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Kitabı oku: «Winnetou 2», sayfa 23

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»Nein,« antwortete ich daher ruhig. »Laßt es los!«

Ich langte nach dem Zügel, welchen er in der Hand hielt. Er gab mir einen Stoß vor die Brust, daß ich zurücktaumelte, und schwang sich in den Sattel.

»So, Mann, jetzt werde ich dir zeigen, daß Emery Forster ein Pferd zu kaufen versteht, auch wenn es ihm verweigert wird. Hier steht das meinige, es ist dein. Die Rechnung im Store werde ich berichtigen, und die Dollars kannst du dir holen, sobald es dir beliebt! Komm, Harry; wir sind fertig!«

Der Gerufene folgte nicht sofort, sondern hielt noch einige Augenblicke auf der Stelle und blickte mir gespannt in das Gesicht. Als ich aber keine Miene machte, mir nach Jägerart mein Eigentum zurückzuholen, glitt es wie eine tiefe Verachtung über sein Gesicht.

»Wißt Ihr, was ein Coyote ist, Sir?« fragte er mich.

»Ja,« antwortete ich gleichmütig.

»Nun?«

»Ihr meint den Präriewolf? Er ist ein feiges, furchtsames Tier, welches schon vor dem Bellen des Hundes flieht und nicht wert ist, daß man es beachtet.«

»Ihr habt recht mit Eurer Antwort; Ihr konntet sie auch leicht geben, denn – Ihr seid ein Coyote!«

Mit einer unbeschreiblich geringschätzigen Handbewegung wandte er sich ab und folgte dem vorangerittenen »Herrn und Gebieter« von New-Venango nach.

Ich schwieg, denn ich wußte, was ich tat. Swallow war mir nicht verloren, und ließ ich ihn für eine kurze Zeit bei Forster, so war es mir vielleicht möglich, Harry, für den ich mich zu interessieren begann, wieder zu sehen. Aus seinem Munde ließ ich die letzten Worte nicht als Beleidigung gelten.

Aus dem Laden waren einige Männer getreten, welche unserer unerquicklichen Verhandlung beigewohnt hatten. Der eine von ihnen band jetzt den Gaul Forsters an einen Pfahl und trat dann zu mir. Man konnte dem rothaarigen und vertrunkenen Burschen auf tausend Schritte den Irländer ansehen.

»Laßt Euch den Handel nicht dauern, Master,« meinte er; »Ihr kommt nicht schlecht dabei weg! Wollt Ihr längere Zeit in New-Venango bleiben?«

»Hab‘ keine Lust dazu! Seid Ihr der Besitzer von diesem berühmten Etablissement hier?«

»Der bin ich, und berühmt ist es; da habt Ihr recht; berühmt, so weit es nur immer Einen gibt, dem der Brandy gut über die Zunge läuft. Ihr seid vielleicht zu Eurem Glück hierher gekommen!«

»Wieso?«

»Das will ich Euch sagen! Ihr könntet hier bei mir bleiben, aber nicht bloß für heute, sondern für morgen und übermorgen und immer. Ich brauche einen Boardkeeper, der nicht gleich dreinspringt, wenn er einen derben Tritt bekommt. In unserem Geschäfte ist die Ambition oft ein recht überflüssiges und schädliches Ding, und ich habe ja vorhin gesehen, daß Ihr in dieser Beziehung einen guten Puff vertragt. Schlagt ein; es soll Euer Schade nicht sein!«

Ich hätte dem Manne eigentlich ins Gesicht schlagen mögen; doch war seine Offerte wirklich mehr lächerlich als ärgerlich, und so trat ich ohne Erwiderung in das Haus, um die nötigen Einkäufe zu machen. Als ich nach dem Preise des Ausgewählten fragte, blickte er mich erstaunt an.

»Habt Ihr denn nicht gehört, daß Emery Forster alles bezahlen will? Er wird Wort halten, und ich gebe Euch alle diese Sachen, ohne daß Ihr einen Penny dafür habt.«

»Danke! Wenn ich mir etwas kaufe, so habe ich nicht das Geld eines Pferdediebes dazu nötig.«

Er wollte einen Einspruch erheben, als er aber die Handvoll goldener Füchse bemerkte, welche ich unter dem Gürtel hervorzog, nahm seine Miene einen äußerst respektvollen Ausdruck an, und der Handel begann mit jener Schlauheit und Zähigkeit, welche in jenen Gegenden den Unkundigen auf das Glänzendste auszubeuten versteht.

