sagen?“ Ich war leicht verstimmt, denn woher sollte ich nun noch eine Aushilfe kriegen. „Ick muss morjen zum Pflaumenbekieker!“, war die kurze Antwort.

„Wieso müssen Sie denn zum Pflaumenbeschauer, der kommt doch normalerweise zu Ihnen in den Garten“, sagte ich total ahnungslos.

„Nee, ick muss nur mal uff se’n Stuhl, der will bloß wat nachkiecken!“

„Auf was für einen Stuhl denn, ich denke es geht um den Pflaumenbaum“, sagte ich völlig verwirrt und verstand gar nichts mehr.

Als sie nach längerer Pause begriff, dass ich sie nicht veräppeln wollte, nahm sie allen Mut zusammen und sagte: „Mensch Chef, ick muss morjen früh zum Jynokolojen in die Kreisstadt!“

Da endlich fiel der Groschen bei mir, und ich gab ihr leicht gerötet meinen Segen.

Und wenn wir später miteinander zu tun hatten, grinste sie mich immer vielsagend an, als ob sie dachte, ich hätte es ganz schön dick hinter den Ohren, und das stimmte natürlich nicht, ich war einfach noch zu unerfahren.

Wiedergeburt

Vertrocknet die Blätter,

Die Frucht leuchtend reif,

Geläutert die Seele,

Die Glieder stocksteif.

Zimtzicke

Sie meckerte von früh bis spät,

Bis jeder aus dem Weg ihr geht,

Sogar die Mutter zog bald aus,

Nun lebt sie ganz allein’ im Haus!

Bücherwurm

Er las das Buch von A bis Z,

Und ging nie ohne Buch ins Bett,

Bald wusst’ er alles und war schlau,

Doch, – alle Theorie ist grau!

Warum Zucker süß ist

1986

Zucker entsteht aus Wasser, Kohlenstoff und Energie. Das ist Grundwissen der Polytechnischen Oberschule. Nach neueren Erkenntnissen aus der Praxis ist außerdem Lärm daran beteiligt. Ganz ohne lautstarke Werbung geht auch im Sozialismus nichts. Die Zuckerproduktion beginnt in jedem Jahr damit, dass systematisch zuerst der Franken- und danach der Knieperteich leer gepumpt werden. Und weil deren Wasser noch nicht ausreicht, wird heimlich sogar die Ostsee angezapft. Damit das auch wirklich niemand merkt, sind mehrere Unterwasserpumpen am Thälmannufer im Strelasund versteckt. Dennoch sollen schon einige Bürger über die langen Leitungen gestolpert sein bzw. haben sich über das am Fuße des Schill-Denkmals sprudelnde Wasser gewundert.

Kohlenstoff hat die Zuckerfabrik genug. Sie kann es sich sogar leisten, einen Teil davon unentgeltlich über der Stadt zu verteilen. Für die Zuckerproduktion bleibt immer noch genug übrig. Dass Zucker dennoch weiß wird, bleibt vorerst ein Rätsel.

Wozu die viele Energie gebraucht wird, kann man manchmal den Formblättern des Hauptenergetikers entnehmen. Es lässt sich jedoch nicht gänzlich verbergen, dass auch ein Großteil der Energie wieder der Natur zurückgegeben wird, schon um das Gesetz von der Erhaltung der Energie aufrecht zu erhalten.

Aber es gibt Bürger, die dafür kein Verständnis aufbringen und sich sogar über das nunmehr zum Freisetzen der Energie notwendige Pfeifen und Zischen beschweren. Daran erkennt man Tempelstürmer, denen die Schulbildung fehlt. Sie sollten vielmehr dankbar sein für erste bescheidene Experimente zur Speicherung von Wärme in unserer zunehmend kälter werdenden Gesellschaft.

