Kitabı oku: «An den Ufern des Nebraska», sayfa 5
„Siehst du, Junge? Ich habe es dir doch gesagt, zur Not triffst du auch mit dem alten Vorderlader. Wenn du beim nächsten Mal das Ziel anvisierst, solltest du noch ein wenig tiefer anhalten, also etwa bei der Acht, dann bist du im Ziel. Dein Auge und dein Stand sind anders als die meinen, daher musst du noch ein wenig anders zielen.“
„Sehr schön, sehr schön“, ließ sich da eine tiefe Stimme in unserem Rücken vernehmen. Mr. Heintz, der Gunsmith war wieder zurück und hatte den Sharps-Nachbau dabei.
„Ihr habt da anscheinend einen guten Fang gemacht, mit dem Jungen. Schießt wie ein Alter. Noch ein wenig Übung und er könnte es zum Meisterschützen bringen.“
„Habe ihm auch schon gesagt, was ich von seinen Probeschüssen halte. Habt ganz recht, Mr. Heintz. Werden aber noch sehen müssen, ob die notwendige Kaltblütigkeit bei der Jagd und noch viel wichtiger, auch im Kampf vorhanden ist.“
„Werdet es ja bald erfahren, denke ich. So eine Jagdgesellschaft mitten im Indianerland, wird schon die eine oder andere Gelegenheit haben, das Jagdglück zu versuchen und Kampfesmut zu beweisen. Will Euch wünschen, dass Ihr weiterhin ohne Schrammen aus diesen Abenteuern hervorgeht. Nun erst recht, wo Ihr so einen vielversprechenden jungen Mann mitnehmt.“
Bei seinen zuletzt gesprochenen Worten, hielt er mir den Karabiner hin und forderte mich auf, erneut damit zu schießen. Er hatte das Visier nach meinen ersten Schüssen nachgestellt und war zuversichtlich, dass ich jetzt besser treffen werde. Jetzt war mein Ehrgeiz angestachelt und ich war selber gespannt, wie gut meine Ergebnisse sein würden. Ich nahm also den Karabiner, schob eine der Papierpatronen in die Ladekammer, betätigte den Ladehebel und nahm Aufstellung. Ich zielte nicht lange und drückte ab.
Aus der Entfernung konnte man die Schussmarke nicht sehen und so machten wir drei uns, fast im Gleichschritt, auf zur Scheibe. Wir waren noch nicht angekommen, da jubelte Heintz förmlich:
„Heigh day, was für ein Schuss, mitten ins Schwarze. Ich habe es ja gewusst. Der Junge kann‘s!“
Firehand sah mich jetzt an und sagte:
„Junge, was darf ich an dir erleben? So einen Schützen habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Kaum zum ersten Mal einen Karabiner in der Hand und schon trifft er auf hundert Schritte ins Schwarze. Ich würde sagen, die Probe hast du meisterlich bestanden. Was meinst du, Leo?“
Ich lief wohl ein wenig rot an und wusste gar nichts zu sagen. Firehand klopfte mir auf die Schulter, drehte sich zu Mr. Heintz um und fragte ihn:
„Nun, Mr. Heintz, was soll denn Euer Sharps-Karabiner, mit dem der Junge schon so hervorragend schießt, kosten?“
„Hm“, machte Mr. Heintz, „normaler Weise müsste ich für so ein Stück hundert Dollar nehmen. Aber weil dieser junge Mann hier so ein vielversprechender Schütze ist, denke ich, dass ich für meine Werkstatt keine bessere Werbung finden kann, als dass Leute wie Ihr, Mr. Firehand, Euch mit meinen Waffen ausrüstet. Könnt ja mal an der einen oder anderen Stelle darauf hinweisen, wo gute Waffen gebaut werden.“
Er zwinkerte Firehand zu.
„Ich gebe ihn Euch also für die Hälfte, sage fünfzig Dollar,“ nun schaute er zu mir, „und der Sharps ist der deine, Junge“!
