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Kitabı oku: «Winnetou 2», sayfa 19

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Er entfernte sich. Old Death ließ sich behaglich am Feuer nieder, zog das Messer und untersuchte den Braten. Er war ausgezeichnet. Der Alte und ich hatten überhaupt noch nicht gegessen, und auch von den Andern war das Pferdefleisch der Comanchen nur gekostet worden. Das große Stück Lende schrumpfte sehr schnell zusammen. Da kehrte Winnetou zurück; er sah mich fragend an, und ich verstand seinen Blick. Er wollte wissen, ob er mich auch jetzt noch verleugnen solle, darum stand ich vom Feuer auf, streckte ihm beide Hände entgegen und sagte:

»Mein Bruder Winnetou sieht, daß ich nicht nach dem Rio Pecos zu gehen brauche, um ihn wieder zu treffen. Mein Herz freut sich, ihm schon hier zu begegnen.«

Wir umarmten uns. Als Old Death dies sah, fragte er erstaunt:

»Was ist denn das? Ihr kennt euch schon?«

»Es ist mein weißer Bruder Old Shatterhand,« erklärte der Apache.

»Old – Shat-ter-hand!« rief der Alte, indem er ein wahrhaft köstliches Gesicht machte. Und als ich die Worte Winnetous lachend bestätigte, fuhr er zornig fort:

»So habt Ihr mich also belogen und betrogen, habt Old Death an der Nase geführt! Old Shatterhand! Und das hat nicht dergleichen getan, sondern sich immerfort ein Greenhorn und einen Neuling schimpfen lassen!«

Wir überließen ihn seinem Erstaunen, denn Winnetou hatte mir zu erzählen:

»Mein Bruder weiß, daß ich nach Fort Inge mußte. Dort erfuhr ich – —«

»Ich weiß schon alles,« unterbrach ich ihn. »Wenn wir mehr Zeit haben als jetzt, werde ich dir sagen, wie wir es erfahren haben. Jetzt muß ich vor allen Dingen schnell wissen, wo die zehn Bleichgesichter sind, welche bei den Comanchen waren und mit deinen beiden Spähern, die sich für Topias ausgaben, zu euch übergegangen sind.«

»Sie sind fort.«

»Fort? Wohin?«

»Nach Chihuahua zu Juarez.«

»Schon fort? Wirklich, wirklich?«

»Ja. Sie hatten große Eile und mit den Comanchen einen großen Umweg machen müssen, den sie einholen mußten.«

»Das ist ein Schlag für uns, denn bei ihnen waren die beiden Männer, denen ich folgte!«

»Uff, uff! Die waren dabei? Das wußte ich nicht. Sie mußten zur bestimmten Zeit in Chihuahua eintreffen und hatten viel Zeit versäumt. Winnetou liebt Juarez; darum unterstützte er sie, schnell fortzukommen. Ich gab ihnen frische Pferde und Proviant und als Führer die beiden angeblichen Topias, welche den Weg über die Mapimi nach Chihuahua genau kennen. Die Bleichgesichter erklärten, keine Minute länger säumen zu dürfen.«

»Auch das! Frische Pferde, Proviant und zuverlässige Führer! Ich hatte diesen Gibson schon in der Hand; nun wird er mir entkommen!«

Winnetou sann einen Augenblick nach und sagte dann:

»Ich habe einen großen Fehler begangen, ohne es zu wissen, werde ihn aber gutmachen. Gibson wird in deine Hände fallen. Der Auftrag, den ich in Matagorda auszuführen hatte, ist erledigt; sobald ich die Comanchen hier bestraft habe, bin ich frei und werde euch begleiten. Ihr sollt die besten Pferde haben, und wenn nicht etwas ganz Unerwartetes geschieht, haben wir bis Mittag des zweiten Tages die Weißen eingeholt.«

Da kam ein Apache aus dem Tale gelaufen und meldete:

»Die Hunde der Comanchen haben das Feuer verlöscht und sind vom Lagerplatze fort. Sie haben einen Angriff vor.«

»Sie werden wieder abgewiesen werden, wie vorher,« antwortete Winnetou. »Wenn meine weißen Brüder mitkommen, werde ich sie dahin stellen, von wo aus sie alles hören können.«

Wir standen natürlich sofort auf. Er führte uns in die Enge zurück, fast bis an die Barrikade. Dort gab er einen am Felsen niederhängenden Lasso in Old Deaths Hand und sagte:

»Turnt euch an dem Riemen empor, zweimal so hoch, wie ein Mann ist. Dort werdet ihr Sträucher finden und hinter ihnen den Weg, von welchem ich euch gesagt habe. Ich kann nicht mit hinauf, sondern muß zu meinen Kriegern.«

Er nahm etwas da am Felsen Lehnendes mit sich. Es war seine Büchse.

