Kitabı oku: «Heathens Ink: Meine Herzensbrecher», sayfa 3
Kapitel 4
Wyatt
Meine Finger fliegen über die Computertastatur und übertönen beinahe das leise Klopfen an meiner Bürotür. Ich werfe einen Blick auf die kleine Uhr in der unteren Bildschirmecke und runzle die Stirn. Mein nächster Termin ist erst in einer Stunde, was bedeutet, dass das ein unerwarteter Besuch ist und die bedeuten nur selten etwas Gutes.
»Herein«, rufe ich.
Die Tür öffnet sich und Mary erscheint mit einem dünnen, blassen Mädchen im Teenageralter. Ich widerstehe dem Drang, aufzustehen und sie hastig hereinzubitten. Während meiner ehrenamtlichen Arbeit im Rainbow House habe ich gelernt, dass es am besten ist, es mit den Neuankömmlingen langsam angehen zu lassen. Viele kommen aus Elternhäusern, in denen sie missbraucht wurden und reagieren nicht gut auf einen Mann, der von einem Schreibtisch aufspringt und auf sie zueilt.
»Hallo, ich bin Wyatt, wie kann ich helfen?«, frage ich sanft und richte die Frage eher an das Mädchen als an Mary. Als ich keine Antwort bekomme, richte ich meinen Blick auf Mary, um herauszufinden, ob sie mehr weiß.
»Das ist Margaret. Sie ist heute Morgen angekommen und nach ein paar ziemlich anstrengenden Stunden mit Beck, dachte ich, dass es ihr vielleicht helfen würde, kurz mit dir zu sprechen, bevor ich sie im Schlafsaal unterbringe.«
Ein paar Stunden mit Beck? Das muss bedeuten, dass Margaret wegen eines ziemlich großen rechtlichen Problems hierhergekommen ist. Becks Hauptaufgabe hier ist es, sich für die Teenager um Sorgerechtsfragen zu kümmern, wenn sie hier ankommen, aber manchmal gibt es auch größere rechtliche Probleme, die er bewältigen muss. Er verbringt etwas Zeit mit den Teenagern und telefoniert dann mit den zuständigen Behörden.
»Klar doch, danke, Mary.« Ich schenke ihr ein kurzes Lächeln und stehe dann langsam auf. »Möchtest du etwas essen oder trinken, Margaret?«
»Das wäre toll. Ich hab ziemlichen Hunger.« Sie legt sich eine Hand auf den Bauch, aber tiefer, als man es von jemandem erwarten würde, der von Hunger spricht. Vielleicht ist sie schwanger? Es wäre nicht das erste Mal.
»Okay, wie wäre es, wenn wir uns in die Küche schleichen und mal sehen, was wir finden und dann kommen wir wieder hierher zurück und unterhalten uns, wenn du möchtest?«
Sie nickt und lässt sich von mir den Flur entlang in die Küche führen. Nachdem wir uns ein paar Sandwiches gemacht und uns Chipstüten sowie ein paar Limos geschnappt haben, gehen wir zurück in mein Büro.
»Möchtest du, dass ich dich Margaret nenne, oder ist dir etwas anderes lieber?«, frage ich nach, sobald wir sitzen und sie sich auf das Essen stürzt.
»Maggie«, antwortet sie kleinlaut und ich nicke.
»Kein Problem, Maggie. Ich bin sicher, dass du nach dem Treffen mit Beck heute Morgen keine Lust mehr zum Reden hast, aber er ist Anwalt und ich bin Therapeut, was bedeutet, dass ich ein viel besserer Zuhörer bin als er«, sage ich und zwinkere ihr zu, damit sie weiß, dass ich Beck nicht wirklich schlechtmache. »Gibt es etwas, worüber du mit mir reden willst?«
Sie zuckt mit den Schultern und knabbert an einem Chip.
»Ich darf hierbleiben, oder? Ich mag Mädchen, also heißt das, dass ich bleiben kann?«, fragt sie nach.
»Auf jeden Fall. Und wenn du nicht LGBT wärst, würden wir einen anderen sicheren Ort für dich finden. Wir schicken niemanden zurück auf die Straße oder in gefährliche Situationen«, versichere ich ihr.
»Aber es stimmt. Also, dass ich Mädchen mag.« Ihre Schultern sind abwehrend hochgezogen und ihr Gesichtsausdruck ist angespannt und verschlossen.