Nun könnte natürlich der Laie fragen, wozu überhaupt noch die vielen Zuckerrüben gebraucht werden. Aber auch dafür gibt es eine ganz einfache Erklärung: Auch in der sozialistischen Landwirtschaft hat sich die industrielle Großproduktion durchgesetzt, d.h. die Landwirtschaft verlagert aus Kostengründen alles Mögliche auf die Industriebetriebe. Und in der Zuckerfabrik funktioniert u. a. das Waschen und Zerkleinern von Zuckerrüben bestens. Diese sozialistische Hilfe fällt den Fabriken gar nicht einmal schwer, und die zusätzlichen Kosten kompensiert die Zuckerproduktion auch noch. So etwas spricht sich natürlich schnell herum, und die Deutsche Reichsbahn als energieträchtiger Partner der Zuckerfabriken hat ganz schnell geschaltet und spezielle Ganzzüge mit Zuckerrüben aus der ganzen Republik bereitgestellt, die nun dafür sorgen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.

Soweit zur Theorie. Dass es auch tatsächlich wieder einmal gelungen ist, weißes Gold in seiner strahlenden Reinheit aus Wasser, Kohlenstoff und Energie herzustellen, merkt man spätestens im Herbst am süßlichen Duft über der ganzen Stadt und deren weißen Dächern. Zum Schluss bleibt nur noch die Frage offen, warum der Zucker nun eigentlich süß ist. Süß ist ein Geschmack, über den sich bekanntlich nicht streiten lässt. Denn eine „süße Biene“ ist nüchtern betrachtet auch nur eine emanzipierte Frau, die uns Männern das Leben sauer macht, der süßeste Kuss hat nach seinem Genuss oftmals einen bitteren Beigeschmack usw.

Man muss also an diese Frage dialektisch herangehen, und danach ist der Zucker süß, weil seine Herstellung den Zuckermachern nicht mehr so sauer wird wie früher.

Aber dafür war der Zucker früher auch viel süßer.

Zuckerschnee

Schneeweiß alle Dächer,

Die Luft gut gesüßt,

Von Jahr zu Jahr frecher,

Bis niemand mehr grüßt!

Einstein

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es,

Alles beim Alten zu lassen

Und gleichzeitig zu hoffen,

Dass sich etwas ändert.”

Augenblick

Und als ich sie dort liegen sah,

Lang ausgestreckt mit off ’nem Haar,

Da fiel’s mir schwer vorbei zu geh’n,

Erst musst’ ich tief ins Aug’ ihr seh’n.

Das ging mächtig nach hinten los

1974

Eines Tages bat der Parteisekretär unseren etwa 70 Jahre alten Elektromeister, die Kellerbeleuchtung in seinem Haus in Ordnung zu bringen. Er hatte wie die meisten Menschen dort auf dem Lande nebenbei eine kleine LPG zu versorgen, hauptamtlich war er der für die Feldfrüchte verantwortliche Hauptagronom.

Und im Keller lagerte in der Tiefkühltruhe sein Vorrat, der jetzt ohne Strom zu vergammeln drohte. Sofort setzte sich am Abend der alte Elektromeister in seinen fast genauso alten „Trabbi“ und fuhr über die Dörfer zum Parteisekretär. Der wartete natürlich schon händeringend auf ihn.

Im Oderbruch liegen bekanntlich etliche Dörfer unter dem Wasserspiegel, will sagen, die Feuchtigkeit ist ein ständiges Problem. Der Parteisekretär öffnet also die Falltür in den dunklen Keller. Der alte, behäbige Elektromeister steigt mit einer Handlampe die rutschige Holztreppe in die dunkle Ungewissheit hinab. Oben beobachtet der Parteisekretär argwöhnisch und hoffnungsvoll zugleich jeden Schritt des alten Mannes. Plötzlich hört er mit einem furchtbaren Krach aus der Dunkelheit heraus das Holz bersten. Oh Gott, denkt er, da ist etwas passiert, das gibt bestimmt großen Ärger! Und im selben Moment schreit unser behäbiger Elektromeister: „Hol mich raus, ich hänge zwischen zwei gebrochenen Stufen und kriege keine Luft!“ Und was macht ein Parteisekretär, wenn es um sein Privateigentum geht?

Genau dasselbe wie jeder andere unter uns! Er sucht nach seinem Feuerzeug in der Hosentasche, leuchtet damit in den Keller hinunter und jammert laut, nachdem er den Schaden an seiner Treppe besehen hatte: „Mensch, Konrad, was hast du bloß gemacht, wie kriege ich nun die Treppe wieder heil!“

Aber dann siegte doch noch sein Mitgefühl für den röchelnd Festgeklemmten, und mit Stricken und einer Leiter bewaffnet, befreite er ihn aus seiner misslichen Lage.

