Kitabı oku: «Soldatengesetz», sayfa 31
§ 10 Pflichten des Vorgesetzten
(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.
(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.
(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.
(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.
(5) 1Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. 2Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.
(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.
Kommentierung
I.Allgemeines1 – 6
1.Entstehung der Vorschrift1 – 4
2.Änderungen der Vorschrift5
3.Bezüge zum Beamtenrecht bzw. zu sonstigen rechtl. Vorschriften6
II.Erläuterungen im Einzelnen7 – 122
1.Zweck und Reichweite der Vorschrift7
2.Adressatenkreis8, 9
3.Absatz 110 – 17
4.Absatz 218 – 32
a)Zweck und Inhalt18 – 20
b)Umfang der Dienstaufsichtspflicht21 – 30
c)Ergänzende Vorschriften31
d)Verhältnis zu anderen Pflichten32
5.Absatz 333 – 40
a)Systematische Einordnung; Pflichtenkonkurrenzen33 – 38
b)Grundsätze39
c)Einzelpflichten40
6.Absatz 441 – 87
a)Allgemeines41 – 43
b)Begriff und Rechtsnatur des Befehls44 – 64
aa)Anweisung zu einem bestimmten Verhalten48 – 50
bb)Mit Anspruch auf Gehorsam51
cc)Von einem militärischen Vorgesetzten einem Untergebenen erteilt52 – 64
c)Rechtmäßigkeit des Befehls65 – 84
aa)Allgemeines65, 66
bb)Dienstlicher Zweck67 – 78
cc)Beachtung der Regeln des Völkerrechts79 – 82
dd)Gesetze83
ee)Dienstvorschriften84
d)Rechtsschutz gegen Befehle85 – 87
7.Absatz 588 – 108
a)Satz 188 – 97
b)Satz 298 – 108
aa)Allgemeines98, 99
bb)Befugnisse100 – 108
8.Absatz 6109 – 122
a)Zweck der Vorschrift109
b)Absatz 6 und Grundgesetz110
c)Adressatenkreis111 – 117
d)Pflichtenkonkurrenzen118
e)Äußerungen119, 120
f)Zurückhaltung zu wahren121
g)Einzelfälle zu Abs. 6 aus der Rechtsprechung122
Literatur:
Alff, Richard: Zur politischen Betätigung von Soldaten in der Öffentlichkeit, NZWehrr 1978, 143; Burmester, Wilhelm: Das militärische Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis, NZWehrr 1990, 89; Busch, Eckart: Zur Frage der Befehle im außerdienstlichen Bereich, NZWehrr 1969, 56; Deiseroth, Dieter: Rechtliche Grenzen von Äußerungen militärischer Vorgesetzter bei dienstlichen Veranstaltungen der Bundeswehr, jurisPR-BVerwG 14/2005 Anm. 1; ders.: Rechtliche Grenzen der Gehorsamspflicht von Soldaten, jurisPR-BVerwG 4/2006 Anm. 1; Doehring, Karl: Befehlsdurchsetzung und Waffengebrauch, 1968; Eichen, Klaus: Anmerkungen zur Vorgesetztenverordnung und zu Unterstellungsverhältnissen, NZWehrr 2011, 177, 235; Freudenberg, Dirk: Das Spannungsverhältnis im operativen Einsatzrecht – Auftragstaktik, Rules of Engagement (ROE) und deutsche Strafrechtsordnung, NZWehrr 2007, 89; Goerlich, Helmut: Soldatische Pflichten, provokative Meinungsäußerungen und die Vereinigungsfreiheit der Soldaten, Jura 1993, 471; Graßhof, Malte: Einschränkungen der „freien Rede“ durch das Soldatengesetz, NZWehrr 1995, 177; Heuer, Knud: Das Prinzip von Befehl und Gehorsam und der Einsatz von Kernwaffen, NZWehrr 1986, 98; Hinz, Johannes: Nothilfeverbot durch Befehl?, NZWehrr 2011, 144; Huber, Emil: Die Grenzen der Gehorsamspflicht des Soldaten, 1973; Huth, Rüdiger: Der sogenannte „gefährliche Befehl“ im geltenden Wehrrecht, NZWehrr 1988, 