Ich sah Firehand an, dieser nickte und sagte:
„Mr. Heintz, Ihr seid ein Ehrenmann und ein guter Gunsmith, werden also tun wie geheißen und mit Eurer Waffe ein wenig angeben.“ Er lächelte. „Der Preis ist zu niedrig, aber weil es für das Greenhorn hier ist, nehmen wir das Angebot an, schlagt ein Mr. Heintz und Leo.“
Wir gaben uns zum Abschluss des Kaufs die Hände. Heintz schüttelte die meine kräftig und schien sich wirklich zu freuen, dass ich mit seiner Waffe meinen ersten Ritt hinter die Grenze unternehmen würde. Das Greenhorn konnte ich Firehand nicht übelnehmen, schließlich hatte der Mann ja recht. Ich war ja wirklich in alldem, was noch auf mich zukommen würde, noch „grün hinter den Ohren“. Ich nahm mir aber vor, möglichst schnell diesen Status wieder loszuwerden.
Wegen der Zahlung des Kaufpreises verwies ich auch hier an Mr. Wallace. Und wieder gab es damit keinerlei Probleme.
Zurück im Store sprach Firehand Mr. Heintz nochmals an:
„Sagt einmal, Mr. Heintz, habt Ihr vielleicht noch einen solchen Nachbau in Eurer Werkstatt in Arbeit?“
„Yes, Mr. Firehand. Dauert höchstens noch zwei Tage, so ist das nächste Stück dieser Bauart fertig. Wollt Ihr Euch etwa auch mit einem solchen Karabiner ausrüsten?“
„Ich müsste verrückt sein, wollte ich dies nicht tun. Habe bei meiner letzten Hunt25 gute Geschäfte mit Dickschwanzhäuten26 gemacht. Kann mir also ein solches Gewehr durchaus leisten.
Ein solcher Hinterlader eignet sich doch viel besser als Verteidigungswaffe, als meine alte Gun. Bin sicher noch zwei Tage in Jefferson und kann also auf die Fertigstellung warten, wenn‘s recht ist?“
„Wenn es recht ist? Was für eine Frage! Natürlich sollt Ihr meinen nächsten Karabiner bekommen. Ist mir, wie ich bereits sagte, eine Ehre, Euch ausrüsten zu können. Auch dieser geht aber nur zum genannten Preis über meinen Ladentisch. Werde Euch natürlich nicht mehr Geld abnehmen als dem jungen Mann hier.“
Nun wollte Firehand ihm das abschlagen, meinte er doch, dass Heintz seine Waffen nicht verschenken könne. Dieser ließ sich aber auf keine Verhandlungen mehr ein und meinte abschließend, Firehand solle dies so akzeptieren. Er wiederholte, es sei für ihn eine Ehre, einem solch berühmten Prairieläufer eine Waffe aus seiner Schmiede verkaufen zu dürfen. Wollte Firehand den Gunsmith nicht ernsthaft verärgern, musste er diesem den Willen tun.
Wir erstanden dann noch Munition für die beiden neuen Gewehre, sowie Pulver und Blei für die alte Hawken Old Firehands. Dieser kaufte dann aber auch noch einen sechs-schüssigen Navy-Colt, Kaliber 36, wovon er bereits einen in seinem Gürtel trug, wie ich feststellte, als Heintz die gewünschte Waffe auf seinen Ladentisch legte.
Hier setzte sich Firehand aber durch, den Normalpreis zu zahlen. Er legte den Betrag, der sich auf einem Schild an der Holzkiste, in der sich der Colt befand, angegeben war, einfach passend auf den Tisch. Dann nahm er die Waffe an sich, streckte Heintz die Hand hin und verabschiedete sich mit den Worten:
„Sehen uns in zwei Tagen wieder, Mr. Heintz. Freue mich schon auf Euer neuestes Werkstück und habe vor, diesem alle Ehre zu machen.“
Mr. Heintz strahlte jetzt erst recht, gab auch mir noch die Hand und sagte:
„Wünsche dir alles Gute mein Junge, wirst deinen Weg machen. Und Euch Mr. Firehand, sehe ich dann am Freitag gegen Mittag, wenn es für Euch passt.“ Firehand nickte. „Werde den Karabiner dann fertig haben und wir können dann noch ein paar Probeschüsse und eine wahrscheinlich notwendige Feineinstellung vornehmen.“
Als wir den Store verlassen hatten, hängte ich mir mein neues Gewehr über, band den Morgan los und ging, das Pferd an den Zügeln führend, an der Seite Firehands zurück zur Firestreet.