Endlich wurden wir einig. Ich kam in den Besitz einer vollständig neuen Trapperkleidung und versah mich gegen schweres Geld mit einigem Proviant und so viel Munition, daß ich es nun wieder eine ganze Weile auszuhalten vermochte.

Der Abend war mittlerweile vollständig hereingebrochen, und tiefes Dunkel hatte sich über das Tal gesenkt. Es war nicht meine Absicht, in dem niedrigen und dunstigen Boarraum Herberge zu nehmen; ich warf daher den neuen, bis oben herauf gefüllten Fouragesack über die Schulter und trat hinaus in das Freie. Ich wollte zu Forster, um ihm eine richtigere Meinung über seine Herrscherrechte beizubringen.

Mein Weg führte längs dem Flusse hin, und was ich vorher nicht bemerkt hatte, das fiel mir jetzt, da meine Aufmerksamkeit nicht mehr von dem kleinen Begleiter in Anspruch genommen wurde, sofort auf: Der Ölgeruch, welcher das ganze Tal erfüllte, verstärkte sich in der Nähe des Wassers; der Fluß mußte also eine nicht unbedeutende Menge des Brennstoffes mit sich führen.

Der Gebäudekomplex, welchem ich zuschritt, lag vollständig schwarz vor mir; aber als ich eine leichte Krümmung des Weges zurückgelegt hatte und nun das Herrenhaus von vorn sehen konnte, fiel ein heller Lichtglanz von der Veranda herüber, und ich erkannte, daß eine kleine Gesellschaft dort versammelt sei. Als ich an der Fenz anlangte, welche den Vorplatz umschloß, vernahm ich ein leichtes Schnaufen, über dessen Ursache ich mir sofort im Klaren war.

Ich wußte, daß Swallow von keinem Fremden in einen Stall zu bringen sei. Man hatte ihn im Freien lassen müssen und gerade unter der Veranda angebunden, weil dort das Tier am besten zu bewahren war. Ich schlich mich leise über die dunklen Stellen des erwähnten Vorplatzes bis an das niedere Mauerwerk, in welches die Träger der leichten Überdachung eingesenkt waren. Ich befand mich jetzt ganz in der Nähe meines Pferdes und bemerkte zu meiner Genugtuung auch Harry, welcher in einer der Hängematten lag. Er war eben im Begriffe, dem neben ihm sitzenden Forster eine Auseinandersetzung zu machen. Keinen Blick von der Gesellschaft verwendend, befestigte ich den mitgebrachten Sack hinter dem Sattel Swallows. Das brave Tier hatte sich das Lederzeug nicht abnehmen lassen; hätte ich, als Forster mit ihm davonritt, einen Pfiff ausgestoßen, so hätte es ihn ganz sicher abgeworfen und wäre zu mir zurückgekommen.

»Es ist ein unnützes und lästerliches Unternehmen, dear uncle, und du hast dir die Sache wohl nicht ganz richtig berechnet,« hörte ich den Knaben sagen.

»Willst du mich etwa das Kalkulieren lehren? Die Ölpreise sind nur deshalb so gedrückt, weil die Quellen zu viel liefern. Wenn wir also, Einer wie der Andere, das Öl so einen Monat lang ablaufen lassen, so muß es wieder teuer werden, und wir machen Geschäfte, gute Geschäfte, sage ich dir. Und diesen Coup werden wir ausführen; es ist so beschlossen, und ein jeder wird sein Versprechen halten. Ich lasse aus dem unteren Loche jetzt alles in unseren Venango-River fließen; bis die Preise steigen, werden wir weiter oben auch auf Öl getroffen sein, und da ich einen hinreichenden Vorrat von Fässern habe, so schicke ich dann im Verlaufe von wenigen Tagen eine Quantität Öl nach dem Osten, die mir Hunderttausende einbringt.«

»Das ist kein ehrliches Unternehmen, und mir scheint auch, ihr habt die Quellen drüben im alten Lande und sonst noch wo dabei ganz außer acht gelassen. Euer Verhalten wird die dortige Konkurrenz sofort zur äußersten Anstrengung spornen, und ihr selbst gebt also dem noch schlafenden Gegner die Waffen in die Hand. Übrigens sind ja die hier in den Staaten aufgestapelten Vorräte so groß, daß sie für sehr geraume Zeit zureichen.«

»Du kennst den ungeheuren Bedarf nicht und hast also gar kein Urteil, bist für ein solches überhaupt noch zu jung.«

»Das müßte denn doch sehr bewiesen werden!«

»Der Beweis liegt nahe. Hast du mir nicht vorhin erst gestanden, daß du dich in dem Woodsmann, oder was der Mensch eigentlich war, getäuscht hast? Ich hätte mir niemals träumen lassen, daß es dir in solcher Gesellschaft gefallen könnte!«

