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Kitabı oku: «Homchen», sayfa 3

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Im Drachenmoor

Die Sonne brütet über dem Drachenmoor. Schwül und heiß liegt die Luft über der Lagune, und Modergeruch steigt von den austrocknenden Schlammbänken auf.

Im flachen Wasser wälzen sich häßliche, spindelförmige Ungeheuer von riesiger Länge. Von dem dicken Höcker in der Mitte mit den an den Leib gezogenen Füßen streckt es sich nach beiden Seiten fast zehn Meter lang in Gestalt einer Spitze — die eine stellt den Schwanz, die andre den Hals mit dem Kopfe des Tieres vor; und der Kopf ist so klein, daß man ihn vom Halse gar nicht unterscheiden kann. Diese Riesenspindeln fassen mit der Schnauze ein Bündel der üppig wuchernden Wasserpflanzen, und während sie daran schlingen, wälzen sie sich langsam über einander weg. Das sind ihre Liebesspiele. Und weiter tun sie überhaupt ihr Leben läng nichts, die dummen Bronto.

Im hohen Grase der Uferwiese weidet ein Paar Stego. Diese riesigen Schildechsen watscheln auf ihren Hinterbeinen einander entgegen. Ihre Panzer schillern und funkeln im Sonnenlicht. Der furchtbare Rückenkamm starrt von Stacheln. Jetzt sitzen sie hochaufgerichtet vor einander und schlagen sich mit den Vorderpfoten gegenseitig auf die Brust, daß die festen Knochenplatten dröhnen. Aber das ist nur Zärtlichkeit. Bald umschlingen sie sich mit den Armen und pressen ihre haushohen Leiber aneinander. Es knarrt und rasselt weit über das Ufer hin bis an die einzelnen zerstreuten Büsche riesiger Sumpfweiden.

Da stürzt es hervor mit schnellem, elastischem Schritt, auf den Zehen sich wiegend wie die anschleichende Katze, und doch hoch emporragend, schimmernd im Panzerschutz, der furchtbarste Drache der Welt. Das weit aufgerissene Maul starrt von scharfen, sichelförmigen Raubtierzähnen, die Augen funkeln in Mordlust. So stürmt die Großechse heran. Auf ihren Hinterbeinen hebt sie sich jetzt mehr als doppelt so hoch wie das Paar der Schildechsen, das in seiner Liebeswut nichts von der drohenden Gefahr merkt. Und über die eng Verschlungenen stürzt die Großechse von oben herab, beide zugleich mit ihren gewaltigen Armen zusammenpressend, daß die starken Knochenplatten unter der Riesenkraft krachen. Nichts hilft den Stego der Rückenkamm und die scharfen Stacheln. Die Raubechse hat ihre Körper zusammengezwängt und zermalmt mit dem furchtbaren Gebiß die Köpfe der Liebenden —

Ein wandelnder Berg drängt sich der Atlanto durch den Urwald — zehn Meter hoch und vierzig lang — die Stämme brechen unter seinen Tritten, und das Laub ganzer Bäume verschwindet im Maule des Tieres. Hinter ihm her trottet eine Raubechse mit einem Horn auf dem Kopfe und weit hervorragenden Zähnen. Gegen jenen Atlanto, den sie verfolgt, ist die Nashornechse, obwohl immer noch größer als ein Elefant, fast nur ein Zwerg. Aber sie unterläuft den riesigen Pflanzenfresser und reißt ihm mit ihrem furchtbaren Horn den Leib auf — und andre scheußliche kleinere Drachen stürzen sich über die Eingeweide —

Und die Bronto wälzen sich im Wasser —

Und die Hohlschwänze jagen umher. Sie heulen und klappern ärger als je; denn Wut ist in sie gefahren, weil sie von allen Echsen verspottet werden. Einer ihrer Stärksten ist besiegt und getötet worden von einem verachteten Beutler, von dem kleinen Nachttier, das sich an den Tag gewagt hat.

Die Hohlschwänze wüten und schreien Rache, aber weiter tun sie nichts und die andern Echsen auch nicht. Die Raubdrachen fressen, wen sie bezwingen können, und die Pflanzenfresser stopfen sich voll Gras und Laub. Die Bronto wälzen sich im Wasser, und draußen im Meere jagen die Schwimm- Echsen.

Langsam neigt sich der Tag.