Er sagte:
„Du gehst am besten jetzt erstmal nach Hause, wo Mr. Wallace dich, sicher schon gespannt darauf, deinen Bericht zu hören, erwartet. Ich werde bei Mrs. Thick erstmal eine Mahlzeit zu mir nehmen und anschließend zum Stall gehen, um meinen Rappen dort abzuholen. Wir treffen uns dann um drei bei Mother Thick‘s, um den Ausritt zu machen, von dem ich heute Morgen gesprochen habe. Hoffe, du hast Lust dazu?“
„Sicher, Mr. Firehand, freue mich darauf, meinen Morgan ein wenig ausreiten zu können und ihn näher kennen zu lernen.“
Wir trennten uns, als wir bei Mother Thick‘s ankamen und Firehand ging hinein. Zu Hause berichtete ich Mr. Wallace, der seine Mittagspause in Erwartung meiner Rückkehr daheim verbrachte, was ich am Vormittag alles mit Old Firehand unternommen hatte. Ich erzählte von den Verhandlungen beim Kauf des Morgan ebenso, wie von meinen leidlichen Schießproben. Obwohl ich das Lob von Firehand nicht erwähnte, meinte auch Wallace, dass diese Ergebnisse wohl eher vielversprechend, als „leidlich“ zu nennen wären und er meinte, dass er stolz auf mich sei.
Er ließ sich von mir den Morgan vorführen und fand, dass das Tier wohl ein wenig klein geraten sei. Wenn Old Firehand aber denke, dass es ein gutes Pferd sei, wolle er dem Kennerurteil nicht widersprechen. Er selbst habe von diesen Dingen ja nun einmal keine Ahnung. Auch den Sharps-Karabiner sah er sich näher an. Hierzu meinte er, dass dieser Hinterlader sicherlich seine Vorteile gegenüber den alten Kentucky-Rifles habe. Er schlug für den Morgan vor, ihn bis zu meiner Abreise in demselben Stall unterzubringen, in dem auch Firehand sein Pferd eingestellt hatte.
Beim Essen redete und redete ich in einem fort, was Mr. Wallace aber nicht störte, sondern im Gegenteil wohl amüsierte. Er erwähnte, dass er Mrs. Smith am Abend zum Dinner eingeladen habe. Sie habe aber nur unter Bedingung zugesagt, dass auch ich dabei sein solle, um über meinen Tag mit Firehand zu berichten.
Wie ich mich für Mr. Wallace freute, dem es endlich gelungen war, mit Mrs. Smith anzubandeln. Ich teilte ihm also mit, dass ich für drei Uhr mit Old Firehand zu einem Ausritt in die nähere Umgebung verabredet sei, sagte ihm aber zu, pünktlich am Abend wieder daheim zu sein.
Zu dem Ausritt mit Firehand bleibt zu berichten, dass wir einige Meilen in die Prairie ritten, um den Tieren ein wenig Auslauf zu gönnen. Hierbei machte der Morgan dem guten Eindruck, den Firehand gehabt hatte, alle Ehre. Er hielt einen längeren Parforceritt gut aus, ohne dass er dabei gegenüber dem Rappen Firehands zurückblieb.
Als wir nach einer guten Viertelstunde gestreckten Galopps nach und nach wieder in einen gemütlichen Schritt übergingen, ging der Atem meines Morgan so ruhig, als seien wir die ganze Zeit in dieser Gangart unterwegs gewesen.
Firehand lobte das Tier genauso wie ich und ich beschloss, dem Guten nach unserer Rückkehr eine extra Portion besten Hafers hinzustellen. Auch mit meinen „Reitkünsten“ war Firehand zufrieden. Er hatte noch den einen oder anderen Tipp für mich, meinte aber, dass ich gut mit dem Pferd harmoniere und sicher keine Probleme hätte, mit den anderen Schritt zu halten und einige Stunden täglich im Sattel zu verbringen. Wir kehrten also nach Jefferson zurück und ich stellte den Morgan zu Firehands Pferd. Wie ich mir vorgenommen hatte, bekam er seine Extraration. Anschließend ging ich nach Hause, um mit Mr. Wallace und Mrs. Smith den Abend zu verbringen.
Die beiden letzten Tage vor der Abreise vergingen im Fluge. Firehand nahm die beiden letzten erwarteten Kameraden in unsere Truppe auf. Ich nutzte die Zeit für Ausritte mit meinem Pferd, wobei ich auch viel mit dem Tier sprach. In Begleitung Old Firehands war mir das unangenehm, wusste ich doch nicht, was er von solchem Gebaren hielt. Ich flüsterte dem Tier des Abends, wenn ich es in den Stall brachte noch einige Dankesworte ins Ohr und sagte ihm, wie stolz ich auf ihn sei. Jedenfalls glaubte ich, dass das Pferd mich verstand und ich hatte das Gefühl, dass wir zukünftig gute Freunde würden.
