Kitabı oku: «Soldatengesetz», sayfa 39

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[84]

BVerwGE 127, 302 (311).

[85]

BVerwGE 127, 302 (311). Zu weiteren Einzelheiten vgl. die Komm. zu § 10 Rn. 67 ff.

[86]

Beispiele bei Lingens/Korte, WStG, § 32 Rn. 8.

[87]

Vgl. z.B. BDHE 6, 160 (Einsatz eines Musikkorps bei karnevalistischer Veranstaltung); BVerwG DokBer B 1979, 19 (Teilnahme an dienstl. Abschiedsabend); BVerwGE 76, 110 = NZWehrr 1984, 76 (Teilnahme an einer Repräsentationsveranstaltung der Bw); BVerwGE 127, 1 = NZWehrr 2007, 79 (Einsatz von Soldaten bei einem sog. Historienspektakel).

[88]

BVerwGE 127, 302 (314); BVerwG NZWehrr 2009, 119 (120); SchAPL, SG, § 11 Rn. 16; Stauf I, § 11 SG Rn. 10 ff.; MüKo/WStG-Dau, § 2 Rn. 36.

[89]

GKÖD I Yk, § 11 Rn. 14. Ähnlich Lingens/Korte, WStG, § 2 Rn. 37, § 22 Rn. 4.

[90]

Vgl. BVerwGE 127, 302 (314 ff.); SchAPL, SG, § 11 Rn. 17 f.; MüKo/WStG-Dau, § 2 Rn. 36 f., jew. m.w.N.

[91]

Vgl. BVerwG NZWehrr 2009, 119 (120) mit Anm. Dreist, ebd. S. 125. In diesen Kontext soll z.B. die Berufung des Soldaten auf Art. 4 Abs. 1 GG eingeordnet werden. Vgl. BVerwGE 127, 302 (318).

[92]

Vgl. BVerwGE 127, 302 (314).

[93]

So wohl auch Dau, NZWehrr 2005, 255 (257).

[94]

BGHSt 2, 194 (201); GKÖD I Yk, § 11 Rn. 21a; SchAPL, SG, § 11 Rn. 21; Stauf I, § 11 SG Rn. 16.

[95]

GKÖD I Yk, § 11 Rn. 25; MüKo/WStG-Dau, § 2 Rn. 34.

[96]

Die also noch nicht einmal strafrechtswidrig o. die Menschenwürde verletzend ist!

[97]

Battis, BBG, § 63 Rn. 6. Die Formulierung bei SchAPL, SG, § 11 Rn. 23a, die als entscheidenden Unterschied zum Beamtenrecht herausstellen, dass bei den Beamten eine Gehorsamspflicht „bei Ordnungswidrigkeiten immer entfällt“, erweckt den Eindruck, die Beamten seien damit begünstigt. Das Gegenteil ist aber der Fall: Bei erkennbaren Ordnungswidrigkeitsverstößen ist der Beamte stets selbst, der Soldat hingegen nie selbst verantwortlich.

[98]

Vgl. hierzu MüKo/WStG-Dau, § 2 WStG Rn. 35 m.w.N.

[99]

Vgl. Vitt, NZWehrr 1994, 45 m.w.N.

[100]

Der Hinweis von SchAPL, SG, § 11 Rn. 23b, in der Praxis seien Streitfragen des „gefährlichen Befehls“ nicht so häufig, denn soweit der befehlende Vorg. den möglichen negativen Erfolg billigend in Kauf nehme, handele es sich um eine vorsätzliche Tat, also um einen unverbindlichen Befehl, hilft dem Befehlsempfänger nicht weiter. Denn dieser kann u. wird i.d.R. die subjektive Einstellung seines Vorgesetzten nicht durchschauen. Er ist u. bleibt in dem Dilemma, dass es für ihn nach § 11 Abs. 2 auf seine persönliche Bewertung u. Entscheidung ankommt, die ihm niemand abnimmt.

[101]

Stauf I, § 11 Rn. 22.

[102]

SchAPL, SG, § 11 Rn. 24.

[103]

So auch Lingens/Korte, WStG, § 2 Rn. 42 a.E.; GKÖD I Yk, § 11 Rn. 26.

[104]

Vgl. GKÖD I Yk, § 11 Rn. 29; SchAPL, SG, § 11 Rn. 26.