Ich sah Harry erröten, aber er antwortete schnell:

»Ich bin in solcher Gesellschaft aufgewachsen, das weißt du ja, habe mein bisheriges Leben in den »dunklen Gründen« verbracht und müßte den Vater nicht im geringsten lieb haben, wenn ich diese »Gesellschaft« bloß um ihrer äußeren Erscheinung willen verachten könnte. Es gibt Männer unter ihr, denen gar mancher eurer noblen Gentlemen und stolzen Geldbarone an innerem Werte nicht gewachsen ist. Und übrigens ist ja heut von einer Täuschung keine Rede, denn ich sagte nur, daß er mir erst anders geschienen habe, und zwischen Vermutung und Behauptung pflege ich einen Unterschied zu machen.«

Forster wollte eine Entgegnung aussprechen, kam aber nicht dazu, denn in diesem Augenblicke geschah ein Donnerschlag, als sei die Erde mitten unter uns auseinandergeborsten. Der Boden erzitterte, und als ich das Auge erschrocken seitwärts wandte, sah ich im oberen Teile des Tales, da, wo der Erdbohrer tätig gewesen war, einen glühenden Feuerstrom fast fünfzig Fuß senkrecht in die Höhe steigen, welcher flackernd oben breit auseinanderfloß und, wieder zur Erde niedersinkend, mit reißender Schnelligkeit das abfallende Terrain überschwemmte. Zugleich drang ein scharfer, stechender, gasartiger Geruch in die Atmungswerkzeuge, und die Luft schien von leichtflüssigem, ätherischem Feuer erfüllt zu sein.

Ich kannte dieses furchtbare Phänomen, denn ich hatte es im Kanawhatale in seiner ganzen Schrecklichkeit gesehen, und stand mit einem einzigen Sprunge mitten unter der vor Schreck fast todesstarren Gesellschaft.

»Löscht die Lichter aus, schnell, die Lichter aus! Der Bohrer ist auf Öl getroffen, und ihr habt versäumt, alles Feuer in der Nähe zu verbieten. Nun breiten sich die Gase aus und haben sich entzündet. Lichter aus, sonst brennt in zwei Minuten das ganze Tal!« rief ich.

Ich sprang von einem der brennenden Armleuchter zum andern, aber im obern Zimmer brannten die Lampen auch, und drüben vom Store her sah ich ebenfalls Lichtschimmer. Dazu hatte die Flut des hochaufsprühenden Öles, welches sich mit unglaublicher Raschheit über das ganze obere Tal ausbreitete, jetzt den Fluß erreicht, und nun galt es, alles einzusetzen für das nackte, bloße Leben.

»Rettet euch, ihr Leute! Lauft, lauft um Gottes willen! Sucht die Höhen zu gewinnen!« fuhr ich fort.

Mich um weiter niemand kümmernd, riß ich Harry empor in meine Arme und saß im nächsten Augenblick mit ihm im Sattel. Harry, mein Verhalten mißverstehend und die Größe der Gefahr nicht erkennend, sträubte sich mit Aufbietung aller seiner Kräfte gegen die Umschlingung; aber wie man in solchen Augenblicken stets eine auf das äußerste gesteigerte Körperstärke besitzt, so verschwand auch diese Anstrengung fast ganz unter der Gewalt, mit welcher ich ihn festhielt, und in rasendem Laufe trug Swallow, dessen Instinkt die Führung des Zügels und den Gebrauch der Sporen überflüssig machte, uns stromabwärts.

Der Bergpfad, welchen wir von der Savannenhöhe nach New-Venango herabgestiegen waren, konnte jetzt nicht mehr erreicht werden, denn der Glutstrom war schon an ihm vorübergeflutet. Nur abwärts konnten wir Rettung finden; aber ich hatte am Tage nichts einer Straße Ähnliches bemerkt und im Gegenteil gesehen, daß die Felswände so eng zusammentraten, daß sich der Fluß nur schäumend den Ausweg erzwingen konnte.