Der Freitag kam und Firehand ging des Morgens zu Mr. Heintz, um dort sein neues Sharps-Gewehr abzuholen. Wir verabredeten uns für den Nachmittag, um die letzten Einkäufe zu erledigen. Schließlich brauchte ich noch strapazierfähige Kleidung und ein paar kleinere Ausrüstungsgegenstände. Ich packte noch ein paar Habseligkeiten in die Satteltaschen. Am Samstag wollten wir, früh am Tage, in Richtung Westen aufbrechen, um uns ein gutes Jagdrevier und einen Hide-Spot27 zu suchen.
Am Abend vor der Abreise hatte Mr. Wallace noch eine Überraschung für mich vorbereitet. Er hatte Old Firehands ganze Jagdgesellschaft, Mrs. Smith, Mrs. Thick, Mr. Masterson und den Gunsmith Mr. Heintz zum Dinner eingeladen. Mrs. Pittney, die die ganze letzte Woche ein Gesicht gemacht hatte wie „sieben-Tage-Regenwetter“, und Thomas hatten es sich nicht nehmen lassen, selbst ein mehrgängiges Menü zu zaubern und der Gesellschaft aufzuwarten.
Eine solche Gästeschar, wie an diesem Abend, hat es im Hause Wallace davor und sicher auch danach kein weiteres Mal gegeben. Es wurde viel erzählt und gelacht und die an solche Umgebung nicht gewohnten Trapper und Jäger gaben sich alle Mühe, den vermeintlichen Ansprüchen gerecht zu werden.
Als die Jagdgesellschaft später am Abend ging, verabschiedete sich der eine oder andere meiner künftigen Kameraden, indem er mir kräftig auf die Schultern klopfte, bis zum nächsten Morgen. Firehand machte sich zusammen mit ihnen auf den Weg zu Mother Thick’s, um noch einen tüchtigen Schlaf zu tun.
Nun wurde es still im Haus und der Rest der Gesellschaft ging zurück in die Stube, um noch einen Schlaftrunk zu nehmen, wie Mr. Wallace vorschlug. Wir, das heißt Mrs. Smith, Mrs. Thick, Mrs. Pittney, Mr. Wallace und ich setzten uns hin, wo gerade Platz war.
Thomas brachte noch ein paar Gläser und schenkte uns einen Irish-Whiskey ein. Nachdem wir unsere Drinks gelehrt hatten, waren es vor allem Mrs. Pittney und Mrs. Smith, die mir sagten, dass ich ihnen fehlen würde und dass sie Angst um ich hätten. Aber auch Verständnis dafür, dass ich mich aufmachen wollte, um meine Familie zu suchen. Zunächst müsste ich mich aber unbedingt an Mr. Firehand halten, um möglichst viel zu lernen und keine Risiken einzugehen.
Die drei Damen umarmten mich zum Abschied noch einmal herzlich und besonders Mrs. Pittney konnte es nicht verbergen, dass ihr ein paar Tränen die Wangen hinab liefen. Sie sagte, dass sie nun zu Bett gehen würde und in der Früh, wenn aufgebrochen werden sollte, noch einmal Lebewohl sagen wollte.
Mrs. Smith und Mrs. Thick machten sich auf den Heimweg und baten mich, nicht allzu lange fern zu bleiben und mich bald wieder zu Hause sehen zu lassen. Ich versprach, diesem Wunsch bald nachkommen zu wollen, ahnte ich doch heute noch nicht, wie lange ich fortbleiben würde.
Mr. Wallace und ich blieben noch ein wenig in der Stube und er sagte:
„Was für ein Abend. Ich beginne nun doch langsam zu begreifen, dass wir uns wohl für eine längere Zeit trennen müssen, mein Junge. Habe ja selbst alles so arrangiert, weil ich denke, dass es das Beste war, das ich tun konnte. Du hättest sicher alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Suche selbst in die Hand zu nehmen. Da denke ich, es ist besser, dass du es mit meiner Zustimmung und Unterstützung tust. Außerdem konnte ich so dafür sorgen, dass du den besten Lehrmeister bekommst.