[105]

Amtl. Begr. (vgl. o. Rn. 5); SchAPL, SG, § 11 Rn. 30.

[106]

Vgl. BT-Drs. 17/9340, 47.

[107]

Sie folgt bei Soldaten hier aus § 7.

[108]

Das wird i.d.R., muss aber nicht immer der Vorg. sein, der die AO getroffen hat, so z.B. dann nicht, wenn ein Dienststellenleiter unter Umgehung von Zwischenvorg. einem Dezernatsleiter unmittelbar eine AO erteilt. Auch dann ist die Remonstration jedoch stets an den unmittelbaren (nächsten) Vorg. zu richten. Die amtl. Begr. zu § 63 Abs. 2 BBG (BT-Drs. 16/7076, 116) stellt klar, dass die Formulierung „an die oder den nächsthöheren Vorgesetzten“ in Satz 2 unterstreiche, „dass auch bei Fortsetzung einer Remonstration grundsätzlich weiterhin der Dienstweg einzuhalten“ sei. Der Dienstweg muss daher auch für die erstmalige Remonstration eingehalten werden.

§ 12 Kameradschaft

1Der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. 2Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. 3Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein.

Kommentierung

I.Allgemeines1 – 5

1.Entstehung der Vorschrift1, 2

2.Änderungen der Vorschrift3

3.Bezüge zum Beamtenrecht bzw. zu sonstigen rechtl. Vorschriften; ergänzende Dienstvorschriften und Erlasse4, 5

II.Erläuterungen im Einzelnen6 – 22

1.Satz 1 „Kameradschaft“6 – 12

a)Begriff und Inhalt6 – 8

b)Verletzung der Kameradschaftspflicht9 – 12

2.Satz 213 – 19

a)Begriff des „Kameraden“13 – 15

b)Würde des Kameraden16

c)Ehre des Kameraden17

d)Rechte des Kameraden18

e)Beistandspflicht19

3.Satz 320

4.Einzelfälle von Verstößen gegen § 12 aus der Rechtsprechung21, 22

Literatur:

Goerlich, Helmut: Soldatische Pflichten, provokative Meinungsäußerungen und die Vereinigungsfreiheit des Soldaten, Jura 1993, 471; Huth, Rüdiger: Hände weg von der Kameradenehefrau, Wehrausbildung 1993, 340; Höges, Theodor: Rechtsfragen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz in den Streitkräften, NZWehrr 2003, 221; Küppers, Rudolf: Wegnahme bundeswehreigener Sachen unter Soldaten, NZWehrr 1964, 103; Laabs, Harald: Rechtsstellung und Pflichtenkreis der Rechtsberater der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen und im Verteidigungsfall, NZWehrr 1995, 61; Lingens, Eric: Fürsorge- und Dienstaufsichtspflicht in Konkurrenz mit sonstigen Dienstpflichten, NZWehrr 1989, 251; ders.: Hände weg vom Ehepartner des Kameraden, Truppenpraxis/Wehrausbildung 1999, 659; ders.: Verleiten zu pflichtwidrigem Verhalten und Pflicht zur Kameradschaft, BWV 2001, 130; ders.: Das Eindringen in die eheähnliche Lebensgemeinschaft eines Kameraden, NZWehrr 2006, 244; Lutze, Christian: Der Kameradenehebruch als Dienstvergehen, NZWehrr 2000, 200; ders.: Sexuelle Beziehungen und die Truppe, NZWehrr 2007, 192; Scherer, Werner: Über das Rauchen in den Kasernen, NZWehrr 1976, 121; Schmidt-Radefeldt, Roman: Streitkräfte und Homosexualität, NZWehrr 2000, 141; Schreiber, Jürgen: Treudienstpflicht, Vorgesetztenpflichten, NZWehrr 1991, 105; Schwalm, Georg: Die Streichung des Grundtatbestands homosexueller Handlungen und ihre Auswirkung auf das Disziplinarrecht, NZWehrr 1970, 81; Schwandt, Eberhard Ulrich: Dienst- und Disziplinarrecht der Soldaten, ZBR 1992, 298 ff.; 1993, 161; 2002, 297; ders.: Die unantastbare Würde des Menschen im Dienst- und Disziplinarrecht der Soldaten, in: Fs für Walther Fürst, 2002, 289; Weingärtner, Dieter: Zur disziplinaren Würdigung ehrverletzender Äußerungen zum Nachteil von Kameraden in Petitionen von Soldaten, NZWehrr 1987, 11; Widmaier, Ulrich: Zum Grundrecht des Soldaten auf freie Meinungsäußerung aus disziplinarrechtlicher Sicht unter Einbeziehung allgemeiner Aspekte des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, in: Fs für Walther Fürst, 2002, 407.

