Kitabı oku: «Beweisantragsrecht», sayfa 7

Yazı tipi:

Anmerkungen

[1]

Vgl. u.a. BGH Beschl. v. 5.12.2007 – 5 StR 451/07 = StV 2008, 121, 122 (Beweisantrag für den Fall, „dass das Gericht davon ausgehen sollte, die beim Raubüberfall vom 14.11.2005 in… Pakisten abgenommenen 18.000 € gehörten nicht dem Zeugen G.“).

[2]

Vgl. hierzu Schlothauer StV 1988, 542, 543; Michalke StV 1990, 184.

[3]

BGH NStZ 1982, 477.

[4]

Vgl. BGH NStZ 1991, 547.

[5]

Vgl. hierzu Schlothauer StV 1988, 542, 543.

[6]

BGH NStZ-RR 1996, 362, 363 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Hilfsbeweisantrag 8.

[7]

KK-Krehl § 244 Rn. 90.

[8]

KK-Krehl § 244 Rn. 88 ff. unter Hinweis auf Schlothauer StV 1988, 542, 546 und 548 sowie Widmaier in: FS für Salger, S. 421, 422; vgl. ferner Michalke StV 1990, 184.

[9]

Vgl. Hamm Revision in Strafsachen, Rn. 645.

[10]

Vgl. BGH Beschl. v. 16.6.2004 – 1 StR 214/04 = NStZ 2005, 45 = JR 2005, 297 m. Anm. Sander; BGHSt 40, 287 = NJW 1995, 603; sowie BGH NStZ 1995, 246; BGH Beschl. v. 7.9.2017 – 3 StR 325/17 und BGH Beschl. v. 28.3.2017 – 4 StR 52/17 = BeckRS 2017, 107435 = NStZ-RR 2017, 182 (LS):

[11]

BGH StV 1998, 175 = NStZ 1998, 209 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Hilfsbeweisantrag 10; vgl. auch BGH Beschl. v. 9.8.2001 – 4 StR 308/01 = BeckRS 2001, 30198503 (Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens für den Fall, dass auf eine Strafe erkannt wird, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird). S. aber BGH Beschl. v. 7.9.2017 – 3 StR 325/17 und BGH Beschl. v. 28.3.2017 – 4 StR 52/17 = BeckRS 2017, 107435 = NStZ-RR 2017, 182 (LS): Wird für den Fall, dass das LG die Angeklagte zu einer nicht mehr bewährungsfähigen Freiheitsstrafe verurteilt, die Einholung eines Gutachtens beantragt, ist dies unzulässig, wenn hiermit der Nachweis der Schuldunfähigkeit erbracht werden soll.

[12]

Vgl. Hamm in: Festgabe für Peters, 1984, 169 ff.

[13]

Vgl. BGH NStZ 1982, 477; Hamm in: Festgabe für Peters, 1984, 175.

[14]

Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 22a; Michalke in: Formularbuch, 2018, S. 536; Alsberg/Dallmeyer Rn. 168; vgl. auch LR-Becker § 244 Rn. 153; anderer Auffassung wohl Peters Strafprozess, 1981, S. 288.

[15]

Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 22a.

[16]

Vgl. Schlothauer StV 1988, 543.

[17]

Vgl. hierzu den Verlauf des Verfahrens vor dem Tatgericht im Fall BGH Urt. v. 17.2.2005 – 4 StR 500/04 = StV 2005, 420 = NStZ 2005, 395 = wistra 2005, 231.

[18]

Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 44a; KG NStZ-RR 2004, 146.

[19]

Vgl. zu dieser Argumentation etwa BGH Beschl. v. 23.9.2008 – 1 StR 484/08, Rn. 14 = BGHSt 52, 355 = NJW 2009, 605 = StV 2009, 64; BGH NJW 2000, 370, 371; BGH NStZ 1991, 47 = StV 1991, 349 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Hilfsbeweisantrag 3; s. zur Thematik ferner BVerfG NJW 2010, 592 = NStZ 2010, 155 = StV 2010, 113.