So müssen wir weniger Angst um dich ausstehen. Hatte ursprünglich andere Pläne mit dir, wie du ja weißt. Solltest einmal in das Bankgeschäft eintreten. Naja, hätte eigentlich schon früher wissen können, dass das nichts für dich wäre. Nun wirst du also erst einmal mit Mr. Firehand in den Westen gehen, um ein guter Scout und Jäger zu werden. Wie ich finde, die beste Voraussetzung, um deine Familie wiederzufinden. Das ist wohl alles was zählt, nicht?“
Er seufzte und sah mich an:
„Vergiss deinen alten Onkel nicht, wenn du da draußen bist. Du weißt, die Türen stehen hier immer für dich offen, auch wenn du hoffentlich bald deine eigentliche Familie finden wirst.“
„Niemals werde ich vergessen, was du alles für mich getan hast.“, sagte ich. „Ich hatte, bis zu dem Tag, an dem du mir alles berichtet hast, keine Pläne für meine Zukunft aber nun hat das Schicksal es entschieden. Ich hoffe, dass ich bei Firehand viel lerne und dann schnell auf die Fährten der Gesuchten stoße, um bald wieder hier zu sein.“
„Das will auch ich hoffen, mein Junge. Habe dich liebgewonnen, wie einen eigenen Sohn. Möchte hoffen, dass du findest, was du suchst aber auch, dass du weißt, dass ich weiterhin für dich da bin. So, und nun ist es genug, du musst morgen in aller Frühe fertig zum Aufbruch sein und brauchst noch eine Mütze voll Schlaf.“
Er drückte mich an sich und schickte mich dann in mein Zimmer. Er selbst blieb noch in der Stube. Wie lange er dort noch saß, weiß ich nicht. Aber ich wusste, dass ich ihn nicht unglücklich sehen wollte. Ich konnte mich aber damit beruhigen, dass er nicht allein zurückblieb. Wie ich heute Abend gesehen hatte, war er von vielen guten Freunden umgeben und endlich hatte er ja auch bei Mrs. Smith einen Anfang gemacht.
Kapitel III – Aufbruch
Der nächste Morgen kam und früh um Fünf stand ich auf, um mir meinen neuen Anzug anzulegen. Ich zog also die rindsledernen Hosen an. Das Jagdhemd aus weichem, hellgegerbtem Leder zog ich mir über die Schultern. Hierüber trug ich die ebenfalls rindslederne Jagdjacke, die mit einem breiten Ledergürtel zusammengehalten wurde. Daran hatte Firehand lederne Beutel befestigen lassen, welche zur Aufnahme einiger notwendiger Gegenstände dienten, wie zum Beispiel des sogenannten Punks, des Prairiefeuerzeuges. Den hirschledernen, dunkel gegerbten und stärkeren Mantel legte ich einstweilen noch nicht an. Meine Füße steckte ich in ein Paar aus weichem Leder gefertigte Stiefel, die mir bis zu den Knien reichten und von ledernen Schnüren gehalten wurden, ähnlich denen, die auch Firehand trug.
So ausstaffiert, den Mantel über der Schulter tragend, verließ ich mein Zimmer und ging die Stufen hinunter, um im Speiseraum die vorläufig letzte von Mrs. Pittney für mich bereitete Mahlzeit einzunehmen. Mr. Wallace war auch schon munter und wir aßen, wie sonst auch, unser Frühstück. Auch Mrs. Pittney ließ es sich nicht nehmen, sich dazu zu setzen, als sie mit den Arbeiten in der Küche fertig war.
Wir verhielten uns alle, als sei dies ein ganz normaler Morgen, da wir nicht wussten, was wir noch sagen sollten. Mrs. Pittney war allerdings so nervös, dass sie das Geschirr beim Abräumen fallen ließ und als ich ihr half, die Scherben aufzulesen, fiel sie mir um den Hals und schluchzte:
„Mach‘s gut, mein Junge und komm‘ bald wieder“!
Dann rannte sie aus dem Zimmer und ließ sich nicht wieder blicken. Ich selbst hatte auch ein mulmiges Gefühl, als ich die Teller und Scherben, von Mr. Wallace begleitet, in die Küche brachte. Die gute Mrs. Pittney hatte in der Aufregung alles stehen und liegen lassen, was ihr aber wohl niemand übelnahm.
Mr. Wallace sagte:
„Der Zeitpunkt des Abschieds rückt immer näher und ich weiß nicht, was ich dir noch mit auf den Weg geben soll, Junge! Es ist alles gesagt und du weißt, wie wir alle zu dir stehen.