252; ders.: Möglichkeiten eines militärischen Vorgesetzten, die außerdienstliche Freizeitgestaltung seines Untergebenen durch einen Befehl einzuschränken, NZWehrr 1990, 107; Lehleiter, Gunther: Der rechtswidrige verbindliche Befehl, 1995; Lingens, Eric: Die Überschreitung der Befehlsbefugnis und ihre Auswirkung auf die Vorgesetzteneigenschaft, NZWehrr 1978, 55; ders.: Fürsorge- und Dienstaufsichtspflicht in Konkurrenz mit sonstigen Dienstpflichten, NZWehrr 1989, 251; ders.: Militärischer Befehl und Gesetzesbefehl, NZWehrr 1992, 58; ders.: Befehlsbefugnis und Vorgesetzteneigenschaft, NZWehrr 1993, 19; ders.: Verleiten zu pflichtwidrigem Verhalten und Pflicht zur Kameradschaft, BWV 2001, 130; ders./Marignoni, Hartmut: Vorgesetzter und Untergebener, Ein Grundriss zum Befehlsrecht, 3. Aufl. 1987; Metzger, Philipp: Zur Durchsetzung von Befehlen, UBwV 2015, 154; ders.: Zur Frage der Überschreitung der Befehlsbefugnis, NZWehrr 2018, 45; ders.: Das relative Befolgungsverbot unverbindlicher Befehle, NZWehrr 2019, 74; Oetting, Dirk: Auftragstaktik, Geschichte und Gegenwart einer Führungskonzeption, 1993; Paulus, Andreas L.: Die Parlamentszustimmung nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz, in: Weingärtner, Dieter: Einsatz der Bundeswehr im Ausland, 2007, 81; Peterson, Detlef P.: Der sogenannte „gefährliche Befehl“ im geltenden Recht – Eine Erwiderung auf den Beitrag von Rüdiger Huth, NZWehrr 1989, 239; ders.: § 10 Abs. 6 SG – Die Pflicht zur Zurückhaltung bei Äußerungen, NZWehrr 1991, 12; Poretschkin, Alexander: Ist militärisches Befehlsrecht noch verfassungsgemäß?, NZWehrr 2007, 138; ders.: ZDv als Befehl?, NZWehrr 2013, 115; Schmidt, Eberhard: Befehlsdurchsetzung und Waffengebrauch, NZWehrr 1968, 161; Schmidt-De Caluwe, Reimund: Die verfassungsrechtliche Grenze der Meinungsäußerungsfreiheit der Soldaten – Art. 5 II oder Art. 17a I GG? NZWehrr 1992, 235; ders.: Von „potentiellen“ und „geborenen“ Mördern – Zwei neue Entscheidungen des BVerfG zur Meinungsäußerungsfreiheit, NVwZ 1992, 1166; Schreiber, Jürgen: Unverbindliche Befehle – Versuch einer Systematik, NZWehrr 1965, 1; ders.: Treudienstpflicht, Vorgesetztenpflicht, NZWehrr 1991, 105; Schwandt, Eberhard Ulrich: Die unantastbare Würde des Menschen im Dienst- und Disziplinarrecht der Soldaten, in: Fs für Walther Fürst, 2002, 289; Schwartz, Sebastian: Handeln aufgrund eines militärischen Befehls und einer beamtenrechtlichen Weisung, 2007; Seifert, Herbert: Politische Betätigung von Soldaten im Dienst oder innerhalb militärischer Anlagen, NZWehrr 1988, 234; Sohm, Stefan: Rechtsfragen der Nothilfe bei friedensunterstützenden Einsätzen der Bundeswehr, NZWehrr 1996, 89; ders.: Vom Primat der Politik zum Primat des Gewissens?, NZWehrr 2006, 1; Vitt, Elmar: Rechtsprobleme des sogenannten „gefährlichen Befehls“, NZWehrr 1994, 45; Walz, Dieter: Das Verhältnis von Innerer Führung und Recht, NZWehrr 1984, 133; ders.: Rechtsfragen des Erlasses „Erzieherische Maßnahmen“, NZWehrr 1985, 177; Widmaier, Ulrich: Zum Grundrecht des Soldaten auf freie Meinungsäußerung aus disziplinarrechtlicher Sicht (...), in: Fs für Walther Fürst, 2002, 407; Wilhelm, Alexander: Das Mitverschulden von Vorgesetzten im Disziplinarrecht, ZBR 2009, 158.