Schon suchen die Echsen nach ihren Lagerstätten, da kommt eine ungewohnte Bewegung in die Bewohner des Moors. Die kleinen und schwachen Echsen, die sich sonst scheu verbergen, kommen furchtlos hervor, und alle Blicke richten sich neugierig nach Süden.

Von Süden her naht sich schnell heranhüpfend eine Schar seltsamer kleiner Geschöpfe.

Auf langem, schwanenhaftem Halse wiegen sie einen Vogelkopf mit spitzen, schnabelartigen Kiefern, in denen scharfe Zähne blitzen. Die kurzen Vorderfüße tragen sie frei, und auf den langen Hinterfüßen schnellen sie in weiten, raschen Sprüngen vorwärts. Ein langer Reptilschwanz unterstützt sie dabei. So hüpfen sie hurtig über Wiese und Strand.

Furchtlos springen sie an der Großechse vorüber und kümmern sich nicht um die Hohlschwänze, die umherstreifen. Die Großechse sieht ihnen ruhig zu. Die Hohlschwänze weichen ihnen aus und die Schildechsen watscheln ihnen entgegen, selbst die trägen Bronto stecken ihre Köpfe aus dem Wasser.

»Die Zierschnäbel sind da, die Zierschnäbel!« So geht der Ruf durchs ganze Drachenmoor.

Bald haben sich die Zierschnäbel rings am Ufer und auf den flachen Landzungen verteilt. Überall werden sie von den Echsen mit Ehrfurcht begrüßt. Unaufhörlich bewegen die Zierschnäbel ihre Vorderfüße gegen die Echsen und murmeln die dunkeln Worte:

»Wachset in Schlangenhut! Wachset in Schlangenhut! Gnädig sei euch die rote Schlange!«

Da drängen die Bronto mit ihren massigen Körpern die Wasserschlingpflanzen ans Ufer, daß die Zierschnäbel mit ihren langen Hälsen bequem die Fische herausholen können, die sich darin verfangen haben. Das mundet ihnen. Und einer sagt wohl zum andern:

»Wenn man jetzt noch ein paar Hohlschwanzeier zum Nachtisch hätte! Das ist doch das Beste!«

»Das soll schon noch kommen«, meint leise der andre. »Grappignapp wird es schon machen, wenn es Zeit ist.«

Inzwischen war die Sonne weiter herabgesunken. Ein Wind erhob sich und wehte kühl von Norden.

Da begann einer der Zierschnäbel, dem zwei schöne rote Lappen vom Kopf herabhingen:

»Es ist kalt bei euch. Merkt ihr das nicht?«

»O ja, wir frieren!« rief es hier und dort unter den Echsen. »Es ist jetzt immer so des Abends. Bitte die rote Schlange, daß sie es wieder warm mache.«

»Wir wollen es tun, wenn ihr gehorsam seid«, antwortete der Zierschnabel. »Nun rupft dort das Gras von der Wiese und bringt es hierher.«

Da rafften die Stego große Haufen des weichsten Grases zusammen und machten dichte Nester daraus. Da hinein setzten sich die Zierschnäbel, und das tat ihnen wohl.

Die Echsen sahen, wie sich die Zierschnäbel in den Nestern. wärmten und wollten es auch so machen. Aber wie sehr sie auch das Gras um sich häuften, sie blieben kalt und das Gras blieb kalt. Wo jedoch ein Zierschnabel gesessen hatte, da fühlte sich das Nest schön warm an. Wenn ein paar Zierschnäbel irgendwo aufstanden, steckten die Echsen schnell ihre Köpfe in das Nest und wärmten sich.

Und es ging ein Gemurmel durch die Echsen:

»Ihr Zierschnäbel seid heilige Tiere, ihr könnt das Gras warm machen. Ist es wahr, daß ihr von der Sonne gegessen habt? Warum werden unsre Nester nicht warm wie die eurigen?«

Da sagte der Führer der Zierschnäbel Grappignapp, indem er sich aufrichtete:

»Ich will es euch sagen, ihr Echsen vom Drachenmoor. Wir haben nicht von der Sonne gegessen, aber uns hat die rote Schlange gesegnet, weil wir ihre Boten sind. Fühlet uns an, unser Blut ist warm; darum wärmen wir das Gras und bleiben warm. Euer Blut aber ist kalt, und so nützen euch die Nester nichts. Und wenn die Sonne nicht scheint und euch auf die Haut brennt, so werdet ihr kalt und müde und schwach. Und die Sonne wird immer weniger scheinen und ihr werdet immer schwächer werden, ein Gespött für die Nachttiere des Waldes. Denn euch zürnt die rote Schlange.«

Da ging ein Krachen und Klappern und Knarren durch den Kreis der Echsen.