[20]

Vgl. zur Thematik allgemein: LR-Becker § 244 Rn. 160/161; Hamm Revision in Strafsachen, Rn. 648 ff.; Dahs Revision im Strafprozess, Rn. 336; vgl. ferner KG StV 1988, 518; BGHSt 32, 13; NStZ 1989, 191; Hamm in: Festgabe Peters, 1984, 174; Scheffler NStZ 1989, 158; Michalke StV 1990, 184.

[21]

Vgl. Scheffler NStZ 1989, 158, 160; vgl. auch die Formulierungsvorschläge bei HK-StPO/Julius § 244 Rn. 80 und Malek Verteidigung in der Hauptverhandlung, Rn. 454.

[22]

So insbesondere von Niemöller JZ 1992, 884 und Widmaier in: FS für Salger, S. 421 ff.; vgl. ferner Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 44a; KK-Krehl § 244 Rn. 95; HK-StPO/Julius § 244 Rn. 59 und Brause NJW 1992, 2868.

[23]

Widmaier in FS für Salger, S. 430.

[24]

BGH 2 StR 599/88 = NStZ 1989, 191 = StV 1989, 141 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Hilfsbeweisantrag 1; vgl. ferner BGHSt 32, 10, 13; BGHSt 22, 124 und KG StV 1988, 518.

[25]

BGH 4 StR 384/90 = NStZ 1991, 47 = StV 1991, 349 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Hilfsbeweisantrag 3; BGH 1 StR 374/94 = NStZ 1995, 98 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Hilfsbeweisantrag 7; BGH 5 StR 643/95 = NStZ-RR 1996, 362, 363 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Hilfsbeweisantrag 8.

[26]

Vgl. LR-Becker § 244 Rn. 161; ebenso MüKo-StPO/Trüg/Habetha § 244 Rn. 170.

[27]

Vgl. Hamm Revision in Strafsachen, Rn. 652.

[28]

BGH Beschl. v. 23.9.2008 – 1 StR 484/08 = BGHSt 52, 355 = NJW 2009, 605 = NStZ 2009, 169 = StV 2009, 64.

[29]

BGH 5 StR 312/97 = NStZ 1998, 207 = StV 1998, 4; BGH StV 1990, 394 = BGHR § 244 Abs. 3 Prozessverschleppung 4. Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 44a.

[30]

BGH Beschl. v. 23.9.2008 – 1 StR 484/08 = BGHSt 52, 355 = NJW 2009, 605 = NStZ 2009, 169 = StV 2009, 64.

[31]

BVerfG Beschl. v. 6.10.2009 – 2 BvR 2580/08 = NJW 2010, 592 = NStZ 2010, 155 = StV 2010, 113 (hierzu: F. Knauer, JR 2011, 359).

[32]

Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 69b; Jahn StV 2009, 663; König StV 2009, 171; Eidam JZ 2009, 318; Gaede NJW 2009, 608.

[33]

BGBl. I S. 3202.

[34]

Vgl. auch Michalke in: Formularbuch, 2018, S. 536/537.

Teil 2 Die Stufen der petitativen Einflussnahme auf den Umfang der Beweisaufnahme › V. Beweisanträge im engeren Sinne

V. Beweisanträge im engeren Sinne

Teil 2 Die Stufen der petitativen Einflussnahme auf den Umfang der Beweisaufnahme › V. Beweisanträge im engeren Sinne › 1. Definition

1. Definition

104

Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Definition des Beweisantrages. Das drückt aus, was der geschichtliche Überblick belegt: Der Beweisantrag ist als Rechtsinstitut aus gelebtem und Schritt für Schritt theoretisch und praktisch weiterentwickeltem Prozessrecht entstanden. Er ist nicht das Ergebnis politisch geprägter Gesetzgebungsverfahren, sondern Ausdruck praktischer Prozesskultur. Dies zeigt sich auch und gerade darin, dass über die wesentlichen Elemente der Begriffsdefinition weitgehend Einigkeit besteht. Diese droht allerdings durch einige, in den letzten Jahren vollzogene Änderungen der Rechtsprechung und die neuere Gesetzgebung zu zerbrechen.

105

Ein Beweisantrag ist das


ernsthafte
unbedingte oder bedingte
Begehren eines Verfahrensbeteiligten,
über eine bestimmte Behauptung welche die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft,

106

Alle diese Merkmale sind notwendig und einsichtig. An einigen lässt sich die besondere Qualität des Beweisantrags näher studieren.

