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Kitabı oku: «Winnetou 2», sayfa 21

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»Von Herzen gern!«

»So hört, was ich Euch sage! Es gibt einen sehr triftigen Grund, daß ich selbst dann, wenn ich für einige Zeit einmal kein Pferd besitze, meinen Sattel mit mir schleppe. Wenn man das Futter desselben aufschneidet, so gelangt man zu Gegenständen, welche ich für meinen Bruder, aber auch nur für ihn allein, bestimmt habe. Wollt Ihr Euch das merken, Sir?«

»Eure Bitte ist eine höchst bescheidene.«

»Nicht so sehr. Aber vielleicht erfahrt Ihr noch, welch ein Vertrauen ich in Euch setze, indem ich Euch bitte, das nicht zu vergessen. Und nun geht, Sir! Laßt mich allein! Es ist mir ganz so, als ob ich noch während dieser Nacht mein Schuldbuch durchlesen müsse. Morgen ist vielleicht keine Zeit mehr dazu. Es gibt Ahnungen, Ahnungen, denen man es sofort anmerkt, daß sie die Verkünderinnen der Wahrheit sind. Ich bitte Euch, geht! Schlaft in Gottes Namen; Ihr habt kein böses Gewissen. Gute Nacht, Sir!«

Ich kehrte langsam zum Lager zurück und legte mich dort nieder. Wohl erst nach Stunden schlief ich ein, kurz vor dem Morgengrauen, und noch war der Alte nicht da. Als geweckt wurde, saß er bereits auf seinem Pferde, als ob er große Eile habe, seine Todesahnung in Erfüllung gehen zu lassen. Der Gambusino erklärte, daß er sich, außer einigen Schmerzen auf dem Rücken, ganz frisch und gesund fühle. Er erhielt eine Pferdedecke wie einen Frauenrock umgeschnallt und darüber eine zweite Decke als Mantel. Ein Apache nahm ihn zu sich auf das Pferd; dann brachen wir auf.

Wir kamen von neuem durch Cannons, in deren Tiefen wir fast bis zur Mittagszeit ritten. Sodann aber hatten wir dieses schwierige Terrain wenigstens für heute hinter uns. Es gab grasige Ebenen, über welche wir stundenlang ritten und aus denen einzelne Berge aufstiegen. Bis dahin hatten wir stets die Fährte der Tschimarra vor den Pferdehufen.

Nun aber ließ uns der Gambusino halten und sagte in befriedigtem Tone:

»Hier müssen wir die Spur verlassen. Harton hat meinen Rat befolgt und einen Umweg eingeschlagen. Wir aber biegen nach rechts ab, wohin der gerade Weg führt.«

»Well! Folgen wir also nun Eurer Richtung.«

Im Nordwesten, wohin wir jetzt ritten, lagerten bläuliche Massen am Horizonte. Der Gambusino erklärte, daß es Berge seien. Aber dieselben waren so weit entfernt, daß wir erst nach Stunden merkten, daß wir ihnen näher kamen. Kurz nach Mittag wurde eine kleine Rast gehalten; dann ging es mit erneuter Schnelligkeit weiter. Endlich sahen wir den ersten, freilich ziemlich dürren Strauch. Bald fanden wir mehrere, und dann ging es über grüne Prairien, in denen hier und da Inseln von Gebüsch zu umreiten waren. Wir lebten von Neuem auf. Wirklich bewundernswert aber hielten sich unsere Pferde. Das waren freilich noch ganz andere Tiere als diejenigen, welche uns Sennor Atanasio gegeben hatte. Sie trabten so frisch dahin, als ob sie soeben erst vom Lagerplatze kämen.