»Was sagt er? Die rote Schlange zürnt uns? Was haben wir getan? Was sollen wir tun, um der roten Schlange zu gefallen, daß sie uns warm mache?«

Und die furchtbare Großechse stieg über die ruhenden Echsen hinweg bis dicht an den Zierschnabel und schrie:

»Haben wir nicht das Gesetz der roten Schlange erfüllt, das ihr uns gebracht habt? Habt ihr nicht gesagt: Fresset das Gras der Wiese, fresset das Laub der Bäume, und wem die rote Schlange Zähne gegeben hat zum Zerreißen, der fresse einer den andern, wenn er ihn besiegen kann? Denn der Stärkste soll Herr sein im Drachenmoor? Nur wenn die rote Schlange ihre Boten sendet, soll Friede sein und keiner den andern fressen, es sei denn, die rote Schlange gebietet es durch euch? Und darum hab‘ ich erst heute ein ganzes Liebespaar von Stego verschlungen, damit ich satt bin, wenn ich hier bei euch sitze.«

»Es ist wahr, es ist wahr!« klapperten die Schildechsen. »Die Großechse hat die Gnade gehabt, zwei von uns zu verspeisen. Es lebe die mächtige Großechse!«

Während des allgemeinen Lärmes drängte sich Grappignapp dicht an den Kopf der Großechse und flüsterte ihr zu:

»Möchtest du statt der Stego nicht lieber die fetten, weichen Beutler des Waldes fressen? So viel du willst, sollst du haben, wenn du unserm Rate folgst.«

Da rasselte die Großechse vergnüglich mit den Zähnen und blinzelte mit den Augen. Der Zierschnabel aber rief:

»Schweiget! Schweiget alle! Die rote Schlange gebietet es. Rufet die Echsen zusammen im ganzen Drachenmoor, so will ich euch den Willen der roten Schlange verkünden. Zuerst aber, damit wir die rote Schlange versöhnen können, bringet jedem meiner Brüder drei frische Eier vom Hohlschwanz, mir aber fünf!«

Hui! Hui! sauste es in der Luft. Die Hohlschwänze hatten sich bei der Ankunft der Zierschnäbel hochmütig zurückgezogen. Sie hielten nichts von ihnen. »Wir können fliegen«, sagten sie; »die Zierschnäbel können nur hüpfen, und wir brauchen die rote Schlange nicht. Uns holt selbst die Großechse nicht ein; was sollen wir mit der roten Schlange?« Und wegen dieser Gesinnung der Hohlschwänze waren ihre Eier gerade die Lieblingsspeise der Zierschnäbel.

Als Grappignapp zu reden anfing, hatten sich die Hohlschwänze neugierig aus dem Hintergrunde genähert, denn sie fürchteten schon, daß die Zierschnäbel etwas gegen sie im Schilde führten. Nun stürzten sie wütend herbei und schrien durcheinander:

»Glaubt ihm nicht! Glaubt ihm nicht! Die rote Schlange kann gar nicht den Echsen zürnen, denn es gibt keine rote Schlange. Habt ihr sie schon einmal gesehen?«

»Ich glaube nicht an die rote Schlange«, rief einer besonders laut. Und einer brüllte sogar: »Ich will die Eier der roten Schlange fressen.«

Da fuhr die Großechse in die Höhe und befahl:

»Still! Laßt den Zierschnabel reden!«

»Bringet die Hohlschwanzeier«, sprach Grappignapp mit überlegener Ruhe. »Denn diese gerade verlangt die rote Schlange zur Strafe für die Hohlschwänze. Die rote Schlange liebt die Echsen, aber die Hohlschwänze haben den Echsen den größten Schaden getan, von den Hohlschwänzen droht das Verderben. Durch sie wird die Furcht vor den Echsen schwinden. Hat sich nicht das Nachttier, der kleine Kala, herausgewagt und den stärksten der Hohlschwänze besiegt? Es ist aber das Gebot der roten Schlange: Die Hohlschwänze sollen machen, daß die Beutler am Tage im Walde bleiben. Warum hat ihn der kleine Beutler besiegen können? Weil die Hohlschwänze die rote Schlange nicht achten. Darum, ihr Hohlschwänze, schweiget still und wartet ab, was das Drachenmoor beschließt.«

»Schmach! Schmach! Schande über die Hohlschwänze!« gellte und knarrte es da durch die Echsen.