Ich nicke. »Ich mag Jungs«, sage ich schulterzuckend, damit sie weiß, dass sie keine Angst haben muss, hier über ihre sexuelle Orientierung zu sprechen. Das ist der Grund, warum das Rainbow House existiert.
»Waren Ihre Eltern wütend, als Sie es ihnen gesagt haben?«, fragt Maggie und rupft ein Stück ihres Sandwichs ab.
»Ja, sie waren wütend. Wir haben nicht miteinander gesprochen, seit ich es ihnen gesagt hab.« Das ist die Kurzfassung. Es würde den ganzen Nachmittag dauern, Maggie alles über meine verkorkste Familie zu erzählen.
»Sind Sie traurig, weil sie nicht mehr mit Ihnen reden?«
»Eigentlich will ich nicht mit ihnen reden. Ich hab ihnen gesagt, dass ich mir von ihnen kein schlechtes Gefühl einimpfen lassen werde, wenn sie mich nicht akzeptieren können, und das war's. Manchmal macht es mich traurig, aber ich habe gute Freunde gefunden, die jetzt wie eine Familie für mich sind.«
Maggie nickt. »Meine Familie sind Mormonen, aber die Art, bei der ich mit 15 heiraten musste.«
Mein Magen zieht sich zusammen und ich muss die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu zischen. Einige der Praktiken von fundamentalistischen Mormonen sind mir nur allzu vertraut.
Erneut legt sie sich eine Hand über den Bauch. Hört sich an, als hätte Beck mit ihr viel Arbeit vor sich.
»Und du bist weggelaufen, weil du diesen Mann nicht heiraten wolltest?«, rate ich.
»Ich hab ein anderes Mädchen geküsst. Eine meiner Freundinnen und mein Vater hat es gesehen. Er hat es meinem Ehemann erzählt und sie haben gesagt, dass Satan mich verführen will. Sie haben mich in einen Schuppen gesperrt und mir gesagt, dass ich da drinbleiben, fasten und die Bibel lesen soll, bis ich meine Fehler eingesehen habe. In der Nacht bin ich durch ein Fenster geklettert und hab mich ein paar Wochen versteckt. Ich hab in der Suppenküche die Straße runter einen Flyer von hier gesehen.«
»Ich bin froh, dass du hergekommen bist. Darf ich dich etwas fragen?«, hake ich nach und sie nickt. »Bist du schwanger?«
»Woher wissen Sie das?«
»Du berührst immer deinen Bauch. Weißt du, in welchem Monat du bist?«
»Noch nicht weit, dritter Monat glaube ich.«
Ich mustere ihren flachen Bauch. Wenn sie wochenlang auf der Straße gelebt hat, hat sie offensichtlich nicht die pränatale Fürsorge bekommen, die sie braucht.
»Ich würde gern einen Arzttermin für dich machen, damit jemand nach dem Baby sehen und dafür sorgen kann, dass du Vitamine und alles bekommst, was du brauchst. Darf ich das?«
»Ja.« Sie beißt sich auf die Lippe und lässt den Kopf hängen. »Aber ich bin nicht sicher, ob ich es behalten will. Ich will nicht… Sie wissen schon… Aber ich bin nicht sicher, ob ich es behalten will.«
»Das ist in Ordnung. Der Arzt kann die Möglichkeiten mit dir besprechen. Adoption ist immer möglich.«
Sie nickt eifrig. »Ja, ich glaube, das will ich.«
»Okay, dann suche ich dir Infomaterial raus und wir können in ein paar Tagen noch mal darüber sprechen. Wie hört sich das an?«
»Gut.«
»Super. Iss auf und dann zeigt Mary dir hier alles. In der Zeit werde ich den Arzt anrufen und nachfragen, wann er vorbeikommen kann. Wir haben hier auch eine tolle Klinik, aber leider ist der Arzt ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, also kommt er nur, wenn wir ihn rufen.«
»Danke.«
»Nicht der Rede wert. Dafür sind wir da.«
Liam
Alex' Empfangsdame begrüßt mich mit einem Winken, als ich die Praxis betrete.
»Du kannst gleich reingehen; sein letzter Patient ist nicht aufgetaucht, also wartet er schon auf dich.«
»Danke.«
Ich betrete das vertraute Büro. In den letzten drei Jahren war ich ein paarmal pro Monat hier.