Die Berge waren uns mittlerweile näher getreten. Es war aber auch Zeit dazu, denn die Sonne neigte sich bereits zu ihren Spitzen nieder. Da sahen wir den ersten Baum. Er stand mitten auf der Prairie, mit von den Stürmen zerfetzten Ästen. Aber wir begrüßten ihn als Vorboten des willkommenen Waldes. Bald rechts, bald links, bald grad vor uns erblickten wir andere, welche hier näher zusammen, dort weiter auseinander traten und endlich einen lichten Hain bildeten, dessen Boden lehnenartig emporstieg und uns auf eine Höhe brachte, jenseits welcher das Terrain steil in ein nicht zu tiefes Tal abfiel. Da hinunter mußten wir, um es zu durchkreuzen. Dort aber stieg der Boden langsam zu einer beträchtlichen Höhe an. Sie war nackt und kahl, trug aber eine grüne Waldkrone auf ihrem Rücken. Längs dieses lang gedehnten Rückens ging es nun unter Bäumen hin und dann in eine steile Tiefe hinab. Dann kamen wir durch eine Schlucht hinauf auf eine kleine, baumfreie und grasbewachsene Hochebene. Kaum hatten die Hufe unserer Pferde sie betreten, so sahen wir einen Strich, welcher sich quer über unsere Richtung durch das Gras zog.

»Eine Fährte!« rief der Gambusino. »Wer mag hier geritten sein?«

Er stieg ab, um sie zu untersuchen.

»Kann es sehen, ohne abzusteigen,« zürnte Old Death. »So eine Fährte kann nur eine Truppe machen, welche über vierzig Reiter zählt. Wir kommen also zu spät.«

»Meint Ihr wirklich, daß es die Tschimarra gewesen sind?«

»Ja, das meine ich sogar sehr, Sennor!«

Winnetou stieg auch ab. Er schritt die Spur eine Strecke weit ab und berichtete sodann:

»Zehn Bleichgesichter und viermal so viel Rote. Seit sie hier vorüberkamen, ist die Zeit einer Stunde vergangen.«

»Nun, was sagt Ihr dazu, Sennor Gambusino?« fragte Old Death.

»Wenn es auch wirklich so ist, so können wir ihnen doch noch zuvorkommen,« antwortete der Gefragte. »Auf jeden Fall rekognoszieren sie doch vor dem Angriff. Und das erfordert Zeit.«

»Sie werden Harton zwingen, ihnen alles zu beschreiben, so daß sie nicht mit langem Suchen ihre Zeit zu verschwenden haben.«

»Aber Indianer greifen ja stets erst vor Tagesgrauen an.«

»Bleibt mir mit Eurem Tagesgrauen vom Leibe! Ich sagte Euch ja, daß Weiße bei ihnen sind! Die werden sich den Teufel um die Angewohnheiten der Roten kümmern. Ich möchte wetten, daß sie sogar am hellen Tage in die Bonanza gehen. Macht also, daß wir vorwärts kommen!«

Jetzt wurden die Sporen eingesetzt, und wir flogen über die Ebene dahin, in ganz anderer Richtung, als die Tschimarra geritten waren. Harton hatte sie nicht nach dem Eingange der Bonanza geführt, sondern war beflissen gewesen, sie nach der hintersten Kante des Tales zu bringen. Den Eingang suchten nun hingegen wir so schnell wie möglich zu erreichen. Leider aber stellte sich jetzt die Dunkelheit mit großer Schnelligkeit ein. Auf der Ebene ging es noch. Aber wir kamen wieder in Wald, ritten unter den Bäumen auf, wie sich ganz von selbst versteht, völlig ungebahntem Boden, bald aufwärts, bald wieder niederwärts und mußten uns endlich ganz und gar auf den jetzt voranschreitenden Gambusino und die Augen unserer Pferde verlassen. Aber die Äste und Zweige waren uns im Wege. Sie schlugen uns in die Gesichter und konnten uns leicht von den Pferden schnellen. Darum stiegen auch wir ab und gingen zu Fuße, die Pferde hinter uns herführend, den gespannten Revolver in der freien Hand, da wir gewärtig sein mußten, jeden Augenblick auf die Feinde zu stoßen. Endlich hörten wir Wasser rauschen.