»Hm!« brummte der Scout. »An so einem dünnen Lasso zwölf Fuß empor zu kriechen! Ich bin doch keine Affe, der gelernt hat, zwischen Lianen herum zu klettern. Wollen es versuchen.«

Es gelang ihm doch. Ich folgte ihm, und auch die Anderen kamen nach, freilich nur mit Schwierigkeit. Der Felsen trug da einen Baum, um dessen Stamm der Lasso geschlungen war. Daneben standen Sträucher, welche den Steig verdeckten, Da es so dunkel war, daß wir uns anstatt der Augen des Gefühles oder vielmehr des Tastsinnes bedienen mußten, tappten wir uns mit Hilfe der Hände eine kleine Strecke fort, bis Old Death stehen blieb. An den Felsen gelehnt, warteten wir nun, was kommen werde. Mir schien es, als ob die Stille des Todes auf dem Tale liege. So sehr ich mein Ohr anstrengte, ich konnte nichts hören, als ein leises Schnüffeln, welches aus der Nase Old Deaths kam.

»Dumme Kerle, die Comanchen! Meint Ihr nicht, Sir?« sagte er. »Da drüben rechts riecht es nach Pferden, nach Pferden, welche sich bewegen. Das ist nämlich etwas ganz anderes, als Pferde, welche unbeweglich stehen. Über stillstehenden Pferden liegt der Geruch dick und unbeweglich; man kann die Nase, sozusagen, hineinstoßen. Sobald aber die Pferde sich bewegen, kommt auch er in Bewegung, wird feiner und flüssiger und leicht davongetragen. So unglaublich es klingen mag, der Westmann merkt aus der Dichtheit oder Dünne dieses Geruches, ob er stehende oder laufende Pferde vor sich hat. Natürlich ruhige Luft vorausgesetzt. Jetzt kommen nun von da rechts solche leichte Pferdelüftchen herüber, und meinen alten Ohren war es auch, als ob sie das Stolpern eines Pferdehufes vernommen hätten, leicht und dumpf wie auf Grasboden. Ich kalkuliere, daß die Comanchen jetzt sich leise nach dem Eingange hinziehen, um da durchzubrechen.«

Da hörten wir eine helle Stimme rufen:

»Ntsa-ho!«

Dieses Wort bedeutet »Jetzt«. Im Augenblicke darauf krachten zwei Schüsse – Winnetous Silberbüchse. Revolverschüsse folgten. Ein unbeschreibliches Geheul erscholl zu uns herauf. Wilde Indianerrufe schrillten über das Tal; Tomahawks klirrten. Der Kampf war ausgebrochen.

Er währte nicht lange. Durch das Schnauben und Wiehern der Pferde und das Wutgeschrei der Comanchen brach sich das siegreiche »Iwiwiwiwiwi« der Apachen Bahn. Wir hörten, daß die ersteren sich in wilder Flucht zurückzogen. Ihre Schritte und das Stampfen ihrer Pferde entfernten sich nach der Mitte des Tales hin.

»Habe ich es nicht gesagt!« meinte Old Death. »Eigentlich hätte man nicht losschlagen sollen. Die Apachen halten sich wundervoll. Sie schießen ihre Pfeile und stechen mit ihren Lanzen aus sicheren Verstecken hervor. Die Comanchen sind dicht gedrängt, so daß jeder Pfeil, jeder Speer, jede Kugel Winnetous treffen muß. Und nun, da die Feinde sich zurückziehen, sind die Apachen klug genug, ihnen nicht zu folgen. Sie bleiben in ihrer Deckung, denn sie wissen, daß die Comanchen ihnen nicht entgehen können. Warum also sich in das Tal wagen!«

Auch in der Beziehung befolgten die Comanchen jetzt Old Deaths Rat, daß sie sich nach dem Mißerfolge ruhig verhielten. Ihr Geheul war verstummt, und da das Feuer nicht mehr brannte, ließen sie ihre Gegner über ihre Bewegungen im Unklaren. Wir warteten noch eine Weile. Es wollte sich nichts Neues begeben. Da hörten wir unter uns Winnetous gedämpfte Stimme:

»Meine weißen Brüder können wieder herabkommen. Der Kampf ist vorüber und wird auch nicht wieder losbrechen.«

Wir kehrten zu dem Lasso zurück und ließen uns an demselben hinab. Unten stand der Häuptling, mit dem wir uns wieder hinaus zu dem Feuer begaben.