»Sagt,« rief ich in ängstlicher Hast, »gibt es einen Weg, welcher hier unten aus dem Tale führt?«

»Nein, nein!« stöhnte er unter der krampfhaften Anstrengung, von mir loszukommen. »Laßt mich fahren, sage ich Euch, laßt mich fahren. Ich brauche Euch nicht, ich bin mir selbst genug!«

Natürlich konnte ich auf dieses Verlangen nicht achten und musterte mit Aufmerksamkeit den nahe zusammentretenden Horizont, welchen die beiden schroff aufsteigenden Talwände bildeten. Da fühlte ich einen Druck in der Gürtelgegend, und zugleich rief der Knabe:

»Was wollt Ihr mit mir? Laßt mich los; gebt mich frei, oder ich stoße Euch Euer eigenes Messer in den Leib!«

Ich sah eine Klinge in seiner Hand funkeln; er hatte mein Bowiemesser an sich gerissen. Ich hatte keine Zeit zu einer langen Auseinandersetzung, sondern vereinte nur mit einem raschen Griffe seine beiden Handgelenke in meiner Rechten, während ich mit dem linken Arme ihn immer fester umschloß.

Mit jeder Sekunde wuchs die Gefahr. Der glühende Strom hatte die Lagerräume erreicht, und nun sprangen die Fässer mit kanonenschußähnlichern Knalle und ergossen ihren sofort in heller Lohe brennenden Inhalt in das auf diese Weise immer mehr anwachsende und immer rascher vorwärts schreitende Feuermeer. Die Atmosphäre war zum Ersticken heiß; ich hatte das Gefühl, als koche ich in einem Topfe siedenden Wassers, und doch wuchsen Hitze und Trockenheit mit solcher Rapidität, daß ich innerlich zu brennen vermeinte. Fast wollten mir die Sinne schwinden; aber es galt nicht bloß mein Leben, sondern noch viel mehr dasjenige des Knaben.

»Come on, Swallow, voran, voran, Swall —!«

Die fürchterliche Hitze versengte mir das Wort im Munde; ich konnte nicht weiter sprechen. Es war aber auch ein solcher Zuruf gar nicht notwendig, denn das brave, herrliche Tier raste ja mit einer schier unmöglichen Geschwindigkeit dahin. So viel sah ich, diesseits des Flusses war kein Ausweg. Die Flammen beleuchteten die Felswände hell genug, um sehen zu lassen, daß die letzteren nicht zu erklimmen seien, deshalb ins Wasser, ins Wasser – hinüber auf die andere Seite!

Ein leiser Schenkeldruck – ein Sprung des gehorsamen Mustangs, und hochauf schlugen die Wellen über uns zusammen. Ich fühlte neue Kraft, neues Leben durch meine Adern pulsieren, aber das Pferd war unter mir verschwunden. Doch das war jetzt gleich; nur hinüber – immer hinüber! Swallow war schneller gewesen als das lohende Element; jetzt aber kam es flammend und himmelhoch züngelnd den Fluß herabgewälzt und fand in dem aus der Quelle hineingeleiteten Petroleum immer neue Nahrung. In einer Minute, in einer Sekunde, ach, vielleicht schon in einem Augenblicke mußte es mich erreichen. Der jetzt bewußtlose Knabe hing mit todesstarren Armen an mir; ich schwamm wie noch nie, nie in meinem Leben, oder nein, ich schwamm nicht, sondern schnellte mich in wahnsinnigen Sätzen über die von zuckenden Lichtern bis auf den Grund hinab durchblitzte Flut. Ich fühlte eine Angst, so furchtbar – so furchtbar – – Da schnaufte es an meiner Seite. »Swallow, du treuer, wackerer -bist du‘s?« – Hier ist das Ufer – – wieder in den Sattel – ich komme nicht hinauf – es ist, als sei mir das innerste Mark verdorrt – Herr Gott, hilf, ich kann nicht liegen bleiben – -noch einmal; es gelingt – »Swallow, fort – fort –wohin du willst, nur hinaus, hinaus aus diesem Höllenbrande!«

Es ging weiter, nur das wußte ich; wohin, danach fragte ich nicht. Die Augen lagen mir wie geschmolzenes Metall in ihren Höhlen, und das von ihnen aufgefangene Licht wollte mir das Hirn verbrennen; die Zunge strebte zwischen den trockenen Lippen hervor; ich hatte durch den ganzen Körper ein Gefühl, als bestehe er aus glimmendem Schwamme, dessen lockere Asche jeden Moment auseinanderfallen könne. Das Pferd unter mir schnaubte und stöhnte mit fast menschlichem Wehelaute; es lief, es sprang, es kletterte, es schoß über Felsen, Vorsprünge, Risse, Kanten und Spitzen mit tiger-, mit schlangenartigen Bewegungen. Ich hatte mit der Rechten seinen Hals umklammert und hielt mit der Linken noch immer den Knaben fest. Noch einen Satz, einen weiten, fürchterlichen Satz – endlich, endlich ist die Felswand überwunden – noch einige hundert Schritte vom Feuer hinweg und in die Prairie hinein, und Swallow blieb stehen; ich sank von ihm zur Erde nieder.

