Kitabı oku: «Die letzte Seele», sayfa 8

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Paul bewunderte die Poster an der Wand. Er hatte noch nie ein Mädchen kennengelernt, das The Police oder die Beatles an der Wand hängen hatte. Allerdings konnte er die Mädchen, die er bislang näher kennengelernt hatte, an einer Hand abzählen. Aber sonst war es in diesem Zimmer nicht anders als in jedem anderen Zimmer in dieser Zeit. Außer vielleicht, dass Jeannine darin lebte, das Mädchen seiner Träume. Sie beschnupperten sich zwar noch immer gegenseitig, aber Paul glaubte fest daran, dass diese Liebe, ihre Liebe, ein Leben lang halten würde.

Ihr Zimmer war spärlich ausgestattet. In einer Ecke eine Couch, daneben ein Sessel, ein Bett und ein Schrank, und das war es auch schon. Kaum der Rede wert, würde man heute meinen, wo in fast jedem Zimmer ein Computer, ein DVD-Player, eine Stereoanlage und ein Fernsehgerät stehen. Aber für Paul war es etwas Besonderes. Hier verströmte alles ihren Duft. Und er liebte diesen Duft. Er war so schön blumig und erregend, und am liebsten würde er …

Magst du was trinken? Ne Coke oder so was?“

Oh ja, `ne Cola wäre echt klasse.“

Jeannine schlich aus dem Zimmer. Paul hockte sich auf das Bett. Ihm taten die Beine weh, am schlimmsten schmerzten die Ellenbogen.

Nach wenigen Sekunden kam Jeannine zurück. In den Händen hielt sie zwei Colaflaschen und eine Schachtel Zigaretten. Und in ihrem Gesicht stand etwas, was er noch nie zuvor an ihr wahrgenommen hatte. Dass es Lust war, sollte er erst später begreifen.

Sie setzte sich neben ihm auf das Bett und reichte ihm eine Flasche und eine Zigarette. Die Matratze ächzte kurz unter dem Gewicht ihrer Körper. Ihre Nähe tat ihm so gut. Er liebte sie, das stand außer Frage. Er roch den Duft ihrer Haare und schmeckte sogar noch ihren letzten Kuss auf seinen Lippen.

Paul war erregt. Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Er wusste nicht, was er tun sollte. Einerseits war er spitz wie ein Seemann nach monatelanger Fahrt, aber andererseits wollte er sie nicht durch irgendwelche unbedachten Aktionen überfahren. Schließlich wusste er nicht, wie sie darauf reagieren würde. Wenn er Pech hatte, schmiss sie ihn in hohem Bogen aus der Wohnung. Wenn er aber Glück hatte …

War ein schöner Abend, heute Abend.“ Sie schien sich einen Jux daraus zu machen, immer die Hälfte zu wiederholen. Vielleicht wollte sie auch nur die Stille unterbrechen, die sich einzuschleichen drohte.

Oh ja. Das war er, dieser Abend.“ Allem Anschein nach war es ansteckend.

Und da war sie wieder, diese Stille. Nichts Besonderes, ruhige Momente kamen immer wieder vor, sogar mit Jeannine, die für ihr Leben gern quasselte. Manchmal ist Ruhe ja sogar erwünscht. Aber in diesem speziellen Fall war sie es nicht. Hier war die Stille erdrückend. Sie musste unterbunden werden, bevor sie etwas zerstören konnte.

Paul kratzte sich am Hinterkopf, und Schuppen rieselten wie Schnee herunter. Er schämte sich deshalb, konnte aber nichts dagegen tun. Egal, was er alles schon ausprobiert hatte: die Schuppen blieben. Eine schwache Schamesröte kroch ihm ins Gesicht. Jeannine störte sich nicht daran. Sie fand es sogar süß, vor allem, wenn sein Gesicht so schlagartig die Farbe wechselte. Dann sagte sie immer: „Ach Paulchen, ich glaube fast, dir rieselt der Kalk aus dem Hirn.“ Sie lachte jedes Mal, wenn sie es sagte. Diesmal schwieg sie.