»Die Comanchen versuchten es jetzt auf der andern Seite,« sagte er. »Es ist ihnen ebensowenig geglückt. Sie werden von neuem bewacht und können nichts unternehmen, ohne daß Winnetou es erfährt. Die Apachen sind ihnen gefolgt und liegen in einer langen Linie, welche von einer Seite des Tales bis zur andern reicht, im Grase, um alles scharf zu beobachten.«

Während er das sagte, hielt er den Kopf nach der rechten Seite geneigt, als ob er auf etwas horche. Dann sprang er auf, so daß das Feuer seine Gestalt hell beleuchtete.

»Warum tust du das?« fragte ich ihn.

Er deutete hinaus in die finstre Nacht und antwortete:

»Winnetou hat gehört, daß dort ein Pferd auf steinigtem Weg strauchelte. Es kommt ein Reiter, einer meiner Krieger. Er wird absteigen wollen, um zu untersuchen, wer hier am Feuer sitzt. Darum bin ich aufgestanden, damit er bereits von weitem erkennen möge, daß Winnetou sich hier befindet.«

Sein feines Gehör hatte ihn nicht getäuscht. Es kam ein Reiter im Trabe herbei, hielt bei uns sein Pferd an und stieg ab. Der Häuptling empfing ihn mit einem nicht sehr freundlichen Blick. Er tadelte ihn wegen des von dem Pferde gemachten Geräusches.

Der Gescholtene stand in aufrechter und doch ehrerbietiger Haltung da, ein freier Indianer, der aber gern die größere Begabung seines Anführers anerkennt.

»Sie kommen,« antwortete er.

»Wie viele Pferde?«

»Alle. Es fehlt kein einziger Krieger. Wenn Winnetou ruft, bleibt kein Apache bei den Frauen zurück.«

»Wie weit sind sie noch von hier?«

»Sie kommen mit dem Grauen des Tages an.«

»Gut. Führe dein Pferd zu den andern, und setze dich zu den Wachen, um auszuruhen!«

Der Mann gehorchte augenblicklich. Winnetou setzte sich wieder zu uns nieder, und wir mußten ihm von unserem Aufenthalte auf der Hacienda del Caballero und dann auch von dem Ereignisse in La Grange erzählen. Darüber verging die Zeit, und vom Schlafen war natürlich keine Rede. Der Häuptling hörte unsere Erzählung an und warf nur zuweilen eine kurze Bemerkung oder Frage ein. So wich allmählich die Nacht, und die Morgendämmerung begann. Da streckte Winnetou die Hand nach Westen aus und sagte:

»Meine weißen Brüder mögen sehen, wie pünktlich die Krieger der Apachen sind. Dort kommen sie.«

Ich sah nach der angegebenen Richtung. Der Nebel lag wie ein grauer, wellenloser See im Westen und schob seine undurchsichtigen Massen buchten- und busenartig zwischen die Berge hinein. Aus diesem Nebelmeere tauchte ein Reiter auf, dem in langer Einzelreihe viele, viele andere folgten. Als er uns erblickte, hielt er für einen Augenblick an. Dann erkannte er Winnetou und kam in kurzem Trabe auf uns zu. Er war ein Häuptling, denn er trug zwei Adlerfedern im Haarschopfe. Keiner dieser Reiter hatte ein wirkliches Zaumzeug; sie alle führten ihre Pferde am Halfter, und doch war die Lenkung, als sie jetzt im eleganten Galoppe heran kamen, um in fünffacher Reihe Aufstellung zu nehmen, eine so sichere, wie man sie selbst bei einer europäischen Kavallerie nur selten trifft. Die meisten von ihnen waren mit Gewehren bewaffnet, und nur wenige trugen Bogen, Lanze und Köcher. Der Anführer sprach eine kurze Weile mit Winnetou. Dann gab der Letztere einen Wink, und im Nu saßen die Krieger ab. Diejenigen, welche keine Gewehre besaßen, bemächtigten sich der Pferde, um dieselben zu beaufsichtigen. Die Andern schritten in die Enge hinein. Der Lasso, an welchem wir zum Pfade emporgeklettert waren, hing noch dort, und ich sah, daß sich Einer nach dem Andern an demselben hinaufschwang. Das ging alles so still, geräuschlos und exakt vor sich, als ob es lange vorher eingehend besprochen worden sei. Winnetou stand ruhig da, um die Bewegungen der Seinen mit aufmerksamem Blicke zu verfolgen. Als der Letzte von ihnen verschwunden war, wendete er sich zu uns:

»Meine weißen Brüder werden nun erkennen, daß die Söhne der Comanchen verloren Sind, wenn ich es so befehle.«