»Guten Morgen, Liam, und alles Gute nachträglich zum Geburtstag«, sagt Alex, als ich reinkomme.
»Morgen. Danke.« Ich lasse mich auf die Couch fallen und lege die Füße auf den Couchtisch, wie ich es immer tue, während Alex ein paar Papiere herumschiebt und mich dann erwartungsvoll ansieht.
»Wie läuft deine Woche?«
»Gut, gut. Mein Geburtstag war lustig. Meine Brüder haben wieder eine Überraschungsparty organisiert und alle sind gekommen. Es war schön.« Erneut breitet sich Wärme in meinem Bauch aus, als ich mich an Owens tiefe, raue Stimme erinnere, als er mich zu sich gerufen hat, um mir zu gratulieren oder wie sein Atem an meinem Ohr kitzelte, als er Witze über Royal gemacht hat. Dann wandern meine Gedanken zu Wyatts herzlicher Umarmung und das aufmerksame Geschenk. Innerlich seufze ich.
»Das ist großartig. Es ist wundervoll, so solide Unterstützung und eine Familie zu haben, die zu dir hält.«
»Ich weiß.« Natürlich weiß ich das; ich bin jeden Tag dankbar dafür. »Ich habe wegen Kyle ein schlechtes Gewissen«, gestehe ich nach ein paar Sekunden des Schweigens.
»Bist du immer noch ein bisschen eifersüchtig?«, rät Alex. Es ist kein neues Thema für uns, aber eines, das ich einfach nicht überwinden kann, egal, wie oft wir darüber sprechen.
»Ja und ich fühle mich wie ein Arschloch, aber jedes Mal, wenn er ein Date hat oder von seinem fantastischen Sexleben spricht, hasse ich ihn ein bisschen. Gott, ich hasse mich selbst dafür, das auch nur zu sagen. Kyle ist mein bester Freund und ich liebe ihn… aber irgendwie hasse ich ihn.«
»Warum denkst du, fühlst du so?«
Ich verdrehe die Augen über diese Frage. Alex ist ein toller Therapeut, aber… echt jetzt?
»Na ja, Doktor Weston, ich könnte mir vorstellen, dass ich eine gewisse Transphobie verinnerlicht habe, die dafür sorgt, dass ich meinen Cisgender-Freund darum beneide, wie leicht er Sexpartner findet«, trage ich mit einem Hauch von Sarkasmus vor. Ich habe mir die Worte eingeprägt, aber sie haben ihre Bedeutung verloren. Ich verstehe, warum ich so empfinde, was ich nicht weiß, ist, wie ich darüber hinwegkommen soll. Ich werde nie die Dinge haben, die Kyle hat, und das ist so verdammt unfair, dass ich schreien könnte.
»Was für eine scharfsinnige Beobachtung. Ein sehr kluger Arzt muss das schon mit dir besprochen haben«, erwidert Alex mit trockenem Sarkasmus, der das perfekte Beispiel dafür ist, warum ich ihn als meinen Therapeuten mag.
»Wyatt meint, dass ich es durchstehen und in den Dating-Pool springen soll.«
»Das hat er gesagt?«, fragt Alex mit hochgezogenen Brauen.
»Nein. Er würde niemals so aufdringlich oder unsensibel sein. Aber er hat mich in letzter Zeit jedes Mal darauf hingewiesen, wenn mich ein Mann abgecheckt hat. Er will wirklich, dass ich ausgehe, das merke ich.«
»Und du willst nicht ausgehen?«, fragt er.