Dass das Verlangen „ernsthaft“ sein muss, versteht sich eigentlich von selbst, es entspricht aber guter juristischer Tradition, das Gemeinte möglichst vollständig zu definieren.[2] Die Alternative von „unbedingt oder bedingt“ verweist auf die Institution des Hilfsbeweisantrags, der in der Praxis eine nicht geringe – wenngleich oft überschätzte – Rolle spielt.[3]

107

Alle „Verfahrensbeteiligten“ haben das Recht, Beweisanträge zu stellen; also neben dem Beschuldigten und dem Verteidiger[4] auch der Staatsanwalt, der Nebenkläger oder der Privatkläger.

108

In den beiden nächsten Definitionsmerkmalen ist die Bestimmtheit von Beweisbehauptung und Beweismittelbezeichnung angesprochen. Die Beschränkung auf die „Schuld- oder Rechtsfolgenfrage“ bringt zum Ausdruck, dass der Beweisantrag sich nur auf die Gegenstände beziehen kann, die dem strengen Beweis in der Hauptverhandlung unterliegen[5], also beispielsweise nicht auf den Antrag, einen Zeugen zu vereidigen.

109

Je schärfer die Instrumente in rechtlichen Verfahren geschliffen sind, desto eher kann sich derjenige verletzen, welcher sie nicht zu handhaben versteht, desto eher taugen sie aber auch für eine folgenreiche Auseinandersetzung. Wie die genannte Definition zeigt, gibt es kaum ein schärfer geschliffenes Instrument als den Beweisantrag. Gerade deshalb ist er, wenn er kundig gehandhabt wird, ein Instrument der Einflussnahme, welchem der Tatrichter nicht lapidar begegnen kann. Er ist vielmehr gezwungen, sich seinerseits auf die Förmlichkeiten einzulassen und den Streit mit dem Antragsteller auf einer präzisen, weil formalisierten, Ebene zu führen. Gerade seine Förmlichkeit macht den Beweisantrag zu einer scharfen Waffe.

a) Zur prozessualen Funktion der einzelnen Beweismittel

110

Wer von dem Instrument Gebrauch machen will, das ihm die Strafprozessordnung zur Verfügung stellt, um Einfluss auf den Umfang der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung zu nehmen, muss sich an den Beweismitteln orientieren, denen die Strafprozessordnung so hohe Aussagekraft zutraut, dass auf sie Entscheidungen über die Schuld- und Straffrage gestützt werden können: Sachverständige, Zeugen, Augenschein und Urkunden. Diesem „Quartett“ entsprechen die Beweiserhebungsarten: Vernehmung (von Zeugen), Erstattung von Gutachten (beim Sachverständigen), „Einnahme“ des Augenscheins (beim Augenscheinsobjekt) und Verlesung (von Urkunden). Der Antragsteller muss dabei stets die Leistungsfähigkeit der einzelnen Beweiserhebungsarten vor Augen haben. Ein Zeuge kann dem Gericht im besten Falle vermitteln, was er mit all seinen Sinnesorganen wahrgenommen hat. Ein Sachverständiger kann dem Gericht Erfahrungssätze und fachlich gestützte Schlussfolgerungen aus Anknüpfungs- oder auch aus (selbst erhobenen) Befundtatsachen nahe bringen. Der Augenschein kann den Zustand eines Gegenstandes oder einer Örtlichkeit zum Zeitpunkt der Beweiserhebung deutlich machen, das ist nicht notwendigerweise gleichbedeutend mit dem Zustand zum „Tatzeitpunkt“. Die Urkunde kann beweisen, dass ihr Textgehalt darauf dokumentiert ist (nicht auch schon: dass er zutrifft). Die Auswahl der Beweisart ist folgenreich, weil der Kreis der Ablehnungsgründe sich bei den einzelnen Formen der Beweiserhebung unterscheidet und weil der Inhalt der nachweisbaren Beweistatsachen ebenfalls entscheidend davon abhängt, welches Beweismittel benannt wird. Nur die Orientierung an der aus seiner prozessualen Rolle resultierenden konkreten prozessualen „Leistungsfähigkeit“ jedes einzelnen Beweismittels eröffnet zuverlässig den Eintritt in den formellen Dialog zwischen dem Antragsteller und dem Gericht.