Siehst gut aus, in deiner neuen Jägermontur. Ein bisschen kannst du noch reinwachsen, aber das ist ja auch gut so. Bei deinem momentanen Wachstum, müsstest du sonst schon bald einen neuen Anzug kaufen.“
Er lächelte und klopfte mir auf die Schulter, um mich in Richtung Ausgang zu bugsieren.
„Firehand wird deinen Morgan gleich mitbringen, denke ich, sodass du nicht erst noch zum Stall zu gehen brauchst.“
„Onkel, ich weiß nicht, wie ich dir für alles danken soll, was du für mich und meine Familie getan hast, aber ich werde versuchen, dich nicht zu enttäuschen und wieder zu kommen, sobald es sich einrichten lässt.“
Draußen ließ sich jetzt das Geklapper von mehreren Pferdehufen vernehmen.
„Ah, da kommen Firehand und seine Leute, um dich abzuholen.“, sagte Mr. Wallace.
Er drückte mich noch einmal an sich und öffnete dann die Tür, um mich hinaus zu begleiten. Firehand hatte, wie vermutet, meinen Morgan an den Zügeln mitgeführt und hielt mir diese hin. Er und seine Leute warteten darauf, dass ich meine Satteltaschen befestigte und aufstieg. Dabei trug ich mein Gewehr auf dem Rücken. Als ich aufgestiegen war, sah ich, dass an der rechten Seite, vor dem Sattel, ein hirschledernes Futteral zur Aufnahme des Karabiners befestigt war. Firehand lächelte mich an:
„Kannst ja deinen Karabiner nicht die ganze Zeit herumschleppen, jedenfalls nicht während des Reitens.“
Ich sah, dass er ebenfalls ein solches Futteral angebracht hatte, worin sein neues Gewehr steckte. Ein weiteres, älteres befand sich an der linken Flanke seines Rappen. Darin steckte seine alte Hawken-Rifle.
Er sah meinen fragenden Blick und sagte:
„Der Gunsmith hat mir diese beiden Futterale dazugegeben. Denke, als Revanche für die Bezahlung des Colts. Er wollte den ja auch noch verschenken, aber wie du weißt, bin ich ihm zuvorgekommen. Habe darüber letztlich kein weiteres Fass aufgemacht und die Geschenke angenommen.“
Ich steckte meinen Sharps-Karabiner in das Futteral und beugte mich noch einmal zu Mr. Wallace hinunter, um ihm nochmals zu danken und mich zu verabschieden. Er drückte mir kräftig die Hand und sagte:
„Hau schon ab, Junge und mach‘s gut.“
Harry Korner rief:
„Auf geht‘s, Boys!“
Er lenkte sein Pferd herum und ließ es die Firestreet hinauf, in Richtung Missouri traben. Die anderen folgten ihm auf dem Fuße und verabschiedeten sich von Mr. Wallace, indem sie die Hand an den Hut oder die Mütze hoben.
Ich winkte auch noch einmal und folgte den anderen. Firehand blieb noch zurück und wechselte ein paar Worte mit Mr. Wallace. Ich würde erst viel später erfahren, um was es hierbei noch gegangen war.
Bald waren die beiden außer Sicht. Wir waren am Stadtrand angekommen und hatten die freie Prairie vor uns und den Fluss zur Linken. Endlich ging es also los!
Wir ließen die Pferde ausgreifen und man merkte sowohl ihnen, als auch den Reitern an, dass sie froh waren, endlich wieder aus der Stadt herauszukommen.
Ich drehte mich nochmal um und sah hinter uns Old Firehand auf seinem Rappen heranpreschen. Dann schloss er sich uns an und hielt das gleiche Tempo. Zunächst hielt er sich zu Bulcher und Korner, die voranritten. Dahinter folgten die anderen Jäger jeweils zu zweit nebeneinander. Ich ritt am Ende des Zuges und fragte mich, was wohl alles auf uns zukommen würde. Würden wir einen guten Jagdgrund finden, auf Indianer treffen, feindliche Begegnungen haben?
War ich wirklich in der Lage, ein guter Jäger und Scout zu werden? Nun, … bald würde ich auf all diese Fragen wohl Antworten bekommen.
Old Firehand ließ sich später nach und nach weiter entlang des Zuges zurückfallen, wechselte ein paar Worte mit jedem der Kameraden. Schließlich kam er bei mir an und blieb an meiner Seite. Wir hatten, nachdem wir die Stadt weit hinter uns gelassen hatten, wieder eine ruhigere Gangart angeschlagen.