Sie schnippte mit den Fingern gegen den Hals der Flasche, beobachtete, wie die Kohlensäurebläschen die Oberfläche durchbrachen und trank einen Schluck. Auch für sie war die Situation ungewohnt. Sie war so schweigsam; das kannte sie sonst gar nicht von sich. Das Eigenartigste aber war, dass sie sich noch mehr zu ihm hingezogen fühlte als sonst. Sie war hibbelig und spürte so einen seltsamen leichten Druck in der Magengegend, der aber keineswegs unangenehm war. Sie verzehrte sich nach ihm und hatte eine schier unbändige Lust, ihn zu berühren und sich von ihm berühren zu lassen. Doch auch sie steckte in der Zwickmühle, haargenau in der gleichen, die Paul plagte. Auch sie wollte die knisternde Atmosphäre keinesfalls zerstören.

Nach ein paar Hin und Her hatte sie sich zwei Möglichkeiten ausgedacht. Zugegeben, sie waren vielleicht nicht originell, aber sie wollte es jetzt sofort und nicht noch minutenlang wie die Katze um den heißen Brei herumschleichen. Sie hatte also die Qual der Wahl. Die eine Möglichkeit war ein kleiner privater Striptease, nur für ihn. Das hatte bei ihren Exfreunden immer hingehauen. Und wie das hingehauen hatte! Oder aber sie wählte die zweite Möglichkeit. Sie würde wesentlich länger dauern, aber todsicher zum Erfolg führen: Schmusen, Küssen, Streicheln. Das ganze Programm. Und dann, wenn er nicht mehr imstande war zu protestieren, ihm die Hose öffnen und den kleinen Paul aus seinem Gefängnis befreien. Es würde das erste Mal sein, dass sie ihn in den Händen hielte. Wie er wohl aussah? Durch die Hose hindurch jedenfalls hatte er sich immer ziemlich gut angefühlt … Wollen mal sehen, was er so zu bieten hatte! Sie würde ihn in die Hand nehmen, ihn sanft streicheln und wer weiß, vielleicht hauchte sie ihm ja auch einen kleinen Kuss darauf? Das hatte sie bisher noch nie getan.

Jeannine entschied sich für Letzteres und atmete gerade noch einmal tief durch, als Paul plötzlich aufstand und sagte: „Ich glaube, ich muss jetzt gehen. Sehen wir uns morgen?“

Statt einer Antwort gab sie ihm etwas anderes. Diesmal wollte sie ihn nicht gehen lassen! Also warf sie alle ihre Bedenken über Bord und machte sich daran, seine Hose aufzuknöpfen. Vor Überraschung sperrte Paul den Mund weit auf, aber noch ehe er etwas sagen konnte, hatte sie ihn mit einem langen, erregenden Kuss verschlossen. Vielleicht fürchtete sie ja, er wollte protestieren. Damit aber war Jeannine auf dem Holzweg. Sie ahnte nicht, dass auch er an diesem Abend mehr wollte. Aber er war zu schüchtern, um es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Vielleicht war es auch Feigheit, wer weiß. Jedenfalls hatte er sich am Ende nicht genug Chancen ausgerechnet und hatte daraufhin heimgehen wollen, um sein Bedürfnis bei einer anderen Freundin, der Marie Faust, zu befriedigen. Die würde ihn nie für einen Schlappschwanz halten, weil die Pistole vielleicht zu schnell losfeuerte. Und das war zweifellos ein unschlagbarer Vorteil. Diese Befürchtung kam nicht von ungefähr. Das war echt ein Problem; das verdammte Ding war meist schon fertig, da hatte er noch gar nicht richtig losgelegt …

Paul war angenehm überrascht. Gerade entwickelte sich das, was er nicht zu hoffen gewagt hatte. Ohne an etwas zu denken, erwiderte er die Berührungen, und das erstaunte wiederum Jeannine. Bislang war er immer schüchtern und zurückhaltend gewesen, doch in diesem Moment schien er eine Wandlung um hundertachtzig Grad zu vollziehen. Wie ein Wirbelwind, aber zugleich unendlich zärtlich, glitten seine Hände über ihren Körper hinweg, waren in einer Sekunde hier und in der nächsten schon wieder woanders. Vor Wonne und Überraschung seufzte sie leise, und Paul drückte seine Lippen noch etwas fester auf ihre Lippen.

Ehe sie wusste, wie ihr geschah, war sie wie eine Kartoffel aus ihrem Pullover und der Jeans gepellt. Der Anblick ihres fast nackten Körpers machte Paul rasend. Er wollte sie haben, nein, er musste sie haben, unbedingt! Jetzt, sofort! Trotzdem stand er nur langsam auf und zog sich aus. Er zog alles aus. Alles, bis auf den Slip.