Die Aufregung, die Überanstrengung war so groß, daß sie die Ohnmacht besiegte, die sich meiner bemächtigen wollte. Ich raffte mich langsam wieder empor, schlang die Arme um den Hals des treuen, unvergleichlichen Tieres, welches an allen Gliedern zitterte, und küßte es unter konvulsivischem Weinen mit einer Inbrunst, wie wohl selten ein Liebender die Auserwählte seines Herzens geküßt hat.

»Swallow, du Köstlicher, ich danke dir, du hast mich, du hast uns beide erhalten. Diese Stunde soll dir nie vergessen werden!«

Der Himmel glänzte blutigrot, und der Brodem des entfesselten Elements ruhte in dichten, schwarzen, von purpurnen Strahlen durchbrochenen Ballen über dem Herde der Verwüstung. Aber ich hatte keine Zeit zu diesen Betrachtungen, denn vor mir lag, das Messer noch immer krampfhaft festhaltend, Harry, bleich, kalt und starr, so daß ich ihn tot glaubte, ertrunken in den Fluten des Wassers, während ich ihn den Flammen entreißen wollte.

Seine Kleidung war durchnäßt und legte sich eng an die leblosen Glieder; auf dem erbleichten Angesichte spielten die düsteren Reflexe der über den Rand der Ebene emporsprühenden Feuerstrahlen. Ich nahm ihn in die Arme, strich ihm das Haar über die Stirn, rieb ihm die Schläfe, legte, um seiner regungslosen Brust Atem zu geben, meinen Mund auf seine Lippen, kurz, tat alles, was ich in meiner eigenen Hilflosigkeit zu tun vermochte, um ihn in das Leben zurückzurufen.

Da – endlich – ging ein Zittern über seinen Körper, erst leise, dann immer bemerkbarer; ich fühlte das Klopfen seines Herzens und den Hauch des wieder erwachten Odems. Er erwachte, öffnete weit, weit das Auge und starrte mir mit einem unbeschreiblichen Ausdrucke in das Gesicht. Dann belebte sich der wiederkehrende Blick, und mit einem lauten Schrei sprang er empor.

»Wo bin ich – wer seid Ihr – was ist geschehen?« rief er aus.

»Ihr seid gerettet aus der Glut da unten!«

Bei dem Klange meiner Stimme und dem Anblicke des noch immer hochlodernden Brandes kehrte ihm die Besinnung wieder vollständig zurück.

»Glut —? Da unten —? Herrgott, es ist wahr, das Tal hat gebrannt, und Forsters —«

Als besinne er sich bei dem letztgenannten Namen auf die Gefahr, in welcher er die Verwandten zurückgelassen hatte, erhob er drohend den Arm.

»Herr, Ihr seid ein Feigling, ein elender Feigling, ein Coyote, wie Ihr schon gehört habt! Ihr konntet sie retten, alle, alle, aber Ihr seid geflohen, wie der Schakal flieht vor dem Gebell eines elenden Hundes. Ich – verachte Euch! Ich – muß fort, fort zu ihnen!«

Er wollte fort. Ich hielt ihn bei der Hand fest.

»Bleibt! Es ist nichts mehr zu tun; Ihr lauft nur in Euer eigenes Verderben!«

»Laßt mich. Ich habe mit Euch, Memme, nichts zu schaffen!«

Er riß seine Hand los und stürzte fort. Ich fühlte einen kleinen Gegenstand zwischen meinen Fingern. Es war ein Ring, den er sich bei dem kräftigen Rucke abgestreift hatte.

Ich folgte ihm; aber schon war er im Schatten der steil abfallenden Klippen verschwunden. Ich konnte dem Knaben nicht zürnen. Er war noch jugendlich, und die Katastrophe hatte ihm die Ruhe geraubt, welche zu einem richtigen Urteile stets unerläßlich ist. Ich steckte also den Ring zu mir und setzte mich nieder, um von der fürchterlichen Anstrengung auszuruhen, die Nacht hier zu bleiben und den Anbruch des Morgens zu erwarten, denn früher war es unmöglich, hinab in den Bluff zu gelangen.

Noch zitterten alle meine Nerven, und das Tal, in welchem noch immer die Petroleumglut lohte, kam mir wie eine Hölle vor, der ich entkommen war. Der alte Anzug, den ich getragen hatte, fiel mir wie Zunder vom Leibe; ich zog den neuen an, der beim Durchreiten des Flusses naß geworden und infolgedessen unversehrt geblieben war.