I. Allgemeines

1. Entstehung der Vorschrift

1

§ 10 des REntw.[1] sah folgende Regelung vor:

Die Kameradschaft verbindet alle Angehörigen der Streitkräfte. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen.

Die Kameradschaft wird in der Begr. des REntw.[2] als „alte gute Überlieferung des Soldatentums“ bezeichnet. Gemeint sei damit die „echte“ Kameradschaft, so wie sie sich besonders in der „alten Armee“ (d.h. der Armee vor 1919) und in der Kaiserlichen Marine herausgebildet habe.[3] An diese tradierte Kameradschaft, das „band of brothers“, die gegenseitige Hilfsbereitschaft im Kampf und bis in den Tod[4], wollte der Gesetzgeber mit ihrer Verankerung im SG offenbar anknüpfen. Ob es dazu einer expliziten Normsetzung bedurft hätte,[5] ist allerdings fraglich.

2

In den Ausschussberatungen war § 10 des REntw. grds. unstr. In der Sitzung des Rechtsausschusses vom 18.11.1955[6] schlug der Abg. Schröter (SPD) vor, den Satz „Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein.“ anzufügen. Hierdurch sollen der „schon etwas abgenutzte Begriff der Kameradschaft“ konkretisiert und das Toleranzgebot hervorgehoben werden. Der Rechtsausschuss[7] wie auch anschließend der VertA folgte diesem Votum. Ebenfalls der VertA ersetzte in Satz 1 das Wort „Streitkräfte“ durch „Bundeswehr“[8] und formulierte diesen Satz sprachlich um.

2. Änderungen der Vorschrift

3

§ 12 ist seit der Erstfassung des SG bis heute unverändert. Das TDG Nord hatte in einem Urt. vom 15.2.2001[9] „bedauert“, dass der Gesetzgeber bisher keine Veranlassung gesehen habe, § 12 insoweit zu ändern, als sich die Kameradschaftspflicht derzeit noch auf das Verhältnis der Soldaten der Bw untereinander beschränke. Es sei nicht einzusehen, weshalb der Marinesoldat in Flensburg und der Gebirgsjäger in Mittenwald Kameraden seien, nicht jedoch deutsche und verbündete Soldaten, die im gleichen Raum ihren Dienst versähen. Das BMVg[10] hat es seinerzeit abgelehnt, eine entspr. Gesetzesinitiative[11] zu ergreifen. Zum Wesen der Kameradschaft gehöre die Gegenseitigkeit. Es bedürfe daher einer internationalen Pflichtenordnung, die für alle Soldaten über die nationalen Grenzen hinweg gelte. Diese ist bekanntlich (noch) nicht vorhanden.

3. Bezüge zum Beamtenrecht bzw. zu sonstigen rechtl. Vorschriften; ergänzende Dienstvorschriften und Erlasse

4

Grenzschutzdienstpflichtige sind den Regelungen des § 12 unterworfen, wenn der BT zuvor der Anwendung der §§ 48 bis 61 BGSG[12] (hier: § 59 BGSG) zugestimmt hat. Es ist daher unzutr., dass § 12 im gesamten öff. Dienstrecht die einzige Best. sei, die zu gegenseitiger Kameradschaft verpflichte.[13] Allerdings enthält das BBG keine explizite Verpflichtung des Beamten zur Kameradschaft. Dennoch wird der allg. Verhaltensklausel des § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG entnommen, dass der Beamte gegenüber anderen Beschäftigten zu kollegialem und hilfsbereitem Verhalten[14] verpflichtet sei. Die Kommentarlit. zu § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG befasst sich aber nur kurz mit dieser Beamtenpflicht. Von daher wird erkennbar, dass zumindest in der täglichen Praxis des Umgangs miteinander wesentliche Unterschiede inhaltl. Art zwischen § 12 und § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG bestehen. Ob der rechtl. und sittliche Gehalt der Begriffe „Kameradschaft“ und „Kollegialität“ tatsächlich kongruent ist[15], ist zweifelhaft. Möglicherweise sind die Dienst-/Arbeits- und Wohnbedingungen von Soldaten und Beamten so unterschiedlich, dass die Kameradschaft unter Soldaten eine weit größere Rolle spielt als Kollegialität unter Beamten.

5

Der besondere Würdeschutz von Soldaten in der Rolle als Untergebene hat auch speziellen strafrechtlichen Niederschlag in § 31 WStG gefunden. Daneben können im Einzelfall die Bestimmungen des SoldGG zu berücksichtigen sein.

Einzelfragen regelt die ZentralRL A2-2630/0-0-2 „Leben in der militärischen Gemeinschaft“[16]. Maßnahmen zum Schutz der Nichtraucher regelt die ZDv A-2015/1 „Schutz der nichtrauchenden Personen vor Passivrauchen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung“. Mit Fragen des sexuellen Verhaltens von und zwischen Soldaten befasst sich der Erl. des BMVg „Umgang mit Sexualität in der Bundeswehr“.[17]

II. Erläuterungen im Einzelnen
1. Satz 1 „Kameradschaft“

a) Begriff und Inhalt

6

Der Begriff „Kameradschaft“, abgeleitet vom italienischen „camerata“ = Stubengemeinschaft[18], hat trotz seiner gelegentlich auch außerhalb der SK anzutreffenden Verwendung[19] eine primär militärspezifische Bedeutung.

Kameradschaft ist das Band der Zusammengehörigkeit,[20] das Soldaten untereinander zu einer Art verschworener Schicksalsgemeinschaft zusammenschweißt. Viele Berichte aus Kriegseinsätzen in jüngerer Zeit verweisen auf die sog. kleine Kampfgemeinschaft, die auf der Basis der Kameradschaft dem einzelnen Soldaten in Not und Gefahr geholfen hat, extreme Belastungen zu ertragen und durchzustehen.

Bestimmende Faktoren der Kameradschaft sind gegenseitiges Vertrauen, das Bewusstsein, sich in Krisensituationen bedingungslos aufeinander verlassen zu können[21], gegenseitige Achtung, Fairness[22] und Toleranz.[23] Ein Soldat, insbes. in Vorgesetztenstellung, der die Pflicht zur Kameradschaft verletzt, stört den Zusammenhalt der Soldaten und damit den Dienstbetrieb. Letztlich beeinträchtigt er durch ein derartiges Verhalten die Einsatzbereitschaft der SK.[24]

7

Die mit § 12 zum Rechtsinstitut erhobene Kameradschaftspflicht wird durch die Gesetzesvorschrift ethisch nicht voll ausgeschöpft.[25] § 12 enthält nur die Mindestanforderungen, die an den Soldaten gestellt werden.[26] Dementsprechend kann nicht durch Befehl verpflichtet werden, alles zu tun, was der Kameradschaft irgendwie dienlich ist.[27]

8

Verpflichtung des Soldaten zur Kameradschaft und (Rechts-) Anspruch des Soldaten auf Kameradschaft entsprechen sich nicht. Die Pflicht zur Kameradschaft ist ein gerichtl. nicht durchsetzbares Reflexrecht.[28] Der Soldat kann sich gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 WBO förmlich beschweren, wenn er glaubt, durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden verletzt zu sein. Nach erfolglos beschrittenem Beschwerdeweg wird ihm weiterer Rechtsschutz durch ein Wehrdienstgericht jedoch nicht gewährt.[29] Dies folgt aus Art. 19 Abs. 4 GG und den rechtspolit. Intentionen der WBO. Eine gerichtl. Überprüfung von Beschwerdeanlässen innerhalb der SK ist danach nur geboten, wenn es sich um Maßnahmen des mil. Über-/Unterordnungsverhältnisses handelt. Eine Kameradenbeschwerde ist dogmatisch nur die Meldung eines Dienstvergehens[30].

b) Verletzung der Kameradschaftspflicht

9

Die Pflicht zur Kameradschaft kann nicht nur vorsätzlich, sondern auch fahrlässig verletzt werden.[31] Dies folgt bereits aus § 23 Abs. 1, wonach der Soldat ein Dienstvergehen begeht, wenn er schuldhaft seine Pflichten verletzt. „Schuldhaft“ impliziert die Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Wenn ein Vorg. einen Flugzeugführer nicht davon abhält, entgegen dem Flugauftrag unter 100 Fuß zu fliegen, gefährdet er fahrlässig Leben und Gesundheit der anderen Besatzungsmitglieder und verstößt gegen § 12.[32]

10

§ 12 ist auch verletzt, wenn die durch Satz 2 und 3 geschützten Rechte des Kameraden lediglich gefährdet sind.[33]

11

Rechtl. unbeachtlich ist, ob sich der in seiner Würde und Ehre missachtete Kamerad durch das Verhalten des Täters subjektiv verletzt gefühlt und ein solches Verhalten nachträglich verziehen hat. Das Gebot, die Rechte des Kameraden zu achten, ist nicht um des einzelnen Soldaten willen, sondern im Interesse des mil. Zusammenhalts in das SG aufgenommen worden. Eine objektive Pflichtverletzung reicht aus.[34] Typisches Beispiel hierfür sind sog. Einstandsrituale.

12

Rspr.[35] und Lit.[36] sind sich weitgehend einig, dass die Pflicht zur Kameradschaft und die Pflicht des Vorg. zur Fürsorge gem. § 10 Abs. 3 durch ein und dieselbe Handlung verletzt werden können. Der Vorg., der einen (untergebenen) Kameraden entgegen § 12 Satz 2 behandelt, verstößt sowohl gegen § 12 als auch gegen § 10 Abs. 3. Dies gilt z.B. dann, wenn ein Vorg. einen Untergebenen zur Begehung von Straftaten oder Dienstvergehen verleitet,[37] wenn ein Vorg. bei einem Untergebenen „leichtfertig“ Schulden macht oder gegenüber einem Untergebenen sexuell zudringlich wird.[38]

2. Satz 2

a) Begriff des „Kameraden“

13

Kameraden i.S.v. § 12 SG und § 1 Abs. 1 Satz 1 WBO[39] sind (nur) die aktiven Soldaten der deutschen Bw, unabhängig von Dienstgrad, Dienststellung[40] und Geschlecht und ob sie innerhalb oder außerhalb der SK, im Inland oder Ausland verwendet werden.[41]

Kameraden im Rechtssinne sind nicht ziv. Angehörige der Bw, Soldaten anderer SK, Res.[42] (wohl aber nach § 4 ResG in ein Reservewehrdienstverhältnis Berufene), Soldaten im Ruhestand und ehem. Angehörige der NVA. Auch der BMVg ist nicht Kamerad i.S.v. § 12. Er steht zwar als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt gem. Art. 65a GG an der Spitze der SK, hat aber nicht den Status eines Soldaten inne. Dasselbe gilt für den BK im V-Fall nach Art. 115b GG.

Die Beschränkung des § 12 auf Soldaten der deutschen Bw leitet sich aus dem Geltungsbereich des SG, dem Wortlaut von § 12 Satz 1 und dem Sinn und Zweck der gesetzl. Regelung ab.

14

Missverständlich[43] ist die Rspr. des BVerwG, die bei Dienstvergehen/Straftaten von Soldaten zum Nachteil von Ang.[44] oder Beamten[45] der Bw die gleichen Maßstäbe zu Grunde legt wie beim Kameradendiebstahl. Die Begr. des Gerichts, im Hinblick auf den Schutz des Zusammenhalts „in der Truppe“ mache es keinen gravierenden Unterschied, ob die Tat gegenüber einem Soldaten oder einem „Zivilangestellten“ begangen worden sei, würde allenfalls dann tragen, wenn statt „Truppe“ auf den Wortlaut von § 12 Satz 1 abgestellt würde, da dort explizit die Bundeswehr und gerade nicht die Streitkräfte erwähnt sind. Trotzdem bleibt insoweit die Frage, ob nicht eine teleologische Reduktion angezeigt ist, da sonst zwar die Soldaten, nicht jedoch Arbeitnehmer, Beamte und Richter des Geschäftsbereichs verpflichtet sind.