Er sagte:
„Endlich sind wir unterwegs, nicht wahr?“
Ich antwortete:
„Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie froh ich darüber bin, mit Euch reiten zu dürfen.“
„Doch, mein Junge, das kann ich. Ich denke, ich weiß, wie es in dir aussieht und meine, ich würde an deiner Stelle ebenso empfinden. Es freut mich, dass ich dafür Sorge tragen kann, dich auf den richtigen Weg zu setzen. Sollst die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, um deiner Bestimmung gerecht zu werden. Dazu werden wir jetzt einige Zeit und Gelegenheit haben. Später kannst du dann deine Familie suchen und vielleicht auch die Verbrecher Etters und Thibaut aufspüren. Was ich dazu beitragen kann, werde ich tun. Hoffen wir, dass du dann schnell auf ihre Fährte stößt.“
Nun schwiegen wir und so lenkte ich meine Aufmerksamkeit mehr auf das Terrain, durch das wir ritten.
Wir kamen jetzt immer mehr auf die offene Prairie und ich stellte fest, dass mein bisheriger Horizont doch ein sehr beschränkter gewesen war. Seit ich mich erinnern konnte, war ich so weit wie heute nicht von zuhause weg gewesen. Das Gelände war, sowohl auf der nordöstlichen Seite des Flusses, als auch in südwestlicher Richtung, weitgehend eben, unterbrochen nur von wenigen kleineren Erhebungen. Das Prairiegras reichte fast bis an die Bäuche der Pferde. Es war ein erhabener Anblick.
Hier, wo wir noch nicht sehr weit von Jefferson entfernt waren, gab es noch den einen oder anderen Hinweis auf das Vorhandensein von Zivilisation. So konnte man einige breite Schneisen im Gras sehen, die offensichtlich von Pferdefuhrwerken herrührten. Hier waren mehrere Reisende vorübergekommen, so dass dieser Weg, wie ich ihn hier einmal nennen möchte, wohl ein vielgenutzter Reiseweg nach Jefferson und von dort weiter in den Osten war. Je weiter wir aber, am Missouri entlang, in Richtung Nordwesten in die Prairie vordrangen, desto spärlicher wurden solche Hinweise.
Old Firehand hatte mir gesagt, dass wir heute noch bis Jamestown reiten wollten, also eine Strecke von ungefähr fünfundzwanzig Meilen, was einer recht guten Tagesdistanz zu Pferde entsprach. Jamestown war damals ein kleiner Weiler, dessen Name daher rührte, dass dort ein Brüderpaar des Namens „James“ einen Store eröffnet hatte. Außerdem gab es dort, wie ich am Abend feststellen durfte, bereits seit einigen Jahren ein Post-Office.
Als wir dort ankamen, ritten wir nur hindurch, da wir alles was wir brauchten, aus Jefferson mitgenommen hatten. Die Munitionsvorräte waren noch kaum angetastet. Bulcher und Sanders hatten am Nachmittag einige Prairiehühner geschossen, die wir uns des Abends am Feuer zubereiten wollten.
In einiger Entfernung von der Niederlassung gab es ein kleineres Wäldchen, an dessen Rand wir uns zur Nacht niederließen. Wir sattelten ab, hobbelten28 die Pferde an und sammelten in der Nähe ein wenig Holz zum Feuermachen.
Korner erklärte mir, dass ein solches Feuer in der Wildnis nicht zu viel Rauch entwickeln sollte und nicht zu weit sichtbar sein dürfte. Schließlich wisse man nie, wer sich in der Nähe aufhalte und daher sollte man vermeiden, möglicherweise feindlich gesinnte Menschen, auf sich aufmerksam zu machen.
Er schichtete daher ein wenig Holz rund um die Feuerstelle auf, um das Feuer von der Seite abzuschirmen und legte das Feuerholz im Kreise so zusammen, dass lediglich die Enden der Hölzer aneinanderstießen. Fachte man nun das Feuer in der Mitte an, so glomm nur eine kleinere Flamme, deren Höhe man dadurch regulieren konnte, dass man die Hölzer weiter zusammenschob oder auseinanderzog.
Da wir aber nun bald die Hühner zubereiten wollten, die Bulcher und Sanders schon gefiedert hatten, meinte er, könne man zunächst noch ein stärkeres Feuer anmachen. Firehand wollte jedoch erst die nähere Umgebung erkunden und also schauen, ob ein solches Feuer noch möglich sei.