Den Bruchteil einer Sekunde später war er wieder bei ihr, küsste ihren Mund, und seine Hände wanderten über ihren weißen Büstenhalter, strichen über das weiche Fleisch darunter und kniffen zärtlich in die prall aufgerichteten Nippel. Aus seinem Mund drang ein Stöhnen. Noch nie war er so aufgeregt und gleichzeitig so Herr der Lage gewesen wie jetzt. Noch ehe sie seine Hände richtig genießen konnte, waren sie auch schon wieder woanders. Sie wollte protestieren, wollte sie dort haben, wo sie eben noch gewesen waren. Aber noch ehe sie den Verlust bedauern konnte, fühlte sie sie wieder: Sie machten sich am Verschluss ihres BHs zu schaffen. Ein kurzes Schnapp, und er war auf.

Plötzlich lagen ihre weichen Brüste in seinen warmen Händen. Es ging schneller, als sie es registrieren konnte. Er hielt sie fest, aber nicht zu fest, umschloss sie mit den Fingern, und sein Daumen rieb ihre Brustwarzen. Diesmal seufzte sie nicht; die Gefühle waren zu intensiv. Die Küsse wurden stürmischer, wilder, hemmungsloser.

Paul drückte sie mit seinem Gewicht nach hinten. Sie lag auf dem Bett, nur ihre Füße berührten noch den Boden. Rasch zog er erst ihr und dann sich selbst den Slip aus. Dabei hüpfte ihr sein Penis entgegen. Er war prall und steif und pulsierte.

Nun spreizte er sacht ihre Beine, und sie schloss voller Verlangen ihre Augen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, ihr Atem ging so schnell, als hätte sie eben einen Hundertmetersprint hingelegt, und Unterleib und Brüste kribbelten erwartungsvoll. Sie wollte ihn haben, wollte ihn in sich haben, tief in sich spüren. Sie verging fast vor Lust.

Es verrann eine Sekunde.

Es verrann eine zweite Sekunde, und noch immer spürte sie ihn nicht.

Und plötzlich geschah es. Ihre Schamlippen wurden auseinandergepresst. Zischend zog sie die Luft ein, obgleich er längst nicht so groß und ausfüllend war, wie sie es erwartet hatte. Irritiert öffnete sie die Augen. Warum fühlte er sich so klein und weich an? Er hatte doch eben noch viel größer ausgesehen!

Das erste, was sie sah, war die Zimmerdecke. Dort hätte Pauls Oberkörper sein sollen, aber er war es nicht. Sie blickte an sich herunter, und in diesem Augenblick durchflutete sie eine bis dahin unbekannte Erregung. Was sie sah, übertraf alles. Sie sah seinen Kopf zwischen ihren Oberschenkeln. Und sie fühlte den heißen Atem an ihrer Scham und seine Zunge, die sich so tief wie möglich in sie hineinbohrte. Noch bevor sie merkte, wie ihr geschah, war sie wieder draußen und glitt feucht und heiß zwischen ihre Lippchen. Sie flatterte in ihrer Scham wie ein Insekt im Glas. Ihre Muschi begann zu glühen. Er küsste sie, leckte sie, wo sie noch nie zuvor geküsst oder geleckt worden war. Er leckte sie nicht nur, nein, er schleckte sie wie Eis. Ihr blieb gar nichts anderes übrig, als den Kopf im Kopfkissen zu vergraben. Wenigstens soweit hatte sie sich noch unter Kontrolle.

Und wieder drang seine Zunge in sie ein; er raubte sie ihr und schenkte sie ihr gleich darauf wieder. Gierig wanderte sie durch ihr zartrosa Fleisch. Er teilte es, knabberte zärtlich daran und fühlte die Geilheit an seinem Kinn hinunterlaufen. Der Geschmack ihrer Weiblichkeit und Geilheit machten ihn so wild wie einen tollwütigen Köter, und er leckte alles gierig auf. Und davon wurde Jeannine nur noch geiler und sie spreizte die Beine, um ihn noch näher an sich heranzulassen.

Als es ihr endlich kam, war es wie eine Erlösung. Sie kreischte in ihr Kissen, das sie an ihr Gesicht pressen musste (ob ihre Eltern nun wach wurden oder nicht, interessierte sie nicht die Bohne). Ihr Körper spannte sich, das Brennen in ihrer Muschi glich einem flammenden Inferno, und mit der freien Hand klopfte sie wie von Sinnen auf die Matratze ein.