»Wir sind am Eingange,« flüsterte der Gambusino. »Nehmt euch in acht! Rechts ist das Wasser. Geht einzeln und haltet euch links an den Felsen!«

»Schön!« antwortete Old Death. »Steht denn kein Nachtposten hier?«

»Jetzt noch nicht. Es ist nicht Schlafenszeit.«

»Schöne Wirtschaft das! Und noch dazu in einer Bonanza! Wie ist nun der Weg? Es ist stockfinster.«

»Immer grad aus. Der Boden ist eben. Es gibt kein Hindernis mehr, bis wir an das Zelt gelangen.«

Wir sahen in der Dunkelheit nur so viel, daß wir einen freien Talboden vor uns hatten. Links stiegen finstere Massen hoch empor. Das war die Bergeswand. Rechts rauschte das Wasser. Bis zu der dortigen Seite des Berges konnten wir nicht sehen. So gingen wir weiter, die Pferde noch immer an den Zügeln führend. Ich schritt mit Old Death und dem Gambusino voran. Da war es mir, als ob ich eine Gestalt wie einen Hund zwischen uns und den Felsen dahinhuschen sähe, nur für einen Augenblick. Ich machte die Anderen darauf aufmerksam. Sie blieben stehen und lauschten. Nichts war zu hören.

»Die Finsternis täuscht,« sagte der Gambusino. »Übrigens ist hinter uns die Stelle, an welcher sich der verborgene Aufstieg befindet.«

»So kann die Gestalt von dorther gekommen sein,« sagte ich.

»Wenn das der Fall ist, so hätten wir nichts zu sorgen; es wäre ein Freund gewesen. Ein Bewohner des Tales hat aber jetzt hier nichts zu suchen. Ihr habt Euch geirrt, Sennor.«

Damit war die Sache abgemacht, welche für uns so verhängnisvoll werden sollte, wenigstens für einen von uns. Nach kurzer Zeit sahen wir einen unbestimmten Lichtschimmer, den Schein der Lampen, welcher durch die Zeltdecke drang. Stimmen ertönten. Wir drei waren voran.

»Erwartet die Andern,« sagte Old Death zu dem Gambusino. »Sie mögen vor dem Zelte halten bleiben, bis wir Sennor Uhlmann benachrichtigt haben.«

Der Hufschlag unserer Pferde mußte im Innern des Zeltes gehört werden, dennoch wurde die Türe nicht zurückgeschlagen.

»Kommt mit herein, Sir!« meinte der Alte zu mir. »Wollen sehen, welche Freude und Überraschung wir anrichten.«

Man sah von außen, an welcher Stelle sich die Türe, der Vorhang, befand. Old Death trat ein, mir voran.

»Da sind sie schon!« rief eine Stimme. »Laßt ihn nicht herein!«

Noch während dieser Worte fiel ein Schuß. Ich sah, wie der Scout sich mit beiden Händen an den Rahmen des Vorhanges krampfte, ich sah zugleich mehrere Gewehre nach der Türe gerichtet. Der Alte konnte sich nicht aufrecht erhalten; er glitt zu Boden.

»Meine Ahnung – mein Bruder – Vergebung – im Sattel – —!« stöhnte er.

»Sennor Uhlmann, um Gottes willen, schießt nicht!« schrie ich auf. »Wir sind Freunde, Deutsche! Euer Schwiegervater und Schwager sind mit uns. Wir kommen, Euch vor dem beabsichtigten Überfalle zu schützen.«

»Herrgott! Deutsche« antwortete es innen. »Ist es wahr?«

»Ja, schießt nicht. Laßt mich ein, nur mich ganz allein!«

»So kommt! Aber kein Anderer mit.«

Ich trat hinein. Da standen wohl an die zwanzig Männer, alle mit Flinten bewaffnet. Drei von der Zeltdecke hängende Lampen brannten. Ein junger Mann trat mir entgegen. Neben ihm stand ein ganz herabgekommen aussehender Mensch.

»War der dabei, Harton?« fragte der Erstere den Zweiten.