aa) Zeugenbeweis

111

Wichtigstes Beweismittel im Strafprozess ist in aller Regel der Zeuge. Er wird bezeichnet als eine Beweisperson, die in einem nicht gegen sie selbst gerichteten Strafverfahren Auskunft über die Wahrnehmung von Tatsachen gibt.[6] Damit ist zunächst klargestellt, dass z.B. derjenige kein Zeuge ist, der zu einer Wahlgegenüberstellung erscheinen soll; er wird lediglich „in Augenschein genommen“, äußert sich jedoch nicht. Doch sagt das allein noch wenig über den Anteil an der Sachverhaltsaufklärung, den der Zeuge übernehmen kann.

Im deutschen Strafverfahren wird der Kreis der Tatsachen, die über den Zeugenbeweis Eingang in die Hauptverhandlung finden können, weit gezogen. Der Zeuge ist vorrangig aufgerufen, über von ihm früher wahrgenommene Tatsachen zu berichten. Damit sind aber nicht nur beobachtbare Phänomene in der Außenwelt gemeint. Ein Zeuge kann auch über sog. „innere Tatsachen“ berichten, selbst hypothetische Überlegungen (zumindest aus der eigenen Vorstellungswelt) kann er schildern, wenn es auf diese Tatsachen ankommt.[7] Dagegen sollen Angaben über allgemeine Eindrücke, Schlussfolgerungen oder Mutmaßungen[8] kein Gegenstand des Zeugenbeweises sein, weil auf sie ein Gericht eine so wichtige Entscheidung wie ein Strafurteil nicht stützen darf. So leicht sich dies formulieren lässt, so häufig wird hiergegen in der Praxis verstoßen. Beinahe in jeder größeren Hauptverhandlung werden Fragen nach allgemeinen Eindrücken und Schlussfolgerungen an die Zeugen gestellt und von diesen dann auch beantwortet. Es kommt hinzu, dass in solchen Fragen nicht selten auch die Erwartung des Gerichts im Sinne einer Beurteilungstendenz zum Ausdruck kommt. Das muss keineswegs immer zum Nachteil des Angeklagten ausgehen, es bringt aber oft ein Stück Irrationalität in die strafgerichtlichen Entscheidungen hinein.

112

Der Beweisantrag als Instrument förmlichen Prozesshandelns, das auf einen erst noch zu erhebenden Beweis gerichtet ist, kann sich an derlei Ungenauigkeiten der Praxis im Rahmen einer bereits stattfindenden Beweiserhebung aber nicht orientieren. Richtet er sich auf die Vernehmung eines Zeugen, muss er streng auf die Beweiskraft dieses Beweismittels gerichtet sein. Unter Beweis zu stellen sind demnach die Tatsachen, die der Zeuge wahrgenommen hat, mag es sich dabei auch um die Wahrnehmung eigener Überlegungen und Empfindungen (als subjektive Tatsachen) handeln. Ausgeschlossen ist aber die Benennung eines Zeugen zu Mutmaßungen und reinen Schlussfolgerungen. Das kann im Einzelnen zu erheblichen Abgrenzungsproblemen bei der Formulierung von Beweisbehauptungen führen (s. dazu unten Rn. 164 ff.), ist als Forderung an den Antragsteller aber grundsätzlich berechtigt.