Unendlich erleichtert, dass die süße Folter endete, seufzte sie matt.

Paul belehrte sie eines Besseren. Denn es war noch nicht vorbei. Jeannine hatte bereits die Augen geschlossen und war schon fast eingeschlafen, als er plötzlich und unerwartet in sie eindrang. Auch er war geil, geiler als je zuvor.

Die Härte drang so schnell in sie ein, dass sie augenblicklich putzmunter wurde. Sie stemmte sich seinen Stößen entgegen und bewegte sich mit jeder Sekunde schneller und fordernder. Das Quietschen des Bettes war mittlerweile gefährlich laut geworden. Aber all das hatte keine Bedeutung. Nichts hatte momentan eine Bedeutung außer Sex. Die Lust aufeinander hatte alle Vorsicht verdrängt, und es grenzte schon an ein Wunder, dass ihre Eltern noch immer nicht in der Tür standen …

Schon nach wenigen Stößen kam es ihm, und er ergoss sich in ihr. Sein Orgasmus war wie eine Befreiung nach einer langen Gefangenschaft. Sämtliche Kraft verschwand augenblicklich aus seinem Körper.

Noch bevor seine Arme gänzlich weich wurden, rollte er sich von ihr. Paul atmete schwer, und seine Haut war bedeckt von Schweißperlen. Noch immer hatte er den Geschmack ihrer Weiblichkeit auf den Lippen.

Jeannine drehte sich langsam zu ihm. Die Trägheit ihrer Bewegungen deutete darauf, wie schlapp sie war. Paul registrierte es nicht ohne Stolz. Mühsam hob sie den Kopf und musste ihn sogar mit der Hand abstützen. Und ihre andere Hand glitt langsam über seinen Bauch, verwischte den Schweiß und verharrte schließlich auf seiner Brust. Jetzt konnte sie fühlen, wie sein Herz galoppierte. Paul beobachtete jede ihrer Bewegungen.

Was hast du nur mit mir angestellt?“

Hätte ich das nicht tun sollen?“ Seine Stimme klang unsicher.

Quatsch. Es ist nur …“ Sie überlegte kurz. „Es ist nur so: Sonst bist du immer so schüchtern. Und mit einem Mal“, sie musste noch einmal innehalten, „mit einem Mal ist das alles vergessen, und du besorgst es mir. Einfach so, ohne einen Funken Unsicherheit. Hast mich einfach gepackt und meine Muschi geleckt. Junge, Junge, ich muss schon sagen, du erstaunst mich immer wieder!“ Mit diesen Worten ließ sie sich nach hinten fallen, drehte sich zur Seite und fingerte an ihrer Hose rum, die achtlos neben dem Bett lag.

Paul beobachtete ihre Bewegungen. Er bewunderte ihre makellose weiße Haut, sah, wie ihr das Haar über die Schultern fiel und auf die Matratze floss. Ihr Rücken war bezaubernd schön. Als sie neben ihm lag, wurde ihm klar, wie verrückt er nach ihr war. Seine Hände glitten an ihrer Wirbelsäule hinunter, verharrten am Poansatz, fühlten die weiche, weiße Haut dort und kneteten die prallen, knackigen Bäckchen. Ihr nackter Körper erregte ihn bereits von neuem. Doch noch ehe er irgendwelche Anstalten machen konnte, erneut über sie herzufallen, drehte sich wieder zu ihm. Sie hatte zwei Zigaretten aus der Hose gefischt und schob ihm eine davon in den Mund. Sie glimmten sogar schon; sie musste sie eben angezündet haben. Die andere behielt sie selbst. Hm, das tat gut.

Jetzt aber mal im Ernst: Du weißt, dass du nicht mein erster warst und ich weiß, dass ich nicht deine erste war. Das haben wir ja alles längst ausbaldowert. Wie aber hast du es geschafft, das hinter deiner Schüchternheit zu verstecken?“

Was denn?“

Frag nicht so scheinheilig. Du weißt genau, was ich meine.“

Nein, weiß ich nicht.“

Ich meine, dass du so ein Tiger bist. Und das bist du. Was du da mit deiner Zunge gemacht hast, grenzt ja fast an Wahnsinn. Du hast mir fast das Hirn rausgelutscht. Echt affengeil. Du bist eine richtige Sexmaschine. Die obendrein noch eine geile Schlabberzunge hat.“