Er bat mich, ihn zu begleiten. Als wir uns einige Schritte entfernt hatten, sagte er:
„Sind noch in ziemlicher Nähe der Siedlungen, daher denke ich, haben wir kaum etwas zu befürchten. Indianer streifen in diesen Gegenden schon seit mehreren Jahren nicht mehr umher und weißes Gesindel ist auch eher nicht in der Nähe von Ansiedlungen anzutreffen. Zumindest nicht, wenn es nichts zu holen gibt. Das Nest da drüben,“ er meinte Jamestown, „scheint mir nicht gerade eines mit goldenen Eiern darin zu seien. Wollen aber keine Vorsicht versäumen und unser Wäldchen und seine Umgebung ein wenig inspizieren.“
Er ging also leisen Schrittes voran und ich folgte ihm drein. Die Dämmerung senkte sich, wie immer in dieser Gegend, recht schnell herab, so dass uns nur wenig Zeit blieb, unsere „Inspektion“ bei Tageslicht durchzuführen.
Wir gingen noch eine gute halbe Meile in Richtung Jamestown, also nach Südost zurück, um uns dann nach Südwest zu wenden und in einem Umkreis von einer halben Meile unseren Lagerplatz im Uhrzeigersinn zu umrunden. Dabei hielt Firehand nach allen Seiten Ausschau. In dem hohen Prairiegras hielten wir uns gebückt, um von weitem nicht sofort gesehen zu werden, sollte sich jemand unserem Wäldchen nähern. Als wir unsere Runde vollendet hatten, war die Dämmerung schon weit fortgeschritten. Wir kehrten jetzt um, um uns dem Wäldchen wieder zu nähern. Nach einigen Schritten blieb Firehand stehen, hielt mich am Arm zurück und bat mich, ebenfalls stehen zu bleiben. Er fragte:
„Kannst du dir denken, weshalb ich hier stehen bleibe?“
Ich antwortete:
„Habe gesehen, wie Ihr die Nase in den Wind hieltet, bevor Ihr stehen bliebt, Mr. Firehand. Ich denke daher, dass auch ich jetzt einmal Witterung aufnehmen sollte.“
„Nun, was witterst du?“
„Ich rieche Rauch. Da der Wind von Nordwest kommt, also aus der Richtung unseres Lagerplatzes, denke ich, dass es sich um unser Feuer handelt.“
„Denke es auch. Da wir den Rauch bereits hier wahrnehmen können, muss es sich um ein größeres Feuer handeln. Also hat Korner, das alte ‘Coon, ohne unsere Rückkehr abzuwarten, das größere Kochfeuer bereits entzündet. Werde ihm dazu wohl noch Bescheid geben.“
Bei diesen Worten machte er auf mich aber nicht den Eindruck, als sollte dieser Bescheid allzu deutlich werden. Dann sagte Firehand:
„Hast übrigens eine gute Nase, mein Junge. Habe den Rauch tatsächlich auch erst an dieser Stelle bemerkt. Musst nur noch lernen, deinen Sinnen zu vertrauen und auf dieselben zu hören. Soll heißen, sie zu deiner Vorsicht zu nutzen.“
„Werde es mir merken“, sagte ich „und bei Gelegenheit meine Schlüsse ziehen.“
„Und welche wären das, in dem Falle, dass du Rauch bemerkst?“
„Nun, das liegt auf der Hand. Im Zweifel muss ich voraussetzen, dass der Rauch nicht von einem Feuer herrührt, das meine Kameraden unterhalten. Ich würde mich also vorsichtig und möglichst leise dem Feuer nähern und dabei versuchen, zu erkunden, welches die Ursache desselben ist oder wer das Feuer unterhält.“
„Schön und gut,“ meinte Firehand, „ob dies allerdings so gelingen würde, wie du dir das zu denken scheinst, möchte ich doch bezweifeln. Das Annähern oder, notwendigen Falles, das Anschleichen sind dann doch Fertigkeiten, zu denen viel Übung und Erfahrung erforderlich ist.“
„Mr. Firehand,“ unterbrach ich ihn, „mir ist klar, dass ich diese Fertigkeiten noch nicht besitze, aber Ihr wolltet wissen, welche Schlüsse ich ziehen würde. In meiner jetzigen Situation, würde ich also einen Kameraden auf meine Beobachtung aufmerksam machen und ihn bitten, der Quelle nachzugehen.“