Swallow lag ganz in meiner Nähe; es gab da Gras, aber er fraß nicht; das brave Tier war ebenso oder noch mehr angegriffen als ich selbst. Was war aus den Bewohnern des Tales geworden? Diese Frage ließ mich nicht schlafen, obgleich ich der Ruhe sehr bedurfte. Ich wachte während der ganzen Nacht und trat wiederholt hart an den Rand des Bluffs, um hinabzublicken. Das Feuer hatte nicht mehr den früheren Umfang, die vorherige Ausdehnung, gewährte aber dennoch einen Anblick, den ich nie vergessen werde. Das Petroleum stieg in einer starken und wohl dreißig Ellen hohen Fontäne aus dem Bohrloche in die Luft empor; dieser Ölstrahl brannte, zerstob oben in einzelne Garben und tausend sprühende Funken, fiel zur Erde nieder und rann dann als doppelt manneshoch loderndes Feuerband dem Flusse zu, dessen ganze Breite sofort einnehmend.

So blieb es bis zum Morgen, und so mußte es bleiben und brennen, so lange noch Öl aus dem Bohrloche floß, wenn es nicht gelang, den Brand zu löschen. Das Tageslicht milderte die Intensivität der Flammen; als ich jetzt wieder hinunterblickte, sah ich, daß außer einem kleinen Häuschen, weiches ganz oben an der höchsten Stelle des Tales lag, wohin das Feuer nicht hatte kommen können, alles, alles verschwunden war. Das Wohnhaus, die Fabrikanlagen und alle sonst dagewesenen Gebäude waren samt den Vorräten ein Raub der Flammen geworden. Der ganze Bluff sah bis hinauf zur obersten Felsenkante schwarz aus und bot den Anblick einer riesigen, rußüberzogenen Pfanne, deren Inhalt ein unaufmerksamer Koch verkohlen ließ.

Vor dem erwähnten, allein geretteten Häuschen standen einige Menschen, bei denen ich Harry sah. Der verwegene Knabe hatte es also gewagt, während der Nacht da hinunterzusteigen. Jetzt, am Tage, war es kinderleicht, dies zu tun. Ich hatte den Pfad vor mir, welcher uns gestern bei unserm Kommen hinabgeführt hatte, und folgte ihm auch heute. Dabei sah ich, daß Harry, nach mir heraufzeigend, die Andern auf mich aufmerksam machte. Ein Mann ging in das Häuschen und kam nach wenigen Augenblicken mit einem Gewehr wieder heraus. Er ging mir bis vor das jenseitige Ufer des Flusses, wo er stehen blieb, entgegen, wartete da, bis ich an dem diesseitigen angekommen war, und rief dann zu mir herüber:

»Halloo, Mann, was treibt Ihr noch hier in unserm Orte? Macht Euch fort, wenn Ihr nicht eine Kugel zwischen den Rippen haben wollt!«

»Ich bin dageblieben, um Euch zu helfen, so viel es möglich ist,« antwortete ich hinüber.

»Weiß schon!« lachte er höhnisch. »Solche Hilfe kennt man ja!«

»Auch muß ich mit dem Knaben Harry reden.«

»Das dürfte Euch schwer fallen.«

»Ich habe ihm etwas zu geben.«

»Macht mir nichts weis! Möchte wissen, was so ein Kerl zu geben hätte! Erst feig und ehrlos zum Erbarmen, und dann steckt er aus Rache das Petroleum in Brand!«

Ich war für den Augenblick nicht eines Wortes fähig; ich ein Mordbrenner! Er mochte mein Schweigen für eine Folge des bösen Gewissens halten, denn er fuhr fort:

»Seht, wie Ihr erschreckt! Ja, wir wissen gar wohl, woran wir sind. Wenn Ihr nicht augenblicklich geht, bekommt Ihr eine Kugel!«

Er legte das Gewehr auf mich an. Da rief ich zornig hinüber:

»Was fällt Euch ein, Mann! Von einer Brandstiftung kann keine Rede sein; die Ölgase haben sich an euren Lampen und Lichtern entzündet: das furchtbare Unglück ist eine Folge eurer eignen Nachlässigkeit.«

»Weiß schon, weiß! Fort mit Euch! Oder soll ich schießen?«

»Hätte ich denn mit eigener Lebensgefahr den Knaben gerettet, wenn ich der Täter wäre?«

»Ausrede! Wenn Ihr gewollt hättet und nicht geflohen wäret, wären sie alle gerettet worden; nun aber sind sie alle verbrannt, elendiglich verbrannt! Hier habt Ihr Euren Lohn!«