»Himmel, Doc, natürlich will ich ausgehen. Ist das nicht das Ziel dieser Unterhaltung? Ich will so ausgehen können, wie Kyle es tut, ohne die Angst, die Unsicherheit und das Gefühl, nicht genug zu sein. Ich will viele Dinge, die ich nicht einfach mit einem Fingerschnipsen bekomme.«
»Ich glaube nicht, dass irgendjemand sagt, es wäre so einfach wie ein Fingerschnipsen. Und als Transmann auszugehen, birgt noch ein zusätzliches Risiko; das werde ich nicht beschönigen. Aber falls du ein Dating-Leben wie Kyle haben möchtest, musst du auch rausgehen und dich verfügbar machen. Es wird nicht viele Verehrer anlocken, wenn du mit einem Verpiss dich-Schild um den Hals durch die Gegend läufst.«
Ich schnaube und streiche mit den Fingern gedankenverloren über das Eulen-Tattoo auf meinem Oberarm. Ich habe von diesem Tattoo geträumt, bevor ich es hatte und in dem Traum war ich so glücklich, dass ich glaubte, meine Brust würde vor purer Freude explodieren. Ich weiß nicht, was das alles bedeutet hat, aber so will ich fühlen. Ich will, was Royal mit Nash und Zade hat. Ich habe mein Geschäft und meine Hobbys, ich habe meine Freunde, aber ich will jemanden, mit dem ich am Ende des Tages kuscheln, mit dem ich faule Sonntage verbringen, jemanden, dem ich Ich liebe dich zuflüstern kann. Vorzugsweise zwei Jemande, aber ich mache gern einen Schritt nach dem anderen.
»Ich will das alles. Wie fange ich das an? Wie mache ich mich zugänglicher?«, frage ich mit einem Hauch von Verzweiflung in der Stimme.
»Vielleicht solltest du mit einem der Männer anfangen, von dem du mir schon seit Jahren vorschwärmst?«
»Owen?«, frage ich nach. Aber er hat Männer gesagt. Plural. Von wem habe ich noch geschwärmt? Meint er Wyatt? Ich habe versucht, vorsichtig zu sein, wenn ich von Wyatt gesprochen habe, da sie sich kennen. Ich weiß, dass es die Schweigepflicht zwischen Arzt und Patient gibt, aber man weiß nie, was einem aus Versehen herausrutschen kann.
»Fühl ein wenig vor und finde heraus, ob er interessiert ist«, schlägt Alex schulterzuckend vor.
»Einfach so?«
»Einfach so.«
Ich nicke entschlossen. Wenn Alex es für eine gute Idee hält, werde ich es versuchen.
Kapitel 5
Wyatt
Seit ich Maggie gestern begegnet bin, konnte ich die Gedanken an meine Familie nicht abschütteln. Normalerweise gelingt es mir ziemlich gut, so zu tun, als wäre ich von einem freundlichen Wolfsrudel aufgezogen worden, aber hin und wieder werde ich daran erinnert, dass es da draußen Menschen gibt, die mich geboren, aufgezogen, sich theoretisch mal um mich gekümmert und mich dann einfach abgeschoben haben, als ich nicht das war, was sie erwartet haben.
Ich schüttle den Kopf über mich selbst und versuche, mich auf die Arbeit zu konzentrieren, statt mich in dem dämlichen Selbstmitleid zu verlieren, das ganz sicher überhaupt nichts bringt.
Ich kann mich noch immer an ihre kalten, distanzierten Mienen erinnern, als meine Mutter und mein Vater vor mir gestanden und mir gesagt haben, dass ich mich entweder von dem Drang lossage, den Satan in meinem Herzen gepflanzt hat, oder ihr Haus verlasse. Ich habe über ihre verkorkste Weltansicht die Augen verdreht. Für sie war es vollkommen in Ordnung, dass sich ein Mann so viele Frauen nimmt, wie er will, jemanden bevorzugt, sie ignoriert und Dutzende Kinder mit ihnen hat, aber wenn sich ein Mann zu anderen Männern hingezogen fühlt, dann gibt es ein Problem.
Scheiß auf sie. Ich hab sie damals nicht gebraucht und brauche sie auch jetzt nicht. Mit Liam und meinem besten Freund Jace, ganz zu schweigen von Beck, habe ich eine Familie und diese akzeptiert mich genau so, wie ich bin.
Ich schreibe Liam eine Nachricht und frage ihn, ob er Zeit für einen Notfallkaffee hat. Die Antwort mit dem Daumen-hoch-Emoji kommt fast augenblicklich.
Der Knoten in meiner Brust löst sich ein wenig. Es gibt keinen Grund, auch nur einen weiteren Gedanken an diese Leute zu verschwenden. Sie wollten mich nicht und ich will sie nicht, Ende der Geschichte.
Liam
Ich steige in Wyatts Auto und lasse den vertrauten Geruch von Kirsch-Lufterfrischer und Wyatts Deo auf mich einwirken.