»Nein, Sennor!«

»Unsinn!« rief ich. »Haltet kein Examen. Wir sind Freunde, aber die Feinde sind hinter uns. Sie können jeden Augenblick kommen. Ihr nennt diesen Mann Harton. Ist er derjenige, welchen die Tschimarra schon seit längerer Zeit mit sich schleppten?«

»Ja, er ist ihnen entkommen. Er trat vor kaum zwei Minuten hier bei uns ein.«

»So seid Ihr an uns vorüber geschlichen, Master Harton. Ich sah Euch. Die Andern glaubten mir nicht. Wer hat geschossen?«

»Ich,« antwortete einer der Männer.

»Gott sei Dank!« atmete ich auf, denn ich hatte bereits gedacht, daß der eine Bruder den andern erschossen habe. »Ihr habt einen Unschuldigen getötet, einen Mann, welchem ihr eure Rettung dankt!«

Da traten die beiden Langes herein, mit ihnen der Gambusino, die sich draußen nicht halten ließen. Es gab eine wirre überlaute Freudenszene. Aus den umliegenden Hütten kamen die übrigen Bewohner des Tales herbei. Ich mußte ein Machtwort sprechen, um Ruhe hervorzubringen. Old Death war tot, grad durch das Herz geschossen. Der Neger Sam brachte seine Leiche herein und legte sie unter lautem Klagen mitten unter uns nieder. Zwei Frauen waren aus einer Abteilung des Zeltes gekommen. Die eine trug ein Knäbchen. Sie war die Wärterin. Die andere lag in den Armen ihres Vaters und Bruders.

Unter diesen Umständen durfte ich mich nur auf mich selbst verlassen. Ich fragte Harton, wie es ihm gelungen sei, zu entkommen. Während die Andern unter sich herum fuhren und sprachen, erklärte er mir:

»Ich führte sie irre und brachte sie hinauf in den Wald hinter dem Tale. Dort lagerten sie, während der Häuptling rekognoszieren ging, und als es dunkel geworden war, brachen sie auf. Sie ließen ihre Pferde mit einigen Wachen zurück. Bei den letzteren lag ich mit gebundenen Händen und Füßen. Es gelang mir, die Hände frei zu bekommen und dann die Füße auch. Dann huschte ich fort, schnell zur geheimen Treppe und ins Tal hinab. Da kam ich an euch vorüber und hielt euch für die Feinde, eilte hierher, fand die meisten der Arbeiter hier versammelt und meldete ihnen den Überfall. Der erste, welcher eintreten wollte, wurde erschossen.«

»Wäret Ihr geblieben, wo der Pfeffer wächst! Ihr habt großes Unheil angerichtet. Nach dem, was Ihr sagt, können die Kerle jeden Augenblick hier sein. Man muß Ordnung schaffen.«

Ich wendete mich natürlich an Uhlmann selbst, den Mann, welcher bei meinem Eintritte neben Harton gestanden hatte. In fliegender Eile unterrichtete ich ihn über die Sachlage, und mit seiner Hilfe waren in weniger als zwei Minuten die Vorbereitungen getroffen. Unsere Pferde wurden weiter hinter ins Tal geschafft. Die Apachen postierten sich hinter das Zelt, zu ihnen die Arbeiter Uhlmanns. Old Deaths Leiche kam wieder hinaus. Ein Fäßchen Petroleum und eine Flasche Benzin wurden hinaus an den Bach geschafft. Den Deckel des Fasses entfernte man, und ein Mann stand dabei, welcher den Befehl erhielt, auf einen bestimmten Zuruf das Benzin in das Petroleum zu gießen und anzubrennen. Sobald die Masse brenne, sollte er das Faß in den Bach stoßen. Das brennende Öl mußte mit dem Wasser fortgeführt werden und das ganze Tal erleuchten.

So standen jetzt mehr als fünfzig Mann bereit, die Feinde zu erwarten, denen wir an Zahl gleich, an Waffen aber weit überlegen waren. Einige schlaue und erfahrene Arbeiter waren gegen den Eingang beordert worden, um die Ankunft der Feinde zu melden.

An der Hinterwand des Zeltes wurden die untern Ringe gelockert, um daselbst aus- und eingehen zu können.