»Wir sind davon überzeugt,« antwortete Old Death. »Aber will Winnetou wirklich das Blut so vieler Menschen vergießen?«

»Haben sie es anders verdient? Was tun die weißen Männer, wenn einer von ihnen gemordet worden ist? Suchen sie nicht nach dem Mörder? Und wenn er gefunden worden ist, so treten ihre Häuptlinge zusammen und halten einen Rat, um das Urteil zu sprechen und ihn töten zu lassen. Könnt ihr die Apachen tadeln, wenn sie nichts als nur dasselbe tun?«

»Ihr tut ja nicht dasselbe!«

»Kann mein Bruder das beweisen?«

»Ja. Wir bestrafen den Mörder, indem wir ihn töten. Du willst aber auch diejenigen erschießen lassen, welche gar nicht dabei waren, als eure Dörfer überfallen wurden.«

»Sie tragen ganz dieselbe Schuld, denn sie sind damit einverstanden gewesen. Auch waren sie dabei, als die gefangenen Apachen am Marterpfahle sterben mußten. Sie sind nun die Männer unserer Frauen und Töchter und die Besitzer unseres Eigentums, unserer Pferde, welche uns geraubt wurden.«

»Aber Mörder kannst du sie nicht nennen!«

»Ich weiß nicht, was Old Death will. Bei seinen Brüdern gibt es außer dem Morde noch andere Taten, welche mit dem Tode bestraft werden. Die Westmänner schießen jeden Pferdedieb nieder. Wird einem Weißen sein Weib oder seine Tochter geraubt, so tötet er alle, welche zu dieser Tat in Beziehung stehen. Da drin im Tale befinden sich die Besitzer unserer geraubten Frauen, Mädchen und Pferde. Sollen wir ihnen dafür etwa das geben, was die Weißen ein Kreuz oder einen Orden nennen?«

»Nein; aber ihr könnt ihnen verzeihen und euer Eigentum zurücknehmen.«

»Pferde nimmt man zurück, aber Frauen nicht. Und verzeihen? Mein Bruder spricht wie ein Christ, welcher stets nur das von uns fordert, dessen gerades Gegenteil er tut! Verzeihen die Christen uns? Haben sie uns überhaupt etwas zu verzeihen? Sie sind zu uns gekommen und haben uns die Erde genommen. Wenn bei euch einer einen Grenzstein weitersetzt, oder ein Tier des Waldes tötet, so steckt man ihn in das finstere Gebäude, welches ihr Zuchthaus nennt. Was aber tut ihr selbst? Wo sind unsere Prairien und Savannen? Wo sind die Herden der Pferde, Büffel und anderer Tiere, welche uns gehörten? Ihr seid in großen Scharen zu uns gekommen, und jeder Knabe brachte ein Gewehr mit, um uns das Fleisch zu rauben, dessen wir zum Leben bedurften. Ein Land nach dem andern entriß man uns, ohne alles Recht. Und wenn der rote Mann sein Eigentum verteidigte, so wurde er ein Mörder genannt, und man erschoß ihn und die Seinigen. Du willst, ich soll meinen Feinden verzeihen, denen wir nichts zuleide getan haben! Warum verzeiht denn ihr es uns nicht, ihr, die ihr uns alles zuleide tut, ohne daß wir euch Veranlassung dazu gegeben haben? Wenn wir uns wehren, so tun wir unsere Pflicht; dafür aber bestraft ihr uns mit dem Untergange. Was würdet ihr sagen, wenn wir zu euch kämen, um euch unsere Art und Weise aufzuzwingen? Wollten wir es erzwingen, so wie ihr es bei uns erzwungen habt, so würdet ihr uns bis auf den letzten Mann töten oder uns gar in eure Irrenhäuser stecken. Warum sollen wir nicht ebenso handeln dürfen? Aber dann heißt es in aller Welt, der rote Mann sei ein Wilder, mit dem man weder Gnade noch Barmherzigkeit haben dürfe; er werde nie Bildung annehmen und müsse deshalb verschwinden. Habt ihr durch euer Verhalten bewiesen, daß ihr Bildung besitzet? Ihr zwingt uns, eure Religion anzunehmen. Zeigt sie uns doch! Die roten Männer verehren den großen Geist in einer und derselben Weise. jeder von euch aber will in anderer Weise selig werden. Ich kenne einen Glauben der Christen, welcher gut war. Diesen lehrten die frommen Patres, welche in unser Land kamen, ohne uns töten und verdrängen zu wollen. Sie bauten Missionen bei uns und unterrichteten unsere Eltern und Kinder. Sie wandelten in Freundlichkeit umher und lehrten uns alles, was gut und nützlich für uns war. Das ist nun viel anders geworden. Die frommen Männer haben mit uns weichen müssen, und wir mußten sie sterben sehen, ohne Ersatz für sie zu erhalten. Dafür kommen jetzt Andersgläubige von hundert Sorten. Sie schmettern uns die Ohren voller Worte, die wir nicht verstehen. Sie nennen sich gegenseitig Lügner und behaupten doch, daß wir ohne sie nicht in die ewigen Jagdgründe gelangen können. Und wenn wir, von ihrem Gezänk ermüdet, uns von ihnen wenden, so schreien sie Ach und Wehe über uns und sagen, sie wollen den Staub von ihren Füßen schütteln und ihre Hände in Unschuld waschen. Dann währt es nicht lange, so rufen sie die Bleichgesichter herbei, welche sich bei uns eindrängen und unsern Pferden die Weide nehmen. Sagen wir dann, daß dies nicht geschehen dürfe, so kommt ein Befehl, daß wir abermals weiter zu ziehen haben. Das ist meine Antwort, welche ich dir zu geben habe. Sie wird dir nicht gefallen; aber du an meiner Stelle würdest noch ganz anders sprechen. Howgh!«