Und nun stoben sie auseinander. Die Hohlschwänze entflohen vor den starken Echsen, die jetzt die, Eier der Hohlschwänze in den Verstecken aufsuchten und sie den Zierschnäbeln brachten.

Kleine, schnelle Echsen riefen alle zusammen, die noch nicht bei der Versammlung waren. Die Zierschnäbel aber ließen sich die Eier trefflich schmecken und wärmten sich in ihren Nestern, während die Echsen in immer größeren Massen sich ansammelten.

Die Vertrauten der roten Schlange

Es war die Zeit, da sonst die Drachen die Kühle des Abends scheuten, sich verbargen und einschlummerten. Darum hatten die Zierschnäbel den Abend gewählt; wenn die Nacht hereinbrach, merkten die Echsen am meisten, was ihnen fehle, und bekamen offne Ohren für bedrohliche Mahnung.

Und nun hüpfte der wohl durchwärmte und gesättigte Zierschnabel auf den Rücken der Großechse und sprach von da zum versammelten Drachenmoor:

»Da noch nichts war, keine Fische und keine Echsen, keine Kerbtiere und keine Beutler, da war die rote Schlange. Und die rote Schlange streckte sich aus, da reichte sie von einem Ende der Welt bis zum andern. Sie hatte aber zwei Augen, auf jeder Seite eins, das eine war weiß und das andere war schwarz. Dort, wo das weiße Auge lag, da war der Tag, wo aber das schwarze Auge lag, da war die Nacht; und in der Mite, wo die rote Schlange geruht hatte, da war die rote Dämmerung.

Und die Schlange legte zwei Eier. Das eine legte sie in den Tag und nannte es Sonne. Aus der Sonne kam das Geschlecht der Echsen, und aus der Schale des Ei‘s wurde das Meer und das Moor und der Schlamm und das helle Ufer. Das andre Ei legte sie in die Nacht und nannte es Mond. Aus dem Monde kam das Geschlecht der Beutler, und aus der Schale des Ei‘s wurden der Wald und die Felsen und die Berge.

Die rote Schlange aber sprach zu den Echsen:

Ihr seid die Kinder der Sonne. Ihr sollt in der Wärme wohnen des Meeres und des Moores und hinwandeln am hellen Ufer. Alle Tiere des Waldes und der Felsen und der Berge werden euch gehorchen. Ich will euch meine Stärke und meinen Panzer geben, damit ihr eure Macht zu bewahren vermögt. Und wer mir am nächsten kommt an Stärke und an Panzer, der soll Herr sein über alle, ausgenommen über meine Boten, die ich euch nennen werde.

Und nun vernehmt die Gesetze der Schlange.

Ihr sollt fressen, so viel ihr könnt, Pflanzen und Tiere, und ihr sollt auch fressen euch untereinander, daß nur übrig bleiben, die ich auserwählt habe zum Ruhme meiner Stärke und meines Panzers.

Ihr sollt herrschen über das Meer und das Moor und das Ufer am Tage, und ihr sollt achten, daß die Tiere des Waldes nicht an die Sonne kommen. In der Nacht aber sollt ihr schlafen, denn es ist euch verboten zu sehen, was die Nacht an den Himmel gesetzt hat. Aus der Sonne seid ihr gekommen; wenn aber die Sonne verschwunden ist, so glitzern am Himmel die bösen Geister, die euch töten, die Geister der Kälte.

Eure Haut kann nackt sein und sie kann gepanzert sein. Wer sie aber bedecken wollte mit Fell oder Haar, der soll verderben. Denn es geziemt den Echsen nicht, zu gehen wie die Nachttiere des Waldes.

In euren Körper habe ich das Mark des Rückens gelegt, daß es vereinige die Bewegung aller eurer Glieder und die Kraft aller eurer Sinne. Da soll es sich immer stärker zusammenziehen an dem einen Ende und soll dort wachsen und dick werden, damit ihr gewaltig wollt und tut alles, wozu euch die Lust ankommt!