Die Frauen waren mit dem Kinde natürlich nach dem Hintergrunde des Tales in Sicherheit gebracht worden. Ich saß mit Uhlmann, Winnetou und den beiden Langes allein im Zelte. Sam war bei den Apachen geblieben. Seit wir warteten, mochten wohl zehn Minuten vergangen sein. Da kam einer der Leute, welche wir nach vorn gesandt hatten. Er meldete uns, daß er zwei Weiße bringe, welche Sennor Uhlmann ihre Aufwartung machen wollten. Hinter diesen Weißen aber habe sich eine Bewegung bemerkbar gemacht, aus welcher zu schließen sei, daß auch die Andern im Anzuge sich befänden. Sie erhielten den Bescheid, einzutreten. Ich aber versteckte mich mit den beiden Langes und Winnetou in der Nebenabteilung des Zeltes.

Ich sah – Gibson mit William Ohlert eintreten. Sie wurden höflich bewillkommnet und zum Sitzen eingeladen, was sie auch taten. Gibson nannte sich Gavilano und gab sich für einen Geographen aus, welcher mit seinem Kollegen diese Berge besuchen wolle. Er habe sein Lager in der Nähe aufgeschlagen und da sei ein gewisser Harton, ein Gambusino, zu ihm gekommen. Von diesem habe er erfahren, daß sich hier eine ordentliche Wohnung befinde. Sein Kollege sei krank, und so habe er sich von Harton herführen lassen, um Sennor Uhlmann zu bitten, den Kollegen für diese Nacht bei sich aufzunehmen.

Ob dies klug oder albern ausgedacht sei, das zu beurteilen, nahm ich mir nicht die Zeit. Ich trat aus meinem Verstecke hervor. Bei meinem Anblicke fuhr Gibson empor. Er starrte mich mit dem Ausdrucke des größten Entsetzens an.

»Sind die Tschimarra auch krank, welche hinter Euch kommen, Master Gibson?« fragte ich ihn. »William Ohlert wird nicht nur hier bleiben, sondern mit mir gehen. Und Euch nehme ich auch mit.«

Ohlert saß wie gewöhnlich ganz teilnahmslos da. Gibson aber faßte sich schnell.

»Schurke!« schrie er mich an. »Verfolgst du ehrliche Leute auch hierher! Ich will – —«

»Schweig, Mensch!« unterbrach ich ihn. »Du bist mein Gefangener!«

»Noch nicht!« entgegnete er wütend. »Nimm zunächst das!«

Er hatte sein Gewehr in der Hand und holte zum Kolbenhiebe aus. Ich fiel ihm in den Arm. Er erhielt dadurch eine halbe Wendung; der Kolben sauste nieder und traf den Kopf Ohlerts, welch letzterer sofort zusammenbrach. Im nächsten Augenblicke drängten sich einige Arbeiter von hinten in das Zelt herein. Sie richteten ihre Gewehre auf Gibson, den ich noch gefaßt hielt.

»Nicht schießen!« rief ich, da ich ihn ja lebendig haben wollte. Aber es war zu spät. Ein Krach und er stürzte aus meinen Armen, durch den Kopf geschossen, tot zu Boden.

»Nichts für ungut, Herr! So ist es hierzulande Sitte!« sagte derjenige, welcher geschossen hatte.

Als ob der Schuß ein Signal gewesen sei, was vielleicht auch zwischen Gibson und seinen Komplizen verabredet worden war, erhob sich unweit der Hütte ein indianisches Kriegsgeheul. So weit waren die Tschimarra mit den verbündeten Weißen bereits vorgedrungen.

Uhlmann stürzte hinaus; die Andern hinter ihm her. Ich hörte seine Stimme erschallen. Schüsse fielen, Menschen schrieen und fluchten. ich war mit Ohlert allein im Zelte. Ich kniete bei ihm, um zu sehen, ob er tot sei. Sein Puls ging noch. Das beruhigte mich. Nun konnte ich am Kampfe teilnehmen.