113

Hierzu ein Beispiel: Wird in einem Fall, in dem dem Angeklagten vorgeworfen wird, er habe gegen 18:00 Uhr einen tätlichen Angriff mit einem Messer ausgeführt, bei dem es zu blutenden Verletzungen gekommen sei, ein Zeuge benannt und im Beweisantrag formuliert, die Vernehmung des Zeugen werde ergeben, dass sich das Messer um 18:30 Uhr an seinem üblichen Platz in der Küche der Wohnung befand und keine Blutflecken aufwies und dass demzufolge der Angeklagte die Tat nicht begangen haben könne, so sind damit die Grenzen des Zeugenbeweises überschritten. Zwar kann der Zeuge bekunden, dass er das Messer zu einer bestimmten Uhrzeit gesehen hat und dass er daran keine Blutflecken gesehen hat. Damit sind aber die Grenzen seiner Wahrnehmungsmöglichkeiten benannt. Ob sich an dem Messer (nur mit den Mitteln eines Sachverständigen erkennbare) mikroskopisch kleine Blutspuren befunden haben, kann er nicht wissen. Selbst wenn aber feststünde, dass das Messer um 18:30 Uhr keine Blutspuren aufwies, würde die Antwort auf die Frage, ob der Angeklagte die ihm vorgeworfene Tat begangen hat, eine Schlussfolgerung aus den Wahrnehmungen voraussetzen, die sich nach der Systematik der Regelungen über die Beweisaufnahme und die richterliche Überzeugungsbildung dem Zeugenbeweis entzieht und allein der richterlichen Beurteilung im Rahmen von § 261 StPO vorbehalten sein soll. Der Umstand, dass die Folgerung in dem genannten Beispiel alles andere als zwingend wäre, weil der Angeklagte z.B. das Messer in der Zeit zwischen 18:00 Uhr und 18:30 Uhr gereinigt und zurückgelegt haben könnte, hat dabei für das Beweisantragsrecht nur untergeordnete Bedeutung. Ließe sich hingegen unter Beweis stellen, dass sich der Zeuge in der Zeit zwischen 17:30 Uhr und 18:30 Uhr ununterbrochen in der Küche aufgehalten und das Messer zur Zubereitung einer Mahlzeit benutzt hat, so ließe sich jedenfalls auch die unmittelbar aus den eigenen Wahrnehmungen des Zeugen ableitbare Folgerung unter Beweis stellen, der Angeklagte könne die Tat um 18:00 Uhr nicht mit diesem Messer begangen haben (s. dazu im Einzelnen unten Rn. 179 ff.).

114

Immer wieder Anlass zum Streit ergibt sich aus der Frage, in welchem Umfang ein Zeuge über psychische Tatsachen Auskunft geben kann. Dass er hierzu in der Lage ist, solange es um psychische Vorgänge geht, die ihn selbst betreffen, erscheint nicht zweifelhaft.[9] Selbstverständlich kann ein Zeuge auch Auskunft über eigene Beweggründe und andere innere Tatsachen geben. Weitaus schwieriger ist jedoch die Frage zu entscheiden, inwieweit ein Zeuge auch Angaben dazu machen kann, welche Beweggründe, Einstellungen oder Motive ein anderer Mensch in einer bestimmten Situation hatte.[10] Prinzipiell sind auch solche Tatsachen der Wahrnehmung durch einen Zeugen zugänglich. Schon weil die Beobachtung derartiger Vorgänge aber maßgeblich auf individuellen Bewertungen beruht, wird man Zeugenaussagen zu diesem Themenbereich im Strafverfahren nur mit großer Vorsicht als Urteilsgrundlage heranziehen können. Soll hierzu ein Beweisantrag formuliert werden, so empfiehlt es sich vor diesem Hintergrund, auch äußere Vorgänge zu benennen, die der Zeuge wahrgenommen haben kann.[11]

115

Beispiel:

„Es wird beantragt, den Zeugen X zu vernehmen zum Beweis der Tatsache, dass der Zeuge Z sich in der Besprechung am 3. März zwar nicht ausdrücklich zu dem Vertragstext geäußert hat, mit diesem jedoch einverstanden war, was der Zeuge X dem Umstand entnommen hat, dass Z während der Vorstellung des Vertrages durch den Angeklagten mehrfach zustimmend genickt hat.“

Ein mögliches Beweisthema für eine Zeugenvernehmung ist auch der „Leumund“ des Angeklagten.[12] Ist ein Mensch in seinem Bekanntenkreis als friedfertig oder konfliktscheu bekannt, so werden sich entsprechende Tatsachen häufig leicht durch Zeugen nachweisen lassen. Auch hier stellt sich allerdings die Frage der Abgrenzung von Wahrnehmungen und Bewertungen. Ohnehin sind Beweisanträge hierzu in aller Regel aber wohl nur von einem sehr begrenzten Wert.