Weitere Literaturhinweise bei § 11.
I. Allgemeines
1. Entstehung der Vorschrift
1
§ 8 des REntw.[1] sah unter der Überschrift „Pflichten des Vorgesetzten“ folgende Vorschrift vor:
(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.
(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich. Befehle hat er durchzusetzen.
(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.
(4) Befehle darf er zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Gesetze, der Regeln des Völkerrechts und der Dienstvorschriften erteilen. Er trägt für seine Befehle die Verantwortung.
2
Aus der amtl. Begr.[2] sind – da für die heutige Interpretation weiterhin von Bedeutung – folgende Passagen erwähnenswert:
Abs. 1 begründe keine neuen Pflichten; aus ihm ließen sich jedoch „schärfere Maßstäbe“ bei der Ahndung von Pflichtverletzungen ableiten. Die Dienstaufsichtspflicht (Abs. 2) habe auch den „Charakter der Fürsorge“. Als Mittel des Vorg., seine Befehle durchzusetzen, werden genannt die persönliche Überwachung der Befehlsausführung, die Meldung der Ausführung, das Disziplinar- und Strafrecht und letztlich, „im Falle der äußersten Not“ (in „kritischen Lagen im Kampf“), ein „Notstandsrecht“, den Gehorsam mit der Waffe zu erzwingen. Die Fürsorgepflicht (Abs. 3) sei in besonderem Maße geeignet, die Gemeinschaft zusammenwachsen zu lassen. Abs. 4 solle dem Missbrauch der Befehlsbefugnis vorbeugen.
3
Der federführende VertA nahm in seiner Beschlussempfehlung[3] Vorschläge des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Beamtenrecht des BT auf. Zu Abs. 1 bis 4 wiederholte er überwiegend wörtlich die Begr. der Regierungsvorlage. Abs. 4 Satz 2 in der vom Rechtsausschuss vorgeschlagenen Fassung beschloss der VertA wegen der „Wichtigkeit dieser Vorschrift“ als neuen Abs. 5. Der vom Rechtsausschuss vorgeschlagene Abs. 5 wurde mit einer geringfügigen Umformulierung der neue Abs. 6. Hierzu stellte der VertA fest, dass der Vorg. den „Forderungen der Toleranz und der Gerechtigkeit“ entsprechen müsse. Von einem Vorg. müsse erwartet werden, dass er auch andere Meinungen gelten lasse.
4
Das Plenum beschloss die vom VertA vorgelegte Fassung als § 10 in 2. und 3. Lesung ohne weitere Änd.
2. Änderungen der Vorschrift
5
§ 10 gilt seit der Erstfassung des SG unverändert.
3. Bezüge zum Beamtenrecht bzw. zu sonstigen rechtl. Vorschriften
6
Eine mit § 10 vergleichbare Vorschrift existiert im Beamtenrecht nicht. § 3 Abs. 2 bis 4 BBG bestimmt lediglich, wer Dienstvorg. bzw. Vorg. eines Beamten ist. Besondere Pflichten dieser Vorg. gegenüber den ihnen unterstellten Beamten hat der Gesetzgeber nicht formuliert.[4] Die soldatenrechtl. Sonderregelung lässt sich mit dem spezifischen mil. Prinzip von Befehl und Gehorsam, der gesetzl. normierten Pflicht zur Kameradschaft (§ 12) und der – historisch betrachtet – engen räumlichen Nähe von Vorg. und Untergebenen in umschlossenen mil. Anlagen und Einrichtungen und – erst Recht – im Hinblick auf den Einsatz erklären.