Als meine Boten habe ich eingesetzt das Geschlecht der Zierschnäbel. Sie allein sollen euch mein Gesetz auslegen. Und was sie euch sagen, das ist mein Wille, daran sollt ihr nicht zweifeln und sollt nichts ändern an allem, was sie gebieten im Namen der roten Schlange.

Den Zierschnäbeln sollt ihr gehorchen und sie ehren; und es soll Friede sein zwischen euch, wo sie zu euch reden. Denn aus ihnen spreche ich, die rote Schlange.

So sprach die rote Schlange und verschwand. Und niemand mehr weiß, wo sie ist, außer uns, den Zierschnäbeln. Und nun dürft ihr und könnt ihr nicht mehr mit ihr reden als durch den Mund der Zierschnäbel, und ihr könnt sie nicht schauen als durch das Auge der Zierschnäbel, und ihr könnt nicht zu ihr gelangen als durch die Füße der Zierschnäbel.

Ihr aber müßt nun sorgen, daß auch die Tiere des Waldes dem Gesetze der roten Schlange gehorchen; und die ihm nicht gehorchen, sollt ihr fangen und töten und fressen und vernichten alle ihre Geschlechter. So will es die rote Schlange.«

Ehrfürchtig lauschten rings die Echsen.

Und immer dunkler ward‘s über dem Moor, die klare Nacht stieg herauf. Die Echsen im Wasser tauchten unter bis an den Kopf, und die am Lande drückten sich frierend an den Boden.

Grappignapp sprang herunter vom Kopfe der Großechse, aber ehe die Tiere ringsum sich zu rühren wagten, schwang sich ein anderer Zierschnabel an seine Stelle. Das war Kaplawutt mit dem großen Schnabel, der schlenkerte seine Vorderfüße hin und her und rief gellend über das Drachenmoor:

»Und wißt ihr, was die rote Schlange tut, wenn ihr die Gesetze nicht befolgt? Dann wird sie die Sonne belecken mit ihrer Zunge, daß sie immer kleiner und kühler wird. Und der Tag wird kalt werden wie die Nacht, und die Nacht wird so kalt werden, daß alles Wasser erstarrt wie der Reif des Morgens. Die Bäume werden ihre Blätter verlieren, und das Gras wird sie zudecken mit weißem Staub, daß ihr nirgens mehr findet, was euch Nahrung gibt. Und die Echsen, die noch nicht verhungert sind, werden beben vor Frost und werden zittern und klappern in Ängsten, bis sie starr werden und sich nicht mehr rühren können. Dann werden die Nachttiere des Waldes herauskommen in ihren warmen Pelzen und werden ihnen allen die Augen auskratzen, wie es der kleine Kala dem großen Hohlschwanz getan hat. Und die Säuger werden das Mark der Echsen verzehren, und mit euern Knochen werden sie nach der Sonne werfen, bis sie herabstürzt vom Himmel. Und es wird eine ewige Nacht sein.«

Kaplawutt sprang auf den Boden, denn selbst die Großechse begann vor Furcht und Kälte zu zittern. Nichts hörte man durch die stille Nacht als das schauerliche Rasseln der Knochenschilde, das die Angst der frierenden Drachen verriet. Keines der Ungetüme wagte aufzublicken; es hätte den Nachtgeistern ins blitzende Auge schauen können, deren Anblick verboten war.

Die Zierschnäbel versammelten sich um Grappignapp, der leise zu ihnen sprach in der Redeweise der Schnäbel, welche die Echsen nicht verstanden. Dann zerstreuten sich die Zierschnäbel nach allen Richtungen und flüsterten mit den Echsen, die sich furchtsam im Schlamm oder im Grase duckten und ehrfürchtig ihren Worten lauschten.