116

Gegenstand der Wahrnehmung und damit auch Gegenstand der Zeugenaussage können im Übrigen auch Äußerungen sein, die gegenüber einem Zeugen abgegeben wurden.[13] Schon aus diesem Grund sind auch die von Amts wegen mit der Aufklärung von Straftaten befassten Personen (Polizeibeamte, Staatsanwälte, Richter und Verteidiger) mögliche Zeugen. Inwieweit ihre formelle Rolle im Strafverfahren mit der Zeugenstellung vereinbar ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Grundsätzlich spricht aber nichts dagegen, dass sich der Verteidiger z.B. selbst als Zeugen für eigene Wahrnehmungen über den Zustand des Beschuldigten benennt, die er aus Anlass eines Termins zur Haftbefehlseröffnung gemacht hat.[14]

117

Soweit Richter als Zeugen in Betracht kommen, enthält § 22 Nr. 5 StPO eine ausdrückliche Regelung. Ausgeschlossen ist danach nicht nur, dass ein Richter in dem Verfahren, in dem er selbst dem Spruchkörper angehört, auch die Rolle eines Zeugen einnimmt. Er verliert nach § 22 Nr. 5 StPO die Befugnis zur Entscheidung auch dann, wenn er in derselben Sache Zeuge oder Sachverständiger war. Nach h.M. ist er dabei schon dann ausgeschlossen, wenn er in einem anderen Verfahren als Zeuge zu demselben Tatgeschehen vernommen worden ist.[15]

118

Abgesehen von derlei formalen rechtlichen Beschränkungen kann in dem beschriebenen Rahmen grundsätzlich jeder Mensch Zeuge sein; es gibt keinen schlechthin untauglichen Zeugen.[16] Inwieweit körperliche oder geistige Gebrechen verhindern, dass ein Mensch Wahrnehmungen macht oder das Wahrgenommene mit ausreichender Zuverlässigkeit wiedergeben kann, muss das Gericht selbst feststellen. Dementsprechend können prinzipiell z.B. auch Kinder[17] oder in der Wahrnehmungsfähigkeit durch eine psychische Erkrankung beeinträchtigte Personen als Zeugen vernommen werden.[18]

bb) Sachverständigenbeweis

119

Dem Sachverständigen kommt im Strafprozess die Aufgabe zu, über Erfahrungssätze oder solche Tatsachenwahrnehmungen Auskunft zu geben, die nur demjenigen möglich sind, der über bestimmte Fachkenntnisse verfügt. In dem letztgenannten Sinne hat er auch die Aufgabe, einen bestimmten Sachverhalt zu bewerten und dem Gericht seine Beurteilung zu erleichtern; er unterbreitet dem Gericht Tatsachenstoff, der nur aufgrund besonderer Sachkunde gewonnen werden kann.[19] Das Gesetz enthält in den §§ 73 ff. StPO wenige Regelungen, die die prozessuale Rolle des Sachverständigen nur andeutungsweise umschreiben. Generell soll er Sachkunde vermitteln, anwenden oder beides tun. Dies setzt ein besonderes Fach- und Erfahrungswissen voraus, oft liegt in der Vermittlung dieses Wissens an das Gericht die entscheidende Aufgabe des Sachverständigen. Das ist der Fall, wenn der Sachverständige bestimmte fachliche Erläuterungen geben soll, sei es, dass er z.B. technisches Wissen weitergeben (etwa: dem Gericht die Funktionsweise einer komplizierten technischen Anlage in einem Umweltstrafverfahren erläutern) soll, sei es, dass er z.B. über Handelsbräuche berichten oder Fachausdrücke erklären soll.[20] Auch der Kenner einer Fremdsprache, der eine in jener Sprache verfasste Urkunde in die deutsche Sprache übersetzt, ist Sachverständiger und nicht Dolmetscher i.S.d. § 185 GVG.[21]

120

Eine völlig andere Rolle kommt dem Sachverständigen zu, wenn er die Aufgabe erhält, aufgrund seines Fachwissens bestimmte Tatsachen festzustellen, wie dies etwa bei der Analyse einer Blutprobe auf ihren Alkoholgehalt oder bei der Deutung von Übereinstimmungen nach einer von ihm selbst durchgeführten DNA-Analyse geschieht.