II. Erläuterungen im Einzelnen
1. Zweck und Reichweite der Vorschrift
7
Die amtl. Überschrift „Pflichten des Vorgesetzten“ führt z.T. in die Irre:[5]
– | Abs. 1 begründet keine spezielle Dienstpflicht des Vorg. |
– | Abs. 2 und 3 formulieren zwar besondere Dienstpflichten des Vorg., sie enthalten allerdings keine abschließende Aufzählung. Weitere Vorgesetztenpflichten finden sich z.B. in § 14 Abs. 2 Satz 2, § 17 Abs. 3 i.V.m. § 23 Abs. 2 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 2 und § 33 Abs. 1 Satz 2. |
– | Abs. 4 und 5 sind wesentliche Teile des Befehlsrechts und gehören strukturell zu § 11. |
– | Abs. 6 ist im Kontext mit § 15 Abs. 4 zu sehen. Während Abs. 6 unter der insoweit unzutr. Normüberschrift nur Offz und Uffz anspricht, ohne auf eine konkrete Funktion als Vorg. abzustellen,[6] richtet sich § 15 Abs. 4 – unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Laufbahngruppe – an alle Vorg. |
– | Konkreter als § 10 beschreiben die Tatbestände der §§ 30 bis 41 WStG (Dritter Abschnitt des WStG mit der Abschnittsüberschrift „Pflichten der Vorgesetzten“) Verhaltensvorgaben für Vorg., deren Missachtung zudem strafrechtl. Konsequenzen haben kann. Ohne die Einschränkung des § 48 Abs. 2 WStG stellt § 48 Abs. 1 WStG Offz und Uffz – also nur Vorg. – für bestimmte Straftaten Amtsträgern i.S.d. StGB gleich. Vorg., die sich einer Wehrstraftat schuldig machen, begehen immer auch ein Dienstvergehen[7], da zugleich stets eine soldatische Pflicht des SG verletzt wird. Dies ist nicht zwingend eine der Pflichten des § 10. Eine Wehrstraftat ohne Verletzung der Grundpflicht des § 7 oder zumindest der Wohlverhaltenspflicht des § 17 ist nicht denkbar.[8] |
2. Adressatenkreis
8
„Vorgesetzte“ i.S.d. § 10 sind nur die (mil.) Vorg. i.S.d. § 1 Abs. 3.[9] Dies sind neben Soldaten mit Befehlsbefugnis nach der VorgV auch ziv. Personen, denen Befehls- und Kommandogewalt über die SK zukommt, also der Min. (Art. 65a GG) und sein Stellvertreter sowie, nach der Verkündung des V-Falles (Art. 115b GG), der BK.[10] Andere Zivilpersonen, z.B. Beamte der BwVerw, können zwar allg. Vorg. mit Anordnungsbefugnis gegenüber Soldaten sein.[11] Sie haben aber keine Befehlsbefugnis[12] und unterliegen daher nicht dem Pflichtenkatalog des § 10. Für sie sind z.B. die allg. Pflichten der Bundesbeamten gem. §§ 60 ff. BBG maßgeblich.