Ich hab dich überrascht, wie?“

Das kannst du laut sagen! Meine Muschi tropft noch immer wie ein Wasserhahn.“

Ich kann auch nichts dafür. Du machst mich einfach verrückt …“

Mit einem Mal begann Paul zu heulen. Es war kein stilles Wimmern, es war richtig laut. Er heulte Rotz und Wasser. Der Text, der von ihm geschrieben worden war (nur er konnte ihn geschrieben haben, obwohl er sich nach wie vor nicht daran erinnerte), führte ihm etwas vor Augen. Er hatte einen Grund gefunden, warum sie ihn verlassen hatte. Sie hatten zwar noch hin und wieder Sex gehabt, zwar lange nicht mehr so viel wie früher, aber so richtig Spaß hatte es beiden nicht mehr gebracht. Das aber war bei weitem nicht das Schlimmste. Schließlich geschah das in jeder längeren Beziehung. Das Schlimmste war, dass er sich keine Mühe mehr gegeben hatte, und das wer weiß wie lange schon. Es war zwar dann und wann noch zum Beischlaf gekommen, aber ohne Vorspiel, ohne Zärtlichkeiten, ohne Aufregung. Er hatte es einfach runtergespult wie ein Pflichtprogramm. Kein Spaß, keine Spontanität, kein gar nichts. Eigentlich grenzte es schon an ein Wunder, dass sie überhaupt hin und wieder Sex gehabt hatten – vor allem deshalb, weil Frauen zärtliches Kuscheln und Schmusen brauchen wie die Luft zum Atmen.

Trotz dieser negativen Erinnerungen zwang er sich, mit eiserner Miene und zusammengebissenen Zähnen weiterzulesen. Und die Tränen rannen ihm dabei nur so die Wangen hinunter.

Ich liebe Dich!!!!!!!

Das stand dort geschrieben, und es war so ziemlich das Letzte, was er entziffern konnte. Denn der Text entwickelte sich nun zu einem Kauderwelsch. Er bestand nur noch aus sinnlos aneinander gepressten Buchstabenreihen, und wenn man es lesen wollte, ergab es beim besten Willen kein Wort.

„Bestimmt ist der Alkohol daran schuld“, murmelte Paul.

Er fuhr den Text mit dem Cursor bis zum Ende hinunter. Und je weiter er kam, umso unverständlicher wurde er. Schließlich gab er es auf, feuerte das Notebook erneut zu Boden und stürmte schreiend und heulend aus dem Zimmer.

Kapitel 3

3. Kapitel

„Paul, kommst du mit in den Club? Du hast dich ja schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr sehen lassen!“

Er stand auf dem Flur, hielt den Telefonhörer in der einen Hand und eine glimmende Kippe in der anderen. Sein Kopf brummte, und seine Finger schmerzten. Aber diesmal kam das Kopfweh nicht vom Alkohol, sondern war ein Produkt geistiger Arbeit. Seit dem Tag, an dem er die Kontrolle über sich und seine Handlungen verloren hatte, hatte er keinen Tropfen mehr angerührt. Seine Hände zuckten und kribbelten noch vor Anstrengung. Er hatte mit ihnen wie eine Berserker auf die Tastatur eingehämmert, aber nicht vor Wut und Raserei, sondern weil sprudelnd wie ein Wasserfall ein Text aus ihm herausgeprescht kam. Noch vor drei Minuten hatte er am Schreibtisch gesessen, so in seine Arbeit vertieft, dass er das Klingeln des Telefons fast überhört hätte. Erst beim zwanzigsten Mal drang es zu ihm durch

Während er so dastand, kam er sich vor wie ein Fremder in der eigenen Haut. Er hatte keine Ahnung, wovon der Kerl am anderen Ende der Strippe faselte. Er wusste weder wer es war noch, um was für einen Club es sich handelte. Da er aber nicht wie ein Idiot dastehen wollte, schwieg er. Für den Anrufer schien das nichts Ungewöhnliches zu sein.