Als ich hinauskam, bemerkte ich, daß dies gar nicht nötig war. Das Tal war von dem im Bache brennenden Petroleum fast tageshell erleuchtet. Die Feinde waren ganz anders empfangen worden, als sie gedacht hatten. Die meisten von ihnen lagen am Boden; die andern flohen, verfolgt von den Siegern, dem Ausgange zu. Hier oder da rang ein einzelner der Angreifer gegen zwei oder drei von Uhlmanns Leuten, aber freilich ohne Hoffnung auf Erfolg.

Dieser Letztere stand neben dem Zelte und schickte eine Kugel nach der andern dahin, wo er ein Ziel sah. Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß es ratsam sei, einen Trupp seiner Leute mit Harton als Führer mittels des geheimen Aufstieges zu den Pferden der Feinde zu senden, um sich derselben zu bemächtigen. Dort konnte man auch diejenigen empfangen, denen es gelingen sollte, durch den Ausgang aus dem Tale zu entkommen. Er pflichtete diesem Rate bei und befolgte denselben auf der Stelle.

Kaum drei Minuten waren seit dem ersten Schusse vergangen und schon war der Platz gesäubert.

Gern gehe ich über das nun Folgende hinweg. Bilder, bei deren Anblick sich das Menschenherz empört, soll man weder mit dem Pinsel noch mit der Feder malen. Das wahre Christentum untersagt es selbst dem Sieger, sich an seinem Triumphe zu ergötzen.

Dem abgesandten Trupp war es leicht gelungen, sich der Pferde zu bemächtigen. Diese Leute blieben während der Nacht bei denselben. Nur Harton kehrte zurück. Er hatte keine Ahnung, wer unsererseits der einzige Tote des heutigen Abends war, der noch dazu infolge eines Mißverständnisses von der Kugel eines Freundes getötet worden war. Ich ging mit ihm hinaus in das Tal, wo einige indessen angezündete Feuer brannten, schritt mit ihm nach einer dunkeln Stelle, wo wir uns niedersetzten, und teilte ihm mit, was er erfahren mußte.

Er weinte wie ein Kind, laut und herzbrechend. Er hatte seinen Bruder stets geliebt, hatte ihm alles längst vergeben und war nur in der Hoffnung Gambusino geworden, ihn in der Ausübung dieses Berufes da oder dort einmal zu treffen. Ich mußte ihm alles erzählen, von meinem ersten Zusammentreffen mit dem Scout bis zu dem letzten Augenblicke, an welchem den Reuigen die irrende Kugel traf. Jedes Wort wollte er wissen, was zwischen ihm und mir gewechselt worden war, und als wir dann nach mehr als einer Stunde zum Zelte gingen, um den Toten zu sehen, bat er mich, ihn so in mein Herz zu schließen, wie ich es mit seinem armen Bruder getan hatte.

Am Morgen wurde Old Deaths Sattel herbeigeholt. Unter vier Augen schnitten wir das Futter los. Wir fanden eine Brieftasche. Sie war dünn, aber trotzdem sehr reichen Inhaltes. Der Tote hinterließ seinem Bruder Bankanweisungen zu sehr bedeutender Höhe und, was die Hauptsache war, die genaue Beschreibung und den minutiös gezeichneten Situationsplan einer Stelle in der Sonora, an welcher Old Death eine vielverheißende Bonanza entdeckt hatte. Von diesem Augenblicke an war Fred Harton ein steinreicher Mann.

Welche Pläne Gibson eigentlich mit William Ohlert verfolgt hatte, das war nun nicht zu erfahren. Selbst seine Schwester Felisa Perillo, zu welcher sein Weg doch wahrscheinlich hatte führen sollen, wäre nicht imstande gewesen, einen Aufschluß zu erteilen. Ich fand bei ihm all die in Banknoten erhobenen Summen, natürlich abzüglich dessen, was er für die Reise ausgegeben hatte.

Ohlert lebte zwar, aber er wollte nicht aus seiner Betäubung erwachen. Es stand zu erwarten, daß ich aus diesem Grunde hier einen längeren Aufenthalt zu nehmen gezwungen sein werde. Das war mir eigentlich gar nicht unlieb. Ich konnte mich von den Strapazen erholen und das Leben und Treiben einer Bonanza gründlich kennen lernen, bis der Zustand Ohlerts es erlaubte, ihn nach Chihuahua in die Pflege eines tüchtigen Arztes zu geben.