Er schoß nach mir. Die Entrüstung hielt mich an der Stelle fest, wo ich stand; ich machte keine Bewegung, der Kugel zu entgehen, und das war gut, denn er hatte schlecht gezielt; ich wurde nicht getroffen. Meine Finger zuckten, ihm eine sichere Kugel als Antwort zu geben; ich tat dies aber natürlich nicht, drehte mich um und stieg langsam wieder empor, ohne mich ein einziges Mal nach dem Manne umzusehen. Oben angekommen, setzte ich mich auf das Pferd und ritt fort. Wenn man, anstatt als Lebensretter Dank zu erhalten, eines Verbrechens beschuldigt wird, so schüttelt man den Staub von den Füßen.

Einige Tage später erreichte ich die Gravel-Prairie, wo ich eine ganze Woche auf Winnetou zu warten hatte. Not zu leiden hatte ich während dieser Zeit nicht, denn es gab Wild in Menge. Und einsam und langweilig konnte mir die Gegend auch nicht vorkommen, denn es tummelten sich mehrere Trupps von Sioux da herum, so daß ich mich fortwährend auf dem Quivive befand, nicht von ihnen entdeckt zu werden. Als dann Winnetou kam und ich ihm die Anwesenheit der Roten meldete, war er mit mir einverstanden, sogleich weiter zu reiten.

Ich freute mich außerordentlich darauf, Old Firehand, diesen berühmten Westmann, zu sehen, und war bereit, von ihm noch viel, sehr viel zu lernen. Der Weg zu ihm war kein ungefährlicher; das bemerkten wir schon am nächsten Tage, als wir auf die Fährte eines Indianers trafen, der wohl kaum etwas anderes als ein Kundschafter sein konnte.

Ich untersuchte den Boden sorgfältig. Das Pferd des Indianers war angepflockt gewesen und hatte die halbdürren Büschel des Prairiegrases abgefressen; der Reiter hatte am Boden gelegen und mit dem Köcher gespielt. Dabei war ihm der Schaft eines Pfeiles zerbrochen, und er hatte die beiden Bruchstücke ganz gegen die gewöhnliche Vorsicht der Indianer liegen lassen. ich hob sie auf, um sie zu betrachten. Es war kein Jagd-, sondern ein Kriegspfeil gewesen.

»Er befindet sich auf dem Kriegspfade,« sagte ich; »aber er ist noch jung und unerfahren, sonst hätte er die verräterischen Stücke versteckt, und die Spuren seines Fußes sind nicht die eines erwachsenen Mannes.«

Ein Blick auf die weiterlaufenden Eindrücke genügte, uns zu zeigen, daß der Mann erst vor Kurzem den Platz wieder verlassen habe; denn die Kanten derselben waren noch scharf, und die gestreiften oder zerdrückten Halme hatten sich noch nicht vollständig wieder erhoben.

Wir folgten der Spur weiter, bis die Schatten länger und länger wurden; der Abend begann zu dunkeln, und wir waren nun gezwungen, abzusteigen, wenn wir die Fährte nicht verlieren wollten. Aber ehe ich vom Pferde stieg, griff ich zum Fernrohre, um die Ebene vorher noch einmal abzusuchen.

Wir hielten gerade auf einer der zahlreichen, wellenförmigen Erhebungen, welche sich in jenem Teile der Prairie wie die Wogen eines erstarrten Meeres aneinander legen, und es war mir deshalb ein ziemlich freier Ausblick gestattet.

Kaum hatte ich das Glas am Auge, so fiel mir eine lange, gerade Linie auf, welche sich von Osten her längs des nördlichen Horizontes bis zum entferntesten westlichen Punkte hinzog. Voll Freuden gab ich Winnetou das Rohr und zeigte ihm die Richtung an, in welche er es zu führen hatte. Nachdem er einige Zeit hindurchgesehen, zog er es mit einem überraschten »Uff« wieder ab und blickte mich mit fragendem Ausdrucke an.

»Weiß, mein Bruder, was für ein Pfad das ist?« sagte ich. »Es ist nicht der Weg des Buffalo, auch hat ihn nicht der Fuß des roten Mannes ausgetreten.«

»Ich weiß es. Kein Büffel kann die Strecke laufen, welche dieser Pfad durchführt, und kein Indsman vermag, ihn durch die Prairie zu ziehen. Es ist der Pfad des Feuerrosses, welches wir heute noch sehen werden.«

Rasch hob er das Rohr wieder empor und betrachtete mit regem Interesse den durch die Linsen nahegerückten Schienenstrang. Plötzlich aber ließ er das Rohr sinken, sprang vom Pferde und zog es raschen Laufes hinunter in das Wellental.