Mit diesem letzteren indianischen Bekräftigungsworte wendete er sich von uns ab und trat um einige Schritte zur Seite, wo er, in die Ferne blickend, stehen blieb. Er war innerlich erregt und wollte das überwinden. Dann kehrte er sich uns wieder zu und sagte zu Old Death:

»Ich habe meinem Bruder eine lange Rede gehalten. Er wird mir recht geben, denn er ist ein Mann, welcher gerecht und billig denkt. Dennoch will ich ihm gestehen, daß mein Herz nicht nach Blut trachtet. Meine Seele ist milder, als meine Worte es waren. Ich glaubte, die Comanchen würden mir einen Unterhändler senden. Da sie es nicht tun, brauchte ich kein Erbarmen mit ihnen zu haben, aber dennoch will ich ihnen einen Mann senden, welcher mit ihnen reden soll.«

»Das freut mich ungemein,« rief Old Death. »Ich hätte diesen Ort in sehr trüber Stimmung verlassen, wenn alle diese Leute ohne einen Versuch, sie zu retten, getötet worden wären. Ich trage ja auch einen Teil der Schuld, daß sie in deine Hände geraten sind.«

»Von diesem Vorwurfe kann ich dich befreien, denn ich hätte sie auch ohne deine Beihilfe besiegt,« entgegnete Winnetou.

»Aber weißt du auch, daß noch Hunderte von ihnen nachkommen?«

»Winnetou weiß es. Er hat ja mit dem »guten Manne« zwischen ihnen hindurchzuschleichen gehabt. Es sind nur hundert. Ich werde sie in eben demselben Tale einschließen und vernichten wie die Andern, wenn sie sich nicht freiwillig ergeben.«

»So siehe zu, daß sie nicht zu zeitig kommen. Du mußt mit denen, welche sich hier befinden, fertig sein, ehe die Übrigen hier eintreffen.«

»Winnetou fürchtet sich auf keinen Fall. Doch wird er sich beeilen.«

»Hast du einen Mann, welcher die Verhandlung mit den Comanchen führen kann?«

»Ich habe ihrer viele; aber am liebsten wäre es mir, wenn mein Bruder das tun wollte.«

»Das übernehme ich sehr gern. Ich gehe eine kurze Strecke vor und rufe ihren Häuptling zu mir. Welche Bedingungen stellst du ihnen?«

»Sie sollen uns für jeden Getöteten fünf, für jeden Gemarterten aber zehn Pferde geben.«

»Das ist sehr billig, aber seit es keine großen Herden wilder Pferde mehr gibt, ist ein Pferd nicht leicht zu erlangen.«

»Was sie uns sonst an Eigentum geraubt haben, verlangen wir zurück. Ferner haben sie uns so viele junge Mädchen auszuliefern, wie sie uns Frauen und Töchter raubten. Frauen der Comanchen mögen wir nicht. Dazu verlangen wir auch die Kinder zurück, welche sie fortgeführt haben. Hältst du das für hart?«

»Nein.«

»Endlich verlangen wir, daß ein Ort bestimmt werde, an welchem die Häuptlinge der Apachen und Comanchen sich versammeln, um einen Frieden zu beraten, welcher wenigstens dreißig Sommer und Winter währen soll.«

»Wenn sie darauf eingehen, werde ich sie beglückwünschen.«

»Dieser Ort soll das Tal sein, in welchem sich jetzt ihre Krieger hier befinden. Hierher soll auch alles gebracht werden, was sie uns auszuliefern haben. Bis alles geschehen ist, was ich von ihnen fordere, bleiben die Comanchen, welche sich heute ergeben müssen, unsere Gefangenen.«

»Ich finde, daß deine Forderung nicht zu hoch ist, und werde sie ihnen sofort übermitteln.«

Er warf sein Gewehr über und schnitt sich einen Zweig ab, welcher als Parlamentärzeichen dienen sollte. Dann verschwand er mit dem Häuptlinge in der Enge. Es war für ihn keineswegs ohne Gefahr, sich jetzt den Comanchen zu nähern; aber der Alte kannte eben keine Angst.