Inzwischen hob ein Bronto den langen Hals, um den zerrissene Ranken von Wasserpflanzen sich schlangen, aus dem Wasser empor und fragte demütig:

»O weiser Zierschnabel, warum zürnt denn die rote Schlange auch uns im warmen Wasser? Wir können doch nicht dafür, daß der Kala aus dem Walde gekommen ist und den Hohlschwanz getötet hat?«

Grappignapp sah den Bronto verächtlich an, denn er mußte sich erst auf seine Antwort besinnen. Der Bronto war doch wirklich zu dumm, daß er hier mit Zweifeln hervortrat, wo alles so schön vorbereitet war für die Absicht der Zierschnäbel. Dann sagte Grappignapp: »Mein lieber Bronto, glaubst du denn, wenn die rote Schlange die Sonne ableckt, daß alle Länder erfrieren müssen, sie könne das Wasser allein warm erhalten? Wie sollte sie das machen? Darum müßt ihr eben auch mitleiden mit den andern, wenn ihr nicht die Gefahr abzuwenden versteht.«

Da streckte ein andrer Bronto den Hals hervor. Denn er hatte gemerkt, daß das Wasser noch warm war, während die Landechsen froren; und so fragte er mutiger:

»Was können wir denn tun, damit die rote Schlange den Echsen nicht zürnt und die Sonne nicht ableckt?«

»Das will ich euch sagen«, rief Grappignapp und gab Kaplawutt einen Wink, daß er wieder auf den Kopf der Großechse springe, um zum Drachenmoor zu reden. Und Kaplawutt begann:

»Wollt ihr erfrieren, ihr starken Echsen? Wollt ihr von den Säugern gefressen werden? Wollt ihr, daß eure Gebeine gegen die Sonne fliegen?« Ein Schauer ging durch die Zuhörer. Nein, nein, nein schien es zu rasseln. »Nun, so frage ich euch, woher kommt die Gefahr? Wer hat zuerst die Gebote der Schlange übertreten? Der freche Kala war‘s, Homchen, aus dem Geschlechte der Beutler. Aus dem Walde ist er gegangen am hellen Tag, mit der roten Schlange hat er, sprechen wollen ohne Erlaubnis der Zierschnäbel, gerühmt hat er sich zu wissen was niemand wissen kann als wir, die Boten, denen die rote Schlange es sagt. Darum hat die Schlange erlaubt, daß er den Hohlschwanz töte, der auch seine Pflicht versäumte, damit die Echsen erwachen aus ihrem Schlummer.

Alles Böse und Verderbliche geht aus von den Nachttieren im Walde, die da Herren sein möchten über die Erde, über Moor und Meer. Sie haben sich angemaßt ihr Blut zu wärmen gegen den Willen der roten Schlange, die ihnen doch die Sonne versagt hat. Sie umkleiden sich, o Schande, mit Fellen und verbergen ihre Haut in, Haaren. Und, o Fluch und Frevel, sie häufen ihr Mark zu einer Verdickung, wie die starken Echsen, und dadurch wollen sie furchtbar stark werden und sich auflehnen gegen die Echsen. Und darum, ihr gewaltigen Drachen, gibt es nur eine Hilfe, wie ihr die rote Schlange versöhnen könnt und euch selber retten: Vernichtung der Säuger! Tod allen Tieren im Walde! Und Ausrottung ihrem Geschlechte!

Da klapperten und knirschten die Panzer der Echsen, und eiliger schlüpften die Zierschnäbel zwischen ihnen hin und her und versammelten sich wieder um ihre Führer.

Die Großechse aber rief gewaltig übers Moor:

»Das will ich tun! Das ist meine Sache! Ich schreite hinüber über die Hügel, ich zerdrücke den Wald in meinen Armen, ich zerreiße die Höhlen und fresse die Säuger. Ja, ich fresse sie alle mit Fell und Haar, und nicht einer soll übrig bleiben.«

Wundersam brummte und knarrte und schrie es rings umher, ein furchtbares Geräusch, wie man es nie vernommen. Denn alle Echsen schnarrten durcheinander, aber keine wagte den Kopf aus dem Grase zu heben; sie bebten in doppelter, in dreifacher Furcht, vor den Nachtgeistern, vor der Kälte und vor der Großechse. Keiner wollte es merken lassen, daß er der Großechse widersprach;

Grappignapp flüsterte mit den Zierschnäbeln: »Habt ihr alles ausgerichtet? Habt ihr sie herumgebracht?«

»Ja«, antworteten die Zierschnäbel. »Es steht alles gut. Sie fürchten sich vor der Großechse, denn wenn sie sich nicht vor ihr verbergen dürfen, werden sie selbst von ihr gefressen, sobald ihr nicht dabei seid. Sie wollen einen Anführer, der nur Pflanzen frißt.«