»Hey, Hübscher«, begrüßt er mich, beugt sich über die Mittelkonsole und drückt mir einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Wenn man Wyatt und sein nerdiges Aussehen betrachtet, würde man denken, er wäre schüchtern, aber er flirtet für sein Leben gern.
Da ich 18 war, als wir uns kennengelernt haben, hat er nie versucht, mit mir zu flirten. Aber ein Teil von mir war froh, dass er nicht mein Therapeut war, denn wenn er es gewesen wäre, wäre meine Schwärmerei wirklich erbärmlich gewesen. Nicht, dass sie jetzt weniger erbärmlich ist, aber zumindest steht sie jetzt auf einer Stufe mit meiner Sehnsucht nach Owen.
»Sieht aus, als hätte Fritz dir ein Geschenk hinterlassen.« Wyatt lacht und zupft ein paar Hundehaare von meiner Schulter.
»Super, ich bin sicher, dass mein Kunde das heute Morgen gesehen hat und dachte, ich wäre ein Schlamper«, grummle ich. »Also, was ist der Notfall, von dem du geschrieben hast?«, frage ich mit hochgezogener Braue.
»Kaffee. Ich sterbe an Koffeinentzug.«
Ich verdrehe lächelnd die Augen. »Du weißt, dass ich ein Erwachsener mit einem Geschäft und so bin, richtig? Was, wenn ich heute Nachmittag ein Fotoshooting hätte?«
»Ich nehme an, dass du das erwähnt hättest, da du ein Erwachsener mit einem Geschäft und so bist. Wenn du mir schreiben würdest und ich hätte einen Beratungstermin, würde ich es dir sagen.«
»Gutes Argument«, stimme ich zu.
Wyatt schaltet das Radio ein und da gerade Replay von Downward Spiral läuft, beuge ich mich vor und drehe die Lautstärke auf.
»Wusstest du, dass es bei diesem Song um meinen besten Freund geht?«, sagt er, als er zu seinem Lieblingscoffeeshop fährt.
»Ernsthaft? Ich hab das Gefühl, dass du mich gerade verarschst.«
Er lacht leise. »Tu ich nicht, ich schwör's. Jace war auf dem College mein Mitbewohner und wir sind noch immer eng befreundet. Er und Lincoln Miller waren ein Paar, als wir Teenager waren und sie sind vor ein paar Jahren wieder zusammengekommen. Lincoln hat den Song für ihn geschrieben und ihn an dem Abend gespielt, als er ihm einen Antrag gemacht hat.«
»Dein bester Freund ist mit Lincoln Miller verheiratet?«, frage ich verblüfft und versuche, mich an die Bilder von ihm und seinem Ehemann zu erinnern.
»Ja, ich hab Lincoln ein paarmal getroffen; ich war Trauzeuge bei ihrer Hochzeit.«
»Oh mein Gott, das ist so cool. Royal hat Benji mehrere Tattoos gestochen und sogar eins bei Lando, also hab ich die Jungs mal getroffen und mich total blamiert, weil ich so ein Fanboy war.«
Wyatt lacht erneut. »Tja, falls du mal auf ein Konzert willst, Backstagepässe brauchst oder was auch immer, kann ich das wahrscheinlich organisieren«, bietet er an und ich schwöre, dass ich kurz davor bin, ohnmächtig zu werden.
»Willst du mich verarschen? Falls ich will? Wir reden hier verdammt noch mal von Downward Spiral. Ich würde betteln und zahllose peinliche Dinge anbieten, um das zu bekommen.«
»Hmm, was für peinliche Dinge?«, neckt er mich und ich schlage ihm gegen den Arm.
Als wir am Coffeeshop ankommen, biete ich an, die Getränke zu holen, während Wyatt für die Snacks sorgt.
»Also, warum brauchst du so dringend Koffein? Hast du letzte Nacht nicht viel Schlaf bekommen?«, frage ich und wackle verspielt mit den Augenbrauen, als ich Wyatts Getränk vor ihm abstelle und auf meinen Stuhl sinke.