Auge um Auge

Es ist wirklich schwer,

Gute Miene zum bösen Spiel zu machen!

Denn es werden täglich mehr,

Die rücksichtslos Lärm machen!

Naturgesetz

Die Natur hat ewige Gesetze!

Deine Chance besteht darin,

Sie für dich zu nutzen!

Das geht nicht ganz ohne Hetze!

Aber dir bleibt noch die Zeit zum Putzen!

Piepmatz

Er singt nicht nur,

Er macht auch viel,

Nutzt die Natur,

Im Monatsspiel.

Damals wie heute?

Unsere Kinder sind quasi am FKK-Strand aufgewachsen.

Meine Eltern hatten sich in den sechziger Jahren ein Wochenendhaus in Wieck auf dem Darß angeschafft. Gerne verbrachten wir dort unseren Ostseeurlaub.

Zum Strand fuhren wir an die „Hohe Düne“ nach Prerow, damals noch der ausgewiesene „Wiecker Badestrand.“ Wenn wir dann endlich nach schweißtreibender Bauarbeit in unserer Sandburg lagen, weit sichtbar mit Muscheln: „Belegt von … bis …“ als unser Eigentum gekennzeichnet, dann hatten wir in der Regel für 14 Tage unsere Ruhe vor „Burgräubern.“ Und wenn es schon mal passierte, dass unbelehrbare Ignoranten sich in fremdem Eigentum breit machten, wurden diese mit Hilfe sämtlicher Nachbarn schnell vertrieben. Man kannte sich mittlerweile schon aus jahrelanger Nachbarschaft, zwar nicht mit Namen, aber an unverkennbaren Merkmalen: „Siehst du dort den mit der weißen Mütze? Das ist doch der Erfurter, und der ist schon wieder so schön braun.“ Oder: „Guck mal, die Berliner sind auch wieder da, ich glaub, sie ist schon wieder schwanger“, usw.

Aus Weimar kam auch schon seit vielen Jahren immer an dieselbe Stelle ein sehr netter rüstiger Rentner mit seiner Frau. Sie benutzten Klapp-Fahrräder von Mifa Sangerhausen, die damals gerade in Mode kamen. Mittags fuhr er täglich mit seinem 20 Zoll-Rad nach Prerow, wahrscheinlich zum Mittagessen.

Aber wenn er dann nach etwa zwei Stunden wieder am Strand auftauchte, sah man einen Pappkarton unter seinem linken Arm, während er mit dem rechten das Fahrrad mühsam durch den Sand bugsierte. Das war bestimmt sehr schwer für ihn, aber er machte es gerne. Nun ging er von Burg zu Burg und verkaufte für 35 Pfennig (also zum Einkaufspreis!) sein „Hartgefrorenes“ zwischen zwei Waffeln. Und es war immer noch bissfest, obwohl er einen langen Weg zurücklegen musste, und er nahm niemals ein Trinkgeld! Jeder mochte ihn natürlich und die Kinder waren froh, wenn er im gleichen „Durchgang“ wie wir Urlaub machte, denn dann war ihr Eis gesichert. Es gab natürlich auch Tage, wo es kein Eis gab, weil es wie manches andere auch gerade mal ausgegangen war. Das war dann aber kein Beinbruch.

Wenn es Eis gab, konnte man sich darauf verlassen, dass er es mitbrachte.

Und dann war ja immer noch der „Kapitän“ da. Wir nannten ihn wegen seiner Mütze so, und er hatte den „Strandläufer“ zum Freund, jedenfalls lustwandelten diese beiden alten Herren den lieben langen Tag schwarzbraun gebrannt den Strand hoch und runter. Und dann die vielen knusprigen jungen Damen.

Sie kamen hübsch angezogen an den Strand – Jogginganzüge hatten es noch nicht bis zu uns geschafft – und sahen noch hübscher ausgezogen aus. Die reinste Augenweide! Es war eine schöne Zeit, man war unter Freunden und fühlte sich wohl.

Und wie ist es heute?

Strandburgen findet man nur noch ganz vereinzelt am abgelegenen Weststrand.