9
Gleiches gilt für das WStG. Die §§ 30 bis 41 WStG gelten auch für Straftaten, die durch mil. Vorg. begangen werden, die nicht Soldaten sind (§ 1 Abs. 2 WStG), also insbes. durch den BMVg.[13]
Auch wenn der Min., sein Stellvertreter und ggf. der BK mil. Vorg. sind, bedeutet dies nicht, dass ein Verstoß gegen eine Pflicht aus § 10 für sie (auch) ein soldatenrechtl. Dienstvergehen wäre. Dies setzt stets voraus, dass der Täter Soldat ist (§ 23 Abs. 1 SG) oder gewesen ist (§ 23 Abs. 2). Eine mit § 1 Abs. 2 WStG vergleichbare Best. enthält das SG nicht. Der BMVg und sein Sts können daher nicht disziplinar nach der WDO gemaßregelt werden.[14]
3. Absatz 1
10
Vorg. sollen in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben. Mit dieser Formulierung hat sich der Gesetzgeber bewusst gegen den vermeintlich nur terminologischen Verbesserungsvorschlag des BR[15] entschieden, der die Worte „ein Beispiel geben“ durch die Worte „Vorbild sein“ ersetzen wollte. Vorg. sollten nicht in ihrer Person als Vorbild hingestellt werden. Ziel war es, die Objektivität soldatischer Tugenden hervorzuheben, um irrige subjektive Vorstellungen in Richtung einer Heroisierung von Vorg. zu vermeiden.
11
Abs. 1 konstituiert trotz der Überschrift des § 10 keine eigenständige Pflicht.[16] Der Gesetzgeber wollte lediglich klarstellen, dass er von Vorg. die Erfüllung ihrer soldatischen Pflichten in gesteigertem Maße erwartet, woraus schärfere Maßstäbe bei der Bewertung und Ahndung von Pflichtverletzungen abzuleiten sind.[17] Die Vorschrift ergänzt somit § 38 WDO und § 58 Abs. 7 WDO.
12
Für die verschärfte Haftung der Vorg. ist es nicht erforderlich, dass die zu ahndende Pflichtverletzung in einem konkreten Vorg.-Untergebenenverhältnis begangen wird. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus.[18] Da schon der Dienstgrad Uffz innerhalb umschlossener mil. Anlagen Befehlsbefugnis gegenüber Mannschaften verleiht (§ 4 Abs. 3 VorgV) und Vorg. gem. Abs. 2 für die Einhaltung der Disziplin dieser Mannschaften verantwortlich sind, unterliegen alle Uffz und Offz[19] der verschärften Haftung des Abs. 1, Mannschaften regelmäßig nur, soweit sie in der konkreten Situation Befehlsbefugnis haben.[20]
13
Je höher Dienstgrad und Dienststellung eines Vorg. sind, desto mehr Ansehen und Vertrauen werden benötigt. Je höher Vorg. also in den Dienstgradgruppen steigen, desto größere Anforderungen sind an ihre Zuverlässigkeit, ihr Pflichtgefühl und ihr Verantwortungsbewusstsein zu stellen, und umso schwerer wiegen folglich Pflichtverletzungen.[21] Die Wahrnehmung einer besonderen Dienststellung wie z.B. KpFw oder die Zugehörigkeit zu den Feldjägern, also einer Truppe, die mil. Ordnungsaufgaben wahrzunehmen hat, wirken nur dann verschärfend, wenn ein konkreter Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der Dienststellung gegeben ist.[22]
14
Die Anwendung des Abs. 1 ist mangels einer dem § 46 Abs. 3 StGB entspr. Norm auch bei der Verletzung von Pflichten, die eine Vorgesetztenstellung bereits als Tatbestandsmerkmal (§ 10 Abs. 2 bis 6, § 15 Abs. 4, § 17 Abs. 3, § 23 Abs. 2 Nr. 2) voraussetzen, nicht ausgeschlossen. Dies stellt keine verbotene Doppelverwertung dar.[23] Der Herleitung eines solchen Verbotes bedarf es schon nicht, da Personen, die keine Vorg. sind, die Vorgesetztenpflicht nicht verletzen können. Mithin kann der Fall einer verschärften Haftung eines Vorg. gegenüber einem Nichtvorg. nicht eintreten.[24] Wohl aber bedarf es einer Betrachtung der jew. Vorgesetztenstellung. Je höher die Stellung, desto beispielhafter hat die Haltung zu sein. Wenn und soweit also nicht schematisch aufgrund der Stellung als Vorg. an sich eine „scharfe“ Haftung angenommen wird, sondern stattdessen Dienstgrad und Dienststellung bzw. die Funktion des Vorg. betrachtet werden, wird lediglich die nach Abs. 1 gebotene Einstufung bewirkt. Eine Doppelverwertung der Vorgesetzteneigenschaft stellt dies nicht dar. Vorg. mit höherem Dienstgrad sind auch bei der Verletzung von Vorgesetztenpflichten an höheren Maßstäben zu messen.[25] Für die materiell gebotene Binnendifferenzierung auf allg. Normen wie § 7 SG oder § 38 WDO ausweichen zu müssen, widerspräche dem Sinn und Zweck des Abs. 1, Vorg. bei der Erfüllung aller Dienstpflichten zur Beispielhaftigkeit zu mahnen.