Als Winnetou sich überzeugt hatte, daß der Scout sich mit dem Anführer der Comanchen in Unterredung befand, kehrte er zu uns zurück und führte uns zu den zuletzt angekommenen Pferden. Es waren auch ledige dabei gewesen, teils von einer bessern Sorte, welche man schonen und nur dann in Gebrauch nehmen wollte, wenn es darauf ankam, eine ungewöhnliche Leistung zu entwickeln, teils aber auch Tiere von gewöhnlicher Güte, welche als Reservepferde mitgeführt werden mußten.

»Ich habe meinen Brüdern versprochen, ihnen bessere Pferde zu geben,« sagte er. »Ich werde sie ihnen jetzt aussuchen. Mein weißer Bruder soll eines meiner eigenen Rosse erhalten.«

Er suchte fünf Pferde aus. Ich war ganz entzückt über das prächtige Tier, welches er mir brachte. Auch die beiden Langes und Sam waren sehr erfreut. Der Letztere zeigte alle Zähne und rief:

»Oh, oh, welch ein Pferd Sam bekommen! Sein schwarz wie Sam und sein auch prachtvoll ganz wie Sam. Passen sehr gut zusammen, Pferd und Sam. Oh, oh!«

Wohl dreiviertel Stunden waren vergangen, als Old Death zurückkehrte. Sein Angesicht war sehr ernst. Ich hatte die feste Überzeugung gehabt, daß die Comanchen auf die Forderung Winnetous eingehen würden, doch ließ das Gesicht des Scout das Gegenteil erwarten.

»Mein Bruder hat mir das zu sagen, was ich vermutete,« sagte Winnetou. »Die Comanchen wollen nicht, was ich will.«

»So ist es leider.« antwortete der Alte.

»Der große Geist hat sie mit Taubheit geschlagen, um sie für das zu strafen, was sie taten; er will nicht, daß sie Gnade finden sollen. Aber welche Gründe geben sie an?«

»Sie glauben, noch siegen zu können.«

»Hast du ihnen gesagt, daß noch über fünfhundert Apachen gekommen sind; und wo diese sich jetzt befinden?«

»Auch das. Sie glaubten es nicht. Sie lachten mich vielmehr aus.«

»So sind sie dem Tode geweiht, denn ihre andern Krieger werden zu spät kommen.«

»Es treibt mir die Haare zu Berge, wenn ich denke, daß so viele Menschen in zwei oder drei Sekunden vom Erdboden vertilgt werden sollen!«

»Mein Bruder hat recht. Winnetou kennt weder Furcht noch Angst, aber der Rücken wird ihm kalt, wenn er daran denkt, daß er das Zeichen der Vernichtung geben soll. Ich brauche nur die flache Hand zu erheben, so krachen alle Schüsse. Ich werde noch ein Letztes versuchen. Vielleicht gibt der große Geist ihnen einen hellen Augenblick. Ich werde mich ihnen selbst zeigen, und mit ihnen reden. Meine Brüder mögen mich bis an die Barriere begleiten. Wenn auch meine Worte nicht gehört werden, so darf mir dann der große, gute Geist nicht zürnen, daß ich seinen Befehl ausrichte.«

Wir gingen mit ihm bis zu der angegebenen Stelle. Dort schwang er sich an dem Lasso empor und ging in aufrechter Haltung oben auf dem Pfade hin, so daß die Comanchen ihn sehen konnten. Er war noch nicht weit gekommen, so sahen wir Pfeile schwirren, die ihn aber nicht trafen, da sie zu kurz flogen. Ein Schuß krachte aus der Büchse des »weißen Bibers«, mit welcher der neue Häuptling der Comanchen auf Winnetou gezielt hatte. Dieser schritt so ruhig weiter, als ob er die Kugel, welche neben ihm an den Felsen geprallt war, gar nicht fürchte oder den Schuß überhaupt nicht gehört habe. Dann blieb er stehen und erhob seine Stimme. Er redete wohl fünf Minuten lang und zwar in lautem, eindringlichem Tone. Mitten in der Rede erhob er die Hand, und sofort sahen wir, daß alle Apachen, soweit unsere Augen reichten und also wohl weiter hin um das ganze Tal, vom Boden aufstanden, um sich den Comanchen zu zeigen. So mußten die Letzteren sehen, daß sie rundum von einer überlegenen Menge von Feinden eingeschlossen seien. Das war aufrichtig von Winnetou gehandelt, der letzte Versuch von ihm, sie zur Ergebung zu bewegen. Dann sprach er weiter. Da fuhr er plötzlich zu Boden nieder, so daß seine Gestalt verschwand, und zugleich krachte ein zweiter Schuß.