Old Death wurde begraben. Wir errichteten ihm ein Grabmal mit einem Kreuze aus silberhaltigem Erze. Sein Bruder trat aus dem Dienste Uhlmanns, um sich zunächst nach den Anstrengungen seines Gambusinolebens in Chihuahua einige Zeit zu pflegen.

Groß war das Glück, welches Uhlmann und dessen Frau über die Ankunft ihrer beiden Verwandten empfanden. Sie waren liebe, gastfreundliche Leute, denen dieses Glück zu gönnen war. Als Fred Harton sich von ihnen und mir verabschiedete, bat er mich, ihn zur Aufsuchung der Bonanza in die Sonora zu begleiten. Ich konnte keine entscheidende Antwort geben und vertröstete ihn auf meine Ankunft in Chihuahua. Winnetou beschloß, bei mir zu bleiben, und schickte seine zehn Apachen heim. Sie wurden von Uhlmann reich beschenkt. Der Neger Sam reiste mit Harton ab. Er hatte seinen Auftrag jedenfalls glücklich ausgeführt. Ob er zu Sennor Cortesio zurückgekehrt ist, weiß ich nicht. – —

Und zwei Monate später saß ich bei dem guten Religioso Benito von der Kongregation EI buono Pastor in Chihuahua. Ihm, dem berühmtesten Arzte der nördlichen Provinzen, hatte ich meinen Patienten gebracht, und es war ihm gelungen, denselben vollständig herzustellen. Ich sage vollständig, denn wunderbarerweise hatte sich mit der leiblichen Heilung auch das geistige Normalbefinden eingestellt. Es war, als sei mit dem Kolbenhiebe die unglückselige Monomanie, ein wahnsinniger Dichter zu sein, erschlagen worden. Er war munter und wohlauf, sogar zuweilen lustig, und sehnte sich nach seinem Vater. Ich hatte ihm noch nicht gesagt, daß ich denselben erwarte. Es war natürlich ein Bericht von mir abgegangen, und darauf hatte ich die Nachricht erhalten, daß er selbst kommen werde, um seinen Sohn abzuholen. Nebenbei hatte ich ihn gebeten, mir bei Master Josy Tailor meine Entlassung zu erwirken. Es war mir doch die Lust gekommen und von Tag zu Tag gewachsen, mit Harton in die Sonora zu gehen.

Dieser Letztere kam täglich, um uns beide und den lieben Pater zu besuchen. Er hatte eine wahrhaft rührende Freundschaft zu mir gefaßt und freute sich ganz besonders auch über die Gesundung unseres Patienten.

In Beziehung hierauf mußte man allerdings gestehen, daß ein wahres Wunder geschehen sei. Ohlert wollte das Wort »Dichter« nicht mehr hören. Er konnte sich an jede Stunde seines Lebens erinnern; die Zeit aber von seiner Flucht mit Gibson bis zu seinem endlichen Erwachen in der Bonanza bildete ein vollständig leeres Blatt in seiner Erinnerung.

Also heute saßen wir auch zusammen, der Pater, Ohlert, Harton und ich. Wir erzählten von unsern Erlebnissen und Hoffnungen. Da klopfte der Famulus an, öffnete und schob einen Herrn herein, bei dessen Anblick William einen Freudenschrei ausstieß. Welchen Schmerz und welche Sorgen er dem Vater bereitet hatte, wußte er eigentlich nur durch mich. Er warf sich weinend in seine Arme. Wir Andern aber gingen still hinaus.

Später gab es Zeit, uns auszusprechen und alles zu erzählen. Vater und Sohn saßen Hand in Hand dabei. Der Erstere brachte mir die erbetene Entlassung, und augenblicklich erhielt Fred Harton mein Wort, daß ich ihn begleiten werde. Lieber freilich wäre es uns gewesen, wenn noch ein Dritter an diesem Ritte hätte teilnehmen können. Und mit diesem Dritten meine ich natürlich keinen andern als den Scout.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
630 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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