121

Schließlich sind hiervon nochmals die Fälle zu unterscheiden, in denen der Sachverständige darüber hinaus die Funktion hat, bestimmte Tatsachen auch zu beurteilen.[22] So wird der psychiatrische Sachverständige nicht nur hinzugezogen, um den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über psychische Erkrankungen zu vermitteln, sondern primär um an Hand seines Fachwissens zu beurteilen, ob zum Tatzeitpunkt bei dem Angeklagten die Voraussetzungen des § 20 oder des § 21 StGB vorlagen. In diesen Fällen liegt es besonders nahe, dem Sachverständigen die Rolle eines Gehilfen des Gerichts zuzuschreiben.[23] Der Sachverständige ist aber auch bei einer solchen Konstellation nicht mehr als ein Beweismittel. Er vermittelt dem Gericht zwar nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern zugleich auch eine Bewertung des konkreten Falles. Diese darf das Gericht aber nicht gleichsam „blind“ übernehmen, sondern es muss sich durch das Verständnis des Gutachtens in die Lage versetzen, sich von der Richtigkeit auch der darin erklärten Schlussfolgerungen zu überzeugen.[24] Erst recht verbleibt die Verantwortung für die juristische Subsumtion der vom Sachverständigen vermittelten Tatsachen beim Gericht, auch wenn ein Gutachten vielfach insoweit prägend wirkt.[25]

122

Von nicht unerheblicher praktischer Bedeutung ist schließlich die Abgrenzung zwischen den Funktionen einer Beweisperson als Zeuge, als sachverständiger Zeuge und als Sachverständiger[26]. Nicht selten sind die Grenzen während einer Vernehmung der Beweisperson fließend. Dem kann bei der Formulierung von Beweisanträgen bereits dadurch Rechnung getragen werden, dass der Antrag sowohl auf eine Vernehmung als (sachverständiger) Zeuge als auch auf eine Vernehmung als Sachverständiger gerichtet wird. Die personelle Vereinbarkeit der beiden Rollen ist in § 74 Abs. 1 S. 2 StPO ausdrücklich klargestellt.

Allein der Umstand, dass ein Antragsteller eine Beweisperson im Antrag nicht nur als Sachverständigen sondern zusätzlich als Zeugen bezeichnet, legt ihre prozessuale Rolle allerdings nicht verbindlich fest. Werden mit dem Antrag lediglich Tatsachen unter Beweis gestellt, die nur durch ein Sachverständigengutachten in die Verhandlung eingeführt werden können, dann reicht es aus, wenn das Gericht über den Antrag nach § 244 Abs. 4 StPO entscheidet.[27] Es muss nicht allein auf Grund der zusätzlichen Benennung der Beweisperson als Zeuge weitere Ablehnungsgründe prüfen, solange die benannten Beweistatsachen nur über ein Gutachten eingeführt werden können.

123

Dass die Unterscheidung zwischen der Rolle als (sachverständiger) Zeuge und der Rolle als Sachverständiger nicht unbedeutend ist, zeigt sich auch daran, dass für die beiden Beweismittel unterschiedliche Verfahrensvorschriften gelten. Der Sachverständige ist im Rahmen seines Fachgebietes austauschbar, während der Zeuge individuell seine persönlichen Wahrnehmungen vermitteln soll. Demgemäß kann ein Sachverständiger ebenso wie ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden (§ 74 StPO), während auch eine noch so deutliche Interessenbindung des Zeugen nur im Rahmen der Beweiswürdigung bei der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit zu berücksichtigen ist.

Für die Abgrenzung der unterschiedlichen Funktionen ist weiter zu berücksichtigen, dass fachliche Vorkenntnisse die Wahrnehmung eines bestimmten Vorgangs entscheidend beeinflussen können. Ein medizinischer Laie wird eine durch einen Messerstich hervorgerufene Verletzung in aller Regel völlig anders wahrnehmen und bewerten als ein zufällig am Tatort anwesender Arzt. Dass aufgrund der besonderen Sachkunde weitergehende Wahrnehmungen möglich sind, macht die Beweisperson aber noch nicht zum Sachverständigen. Das Gesetz stellt den sachverständigen Zeugen nach § 85 StPO dem Zeugen gleich. Auch wenn mit der Benennung einer Beweisperson Wahrnehmungen unter Beweis gestellt werden sollen, die nur kraft besonderer Sachkunde möglich waren, ändert dies nichts daran, dass die Beweisperson Zeuge und nicht Sachverständiger bleibt.[28]

