Kitabı oku: «Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/46», sayfa 8

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1. Der Kampf gegen die Arbeiterklasse.

Als Hitler zur Macht kam, gab es in Deutschland drei Gruppen von Gewerkschaften. Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB), der achtundzwanzig Gewerkschaften umfaßte, und der Allgemeine Freie Angestelltenverband (AFA) mit 13 angeschlossenen Verbänden, zählten insgesamt mehr als 4,5 Millionen Mitglieder. Die christlichen Gewerkschaften hatten über 1,25 Millionen Mitglieder. Die Arbeiterschaft Deutschlands hatte wie die Arbeiterschaft anderer Nationen wenig für sich durch einen Krieg zu gewinnen. Obgleich sich die Arbeiterschaft zwar gewöhnlich zur Unterstützung der Nation im Kriege bereitfindet, ist sie im allgemeinen eine friedliebende, wenn auch durchaus nicht pazifistische Macht in der Welt. Im Jahre 1933 hatte die arbeitende Bevölkerung Deutschlands nicht vergessen, wie schwer das Joch des Kriegsherrn sein kann. Es war die Arbeiterschaft, die sich mit den Matrosen und Soldaten in der Revolution von 1918 am Ende des ersten Weltkrieges verbunden hatte. Die Nazis hatten das nicht vergessen und vergeben. Das Nazi-Programm machte es daher erforderlich, diesem Teil des deutschen Volkes nicht nur die Macht zu nehmen, sich gegen eine Vernachlässigung seiner bescheidenen Lebensumstände zugunsten der Aufrüstung zu wehren, sondern ihn auch mit Zuckerbrot und Peitsche zu neuen und ungeahnten Opfern als Teil der von den Nazis betriebenen Kriegsvorbereitungen zu bewegen. Die Arbeiterschaft mußte eingeschüchtert werden, und das bedeutete, daß ihre Organisationen als Mittel ihres Zusammenhalts und ihrer Verteidigung zerstört werden mußten.

Die Absieht, die Arbeiterschaft den Zwecken der Nazi-Partei dienstbar zu machen, wurde von Ley am 2. Mai 1933 in einer Rede vor Arbeitern offen ausgesprochen:

„Ihr werdet sagen, was wollt ihr denn noch? Ihr habt doch die absolute Macht! Gewiß, wir haben die Macht, aber wir haben noch nicht das ganze Volk. Dich, Arbeiter, haben wir noch nicht hundertprozentig, und gerade dich wollen wir, wir lassen dich nicht, bis du in aufrichtiger Erkenntnis restlos zu uns stehst“ (614-PS).

Der erste Schlag der Nazis galt den beiden großen Gewerkschaften. Am 21. April 1933 wurde – nicht einmal im Namen der Regierung, sondern der Nazi- Partei – von dem Verschwörer Robert Ley ein Befehl herausgegeben, in dem er sich selbst als „Stabsleiter der Politischen Organisation der NSDAP“ bezeichnete, und der sich auf den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund und den Allgemeinen Freien Angestelltenbund, die beiden größten deutschen Gewerkschaften, bezog. Er ordnete die Beschlagnahme ihres Eigentums und die Verhaftung ihrer obersten Leiter an. Der Befehl bestimmte, daß Gliederungen der Partei, die wir hier als verbrecherische Organisationen anklagen, die SA und SS, „zur Besetzung der Gewerkschaftshäuser und der Inschutzhaftnahme der in Frage kommenden Persönlichkeiten einzusetzen“ seien. Ferner sollten alle Verbandsvorsitzenden und Bezirkssekretäre der Verbände und die Filialleiter der Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten in „Schutzhaft“ genommen werden (392-PS).