Am normalen Badestrand in und um Prerow haben sich mehr und mehr die „Strandmuscheln“ durchgesetzt. Wir „Einheimischen“, die seit Ende der siebziger Jahre am praktischen Windschutz leicht zu erkennen sind, haben einen riesigen Spaß daran, zuzugucken, wie ungeschickt unsere Brüder und Schwestern aus den alten Bundesländern sich beim Aufbau dieser Ungetüme anstellen. Da meist der Wind kräftig aus Osten bläst, fliegen die Muscheln beim ersten Mal schon bald als Strandgut umher, bis ihnen dann der Knoten platzt und der „Drachen“ mit dem mitgeschleppten Sachen beschwert und verankert wird. Beim zweiten Mal klappt es schon besser, aber man spürt auch den neidischen Blick auf den im Osten bewährten Windschutz. Manche kaufen ihn deshalb auch gleich nach ihrer Anreise aus NRW.

Na ja, und mit dem Ausziehen tun sich die „alten Länder“ sowieso sehr schwer. Mindestens mit Schlüpfer und BH sitzen sie vor der Sonne und uns versteckt in ihren Muscheln und beobachten alles ganz genau. Man möchte meinen, sie ekeln sich vor uns braungebrannten Nackedeis, aber da sie keine Chance haben, ihre Baggerlochpraktiken bei uns durchzusetzen, ertragen sie unseren Anblick, manche kommen auch nicht wieder hierher, sondern schmoren dann schon lieber in ihrem vertrauten Strandkorb. Aber sind sie denn heute überhaupt noch schön und knackig? Sehnt man sich danach, dass „sie“ endlich ihre Hüllen fallen lässt? Eher wohl nicht! Sie sind meist recht üppig, nur ihre riesigen, runden vor der bösen Sonne geschützten bleichen Köpfe gucken hin und wieder aus ihrer Strandmuschel heraus – man braucht keine besondere Fantasie, um sich vorzustellen, wie blass der übrige Körper sein muss! –, und schon schlafen sie weiter! Irgendwann drückt „es“ dann aber doch so doll, dass sie zähneklappernd tatsächlich bis zum Bauch ins Wasser gehen.

Was haben wir uns doch früher im Wasser nass gespritzt, gejauchzt und gealbert!

Heute steht eine verbissen schweigende Gesellschaft maximal bis zur Gürtellinie in der Ostsee. Das soll Erholung sein? Muss ja wohl, denn es werden jährlich mehr!

Aber nicht mit mir, ich mache weiterhin meinen Handstand, aber dabei guckt ab der Gürtellinie alles aus dem Wasser! Wie gesagt, Burgen baut schon lange keiner mehr, für die Kinder die Väter zum Glück immer noch. Und zum Schluss wird genau wie damals mit Quallen garniert. Aber nun kommt es. Mit weit über den Strand schallendem Glockengeläut nähert sich am Spülsaum ein vierrädriges gummibereiftes Mondfahrzeug mit Sonnenschirm. Meist von zwei Schülern durch den weichen, weißen Sand geschoben, dabei den Blick immer auf die unschuldigen Kinder gerichtet. Haben sie erst einmal mindestens eins davon im Visier, wird sofort angehalten und solange an die Glocke geschlagen, bis die genervten Eltern nachgeben und das teure Eis kaufen. Das Stück für 2,50 Euro!

Der Kapitalismus schreckt auch vor nichts zurück!

Schon in der Schule zu unserer Zeit hatten wir gelernt, dass der russische Wissenschaftler Pawlow sich erstmalig die Glocke nutzbar machte, um nachzuweisen, dass nach entsprechender Übung beim Hund der Speichelfluss einsetzt, wenn es nach dem Glockengeläut etwas zu fressen gibt. Sind unsere armen Kinder auf den Hund gekommen? Darum haben sich wohl so viele junge Paare statt Kinder besser gleich einen Hund oder mehrere angeschafft.

So ersparen sie sich die Dressur eigener Kinder zu Speichel absondernden Monstern!

Denn kaum ist das „Magnum“ aufgeleckt, schon kommt aus der Gegenrichtung der nächste nicht zu überhörende „Eisengel.“ Und wieder fließt der Speichel, wieder fängt das Betteln nach „kaufen!“ an und wieder wird es ein unvergesslich teurer Tag für die entnervten Eltern!