124

Der bloßen Vermittlung von Wahrnehmungen steht die Vermittlung von Erfahrungssätzen aus einem bestimmten Wissensgebiet oder die Anwendung von Erfahrungssätzen auf einen Sachverhalt als typische Tätigkeit des Sachverständigen gegenüber. Es ist bisher kaum gelungen, für die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen prozessualen Rollen griffige materielle Abgrenzungskriterien zu entwickeln. Anhaltspunkte lassen sich daraus entnehmen, ob etwa das Beweisthema nur durch eine bestimmte Person oder durch jeden Angehörigen der Fachrichtung bestätigt werden könnte: Wer einen Vorgang wiedergeben kann, weil er zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort war, wird zumeist als Zeuge einzustufen sein. Ist die Wahrnehmung jedoch wiederholbar, dann spricht dies eher für eine Sachverständigentätigkeit. So wird der Arzt in einer Flughafenklinik, zu dem ein des Drogenhandels Verdächtiger gebracht wird, Zeuge für dessen Gesundheitszustand sein. Wird jedoch eine Röntgenaufnahme angefertigt, auf der zu erkennen ist, dass sich im Magen-Darm-Trakt des Verdächtigen Gegenstände befinden, die zum Transport von Drogen dienen könnten, so wird es schwierig, die unterschiedlichen Rollen des Arztes konsequent voneinander zu trennen. Der Arzt macht zwar einerseits anhand des Röntgenbildes in einer konkreten Situation zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Wahrnehmung, was für eine Zeugenrolle sprechen könnte. Andererseits ist diese Wahrnehmung aber zu jeder Zeit durch jeden sachkundigen Dritten (einen anderen Arzt) wiederholbar: Auch ein nachträglich mit der Untersuchung des Falles befasster Arzt kann anhand des Röntgenbildes dieselben Angaben machen. Hat der Arzt die Aufnahme aber nur angefertigt, weil er von den Ermittlungsbehörden hierum ersucht wurde (und nicht lediglich, weil der Verdächtige vom Flugpersonal im Hinblick auf festgestellte gesundheitliche Beschwerden aus Sorge um sein Wohlbefinden eingeliefert wurde), so spricht schon dieser „amtliche Auftrag“ dafür, dass er als Sachverständiger handelte. Diese unterschiedlichen Aspekte[29] zeigen, dass die Abgrenzung zwischen den verschiedenen prozessualen Eigenschaften kaum an Hand eines einzigen Kriteriums getroffen werden kann. Wo sich die Sachverständigeneigenschaft nicht bereits daraus ergibt, dass die Beweisperson von den Ermittlungsbehörden gezielt zur Klärung einer bestimmten Frage eingeschaltet worden ist, erfordert dies somit eine Abwägung an Hand verschiedener Kriterien.[30]

Führt dies im Einzelfall zu keinem eindeutigen Ergebnis, so wird man sich in der Praxis mit Zwischenlösungen behelfen müssen. Sollen sowohl eigene Erfahrungen des Sachverständigen aus seiner beruflichen Tätigkeit als auch die Beurteilung des konkreten Falles in der Hauptverhandlung durch ein und dieselbe Person in die Hauptverhandlung eingeführt werden, lässt sich dies durch einen kombinierten Antrag erreichen:

125

Beispiel:

„Es wird beantragt, Frau Prof. Dr. X. als sachverständige Zeugin und als Sachverständige zu hören zum Beweis der Tatsache, dass unter den von ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit als Leitende Ärztin der Abteilung Chirurgie der Klinik in H. behandelten Patienten noch kein Fall aufgetreten ist, in dem eine Verletzung, wie sie hier der Zeuge Z erlitten hat, zu einer Lähmung geführt hat und dass auch aus der Fachliteratur kein solcher Fall bekannt ist, sodass nach medizinischem Erfahrungswissen auch im vorliegenden Fall nicht zu erwarten ist, dass die bei dem Zeugen eingetretene Verletzung zu einer Lähmung führen wird.“

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
730 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783811448209
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu