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Kitabı oku: «Homchen», sayfa 2

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Das Neue

Vom Walde nach Abend zu liegen die kahlen Hügel, und hinter ihnen dehnt sich unabsehbar das Drachenmoor. Da hausen, bald im Wasser, bald im Schlamm, bald auf den breiten Uferbänken und den weiten Strandwiesen die Riesenechsen, die sich die Herren der Schöpfung nennen. Da blickt der funkelnde, schuppige Rückenkamm des Stego über die hohen Farnkräuter hervor, die er abweidet. Da lauert der furchtbare Riesendrache, das schreckliche Ungeheuer, das selbst den Stego und den biedern Iguanodon angreift, der Raubherr zu Wasser und zu Land, die Großechse, sitzend auf die Beute —

Jetzt haben sich die Echsen in ihre Schlupfwinkel zurückgezogen - sie frieren. Denn kühl und klar über Wald und Hügel, über Moor und Meer schreitet die Nacht mit ihren Sternen.

Nicht unsere Sterne — es gibt keine ewigen Sterne. Wie viele sind verschwunden, wie viele neu aufgeglommen, seit die Riesenechsen ihre Fußspuren dem Uferschlamm eindrückten. Und die alten stehen nicht mehr an ihrem Platze. Kein Sternkundiger würde sie wiedererkennen. Denn die Sonne ist seitdem weit gewandert im Weltraum — — und mit ihr wanderte die Erde, wanderten die Begleiter. Und dort im Westen, nahe am Horizont, leuchtet der Nachbar der Erde, den wir den Mars nennen. Noch ist er nicht so rot, wie er heute erscheint, aber jetzt, da er in die Nebel herabsinkt, glänzt er rötlich, als ahne er seine Zukunft —

Zusammengekauert auf dem abgestorbenen Aste der letzten Eiche am Waldesrand sitzt Homchen und starrt mit den nachtoffenen Augen auf den sinkenden Stern. Und ängstlich schlägt das kleine, noch jüngst so stolze Herz, als der Stern tiefer und tiefer sich neigt. Wollte die rote Schlange heute nicht zu ihm sprechen, heute, wo es so fest darauf vertraute? Wohnte sie nicht auf dem Sterne? Da drüben gen Abend mußte sie wohnen, dahin wandern Sonne, Mond und Sterne, und alle glänzen sie rot, wenn sie niedergehen.

Und von den Sternen her hatte die rote Schlange zu ihm gesprochen. Nicht gar lange war‘s her — zwei Monde vielleicht. Homchen wußte es genau. Es war der erste Abend gewesen, daß es sich soweit durch den ganzen Wald bis auf die Hügel im Westen gewagt hatte. Da hatte es hier gesessen und über das weite Moor nach dem Sterne geschaut. Und es war ihm etwas geschehen, was es nie erlebt hatte, etwas Wunderbares, Weites, Großes. Es war nicht wie die süße Nuß zwischen den scharfen Zähnen, nicht wie die würzige Ameise an der Zunge. Es war auch nicht warm wie die Sonne, oder lieblich wie der zärtliche Nestruf der Mutter. Es war nicht wie der frohe Schwung zwischen den Ästen, nicht wie die packende Kraft der krallenden, fassenden Glieder — es war anders, ganz anders. Wie mochte man‘s nennen?

Das Meer war fort und das Moor war fort, und die großen Echsen waren nicht mehr. Sie waren geflohen vor Homchen und seinen Freunden. Und Homchen schritt aufgerichtet einher, stolzer noch als der Iguanodon, und die Tiere des Waldes fürchteten sich vor ihm. Also war‘s doch nicht richtig, was die Alten lehrten, daß die Echsen die Herren der Schöpfung seien. Die rote Schlange hatte es gesagt? Aber jetzt waren die Echsen fort und die Kala herrschten — oder auch nicht die Kala —, etwas anderes, Besseres, aber doch wieder wie die Kala, nicht wie die Echsen. Die rote Schlange konnte nicht lügen; woher konnte Homchen nun wissen, daß es etwas noch Mächtigeres geben könne als die Echsen? Die rote Schlange selbst mußte es ihm gesagt haben. Ja, es konnte nur die rote Schlange sein, die so zu ihm sprach, als es in den roten Stern blickte.

Und das Wunderbare wurde eine Macht, eine große, geheimnisvolle Macht in Homchen. Wie können wir rechtlos sein und Sklaven der Echsen, wenn die rote Schlange so zu uns spricht? Wie sich das alles in mir bewegt! Dort ist ja das Moor und dort knarren die Echsen im Schlafe mit ihren Schuppen. Aber nun blick‘ ich wieder in die Sterne und sehe eine andere Welt. Ich kann machen, daß die Dinge verschwinden. Und ich kann machen, daß alles ganz anders vor meinen Augen ist. Was muß ich tun, damit die andern das alles sehen, wie ich es sehe?

Rote Schlange, o gib, daß ich es ihnen zeige!

Gib mir, daß ich weiß, wie die neue schöne Welt zu bauen ist, wo das Moor nicht herrscht und nicht die Echsen!

Zeige mir den Weg zu deinem Sterne!

So hatte Homchen gedacht. Und dann war es am Morgen wieder hinausgegangen und hatte nach der Sonne geschaut, und es hatte sich nicht mehr vor dem hellen Lichte gefürchtet. Immer freier und froher sprang es umher und übte den Blick und übte Sprung und Schlag und Biß und rief mutig hinaus: »Mehr als alle Echsen weiß ich!« Und:

»Pelzchen trag‘ ich,

Krällchen schlag‘ ich,

Mehr als Echsen wag‘ ich.«

Und dann kam der Morgen, da es den Hohlschwanz tötete — —

Nun saß es hier und harrte auf das Wort der roten Schlange. »Mehr als alle Echsen weiß ich« — das ist wohl wahr. Aber es wußte doch nur, daß es über den Echsen etwas gibt, wodurch die Kala, die kleinen Säuger, einst die Herren der Schöpfung werden können. Was das sein mochte, wie das sein konnte, das wußte es nicht. Das wollte es von der roten Schlange hören. Und die rote Schlange sprach heute nicht. Der Stern sank hinter die Nebel. Zürnte sie Homchen?

Wo wohnte sie? Wo konnte man sie finden? Wenn es möglich wäre über das große Moor zu gelangen und immer weiter den Sternen nach? Oder wenn ihm jemand den Weg sagen könnte? Wenn einmal die Zierschnäbel kämen — die wissen es, aber sie sagen es nicht. Und niemand weiß, woher sie selbst kommen — —

Gleichviel — Homchen wollte zur roten Schlange.

Nun schlüpfte es vom Ast herab. Aber wohin? Wie konnte man über das Moor?

Da hörte es hinter sich ein Rascheln in den Ästen.

Gewandt und schnell flog ein Tier zwischen den Baumkronen einher. Homchen erkannte bald den Taguan, das fliegende Beuteltier, das heute bei der Versammlung gefehlt hatte. War es sein Feind oder nicht? Wußte er, daß Homchen gebannt war? Aber hier war nicht der Heimatwald, hier durfte ihn kein Beutler vertreiben. Was wollte der Taguan hier?

Da kam Homchen ein Gedanke. Der Taguan konnte fliegen, besser als der Hohlschwanz, fast besser als die fremdartigen Geschöpfe mit den weichen Haarschuppen, die sie Federn nannten. Er kam weit herum in der Welt. Bei Tage hing er in seiner Höhle und war faul, und die Tiere sagten, er sei sehr dumm.

Aber Homchen glaubte nicht mehr, was die Tiere sagten. Das war eben das Seltsame, seitdem die rote Schlange zu ihm gesprochen — Homchen vertraute auf etwas, das es nicht begriff, aber das viel mächtiger in ihm sprach als die Stimme der Tiere. Und das Mächtige in ihm sagte: Ein großer, starker Beutler, der in der Nacht so schnell durch die Luft saust, der so geschickt im Fluge sich dreht, der bald hier ist und bald da und seine Beute ergreift — wie kann der dumm sein? Er muß ja viel mehr gesehen haben als wir, die wir nicht fliegen können. Und wenn es des Tages nicht hinausgeht, so tut er das vielleicht aus Klugheit. Wo anders mag er‘s wohl anders halten. Oder mag er auch bei Tage dumm sein, bei Nacht ist er jedenfalls klug. Ich werde ihn fragen.

»Taguan! Taguan!« rief Homchen.

Der Taguan erkannte es sogleich an der Stimme.

»Hik! Du bist es, Homchen? Weißt du, daß ich dich suchte? Am Tage bin ich nicht zu sprechen, sonst hätt‘ ich mit dem Igel protestiert, daß sie dich bannten. Ich wünsche dir Glück, tapferer Kala. Du hast die Ehre der Säuger gerettet.«

»Ich danke dir, kluger Taguan. Ich möchte dich um deinen Rat fragen.«

»Es ist mir recht, wir können manches besprechen. Komm mit mir, wir wollen den Igel besuchen, er hat sich eine hübsche Wohnung gebaut. Nicht in unserem Walde, sondern auf den Hügeln. Er will auswandern. Komm mit!«

Homchen mußte tüchtige Sprünge machen, um dem Taguan folgen zu können, obgleich er jetzt nur langsam von Gipfel zu Gipfel am Waldrande hinflog. Er führte Homchen südwärts in eine Gegend, wohin es noch nie gekommen war. Es wußte gar nicht, daß hier das Hügelland immer breiter wurde, das den Wald vom Moore trennte. Nun ging es vom Walde fort über ein weites, offenes Plateau, das mit hohem Grase bedeckt war; dazwischen lagen verwitterte Felstrümmer. Während der Taguan sich von Felsstück zu Felsstück schwang, war der Weg recht beschwerlich für Homchen. Doch er war nicht mehr lang. Unter einem hohl liegenden Felsblock hatte sich der Igel aus trockenem Grase ein schönes, geräumiges Nest eingerichtet.

Die Weisen der oberen Kreide

»Es ist recht gemütlich bei dir«, sagte der Taguan zum Igel. »Schade, daß man sich nicht ein bißchen am Schwanze aufhängen kann. Aber dafür hast du nicht das Bedürfnis?«

»Nein, ich rolle mich lieber«, antwortete der Igel. »Es ist mir sicherer.«

»Bei deinem Schwänzchen allerdings. Aber ob es das richtige Prinzip ist? Obgleich ich zugeben muß, daß unser tapferer Kala trotz seines Kurzschwanzes den Hohlschwanz besiegt hat.«

»Vielleicht gerade darum«, sagte der Igel.

»Warum hast du denn den Wald verlassen«, fragte Homchen.

»Ich ging schon immer mit dem Gedanken um«, sprach der Igel. »Daß sie dich gebannt haben, hat die Entscheidung gegeben. Wir müssen gegen die Echsen ankämpfen. Du hast das Richtige gezeigt. Aber drinnen im Walde verstehn sie es nicht. Hinaus müssen wir! Ich kann nun freilich mit den Echsen nicht anbinden. Ich bin ein unglückliches, ein verfehltes Tier. Aber in den Wald tauge ich auch nicht. Ich kann nicht mehr ordentlich klettern. Nicht weil ich zu alt wäre. Ich bin noch in meinen besten Jahren. Aber es liegt in uns Igeln — wir haben unsern Beruf verfehlt, wir haben uns zu sehr auf die Defensive beschränkt. Meine Kinder können schon schlechter klettern als ich, meine Enkel noch weniger. Unsre Nachkommen werden es ganz verlernen. Sie werden gar nicht mehr auf die Bäume können. Es ist schade! Wir sind in eine Sackgasse geraten und werden es nicht weiter bringen als bis zum Igel. Sehr schade — denn sonst — wir haben Anlagen. Es könnte etwas daraus werden, wenn sie auf dem richtigen Wege entwickelt würden.«

»Und wie denkst du dir denn diesen Weg?« fragte Homchen bescheiden.

»Ich meine nämlich auch«, setzte es hinzu, »daß es mit den Säugern einmal viel besser stehn wird, aber ich weiß nicht, was wir dazu tun können.«

»Das ist nicht leicht zu sagen, mein tapferer Kala«, sagte der Igel. »Ihr müßt freilich erst auf dem Wege der Igel noch ein Stück fortschreiten, dann aber unsre Fehler vermeiden. Du wirst zugeben, daß die Igel die klügsten Tiere sind.«

Homchen nickte mit dem Kopfe, der Taguan sagte aus Höflichkeit nichts.

»Das Denken«, fuhr der Igel fort und blinzelte mit seinen Äuglein, »das Denken ist die Hauptsache, das Denkorgan entwickeln. Aber wie? Wie soll man das machen? Das möchtest du wissen? Nun — unter uns gesagt — es hört uns doch niemand? Nun, Homchen, du bist ja jetzt auch erwachsen. Nämlich — wie soll ich sagen — ihr Beuteltiere müßt über euch hinauswachsen, ihr müßt etwas Höheres werden — mit einem Worte: Ihr müßt den Über-Beutler züchten!«

»Den Über-Beutler?«

»Ja, den Über-Beutler.« Der Igel blickte mit erhobenem Schnäuzchen stolz um sich. »Das ist es! Warum fürchtet ihr euch denn vor den Echsen? Warum traut ihr euch nicht ins Tageslicht? Warum bleibt ihr Sklaven der Nacht, Leibeigene der Überlieferung? Warum werdet ihr keine Herrenseelen? Weil ihr den Beutel habt! Weil ihr grün zur Welt kommt wie junge Eicheln, und von der Mama herumgetragen werdet, statt frei umherzulaufen und die liebe Sonne zu sehen. Fort mit dem Beutel! sag‘ ich. Wenn ihr geboren würdet wie unsre Kleinen mit einem ordentlichen Fellchen und ordentlichen Gliedmaßen, da würdet ihr einmal sehen, wie man fortschreiten kann. Da würde die Pflege euerm Gehirn zu gute kommen, da würdet ihr eure eignen Gedanken haben, da würdet ihr werden, was wir eigentlich schon sind — der Überbeutler! Und der ist der Herr der Zukunft! Und du, Homchen, du bist der Anfang dazu. Ich will dir‘s verraten: du bist mit einem Fellchen zur Welt gekommen. Du bist der Überbeutler — nenne mich Onkel!«

»Du bist sehr gütig, lieber Onkel«, bemerkte Homchen. »Was du sagst, könnte mir wohl einleuchten. Aber warum seid ihr da nicht schon unsre Herren geworden?«

»Das ist ja eben das Unglück«, antwortete der Igel wehmütig, »das ich schon andeutete. Wir sind nur Herrenseelen, aber keine Herren. Wir sind Überbeutler nur in der Anlage; wir können unsre Begabung nicht durchsetzen. Den Beutel sind wir los, die Faulheit ist geblieben. Darum vermögen wir armen Igel alles nur in der Phantasie. Und nun will ich dir meine letzte Weisheit sagen: Sei ein Überbeutler, aber hüte dich vor dem Winterschlaf!«

»Also das ist euer Abweg?«

»Ja! Träumen und Schlafen! Ach, wie das selig macht. Aber es fördert nicht weiter. Ihr Kala habt das Zeug zum Überbeutler. Geratet nicht auf die Abwege des Igels. Klettert auf den Bäumen umher, trotzt dem Tage und — trotzt dem Winter! Daß wir‘s nicht taten, war unser Unglück. Ihr wißt, es ist jetzt viel schlimmer, als es früher war, und es wird noch immer schlimmer werden. Wenn die Sonne nicht mehr so hoch hinaufsteigt, wird es nun alle Jahre kälter. Die Bäume werfen ihr Laub ab und am Morgen könnt ihr weiße Streifen an den Zweigen sehen. So erzählt man mir. Da haben wir Igel gefroren und uns eingegraben und geschlafen. Und so sind wir in die Sackgasse geraten. Ihr aber müßt dem Winter trotzen, denn den können die Echsen nicht vertragen. Und dadurch könnt ihr ihnen überlegen werden. Das ist so meine Idee!«

Homchen staunte den weisen Igel ehrfürchtig an. Wie das weiter werden sollte, verstand es zwar nicht, aber es offenbarte sich ihm doch eine Aussicht. Sprach die rote Schlange vielleicht heute aus dem Igel?

Da räusperte sich der Taguan.

»Mein weiser Igel«, sagte er, »im Ziele hast du ganz recht. Es ist zwar ein Geheimnis, aber wer‘s versteht, der kann‘s vernehmen im Windeswehn und Blätterrauschen: Die Echsen müssen fort. Eine neue Welt wird kommen, in der kein Platz ist für dies rohe Riesengeschlecht der Drachen, eine schönere Welt, in der es nicht knarrt und klappert von Knochenschilden und Schuppen, eine Welt, in der es singt und jubelt und weich sich anschmiegt und farbig glänzt wie die zarten Wolken im Morgenrot.«

»Wie schön du das schildern kannst, o Taguan!« sagte Homchen bewundernd.

»Ja«, nickte der Taguan, »das können wir. Und das kommt daher, weil wir fliegen. Der Igel hat recht, es gibt eine Entwicklung nach oben — verstehe, nach oben! Er hat aber nicht recht in dem Wege, wie er sich diesen Fortschritt denkt. Er spricht von dem Überbeutler. Nun gut, wenn ihr das werdet, so müßt ihr doch immer noch eure Jungen säugen. Und wenn ihr ein warmes Pelzchen gegen die Kälte habt, so müßt ihr doch immer kämpfen mit der Not des Winters und mit den Feinden der Säuger. Ich will euch ein größeres Wort sagen als ›Überbeutler‹! Ubersäuger müßt ihr werden. Nicht unter den Baumkronen zu hüpfen müßt ihr euch begnügen, über die Wipfel müßt ihr euch erheben im Fluge. Schwingen müssen euch wachsen, Flieger müßt ihr werden.«

»Phantast!« brummte der Igel.

»Erlaube«, entgegnete der Taguan. »Ich bin in der Welt weit herumgekommen. Was ich meine, ist nicht ein rohes Echsenvieh, wie der Hohlschwanz, auch nicht ein Flattertier, wie unsereins, auch nicht so ein elendes summendes Kerbtier wie Brimm, der Käfer. Es ist etwas Höheres. Weit im Süden hab‘ ich Tiere gesehen mit langen Hälsen und Schnäbeln an den Köpfen, doch nicht wie der Iguanodon und die Zierschnäbel trugen sie den langen Echsenschwanz, sondern ein weicher, bunter Schweif wehte ihnen nach. Und sie hatten nicht Flughäute, wie wir sie kennen, sondern die ganzen Arme waren besetzt mit weichen Borsten, die nannten sie Federn. Und damit flogen sie hoch in die Luft, und kein Hohlschwanz konnte sie einholen. Und mit dem Schnabel konnten sie nicht bloß quietschen, sie konnten ordentlich zwitschern, etwa so: Piep, piep, trillirinirillipiep!«

Der Taguan brachte eine Reihe furchtbarer Quietschtöne hervor, so daß Homchen und der Igel vergnügt lachen mußten.

»Nicht wahr, das gefällt euch?« sagte der Taguan stolz. »Und dabei kann ich‘s noch nicht einmal ordentlich nachmachen. Ja, mein Ideal sind die Vögel, die singenden Flieger.«

»Ich mag das ja nicht recht verstehen«, begann Homchen bescheiden, »aber ich begreife überhaupt nicht, wie wir so etwas machen sollen, daß uns Flügel wachsen. Wir können uns wohl üben in Kampf und Denken, daß wir stärker und klüger werden als die Echsen, aber unsern Leib können wir doch nicht —«

»Liebes Homchen«, sagte der Taguan, »wir können‘s freilich nicht. Aber so ist‘s auch nicht gemeint, daß wir etwa nächstes Jahr mit den Echsen aufräumen. Viele, viele Geschlechter müssen hingehen, bis wir uns so umgewandelt haben, wie ich sage. Wenn du dich übst im Springen und Denken, so änderst du dabei doch auch deinen Leib, und wenn das nun von Kind zu Kind immer so fortgesetzt wird —«

»Aber dafür ist‘s für uns zu spät, was das Fliegen anbetrifft«, rief der Igel. »Jetzt müssen wir auf unserm Wege weiter —«

»Na, na, Igel! Das mit den Jungen, die schon alt auf die Welt kommen, ist doch Unsinn. Da war‘s schon besser, wenn wir Eier legen könnten —«

»Das ist mir zu arg!« quiekte der Igel entrüstet. »Da würden wir ja auf den Echsenstandpunkt zurücksinken. Gerade darin liegt der Fortschritt, daß wir uns um unsre Jungen kümmern, daß wir sie erziehen und das Gesetz der roten Schlange lehren, daß wir für sie sorgen und sie uns kennen, damit sie uns nicht auffressen, wie der junge Hohlschwanz den alten.«

Der Taguan machte ein schlaues Gesicht.

»Hik, hik!« sagte er. »Das müßten wir auch beibehalten. Wir müssen nur die Eier nicht in den Sand graben, wir müssen sie hübsch bewachen und selbst ausbrüten. Dann können wir unsere Jungen richtig erziehen. Denn allerdings, auf Familie muß man halten.«

»Und wenn nun der Winter kommt?« fragte Hörnchen.

»Ja, mein lieber Neffe, das ist eben das Feine. Da brauchen wir nicht zu frieren und zu darben wir ihr. Dafür haben wir unsre Flügel. Da fliegen wir fort, weit fort, immer nach Süden, wo die Sonne höher steht. Da ist es noch warm, da hört der Sommer nicht auf. Und wenn es uns zu heiß wird, fliegen wir wieder zurück. Ist das nicht ein feiner Gedanke?«

Homchen dachte nach, aber der Igel entschied unwillig.

»Nein, nein, nein! Wenn ihr es so machen wollt, so wird es euch gehen wie uns Igeln, nur auf anderm Wege. Ein Stückchen kommt ihr wohl weiter, aber dann bleibt ihr stehen. Das seht ihr ja an unserm Winterschlaf. Wir dürfen den Schwierigkeiten nicht ausweichen, wir müssen sie bekämpfen, wir müssen uns ihnen gewachsen zeigen. Denn sonst wird es nichts mit dem Gehirn. Denken! Denken! Denken! Das hat die rote Schlange gesprochen, bevor es Echsen, Beutler und Vögel gab. Und was nutzt uns alles andre, wenn wir die Sicherheit auf Kosten des Denkens erreichen? Laß dich vom Taguan nicht irre machen, Homchen! Nicht in die Luft und nicht ins Wasser, sondern ein Oberbeutler, aber ein Säuger mit starken Armen und Beinen auf der festen Erde!«

»Ich weiß nicht«, sagte Hörnchen, »wer von euch recht hat; aber ich habe einmal eine Sage gehört, es werde dereinst ein Tier kommen, das weder schwimmt noch fliegt, weder läuft noch klettert, sondern das rollt; Und das werde schneller und stärker sein als alle Tiere. Was wißt ihr wohl davon?«

»Das ist dummes Zeug«, sagte der Taguan. »Es ist einmal ein runder Stern vom Himmel herunter gefallen auf einen Berg und ist den Berg hinabgerollt in eine Schlucht, wo die heiße Wolke wohnt. Da hat man gemeint, es sei ein Tier, ein ganz mächtiges, das die rote Schlange zu besuchen käme. Denn hinter der heißen Wolke soll ja die rote Schlange wohnen.«

»Wo ist das?« fragte Homchen eifrig.

»Ich war noch nicht dort«, sagte der Taguan.

»Wie kann man über das Moor kommen?« erkundigte sich Homchen weiter.

»Über das Moor kannst du nicht. Aber zwischen dem Moor und dem Wald ziehen sich die Hügel hin, auf denen wir sind; und wenn du auf diesen hinwanderst immer weiter und weiter nach Süden, so breiten sie sich mehr und mehr aus. Das ist die Steppe. Man muß sich aber immer am Walde halten, und wenn der Wald aufhört, so gehe man immer direkt nach Süden, dann fängt er wieder an. Du aber gehe nicht so weit, denn du würdest zu müde werden.«

Homchen schwieg.

Da sprach der Igel: »Schlag dir die Geschichte mit dem rollenden Tier aus dem Kopfe. Es ist Unsinn, das Rollen ist zwar gut, aber nur zum Schlafen. Und dazu ist auch jetzt Zeit. Ich kann dir, lieber Taguan, leider keinen Ast zum Aufhängen anbieten, aber für Homchen hab‘ ich dort ein weiches Grashäufchen. Und jetzt werde ich schlafen.« Damit rollte sich der Igel zusammen.

»Ich fliege nach Hause. Gute Nacht!« sagte der Taguan.

Homchen wollte noch etwas fragen, aber der Taguan war schon fort, und der Igel rührte sich nicht.

Da duckte es sich ermüdet auf dem Grase zusammen. Alles, was es gehört hatte, ging ihm nun durch den Kopf. Und immer wieder drängte sich die Frage hervor: Wo find‘ ich die rote Schlange?

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
170 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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