„Lass mich raten! Du arbeitest an einem neuen Buch. Stimmt’s, oder hab ich recht?“

„Ja.“

Jetzt war er überrascht. Ja, er arbeitete an einem neuen Buch. Oder zumindest an einer neuen Geschichte, vielleicht wurde ja später ein Buch daraus. Er musste erstmal schauen, wie sich das alles entwickelte. Insofern hatte der Anrufer recht, und das hieß, dass er den Störenfried schon länger kannte. Es ging ihm fast immer so, wenn er ein neues Projekt anfing: Wenn eine Idee, die noch in den Kinderschuhen steckte, ihn in ihren Bann zog, konnte er den Eindruck erwecken, an Alzheimer erkrankt zu sein.

„Hab ich’s mir doch gedacht“, fuhr der andere fort. „Dann leidest du immer ein bisschen unter Gedächtnisschwund.“

Jetzt dämmerte es Paul langsam. Der Anrufer konnte nur den Tennisclub meinen. Und nun, da ihm ein Licht aufgegangen war, wurde ihm bewusst, dass er schon lange nicht mehr gespielt hatte. An Lust mangelte es ihm nicht, aber momentan war einfach keine Zeit dafür.

„Tut mir echt leid. Momentan sieht’s schlecht aus. Ich stecke bis zum Hals in Arbeit. Hab ’ne echt phänomenale Idee, sag ich dir. Das wird der Reißer, der Reißer schlechthin.“ Sein Erzähltempo hatte sich nun verdoppelt.

„Mensch, du bist ja hin und weg! Ich wünschte, ich wäre nur halb so arbeitsgeil wie du. Aber leider, leider … egal, sei’s drum. Ich wünsche dir gutes Gelingen! Und falls du noch Lust bekommst, ein paar Bälle zu schmettern: Du weißt ja, wo du mich finden kannst.“

Er verabschiedete sich und legte auf. Paul hatte versprochen, sich bei ihm zu melden. Jetzt, da das Gespräch beendet war, merkte er erst, dass er keinen Schimmer hatte, wer der Kerl nun war. Egal. Fröhlich pfeifend schlenderte er zurück ins Arbeitszimmer, setzte sich wieder an den Schreibtisch und war nur wenige Sekunden später wieder weggetreten. Die konzentrierte Stille wurde nur unterbrochen, wenn er einen Satz vor sich hinmurmelte, bei dem er sich nicht sicher war, wie er aufgebaut sein sollte. Wenn er ihn hörte, war es oft anders, als wenn er ihn nur stumm las.

Während er angestrengt arbeitete, wiederholte sich in seinem Kopf noch einmal das Geschehen, als er das Notebook zu Boden geworfen hatte und er heulend aus dem Zimmer gestürmt war. Paul registrierte davon nichts. Es geschah in seinem Unterbewusstsein. Es waren nur Bruchstücke, die, noch ehe sie bemerkt werden konnten, weggespült wurden. Weggespült von der Begeisterungswelle, die sein neues Projekt in ihm auslöste.

Noch bevor der Laptop auf den Boden geschlagen war, war er aus dem Zimmer gerannt und wie ein Wirbelwind durch das ganze Haus gefegt, durch das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, die zwei Bäder, die Gästezimmer und sogar durch den Keller. Er warf alles um, was ihm vor die Füße kam: Sessel, Stehlampen, Stereoanlage. Er hob es auf und pfefferte es gegen die Wand. Als ob die Dinge an alledem Schuld trügen. Selbst ein Orkan hätte nicht mehr Schaden anrichten können. Die einzigen Dinge, die blieben, wo sie waren, waren zu schwer für ihn. Und dabei schrie er. Er machte einen Lärm wie zehn startende Düsenjets zusammen. Er schrie sich die Lunge aus dem Hals. Das Kratzen in seiner Kehle und das Kreischen in seinem Ohr waren unerträglich. Aber er konnte einfach nicht aufhören. Eine blinde Zerstörungswut hatte ihn gepackt.

Irgendwann dann sackte er in sich zusammen und blieb liegen, wo er war. Er hatte Schuldgefühle, weil er dem Zerstörungsdrang nachgegeben hatte. Gleichzeitig aber war er auch froh darüber. Vielleicht war es das einzig Richtige, was er hatte tun können? Denn nach der Hysterie fühlte er sich besser, viel besser als zuvor. Als wäre damit alles herausgeschleudert worden, was nicht gut für ihn war. Alles, was wie Gift auf seiner Seele lastete. Er war wie ein Vulkan, in dem es zunächst bedrohlich zischt und brodelt, und der schließlich, wenn der Ausbruch stattgefunden hat, wieder still und friedlich daliegt. Seine Stimme war heiser geschrien, und sein Kopf fühlte sich an wie ein Amboss, auf den stundenlang eingedroschen worden war – aber er fühlte sich großartig. Ihm tat alles weh, und seine Knochen schienen alle verdreht und verleiert zu sein, aber er fühlte sich großartig. Seine Muskeln waren schwabbelig wie Wackelpudding und wurden von Krämpfen geschüttelt, aber er fühlte sich großartig.