15

Richtigerweise wird dagegen eine Rechtsgemeinschaft von Soldaten, z.B. eine OHG oder UHG, in den Schutzbereich des § 12 einbezogen, und zwar unbeschadet ihrer Rechtsform (Verein oder BGB-Gesellschaft).[46]

b) Würde des Kameraden

16

„Würde“ meint die durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Menschenwürde.[47] Das BVerfG hat bisher darauf verzichtet, eine positive Bestimmung dieses Begriffs zu formulieren. Stattdessen prüft es im konkreten Fall an Hand der von Dürig entwickelten sog. Objektformel[48], ob der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird. Die Menschenwürde ist nicht bereits dann angetastet, wenn eine bestimmte Behandlung wenig würdige Umstände hervorruft.[49] Weiterhin muss zu dem objektiv wahrnehmbaren Verhalten noch eine entspr. verächtliche Gesinnung hinzutreten,[50]die bspw. dann fehlt, wenn Soldaten als Mittel zur Verteidigung eingesetzt werden; hier würde erst dann eine entwürdigende Behandlung zu bejahen sein, wenn nicht mehr das Verteidigungsziel, sondern eine letztlich sinnlose Aufopferung verlangt würde. Entspr. verfährt der 2. WDS des BVerwG.[51] Das Verfassungsgebot zur Achtung der Menschenwürde liegt auch der Wehrverfassung, dem SG (§ 6) und den Prinzipien der Inneren Führung zu Grunde.[52] Ein Verstoß hiergegen wiegt besonders schwer – handelt ein Vorgesetzter, ist Ausgangspunkt disziplinarischer Zumessungserwägungen die Dienstgradherabsetzung bis in einen Mannschaftsdienstgrad.[53]

c) Ehre des Kameraden

17

Der Begriff „Ehre“ ist mit dem aus § 185 StGB abgeleiteten Tatbestandsmerkmal „Ehre“ identisch.[54] Zwar besteht strafrechtlich keine Einigkeit, was darunter zu verstehen ist, jedoch vertritt die dort h.M. einen normativen Ehrbegriff, als einen dem Menschen berechtigterweise zustehenden Geltungswert, der sich aus der Personenwürde speist, und daraus abgeleitet ein Anspruch, nicht unberechtigt in diesem sozialen Achtungsanspruch herabgesetzt zu werden.[55] Danach ist Ehre die Anerkennung, die eine Person nach ihren jeweils individuellen Voraussetzungen und in einem konkreten Handlungs- und Sinnzusammenhang zu Recht beanspruchen kann, weil sie den sie treffenden sozialen Verhaltenserwartungen entspricht.[56] Für die Klärung der Frage, ob eine Äußerung die Ehre verletzt, muss zunächst der „objektive Bedeutungsgehalt“ der Äußerung ermittelt werden. Maßgeblich ist der in ihr zum Ausdruck kommende erklärte Wille.[57]

Verletzungen der Ehre sind im Übrigen mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Hierher gehören persönliche Kränkungen, Herabwürdigungen und Missachtungen des berechtigten persönlichen Geltungsanspruchs.[58] Rechtfertigungen unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 GG sind im Einzelfall konkret zu untersuchen.[59] So tritt bspw. der Ehrschutz umso weiter zurück, je mehr mit der Äußerung primär eine den Dienstbetrieb berührende Frage verfolgt wird, die Betroffenheit des Rechtskreises des Soldaten jedoch nur unvermeidliche Folge, nicht jedoch Ziel der Äußerung war.[60] Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen bei der Deutung einer Äußerung gehört, dass sie unter Einbeziehung ihres Kontextes ausgelegt und ihr kein Sinn zugemessen wird, den sie objektiv nicht haben kann. Bei mehrdeutigen Äußerungen müssen andere mögliche Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen werden, bevor eine Ehrverletzung bejaht wird.[61]

Eine exakte Abgrenzung zur „Würde“ kann im Einzelfall praktisch schwierig sein. Die Menschenwürde ist nicht schon immer dann angegriffen, wenn durch eine Äußerung die Ehre tangiert ist; vielmehr muss sich der Angriff gegen den die menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit richten und bspw. das Lebensrecht einer Person als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen, die Person als minderwertiges Wesen behandelt werden.[62]