Dieser Befehl wurde am 2. Mai 1933 ausgeführt. Alle Gelder der Gewerkschaften, auch die Pensions- und Wohlfahrtsfonds, wurden beschlagnahmt. Gewerkschaftsführer wurden in Konzentrationslager geschickt. Einige Tage später, am 10. Mai 1933, wurde Ley von Hitler zum Führer der Deutschen Arbeitsfront (DAF) ernannt, die das beschlagnahmte Vermögen der Gewerkschaften übernahm. Die Deutsche Arbeitsfront, ein von den Nazis beherrschtes Arbeitsamt, wurde von Ley geschaffen, um die deutschen Arbeiter in der Nazi-Lehre zu unterweisen und allen, die dabei nicht so recht mitkamen, den Arbeitsplatz zu nehmen. „Werkscharen“, wie man sie nannte, wurden aufgestellt als „weltanschauliche Stoßtrupps in den Betrieben“ (1940-PS; 817-PS). Die Partei bestimmte, daß „außer der Deutschen Arbeitsfront keinerlei Organisation mehr, weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber bestehen darf“. Am 24. Juni 1933 wurden auch die christlichen Gewerkschaften durch einen von Ley unterzeichneten Parteibefehl aufgelöst.

Am 19. Mai 1933 wurden – diesmal durch ein Gesetz der Regierung – „Treuhänder der Arbeit“ geschaffen, die, von Hitler ernannt, die Bedingungen aller Arbeitsverträge festsetzen sollten, wodurch das bisherige System des Kollektivvertrags beseitigt wurde (405-PS). Am 20. Januar 1934 führte das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ das Führerprinzip in der Industrie ein. Die Unternehmer wurden zu Betriebsführern und die Arbeiter zur Gefolgschaft erklärt, es ermächtigte die Eigentümer, „Führer“-Entscheidungen „der Gefolg­schaft gegenüber in allen betrieblichen Angelegenheiten“ zu treffen (1861-PS). Durch diese Köder wurden die deutschen Großindustriellen bewogen, die Sache der Nazis zu unterstützen, die dann am Ende zu ihrem eigenen Verderben führte.

Die Nazis beherrschten und verfügten nicht nur über die deutsche Arbeiterschaft, sie zwangen auch die Jugend in die Reihen der arbeitenden Bevölkerung hinein, die sie auf solche Weise an die Kette gelegt hatten. Nach einem am 26. Juni 1935 erlassenen Arbeitsdienstgesetz wurden junge Männer und Frauen im Alter von achtzehn bis zu fünfundzwanzig Jahren zum Arbeitsdienst verpflichtet (1654-PS). Damit war die Aufgabe, die deutsche Arbeiterschaft zu unterjochen, vollendet; die Gewerkschaften und Angestelltenverbände waren nach den Worten von Ley, ihres „vereinsmäßigen Charakters“ entkleidet, „an seine Stelle haben wir den Begriff des ‚Soldaten der Arbeit‘ gesetzt“. Die arbeitenden Menschen des deutschen Volkes waren damit unter der Aufsicht der Nazis. Die Angeklagten gewannen durch diese Maßnahmen den Kampf, die Arbeiterverbände als Träger eines möglichen Widerstandsgeistes zu beseitigen, und konnten nun der arbeitenden Klasse die Lasten für die Vorbereitung eines Angriffskrieges auferlegen.

Robert Ley, der Feldmarschall in der Schlacht gegen die Arbeiterschaft, hat unsere Anklage mit Selbstmord beantwortet. Anscheinend wußte er keine bessere Antwort.

Ich gehe nun zum Kampf gegen die Kirchen über, das zweite der beschriebenen Elemente, das vernichtet werden mußte.

2. Der Kampf gegen die Kirchen.

Die Nazi-Partei war in ihrer Weltanschauung immer überwiegend antichristlich. Wir, die wir an die Freiheit des Gewissens und der Religion glauben, stützen eine Anklage verbrecherischen Verhaltens nicht auf die Weltanschauung eines Menschen. Nicht weil die Nazis selbst unreligiös oder heidnisch waren, sondern weil sie andere wegen ihres christlichen Glaubens verfolgten, haben sie sich eines Verbrechens schuldig gemacht. Und weil diese Verfolgung ein Teil der allgemeinen Vorbereitung auf einen Angriffskrieg war, gewinnt sie internationale Bedeutung. Um jeden mäßigenden Einfluß im deutschen Volke zu beseitigen und die Bevölkerung völlig zum Kriege bereit zu machen, haben die Verschwörer alle christlichen Sekten und Kirchen planmäßig und unerbittlich unterdrückt.