Schwerfällig wie ein Greis richtete er sich auf, und sofort explodierte eine neue Schmerzwelle in seinem Kopf und Körper. Er quittierte es mit einem triumphalen Gelächter. Es klang wie das Siegesgeschrei eines Kriegsherrn, der nach jahrelangen blutigen Kämpfen endlich siegreich heimkehren kann.

Als er auf seinen Beinen stand, wirkte er wie ein neugeborenes Fohlen. Seine Beine knickten unter seinem Gewicht ein, und seine Arme wirbelten mal haltsuchend, mal ekstatisch durch die Luft. Alle diese Bemühungen begleitete er mit einem hysterischen Gelächter, das mit jeder Sekunde verrückter wurde. Langsam, als ginge er über dünnes Eis, lief er zur Küche. Obwohl es ihm Schwierigkeiten machte, lief er weiter. Irgendwann bekam er sogar den Eindruck, die Schmerzen würden nachlassen, das Brummen im Kopf verschwinden, die Muskelkrämpfe sich lösen. Aber wer weiß, vielleicht gaukelte ihm das sein Gehirn nur vor, weil es überlastet war?

Er öffnete die Kühlschranktür, schauerte kurz, als die herausströmende Kälte zu Boden fiel und seine Beine umspülte und griff beherzt hinein. Seine Bewegungen waren bereits flüssiger, geübter. Offensichtlich ging es ihm sekündlich besser. Während seine Hand über der Butterdose schwebte, überlegte er kurz, nickte dann zustimmend, griff noch tiefer hinein und förderte seinen Alkoholvorrat zu Tage. Und das war nicht gerade wenig. Er musste sogar ein paar Mal nachfassen. Schließlich war es geschafft, und sein gesamtes Arsenal an Bier, Schnaps und Wein stand auf der Spüle. Er hielte kurz inne und betrachtete das, was da vor ihm stand.

Allerdings sann er nicht allzu lange nach. Sein Entschluss stand ohnehin fest. Ohne mit der Wimper zu zucken, öffnete er sämtliche Verschlüsse und kippte alles in den Abfluss. Bald roch es in der Küche wie in einer Hafenbar.

Lange stand er so da und sah zu, wie die Getränke gurgelnd in der Dunkelheit verschwanden. Es tat ihm keineswegs leid, und er bereute es auch nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Es machte ihn froh. Er lachte vor sich hin, gackernd wie ein Huhn.

Schließlich machte er sich daran, den Saustall aufzuräumen. Und das dauerte bis zum nächsten Abend. Er musste alle Scherben, alle zerrissenen Kissen und zerfledderten Gardinen aufsammeln und, soweit möglich, durch neue ersetzen. Er richtete die umgeworfenen Möbel wieder auf und topfte die Pflanzen um, die er in seiner Wut herausgerissen hatte. Es war ein hartes Stück Arbeit, dennoch pfiff er die ganze Zeit über fröhlich vor sich hin.

Als endlich alles gesäubert war, fiel er erschöpft in tiefen Schlaf. Er hatte ohne Unterbrechung fast sechsunddreißig Stunden gefegt, gesaugt, geputzt, gewischt und gebohnert. Seine Hände waren schwielig und mit Blasen übersäht.

Am nächsten Morgen erwachte Paul ausgeruht und fühlte sich frisch. Er frühstückte ausgiebig und ausnahmsweise sogar gesund, mit Müsli und Milch, duschte danach abwechselnd kalt und heiß und schlenderte ins Arbeitszimmer, wo er, ohne es richtig wahrzunehmen, das Notebook aufhob, einschaltete, das Schreibprogramm hochfuhr und schließlich auf die Tastatur eindrückte.

Das sollte schon fünf Tage her sein? Kinder, wie schnell die Zeit verging!

Und plötzlich war es wieder wie in alten Zeiten. Er schrieb täglich zwischen vier und sieben Seiten und schaffte es nebenbei sogar noch, ein Buch zu lesen. Abends ging er kurz vor Mitternacht ins Bett, stand früh um acht auf, aß etwas und schrieb dann weiter. Yeah, wie in den guten alten Zeiten, verdammt! Es ging doch nichts über einen geregelten Tagesablauf!