»Der Anführer der Comanchen hat abermals auf ihn geschossen. Das ist seine Antwort,« sagte Old Death. »Winnetou hat gesehen, daß er das Gewehr wieder lud, und sich in dem Augenblicke, als es auf ihn gerichtet wurde, niedergeworfen. Nun wird – seht, seht!«

So schnell, wie Winnetou sich niedergeworfen hatte, so schnell fuhr er jetzt wieder empor. Er legte seine Silberbüchse an und drückte ab. Ein lautes Geheul der Comanchen beantwortete seinen Schuß.

»Er hat ihren Anführer niedergeschossen,« erklärte Old Death.

Jetzt erhob Winnetou abermals die Hand, indem er den Handteller flach, horizontal ausstreckte. Wir sahen alle Apachen, welche wir mit dem Blicke erreichen konnten, ihre Gewehre anlegen. Weit über vierhundert Schüsse krachten —

»Kommt, Mesch‘schurs!« meinte der Alte. »Das wollen wir nicht mit ansehen. Das ist zu indianisch für meine alten Augen, obgleich ich sagen muß, daß die Comanchen es verdient haben. Winnetou hat alles Mögliche getan, es zu verhüten.«

Wir kehrten zu den Pferden zurück, wo der Alte das für ihn bestimmte besichtigte. Noch eine Salve hörten wir; dann ertönte das Siegesgeschrei der Apachen. Nach wenigen Minuten kehrte Winnetou zu uns zurück. Sein Angesicht war außerordentlich ernst, als er sagte:

»Es wird sich ein großes Klagen erheben in den Zelten der Comanchen, denn keiner ihrer Krieger kehrt zurück. Der große Geist hat es gewollt, daß unsere Toten gerächt werden sollen. Die Feinde wollten nicht anders, und so konnte ich auch nicht anders; aber mein Blick will nicht in dieses Tal des Todes zurückkehren. Was hier noch zu geschehen hat, werden meine Krieger tun; ich reite mit meinen weißen Brüdern sogleich fort.«

Eine halbe Stunde später brachen wir, mit allem Nötigen reichlich versehen, auf. Winnetou nahm noch zehn gut berittene Apachen mit. Wie froh war ich, diesen entsetzlichen Ort verlassen zu können!

Die Mapimi liegt im Gebiete der beiden mexikanischen Provinzen Chihuahua und Chohahuila, und ist eine sehr ausgedehnte Niederung des dortigen Plateaus, welches weit über elfhundert Meter über dem Meere liegt. Sie wird, außer im Norden, von allen Seiten von steilen Kalkfelsenzügen eingefaßt, welche durch zahlreiche Cannons von der eigentlichen Mapimi getrennt sind. Letztere besteht aus welligen, waldlosen Flächen, welche mit einem spärlichen, kurzen Graswuchse bedeckt sind, weite Sandunterbrechungen zeigen und nur selten ein Strauchwerk sehen lassen. Zuweilen steigt aus dieser wüsten Ebene ein einzelner Berg empor. Öfters ist der Boden durch tiefe, senkrecht abfallende Risse zerklüftet, was zu bedeutenden Umwegen nötigt. Aber wasserlos ist die Mapimi doch nicht so sehr, wie ich es mir gedacht hatte. Es gibt da Seen, welche in der heißen Jahreszeit zwar den größten Teil ihres Wassers einbüßen, aber doch so viel Luftfeuchtigkeit verbreiten, daß sich ein genügendes Pflanzenleben um ihre Ufer sammelt.

Nach einem dieser Seen, der Laguna de Santa Maria, war unser Ritt gerichtet. Er war ungefähr zehn deutsche Meilen von dem Tale entfernt, an welchem unser Ritt begonnen hatte, ein ganz tüchtiger Tagesmarsch nach einer schlaflos verbrachten Nacht. Wir ritten fast nur durch Schluchten, aus einer in die andere, in denen es keine Aussicht gab.