»Es ist gut.«

»Hört, ihr Echsen, höre, mächtige Großechse«, so rief nun Grappignapp, »du allein, so gewaltig du bist, vermagst nicht den ganzen Wald zu durchdringen und alle Säuger zu verschlingen. Alle Echsen zusammen müssen helfen. Die das Laub fressen, müssen die Bäume wegräumen, und die andern müssen die Tiere fangen. Aber damit alles richtig zusammenwirkt, müßt ihr einen Anführer haben, dem alle gehorchen. Und den sollt ihr jetzt wählen.«

»Gut denn«, rief die Großechse wieder, »so wählet mich. Ich bin die Stärkste von allen, das versteht sich von selbst.«

Wieder murrte und knarrte es, und eine Stimme, es war die des gewaltigen Atlanto, des haushohen Bäumeknickers, ließ sich vernehmen:

»Nicht die Großechse!«

»Nicht die Großechse, nicht die Großechse!« hallte es jetzt von allen Seiten.

»Einen Pflanzenfresser«, schrien die Bronto aus dem Wasser. »Den Atlanto wählt.«

»Nicht mich«, rief jetzt der Atlanto kühner, »den Iguanodon sollt ihr wählen!«

»Den Iguanodon«, wiederholte Grappignapp mit heller Stimme. »Iguanodon« stimmten alle Zierschnäbel ein. Und durch das Drachenmoor klang‘s jetzt wie Brausen des Sturmes, wie Sturz der Erde: »Iguanodon! Iguanodon!«

Da sprang die Großechse wütend auf ihre Beine.

Sie riß den fürchterlichen Rachen auf und Schnappte umher, daß die Zierschnäbel, die einzigen, die sich in ihre Nähe gewagt hatten, beiseite sprangen; und nun wollte sie den Kopf in die Höhe werfen, um sich auf den Atlanto zu stürzen — da sah sie über sich, was sie noch nie gesehen, nie zu sehen gewagt hatte — ein dunkles Zelt spannte sich über ihrem Haupte, daran funkelte es von tausend lichten Punkten, ein schimmerndes Band schlang sich hindurch — die Herrlichkeit des Sternen- himmels glänzte herab — und der rasende Riese stürzte zitternd zusammen. Vor dem Blick der Nachtgeister barg er sein schreckliches Haupt im Grase, und seine Sichelzähne klappten in ohnmächtiger Furcht aufeinander.

Die Echsen sahen den Gewaltigen niederstürzen. Bange Stille herrschte über dem Moor. Da hinein erklang hell die Stimme Grappignapps.

»Der Iguanodon sei unser Anführer! Die rote Schlange hat gesprochen. Sehet, wie es denen ergeht, die ihrem Willen sich widersetzen. Niedergebrochen ist die Großechse. Wollte sie sich aufs neue erheben, um der Wahl des Iguanodon zu widersprechen, so würden die frierenden Geister der Nacht sie töten.

Es lebe der Iguanodon! Ihm wollen wir uns beugen. Er ist groß und stark, und er ist weiser als alle Echsen. Aus ihm spricht die große Schlange. Was er sagt, das soll euch gelten als die Rede der großen Schlange. Niemand soll es wagen zu zweifeln an seinem Worte. Drüben wohnt er hinter dem Walde am großen Flusse, einsam wandelt er im Schilfe und bedenkt die Zukunft der Echsen. Lasset uns hinüber ziehen in Demut und ihn bitten, daß er unser Führer sei gegen die bösen Waldtiere.«

»Der Iguanodon, der Iguanodon!« So klang es wieder über den Strand. »Er sei unser Führer!«

»Und wer soll der Bote sein?«

»Ich«, rief der Atlanto. »Ich breche durch den Wald.«

»Das geht nicht«, sagte Kaplawutt. »Dann würden die Waldtiere merken, was geschehen soll; wir aber müssen sie überraschen. Wir wollen selbst hinüber, jedoch nicht durch den Wald. Weit ist der Umweg über die Hügel im Süden. Aber wir springen schnell. Und nun leget euch zur Ruhe, bis die Sonne warm scheint. Gnädig ist euch die rote Schlange!«

»Iguanodon, Iguanodon sei der Herr!« so hallte es noch dumpf. Und die Drachen entschliefen.

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Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
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