Paul starrte wie gebannt auf den Bildschirm. Der Cursor blinkte und spuckte Buchstabe um Buchstabe aus. Auch das Jucken und Kribbeln in seinen Händen war verschwunden. Auf dem Schreibtisch neben ihm stand ein übervoller Aschenbecher, in dem eine Zigarette qualmte. Ab und zu griff er nach ihr, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden, und nahm einen kräftigen Zug. Er hatte den Rauch noch gar nicht richtig ausgestoßen, da sponn er auch schon weiter.

Hätte er nur ansatzweise geahnt, was er damit in Bewegung setzte, wären seine guten Vorsätze augenblicklich vergessen gewesen. Dann wäre er binnen weniger Tage zum hemmungslosen Alkoholiker geworden.

Es war ein Wunder, dass Sabine keine schweren Verletzungen erlitt, als sie mit ihrem Pferd stürzte. Das Glück schien diesmal auf ihrer Seite zu sein. Leider konnte man das bei dem Pferd nicht behaupten: Es musste eingeschläfert werden. Seine Knochen waren gleich an mehreren Stellen gebrochen und drei Rippen zersplittert. Es tat ihr zwar im Herzen weh, doch es war bestimmt das Beste für das arme Tier. Doch als es dann schließlich so weit war, konnte sie den Anblick nicht ertragen und flüchtete aus dem Stall. Sabine hatte sehr an dem edlen Tier gehangen und ihr war, als ginge ein guter Freund für immer von ihr.

Sie hastete durch den nahen Wald, der die nördliche Grenze des Grundstücks bildete und ließ seinen kühlen Schatten schnell hinter sich. Sie rannte und rannte, vorbei an Wiesen und Feldern, bis sie das Meer erreichte.

Die Küste war an dieser Stelle nichts als eine Felswand, die steil ins Meer stürzte. An ihrem steinigen Fuß brachen sich die Wellen, und an ihrem Scheitelpunkt blies steifer Nordwind. Alles in allem nicht unbedingt ein gemütlicher Ort. Es gab noch nicht einmal einen Weg, auf dem man zwischen den mannshohen Gesteinsbrocken gefahrlos hätte gehen können. Dennoch liebte sie diese Stelle. Hierher verirrte sich kaum eine Menschenseele und wenn doch, nahm sie angesichts der rauen Umgebung schnell wieder Reißaus. Hier war das letzte Fleckchen Erde, das Sabine für sich allein haben konnte. Immer, wenn sie etwas plagte, etwas verunsicherte, sie sich ängstigte oder sie einfach nur in Ruhe nachdenken wollte, ging sie hierher und lauschte dem Rauschen des Windes und dem Toben der Brandung.

Sabine kannte den Platz seit ihrer Kindheit. Seit sie als kleines Mädchen zum ersten Mal mit ihrem Vater hier gewesen war, hatte der Ort nichts von seinem Reiz verloren. Die Ruhe, das Pfeifen des Windes, das Kreischen der Möwen, all das war ihr ans Herz gewachsen. Und sie wollte keinen dieser Momente missen. Wie oft hatten sie hier oben gesessen, ihr alter Herr und sie, hatten aufs Meer hinausgesehen und hinter den Schiffen her, bis sie am Horizont verschwanden? Wie oft? Sie wusste es nicht. Es mussten unzählige Male gewesen sein. Manchmal hatten sie einfach nur geschwiegen und die raue Schönheit in sich aufgesogen.

Sabine konnte sich noch gut an den Moment erinnern, da sie den Vater gefragt hatte, wohin all die Schiffe verschwanden, wenn sie nicht mehr zu sehen waren. Sie hatte tatsächlich geglaubt, sie versänken im Ozean. Der Vater fuhr ihr liebevoll mit der Hand über den Zopf; das tat er immer, wenn er ihr etwas erklären wollte. Es war seine Art, nach Worten zu suchen. Er musste ihr oft etwas erklären, denn Sabine war ein neugieriges Kind. So erfuhr sie, dass die Erde eine Kugel war und die Schiffe keineswegs im Meer versanken, sondern einfach nicht mehr zu sehen waren, weil sich zwischen sie und das Schiff die Krümmung der Erdoberfläche schob.

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