»Ich wünschte, es wäre so. Du willst gar nicht wissen, wie lange ich schon nicht mehr flachgelegt wurde.«
»Oh, du Armer. Du weißt, dass du mit mir nicht das Wessen Sexleben ist trauriger-Spiel spielen willst.«
»Du könntest ein tolles Sexleben haben, du musst nur rausgehen.«
»Ja, Alex hat gestern während unserer gesamten Sitzung versucht, mich davon zu überzeugen«, murmle ich. »Ich glaube langsam, dass ihr beide unter einer Decke steckt.«
»Alex ist ein kluger Kerl; du solltest auf ihn hören.«
»Ja, ja. Du lenkst von der eigentlichen Frage ab.«
»Weil ich nicht darüber reden kann. Ein Neuankömmling im Rainbow House hat gestern ein paar unschöne Erinnerungen wieder aufgewühlt und ich bin sie den ganzen Tag nicht losgeworden.«
Ich lege meine Hand auf Wyatts und genieße die angenehme Behaglichkeit, die mir die Berührung schenkt. Hoffentlich hilft es ihm auch.
»Ich weiß, dass du nicht über deine Patienten reden kannst, aber falls du jemals über deinen eigenen schlimmen Mist reden willst, bin ich immer da, um dir zuzuhören.«
»Danke, vielleicht ein anderes Mal.«
»Okay.« Ich drücke seine Hand und will ihn gerade loslassen, als er seine Hand dreht, sodass seine Handfläche nach oben zeigt und gegen meine drückt. Diese Geste fühlt sich irgendwie bedeutungsvoller an, als einfach meine Hand auf seine zu legen; wir halten gerade Händchen und ich weiß nicht, ob sich Wyatt irgendetwas dabei denkt, aber in meinem Bauch flattert es und fühlt sich gut an und mein Herz schlägt so schnell, dass es aus meiner Brust zu springen droht.
»Also, mit wem gehst du auf ein Date? Tom aus dem Deli?«
»Nee«, sage ich kopfschüttelnd. »Tom ist attraktiv und so, aber er macht mich nicht an.«
»Oh?« Wyatts Augen hellen sich auf. »Und wer macht dich an?«
Hitze breitet sich auf meinem Gesicht und meinem Hals aus. Nur über meine Leiche werde ich Wyatt erzählen, dass ich bei vielen Gelegenheiten bei dem Gedanken an ihn gekommen bin.
»Ich mag Männer, die ein bisschen älter sind. Nicht alt, aber älter als ich. Ich weiß nicht, ob ich äußerlich einen Typ habe. Ich finde viele verschiedene Kerle attraktiv. Es geht mehr um ein Gefühl als irgendetwas Greifbares.«
»Gibt es einen speziellen Mann?«, hakt Wyatt nach.
»Niemanden, bei dem ich auch nur den Hauch einer Chance habe.«
»Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Du bist ein guter Fang. Wenn du mich fragst, solltest du es versuchen, wer auch immer es ist.«
»Wirklich?«
»Auf jeden Fall. Ich bin sicher, dass er dir zu Füßen liegen wird und bevor du dich versiehst, teilt ihr euch eine Zahnbürste und benutzt abscheuliche Spitznamen wie Häschen und Bärchen.«
Ich rümpfe die Nase und lache. »Ich hab nichts gegen süße Spitznamen, aber ich werd nicht zulassen, dass mich jemand Häschen oder Bärchen nennt.«
»Schätzchen?«, versucht Wyatt es erneut und ich lache lauter.
»Nein.«
»Muffin?«
»Nein, aber ich glaube, dass wir mit Essen gar nicht so falsch liegen.«
»Oh, ich hab's… Gürkchen.«
»Gürkchen?«, frage ich während eines erneuten Lachanfalls. »Warum Gürkchen? Du sagst das so selbstbewusst, als würde es total Sinn ergeben.«
»Tut es: Du liebst Gürkchen. Ich bin sicher, dass es eine wunderbare Geschichte dazu geben wird, zum Beispiel, dass du bei eurem ersten Date Gürkchen gegessen und dann festgestellt hast, dass du einen Fehler gemacht hast und ihn mit deinem Gürkchen-Atem küssen musstest. Zum Glück liebt er Gürkchen auch und dein kitschiger Spitzname ist geboren.«
»Wow, du hast da wirklich erstaunlich gründlich darüber nachgedacht.«
»Das magst du so an mir, Gürkchen.« Wyatt zwinkert mir zu und ich schüttle den Kopf.
»Was immer du sagst, Schätzchen.«