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3.2 Die Schülersicht in der pädagogischen Forschung
Studien, die sich mit der Erfassung der Schülersicht beschäftigen, verfolgen verschiedene Ansätze und fokussieren jeweils unterschiedliche Merkmale von Unterricht. Diese reichen von sehr allgemeinen, eher unterrichtsübergreifenden, schulbezogenen Aspekten bis hin zu fachspezifischen Merkmalen und der Lehrperson.
Einen empirischen Zugang zur Sicht bzw. Wahrnehmung von SchülerInnen liefert die pädagogische Klimaforschung1, welche „die Schülerwahrnehmung als konstituierendes Merkmal des Unterrichts- und Schulklimas in das Zentrum ihrer Forschungstätigkeit“ (Lenske 2016:74) rückt. Dabei wird nach Schul-, Klassen- und Unterrichtsklima differenziert. Während mit dem Begriff „Schulklima“ alle subjektiv bedeutsamen Merkmale gemeint sind, „die sich auf die ganze Schule als Organisationseinheit beziehen“ (Eder 2002:215), geht es bei der Erforschung des Klassenklimas2 um Fragen, die „die sozialen Beziehungen zwischen Lehrern und Schüler/innen bzw. der Schüler/innen untereinander, die Erwartungen hinsichtlich Leistungen und Verhalten, die Art und Weise, wie Lehr-/Lernprozesse ablaufen“ (ebd.), betreffen. Der Begriff „Unterrichtsklima“ umfasst sowohl eine klassenspezifische als auch eine lehrer- und fachspezifische Komponente. Daraus ergibt sich bei der Erforschung eine Fokussierung auf die subjektiven Lernerfahrungen in einem bestimmten Fach, mit einer bestimmten Lehrkraft (bzw. aus allen Fächern mit allen Lehrkräften) im Kontext einer bestimmten Klasse (vgl. ebd.). Dabei stellen quantitative Forschungsdesigns, bei denen im Rahmen von standardisierten Fragebogenstudien die Unterrichtsqualität über einzelne oder mehrere wahrgenommene Unterrichtsmerkmale erfasst wird, die wohl häufigste Erhebungsform dar (vgl. Wagner 2008:6).
Im Folgenden werden die Ergebnisse zentraler allgemeinpädagogischer Untersuchungen, deren Erkenntnisinteresse sich auf die Erforschung von unterrichtsbezogenen Merkmalen aus Schülersicht richtet, zusammengetragen.
3.2.1 Die Lehrkraft und das Lehrer-Schüler-Verhältnis
Die Frage, wie SchülerInnen ihren Unterricht wahrnehmen, ist untrennbar verbunden mit der Wahrnehmung ihrer Lehrkraft. In zahlreichen Forschungsarbeiten wird dieser Zusammenhang deutlich hervorgehoben1 (vgl. u.a. Lüdtke 1971; Hofer 1981; Furtner-Kallmünzer & Sardei-Biermann 1982; Haecker & Werres 1983; Petillon 1987; Apel 1997; Haselbeck 1999). Kein anderer Faktor scheint den Lernerfolg so nachhaltig zu beeinflussen wie die Lehrkraft (vgl. Hattie 2008). Entsprechend wenig überrascht es, dass Schule, Unterricht, Lerninhalte sowie die Beliebtheit eines Faches in erster Linie über die Lehrperson beurteilt werden und auch das Interesse an einem bestimmten Schulfach maßgeblich von der jeweiligen Lehrkraft abhängt. „[G]uter Unterricht [ist] oft gleichbedeutend mit einem als gut eingeschätzten Lehrer.“ (Bocka 2003:73)
In seiner Untersuchung zum Thema Schülerurteile über LehrerInnen und mögliche Langzeitwirkungen kann Stolz (1997:157) sogar einen „negativen Zusammenhang zwischen den Studienfächern der befragten Studierenden […] und dem Unterrichtsfach der beschriebenen Lehrpersonen“ nachweisen.2 Erleben die Studierenden eine in ihren Augen schlechte Lehrkraft, wählen sie vergleichsweise selten das entsprechende Studienfach. Alarmierend ist, dass am häufigsten Lehrpersonen fremdsprachlicher Fächer als negativ beschrieben werden (41 %). Bei den männlichen Befragten ist es sogar über die Hälfte (53 %) (vgl. ebd.). Insgesamt werden von den Studierenden überwiegend Lehrkräfte als negativ beschrieben, die sie im Alter zwischen 15 und 17 Jahren und damit in der gymnasialen Mittel- bzw. Oberstufe unterrichteten (vgl. ebd.: 153). Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Studie von Czerwenka et al. (1990:133), die auf eine deutliche Verschlechterung der Beurteilungen im Verlauf der Jahrgangsstufen hinweisen.
Während äußere Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Aussehen der Lehrkraft eine eher untergeordnete Rolle für die Lernenden spielen (vgl. Ditton 2002:267), nehmen Faktoren wie z.B. Fach- und Methodenkompetenz, Persönlichkeit, Unterrichtsstil sowie das Verhältnis zwischen Lehrperson und Lernenden großen Einfluss auf die Unterrichtswahrnehmung. In der Schulklimaforschung werden die o.g. Merkmale immer wieder unter den Wahrnehmungsdimensionen des Love theme und Mastery theme subsumiert:
In dieser Beurteilungsdimension [Love theme, Anm.d. Verf.] kommen Aspekte zum Ausdruck wie Wärme (Lehrkraft ist ‚menschlich‘, verständnisvoll, den Schülern zugeneigt), soziale Kompetenz (weiß, was in der Klasse und bei den Schülern vorgeht, kennt ihre Wünsche, Ängste, Befürchtungen) und Wunscherfüllung (nimmt Rücksicht auf Wünsche und Probleme der Schüler, ist flexibel). Als zweite Hauptdimension steht daneben das sog. ‚mastery theme‘, das die Aspekte des fachlichen Könnens, der Qualität des Unterrichts, der Disziplin sowie der Durchsetzungsfähigkeit der Lehrkraft beinhaltet. (ebd.)
Mastery theme
Wenn sich Lernende über ihre Lehrkräfte äußern1, beziehen sie sich besonders häufig auf deren methodisch-didaktische Kompetenzen (vgl. u.a. Fichten 1993:133; König 2007:22). Dies mag nicht zuletzt in dem Zusammenhang zwischen der Kompetenz der Lehrperson und dem Lernerfolg der SchülerInnen begründet liegen. So ist empirisch belegt, dass neben allgemeinen fachunabhängigen Merkmalen vor allem die methodischen Kompetenzen von Lehrenden Einfluss auf die Lernentwicklung und Schülerleistungen nehmen:
Hierzu gehören eine interessante, klare, verständliche und vernetzte Präsentation neuer Inhalte und Konzepte, die Aktivierung des vorhandenen Vorwissens der Schüler, das Evozieren kognitiv anspruchsvoller Tätigkeiten, die Kultivierung eines diskursiven Unterrichtsstils, der Einsatz geeigneter Repräsentationsformen, die Förderung der Bewusstheit für das eigene Lernen sowie die Vermittlung von Strategien zur Strukturierung und Elaboration des Unterrichtsgegenstands. (Lipowski 2006:64)
Wie die Untersuchung von Czerwenka et al. (1990:126) deutlich macht, äußern sich Lernende über ihre Lehrkräfte oft in Form negativer Beschreibungen. Dabei ist die methodische Kompetenz eine der zentralen Kategorien, auf die die Befragten zur Beschreibung von schlechten Lehrkräften Bezug nehmen.
Auch wahrgenommener didaktischer Inkompetenz ist ein bedeutsamer Stellenwert in den Urteilen zuzuschreiben, d.h. ein Lehrer wird dann von Schülern als schlecht bezeichnet, wenn er ihnen aufgrund mangelnder Planungsfähigkeit, unzureichender Lernhilfen, unverständlicher Erklärungen und fehlender motivationaler Anreize die Bewältigung ihrer Aufgaben zu erschweren scheint, nach Schülermeinung also die Hauptaufgabe seiner beruflichen Tätigkeit verfehlt. (Stolz 1997:171)
Besonders negativ wird von Lernenden außerdem ein zu hohes Tempo im Unterricht und damit verbunden mangelnde Zeit für die Klärung von Verständnisschwierigkeiten beurteilt. Dem Wunsch, dass der zu behandelnde Stoff so lange erklärt und wiederholt wird, bis alle SchülerInnen ihn verstanden haben, steht oft ein wahrgenommener Zeitdruck entgegen, zu viele Themen in einem Schuljahr bewältigen zu müssen. Dies führt zu Frustration bei den Lernenden, da sie das Gefühl haben, ihre Schwierigkeiten würden nicht ernst genommen und die Bewältigung der Inhalte sei wichtiger als ihr Lernerfolg (vgl. Haselbeck 1999:110f.; Bocka 2003:138f.). SchülerInnen erwarten von Lehrpersonen, dass sie den Stoff, vor allem schwierige Sachverhalte, anschaulich und verständlich erklären (vgl. Kanders et al. 1996:63). So könne nicht nur Verständnisschwierigkeiten und Lernhindernissen vorgebeugt, sondern auch der Lernaufwand bei hohem Lernzuwachs gering gehalten werden (vgl. Haselbeck 1999:110). Vor allem für GymnasiastInnen scheint das pädagogische Engagement der Lehrkraft, d.h. wie diese sich für die Erreichung der Lern- und Lehrziele einsetzt und die Lernentwicklung unterstützt, von besonderer Wichtigkeit (vgl. König 2007:23). Sie beklagen häufiger das mangelnde pädagogische Engagement der Lehrkräfte und erleben bezüglich des Unterstützungsverhaltens von leistungsschwächeren Lernenden ein größeres Defizit als Lernende anderer Schulformen (vgl. ebd.: 24), weshalb sie sich dementsprechend mehr Geduld mit lernschwachen SchülerInnen wünschen (vgl. Apel 1997:136).
SchülerInnen kritisieren, dass ihre Interessen zu wenig Berücksichtigung fänden, der Unterricht oft nicht praxisorientiert sei und einem immer gleichen Ablauf folge. Starre Methodenkonzepte, reproduktive Arbeitsformen sowie mechanische, sinnleere Tätigkeiten würden zu Langeweile führen und Enttäuschung hervorrufen (vgl. Haselbeck 1999:116f.). Langeweile sei das am stärksten empfundene Problem im Schulalltag, wobei dies weniger im Desinteresse an den Unterrichtsinhalten begründet liege als vielmehr in der methodischen Gestaltung des Unterrichts durch die Lehrkraft (vgl. Fichten 1993:132). Wird der Unterricht als monoton, methodisch wenig flexibel, dirigistisch und auf die Lehrkraft zentriert erlebt, schränke dies die Möglichkeiten der Mitbestimmung und des selbstständigen Lernens stark ein (vgl. Hagstedt 1980:38f.; Haecker & Werres 1983 94f.; Fichten 1993:133).
Der Wunsch, mehr einbezogen und zum Mitmachen angeregt zu werden2, geht einher mit der Forderung nach variierenden, aktivierenden Unterrichtsmethoden. Nach Meinung der SchülerInnen würden durch mehr eigenständiges Arbeiten im Unterricht auch das Interesse und die Freude der Lernenden steigen. Alternative Formen der Unterrichtsgestaltung, so z.B. Spiele und Wettkämpfe, Lernen außerhalb der Schule, Projektwochen und Praktika sowie die Durchführung von Versuchen und Arbeit im Sprachlabor, werden positiv hervorgehoben (vgl. Czerwenka et al. 1990:90). Auch wenn dies größere Lernanstrengungen bedeutet, bevorzugen SchülerInnen einen solchen Unterricht und erfüllen die Pflichten mit mehr Bereitschaft (vgl. Bocka 2003:141ff.). Diesbezüglich scheint sich in den Wünschen und Schülerwahrnehmungen nur wenig geändert zu haben, bedenkt man, dass bereits die Arbeit von Hagstedt (1980:38f.) zu Beginn der 1980er Jahre zu vergleichbaren Ergebnissen kommt: Wenn SchülerInnen etwas am Unterricht verändern könnten, würden sie hinsichtlich der Aufgaben, Methoden und Lernorte insgesamt mehr Abwechslung bevorzugen.
Was das Wissen und die fachliche Kompetenz von Lehrkräften aus Schülersicht betrifft, liegen nur wenige empirische Erkenntnisse vor. Betrachtet man die vorliegenden Studien zu guten oder schlechten LehrerInnen, äußern sich die Befragten vergleichsweise selten zur wahrgenommenen Fachkompetenz (vgl. Czerwenka et al. 1990:126; Stolz 1997:164). Für SchülerInnen scheint die methodische Kompetenz von Lehrkräften demnach deutlich wichtiger als ihr fachliches Wissen zu sein. Ein möglicher Erklärungsansatz könnte sein, dass die Lernenden mit der fachlichen Kompetenz ihrer Lehrkräfte zufriedener sind als mit anderen Aspekten. So weist Hofer (1981:52) darauf hin, „daß sich Lehrer im fachlichen Bereich durchaus dem Idealbild ihrer Schüler nähern“. Dagegen seien in Bezug auf die emotionale Zuwendung, d.h. die Persönlichkeit und das Lehrer-Schüler-Verhältnis, Differenzen zwischen dem Real- und Wunschbild erkennbar (vgl. ebd.; Kanders et al. 1996:62).
Themen, die das Lehrer-Schüler-Verhältnis betreffend besonders oft angesprochen werden, sind Kontrolle und Disziplinierungsmaßnahmen im Unterricht (vgl. u.a. Haselbeck 1999:341f.). So wird in Arbeiten zur Lehrer-Schüler-Interaktion das Klassenmanagement, d.h. inwiefern Lehrkräfte in der Lage sind, „Interaktionsprozesse im Klassenzimmer in einer lerndienlichen Weise zu organisieren und zu steuern“ (Ophart & Thiel 2017:247), neben Instruktion und Motivierung als eine weitere Basisdimension der Unterrichtsqualität operationalisiert. Dabei zählen die Arbeit mit Normen, Regeln, Prozeduren sowie der Aufbau eines erwünschten Verhaltens ebenso zu den zentralen Anforderungen wie die Steuerung von Unterrichtsprozessen und der Umgang mit Störungen (vgl. ebd.: 250ff.). SchülerInnen erwarten von ihren Lehrenden, dass sie sich durchsetzen können, für Disziplin sowie eine geordnete und ruhige Atmosphäre im Klassenzimmer sorgen. Die Befunde von Walter und Walter (2014:143f.) deuten darauf hin, dass „die Herstellung, Sicherung und Aufrechterhaltung der akademischen Rahmung des Unterrichts“ für Lernende sogar zu den wichtigsten Aufgaben der Lehrperson zählen. Allerdings ist hier zwischen den unterschiedlichen Schulformen zu differenzieren. Die Aspekte Durchsetzungsvermögen und Disziplinierung scheinen dem Erlebensbereich von GymnasiastInnen gegenüber anderen Schulformen weniger zugehörig, da diese Themen von ihnen deutlich seltener hervorgebracht werden. Am Gymnasium wird Durchsetzungsvermögen nur dort als positiv bewertet, wo es dazu dient, Unterrichtsstörungen zu unterbinden und einen reibungslosen Unterrichtsverlauf zu gewährleisten (vgl. König 2007:23). Lernende der Hauptschule stellen die Demonstration von Autorität und Macht offenbar weniger in Frage und neigen eher dazu, diese zu legitimieren (vgl. ebd.: 24). Zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen Haecker und Werres (1983:82f.): „Entsprechend stellen Hauptschüler signifikant bzw. sehr signifikant seltener fest, daß der Lehrer herumkommandiert, zuviel redet, nur seine Meinung gelten läßt, einige Schüler bevorzugt oder den Laissez-faire-Stil praktiziert“. In der Folge nehmen die Autoren eine größere Zufriedenheit seitens der HauptschülerInnen an.
Love theme
Werden SchülerInnen nach ihrer Meinung zu Lehrenden gefragt, nehmen sie häufig Bezug auf das persönliche Verhältnis zu diesen. Da schulisches Lernen in erster Linie durch die unmittelbare Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden geprägt ist, sind es auch diese sozialen Beziehungen, die in der Wahrnehmung der SchülerInnen konstituierende Bedeutung für ihre Lern- und Leistungsentwicklung haben. Die Jugendlichen sind in vielfacher Hinsicht – nicht zuletzt im Rahmen der Leistungsbewertung – auf ihre Lehrenden angewiesen. Dieser im institutionellen Rahmen Schule gegebenen Abhängigkeit von Lehrpersonen sind sie sich durchaus bewusst. So erklärt sich auch, dass sie Interesse an einem sachlich-distanzierten Verhalten sowie klaren Autoritätsverhältnissen äußern. Auch die Gleichbehandlung aller Lernenden, Gerechtigkeit und dass Lehrkräfte ihre Position nicht gegen die SchülerInnen verwenden, sind für sie von herausragender Bedeutung (vgl. Furtner-Kallmünzer & Sardei-Biermann 1982:36f.; Czerwenka et al. 1990:128; Kanders et al. 1996:61).
Der Unterricht müsse stets ein angstfreier Raum sein, in dem Fehler zugelassen werden (vgl. Bocka 2003:145). Nutzen LehrerInnen ihre übergeordnete Stellung gegenüber den Lernenden aus, wird dies als Machtmissbrauch wahrgenommen, der sich bspw. durch Anschreien, Bloßstellen, Demütigungen, ungerechte Beschuldigungen oder unangemessene Strafen äußert (vgl. Holtappels 1987:133ff.; Sochatzky 1988:116; Stolz 1997:164ff.; Haselbeck 1999:341f.). SchülerInnen am Gymnasium scheinen Kritik, Drohungen, Beleidigungen und Beschimpfungen härter und belastender zu empfinden als Lernende anderer Schulformen, was Apel auf deren vermeintlich höheres Sprachvermögen zurückführt (vgl. Apel 1997:137).
Erfahrungen mit autoritären Lehrkräften, bei denen die Lernenden das Gefühl erleben, der Willkür ihrer Lehrperson ausgeliefert zu sein, stören die Lehrer-Schüler-Beziehung nachhaltig und führen zu Unzufriedenheit, Frustration und dauerhaften emotionalen Spannungen (vgl. Haselbeck 1999:341f.). Dies deckt sich mit den Ergebnissen von Stolz, wonach SchülerInnen „ein hohes Ausmaß an Lenkung/Dirigierung bei gleichzeitiger emotionaler Zurückweisung“ (Stolz 1997:170) schlechten Lehrkräften als charakteristisches Merkmal zuschreiben. Dass Lernende sich vor allem im Falle unzureichender Gerechtigkeitserfahrungen – wie Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner SchülerInnen – zu diesem Thema äußern, lässt darauf schließen, dass Gerechtigkeit erst dann für die Lernenden bedeutsam wird, wenn sie nicht als gegeben vorausgesetzt werden kann (vgl. Furtner-Kallmünzer & Sardei-Biermann 1982:35; Czerwenka et al. 1990:128).
Positiv erlebte soziale Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden hingegen „sind für Schüler eine wichtige Bedingung für ihr Interesse an einem Schulfach und für ihre Zufriedenheit mit ihrer Situation in der Schule“ (Furtner-Kallmünzer & Sardei-Biermann 1982:34). Auch für das Unterrichtsengagement scheint die Lehrer-Schüler-Beziehung von besonderer Bedeutung zu sein. So sind Lernende mit einem positiven Verhältnis zu ihrer Lehrkraft bei einem Thema, das sie nur wenig interessiert, eher bereit mitzuarbeiten (vgl. Fichten 1993:130). Lehrpersonen sollten freundlich und humorvoll sein, Verständnis zeigen, ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren SchülerInnen pflegen, im Falle von (Lern‑)Schwierigkeiten Fördermöglichkeiten bereitstellen, bei Konflikten mit anderen Lernenden eingreifen oder Hilfestellungen bieten und sich großzügig zeigen (vgl. u.a. Nölle 1993:171; Haselbeck 1999:338f.; Holl 2007:381). In der Realität, so legen die Ergebnisse von Bocka (2003:145f.) nahe, erleben SchülerInnen ihre Lehrkräfte häufig als zu streng und ungerecht. Vor diesem Hintergrund lässt sich – neben dem Interesse an Subjektneutralität seitens der Lehrkräfte – der gleichzeitige Wunsch nach einem gewissen Subjektbezug erklären:
Die Lehrer sollen auf sie als konkrete Subjekte eingehen, ihre je konkreten Probleme, Bedürfnisse und Erfahrungen berücksichtigen, sich selbst als konkrete Person und nicht nur als „Rollenträger“ in den Unterricht einbringen und so positiv erlebbare, persönliche Beziehungen herstellen. Daher werden Lehrer, die in den Augen der Schüler »kalt« sind und sich im Unterricht „wie Maschinen“ verhalten, ausgesprochen kritisiert. (Furtner-Kallmünzer & Sardei-Biermann 1982:35f.)
Lernende suchen also nach einer gewissen Ambivalenz bei ihren LehrerInnen. Sie erwarten Autorität, wollen oder können diese aber nur anerkennen, wenn „sie die Lehrer als Person (d.h. ihre persönlichen, sozialen und fachlichen Fähigkeiten und Eigenschaften) akzeptieren“ (Furtner-Kallmünzer & Sardei-Biermann 1982:37f., Hervorh. im Orig.) können. Hier überlagern sich die beiden Beurteilungsdimensionen Mastery theme und Love theme: Die Lehrperson soll streng, aber auch nett, durchsetzungsfähig, aber auch verständnisvoll sein. Denner et al. (2002:52) sprechen in diesem Zusammenhang auch von der idealisierten Rollenerwartung des „demokratische[n] Führer[s]“. Probleme entstehen in der Lehrer-Schüler-Beziehung demnach gleichermaßen mit allzu autoritären Lehrkräften wie auch mit solchen, denen es an Durchsetzungsvermögen mangelt (vgl. Haselbeck 1999:341f.).
3.2.2 Unterrichts- und Lerninhalte
Werden SchülerInnen nach ihrer Meinung zu gutem Unterricht befragt, beziehen sich ihre Äußerungen eher selten auf Lerninhalte (vgl. u.a. Bocka 2003:71). Nur wenn diese für die Lernenden besonders ansprechend sind und sich von den sonstigen, eher rezipierenden Unterrichtsaktivitäten unterscheiden, werden explizit Aussagen dazu getroffen (vgl. Hildebrand-Nilshon 1980:54). Lerninhalte scheinen insgesamt weniger wichtig als die Lehrperson und deren Unterrichtsmethoden. Inhalte und die Auseinandersetzung mit diesen werden im Rahmen der Untersuchung von Hagstedt (1980:28) in den Aussagen der Lernenden als „weiße Flecken“ regelrecht ausgeklammert, sodass der Autor gar von „einer demonstrierten Gleichgültigkeit gegenüber dem Lerngegenstand“ spricht. Dabei liegt die Vernachlässigung des Lerngegenstandes in der Schülerperspektive für Hagstedt vor allem in dem häufigen Wechsel der Unterrichtsinhalte begründet. Die Methoden, Umgangs- und Präsentationsformen, die Art und Weise, wie jemand unterrichtet, hingegen seien sehr viel beständiger als die Themen im Unterricht. Während SchülerInnen bei Desinteresse oder Langeweile in Bezug auf die Inhalte abschalten können, falle es ihnen sehr viel schwerer, sich den unterrichtsmethodischen Entscheidungen ihrer Lehrkräfte zu entziehen. Außerdem unterscheide sich die Bedeutung der Unterrichtsinhalte dahingehend, dass aus der Sicht der Lernenden die Auswahl der Themen und Materialien Sache der Lehrenden sei und sie sich dafür nicht zuständig fühlen. Die Unterrichtsplanung und ‑durchführung sei für die Lehrenden sehr viel präsenter als für die Lernenden. Sie sind in ständiger Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand, wohingegen die SchülerInnen ggf. nur punktuell bei der Erarbeitung und Aneignung aktiv werden (vgl. ebd.: 30f.).
Bocka (2003:135) begründet das weitgehende Fehlen von Schüleräußerungen zu den Unterrichtsinhalten u.a. damit, dass diese von den Lernenden als überwiegend langweilig, zu abstrakt, schwer und theoretisch wahrgenommen werden, wobei der Fremdsprachenunterricht in fächerübergreifenden Untersuchungen als positive Ausnahme erscheint, Sprachkenntnisse und landeskundliche Themen hingegen bei den SchülerInnen als interessant und nützlich gelten, sofern diese abwechslungsreich vermittelt werden (vgl. ebd.: 136; Huth & Schröder 1992:24). Eine Ursache für sinkendes Interesse an den Inhalten ist die fehlende Freude am Lernen; nimmt diese ab, steigt die Gleichgültigkeit gegenüber den Lerninhalten (vgl. Nölle 1993:171). Mädchen äußern sich insgesamt etwas positiver. Sie haben mehr Freude und finden den Unterricht interessanter als ihre männlichen Altersgenossen: „Fast ein Viertel der Jungen, aber nur 14,3 % der Mädchen bringen zum Ausdruck, dass ihnen die Schule keinen Spaß macht.“ (Czerwenka et al. 1990:198) Dementsprechend schätzen die Mädchen sich selbst auch als aufmerksamer ein und bringen eine größere Bereitschaft auf, „den Wert und Nutzen dessen, was sie im Unterricht alles lernen, zu akzeptieren“ (Haecker & Werres 1983:61).
Auch in anderen Studien kritisieren die befragten SchülerInnen an den Inhalten vorwiegend, dass diese uninteressant seien. Die Menge der Themen, die als unbrauchbar oder unnütz für das gegenwärtige und spätere Leben eingeschätzt wird, sei zu hoch (vgl. u.a. Furtner-Kallmünzer & Sardei-Biermann 1982; Haecker & Werres 1983; Haselbeck 1999; Denner et al. 2002). Da die Inhalte den Bedürfnissen der Lernenden häufig nicht gerecht würden, wünschen sie sich einen stärkeren Praxisbezug sowie transparente, alltagsnahe, lebensrelevante Themen, die sich auf die Bewältigung des Alltags- und künftigen Berufslebens vorbereiten.1 Allerdings bleibt dieser Wunsch zumeist unspezifisch, da keine konkreten Äußerungen dazu getroffen werden, was interessant für sie ist. Aus der insgesamt zu großen Stoffmenge resultiert häufig Überlastung und Überforderung, wobei die SchülerInnen in Fächern, denen sie eine große Lernrelevanz zuschreiben, wie Mathematik oder Deutsch, schwierige Inhalte und ungeeignete Methoden eher hinzunehmen scheinen (vgl. Haselbeck 1999:77f.).
Neben einer Stoffreduzierung und Konzentrierung auf das Wesentliche plädieren die Lernenden für größere Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten bei der Auswahl der Themen (vgl. Fichten 1993:28f.; Haselbeck 1999:104ff.). Um den Unterricht aufzulockern, sollte außerdem eine größere Flexibilität im Umgang mit dem vorgeschriebenen Curriculum ermöglicht werden (vgl. Bocka 2003:135ff.). Die Auswahl der schulisch verordneten Themen empfinden die Lernenden als willkürlich und ungerecht, was aus ihrer Sicht dazu führe, dass diejenigen SchülerInnen, „deren besondere Interessen zufällig mit den angebotenen Inhalten übereinstimmen“ (Huth & Schröder 1992:24), bevorzugt würden. Dennoch scheint es, als ob das Problem der Langeweile und der Wunsch nach Abwechslung „mehr ein Methodenproblem als ein Inhaltsproblem“ (Bocka 2003:138) darstellen.