15
Ferner ist es möglich und geboten, bei der Bewertung eines Pflichtverstoßes dienstgradgleicher Vorg. auf deren unterschiedliche Funktion/Dienststellung abzustellen[26] (z.B. Verstoß gegen § 15 Abs. 4 durch zwei Hauptleute, von denen nur einer als KpChef die Stellung eines unmittelbaren Vorg. gem. § 1 VorgV hat und zugleich DiszVorg. ist). Auch dies spricht gegen die Annahme eines Doppelverwertungsverbotes.
16
Wer seine Vorgesetztenstellung noch im Rahmen von Dienstleistungen aufgrund der WPfl erworben hatte, war nach den gleichen Maßstäben wie SaZ und BS zu behandeln.[27] Gleiches gilt bei Dienstleistungen nach §§ 59 ff., bei einer Eignungsübung nach § 87 oder einer DVag nach § 81, da selbst die Verleihung vorläufiger Dienstgrade der Mitwirkung der Betroffenen bedarf und solche Vorg. sich nicht darauf berufen können, gegen ihren Willen verschärften Anforderungen gerecht werden zu müssen.
17
Hinsichtlich der Frage der verschärften Vorgesetztenhaftung kommt es auf den Dienstgrad des Soldaten zur Zeit der Tat, nicht auf den zur Zeit der Entscheidung über einen Verstoß an.[28]
4. Absatz 2
a) Zweck und Inhalt
18
Abs. 2 verpflichtet die Vorg. zur Dienstaufsicht. Die Verantwortung für die Disziplin ihrer Untergebenen ist selbstverständliche Folge der Aufgabe und Dienststellung als Vorg. und der damit verbundenen Dienstaufsichtspflicht.[29] Verantwortung für die Disziplin Untergebener bedingt die Pflicht, zunächst Selbstdisziplin zu üben, da der für die Disziplin besonders wichtige Gehorsam das Vertrauen der Untergebenen voraussetzt.[30] Durch den Gesetzgeber besonders hervorgehobenes Instrument zur Disziplinwahrung ist die Pflicht zur Durchsetzung von Befehlen gem. Abs. 5 Satz 2.[31] Die den Vorg. zur Erfüllung ihrer Pflichten aus Abs. 2 und Abs. 5 Satz 2 zur Verfügung stehenden Mittel sind daher weitgehend identisch.
19
Da Funktionsfähigkeit und innerer Zustand der SK vor allem davon abhängen, wie Vorg. ihre Dienstaufsicht wahrnehmen, handelt es sich bei der Dienstaufsicht um ein vom Gesetzgeber geregeltes und eingefordertes Führungsmittel, dem im mil. Bereich grds. Bedeutung zukommt.
20
Dienstaufsicht hat nicht nur eine Beobachtungs- und Überprüfungsfunktion, sondern auch eine Erziehungs- und Eingriffsfunktion.[32] Neben der Wahrung der Disziplin ihrer Untergebenen durch Beobachten, Kontrolle sowie durch Anhalten zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten und somit der Verhinderung von Pflichtverletzungen dient die Dienstaufsicht dazu, Untergebene vor Nachteilen zu bewahren, insbes. drohende Gefahren eines materiellen oder immateriellen Schadens von ihnen abzuwenden. Insoweit berühren sich die Dienstaufsichtspflicht und die Fürsorgepflicht der Vorg. gem. Abs. 3.[33]