Wir sahen die Sonne den ganzen Tag fast nicht, und wenn es geschah, doch nur für einige kurze Augenblicke. Dabei ging es bald rechts, bald links, zuweilen sogar scheinbar rückwärts, daß ich fast irre in der Hauptrichtung geworden wäre, welcher wir eigentlich folgten.

Es war gegen Abend, als wir an der Lagune anlangten. Der Boden war sandig. Bäume gab es an der Stelle, an welcher wir uns lagerten, auch nicht, nur Sträucher, deren Namen ich nicht kannte. Eine trübe Wasserfläche, von sehr spärlichem Buschwerk umgeben; dann eine Ebene, über welcher im Westen sich einige niedrige Kuppeln erhoben, hinter denen die Sonne bereits niedergegangen war. Hier oben aber hatten ihre Strahlen mit aller Macht wirken können. In den tiefen, engen, düsteren Cannons war es mir fast zu kühl geworden. Da oben aber strahlte der Boden nun eine Wärme aus, bei der man hätte Kuchen backen können. Dafür war die Nacht, als der Boden seine Wärme an die Luft abgegeben hatte, um so kälter, und gegen Morgen strich ein Wind über uns hin, welcher uns nötigte, uns dichter in unsere wollenen Decken zu hüllen.

Frühzeitig ging es weiter, zuerst gerade nach Westen. Bald aber nötigten uns die zahlreichen Cannons zu öfteren Umwegen. An so einem senkrechten Felsenriß hinab zu gelangen, wäre unmöglich, wenn nicht die Natur selbst ein Einsehen gehabt und einen halsbrecherischen, treppenartigen Abstieg gebildet hätte. Und ist man unten, so kann man nicht wieder heraus. Man muß durch zehn und mehr Haupt- und Seitenschluchten reiten, bevor man eine Stelle findet, an der man endlich zur Erdoberfläche gelangen kann, aber auch wieder nur mit Gefahr. Der Reiter hängt auf seinem Pferde an dem Felsen, über sich einen schmalen Strich des glühenden Himmels und unter sich die grausige Tiefe. Und in dieser Tiefe gibt es keinen Tropfen Wasser, nur Steingeröll und nichts als nacktes, trockenes, scharfes Steingeröll. Droben schweben die Geier, welche den Reisenden von früh bis zum Abende begleiten und sich, wenn er sich zur Ruhe legt, in geringer Entfernung von ihm niederlassen, um ihn vom Morgen an wieder zu begleiten und ihm mit ihrem schrillen, heiseren Schreien zu sagen, daß sie nur darauf warten, bis er vor Ermattung zusammenbreche oder infolge eines Fehltrittes seines Pferdes in die Tiefe des Cannons stürze. Höchstens sieht man einmal um irgend eine Felsenecke einen skelettmageren Schakal wie einen Schatten verschwinden, welcher dann hinter dem Reiter wieder auftaucht, um ihm heißhungrig nachzutrotteln, auf dieselbe Mahlzeit wartend wie der Geier.

Am Mittage hatten wir wiederum ein schlimmes Gewirr von Cannons hinter uns und ritten im Galoppe über eine grasige Ebene. Auf derselben stießen wir auf eine Spur von über zehn Reitern, welche in spitzem Winkel mit der unserigen von rechts her kam. Winnetou behauptete, daß es die gesuchte sei. Er zeigte uns sogar die Spuren der beschlagenen Pferde der Weißen und der barfüßigen der beiden Apachen, die jenen von Winnetou als Führer mitgegeben worden waren. Auch Old Death war der Ansicht, es sei gar nicht zu bezweifeln, daß wir uns auf der richtigen Fährte befänden. Leider stellte sich heraus, daß Gibson einen Vorsprung von wenigstens sechs Stunden vor uns hatte. Seine Truppe mußte die ganze Nacht hindurch geritten sein, jedenfalls in der Voraussetzung, daß wir sie verfolgen würden.

Gegen Abend blieb Old Death, welcher voran ritt, halten, und ließ uns, die wir etwas zurückgeblieben waren, herankommen. Da, wo er hielt, stieß von Süden her eine neue Fährte zu der bisherigen, ebenfalls von Reitern, und zwar zwischen dreißig und vierzig. Sie waren einzeln hintereinander geritten, was die Bestimmung ihrer Anzahl sehr erschwerte. Dieses Im-Gänsemarsch-Reiten, und der Umstand, daß ihre Pferde nicht beschlagen waren, ließen vermuten, daß sie Indianer seien. Sie waren nach links in unsere Richtung eingebogen, und aus dem fast ganz gleichen Alter der beiden Fährten war zu vermuten, daß sie später mit den Weißen zusammengetroffen seien. Old Death brummte mißmutig etwas vor sich hin. Er meinte:

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
630 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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