Natürlich mußte dieses Beginnen einen sehr triftigen Grund haben, und ich ahmte deshalb sein Verhalten ohne Verzug nach.

»Da drüben am Pfade des Feuerrosses liegen rote Männer,« rief er. »Sie stecken hinter dem Rücken der Erhebung; aber ich sah eines ihrer Pferde!«

Er hatte wohlgetan, unseren erhöhten Standpunkt sofort zu verlassen, da wir auf demselben leicht bemerkt werden konnten. Zwar war die Entfernung selbst für das scharfe Gesicht eines Indianers eine sehr bedeutende; aber ich hatte während meiner Streifereien mehrere Male in den Händen dieser Leute Fernrohre gesehen. Die Kultur schreitet eben unaufhaltsam vorwärts, und indem sie den Wilden immer weiter zurückdrängt, bietet sie ihm doch die Mittel, sich bis zum letzten Manne gegen ihre Gewalt zu verteidigen.

»Was sagt mein Bruder zu der Absicht dieser Leute?« fragte ich.

»Sie werden den Pfad des Feuerrosses zerstören wollen,« antwortete er.

»Das ist meine Ansicht auch. Ich werde sie einmal beschleichen.«

Das Rohr aus seiner Hand nehmend, forderte ich ihn auf, mich hier zu erwarten, und schlich mich vorsichtig vorwärts.

Obgleich ich fest überzeugt sein konnte, daß sie von unserer Nähe keine Ahnung hatten, suchte ich soviel wie möglich Deckung zu behalten und gelangte dadurch so weit an sie heran, daß ich, am Boden liegend, sie zählen und beobachten konnte.

Es waren ihrer dreißig, sämtlich mit den Kriegsfarben bemalt und sowohl mit Pfeilen als auch mit Feuerwaffen bewehrt. Die Zahl der angepflockten Pferde war bedeutend höher, und dieser Umstand bekräftigte meine Ansicht, daß sie Beute machen wollten.

Da hörte ich einen leisen Atemzug hinter mir. Rasch das Messer ziehend, drehte ich mich um. Es war Winnetou, den es nicht bei den Pferden gelitten hatte.

»Uff!« klang es von seinen Lippen. »Mein Bruder ist sehr kühn, so weit voranzugehen. Es sind Ponkas, die kühnsten der Sioux, und dort liegt Parranoh, der weiße Häuptling.«

Erstaunt sah ich ihn an.

»Der weiße Häuptling?«

»Hat mein Freund noch nichts gehört von Parranoh, dem grausamen Häuptling der Atabaskah? Niemand weiß, wo er hergekommen ist; aber er ist ein gewaltiger Krieger und im Rate des Stammes unter die roten Männer aufgenommen worden. Als die grauen Häupter alle zu Manitou, dem großen Geiste, gegangen waren, hat er das Calumet des Häuptlings erhalten und viele Skalps gesammelt. Dann ist er aber von dem bösen Geist verblendet worden, hat seine Krieger wie Niggers behandelt und fliehen müssen. Jetzt wohnt er im Rate der Ponkas und wird sie zu großen Taten führen.«

»Kennt mein Bruder sein Angesicht?«

»Winnetou hat seinen Tomahawk mit ihm gemessen; aber der Weiße ist voller Tücke; er kämpft nicht ehrlich.«

»Er ist ein Verräter; ich sehe es. Er will das Feuerroß halten und meine Brüder töten und berauben.«

»Die weißen Männer?« fragte er erstaunt. »Er trägt doch ihre Farbe! Was wird mein Freund tun?«

»Er wird warten und sehen, ob Parranoh den Pfad des eisernen Rosses zerstört, und dann seinen weißen Brüdern entgegenreiten, um sie zu warnen.«

Er nickte. Damals kam es nicht selten vor, daß weiße oder rote Halunken Züge zum Entgleisen brachten, um sie zu berauben. Ich werde hiervon noch zweimal zu erzählen haben.

Das Dunkel des Abends senkte sich immer tiefer herab, so daß es immer schwieriger wurde, die feindlichen Gestalten im Auge zu behalten. Ich mußte über das Tun der Indianer genau unterrichtet sein und bat Winnetou, zu den Pferden zurückzukehren und dort auf mich zu warten. Er fügte sich meinem Verlangen, nachdem er mir gesagt hatte:

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
630 s. 1 illüstrasyon
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