Wir werden Sie bitten, sich von der Schuld der Nazis aus ihrem eigenen Beweismaterial zu überzeugen. Im Juni 1941 gab Martin Bormann einen Geheimerlaß über die Verhältnisse von Christentum und Nationalsozialismus heraus (D-75). In diesem Erlaß heißt es:

„Zum ersten Male in der deutschen Geschichte hat der Führer bewußt und vollständig die Volksführung selbst in der Hand. Mit der Partei, ihren Gliederungen und angeschlossenen Verbänden hat der Führer sich und damit der deutschen Reichsführung ein Instrument geschaffen, das ihn von der Kirche unabhängig macht. Alle Einflüsse, die die durch den Führer mit Hilfe der NSDAP ausgeübte Volksführung beeinträchtigen oder gar schädigen könnten, müssen ausgeschaltet werden. Immer mehr muß das Volk den Kirchen und ihren Organen, den Pfarrern entwunden werden. Selbstverständlich werden und müssen die Kirchen, von ihrem Standpunkt betrachtet, sich gegen diese Machteinbuße wehren. Niemals aber darf den Kirchen wieder ein Einfluß auf die Volksführung eingeräumt werden. Dieser muß restlos und endgültig gebrochen werden.

Nur die Reichsführung und in ihrem Auftrage die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände haben ein Recht zur Volksführung. Ebenso wie die schädlichen Einflüsse der Astrologen, Wahrsager und sonstigen Schwindler ausgeschaltet und durch den Staat unterdrückt werden, muß auch die Einflußmöglichkeit der Kirche restlos beseitigt werden. Erst, wenn dieses geschehen ist, hat die Staatsführung den vollen Einfluß auf die einzelnen Volksgenossen. Erst dann sind Volk und Reich für alle Zukunft in ihrem Bestande gesichert“ (D-75).

Wie die Partei das Reich gegen den Einfluß der Kirche gesichert hatte, wird im einzelnen belegt werden durch ein Beweisstück, dem Fernschreiben der Gestapo in Berlin an die Gestapo Nürnberg vom 24. Juli 1938, welches einen Vorgang in Rottenburg beschreibt (848-PS). Lassen Sie uns deren eigenen Bericht über Rottenburg hören:

„Die Partei hat am 23. Juli 1938 von 21 Uhr ab die dritte Demonstration gegen Bischof Sproll durchgeführt. Teilnehmer, rund 2500 bis 3000 wurden mit Omnibussen usw. von auswärts herbeigeschafft. Die Rottenburger Bevölkerung beteiligte sich wieder nicht an der Demonstration, nahm diesmal vielmehr eine feindliche Haltung gegenüber den Demonstranten ein. Die Aktion glitt den von der Partei bestellten verantwortlichen Parteigenossen vollständig aus der Hand. Die Demonstranten stürmten das Palais, schlugen die Tore und Türen ein. Ungefähr 150 bis 200 Menschen drangen in das Palais ein, durchsuchten die Zimmer, warfen Akten aus den Fenstern und durchwühlten die Betten in den Zimmern des Palais. Ein Bett wurde angezündet. Bevor das Feuer auf die übrigen Einrichtungsgegenstände des Zimmers und des Palais selbst übergriff, konnte das lichterloh brennende Bett aus dem Fenster geworfen und das Feuer gelöscht werden. Der Bischof befand sich mit dem Erzbischof Groeber von Freiburg und den Herren und Damen seiner Umgebung in der Kapelle beim Gebet. In diese Kapelle drangen ungefähr 25 bis 30 Personen ein und belästigten die dort Anwesenden. Bischof Groeber wurde für Bischof Sproll gehalten, am Rock gefaßt und hin und her gezogen. Schließlich wurden die Eindringlinge gewahr, daß Bischof Groeber nicht der ist, den sie suchen. Sie konnten dann zum Verlassen des Palais veranlaßt werden.

Ich hatte nach der Räumung des Palais durch die Demonstranten eine Unterredung mit dem Erzbischof Groeber, der noch in der Nacht Rottenburg verließ. Groeber will sich erneut an den Führer und Reichsinnenminister Dr. Frick wenden. –

Über den Verlauf der Aktion, die angerichteten Verwüstungen sowie die heute einsetzenden Huldigungen der Rottenburger Bevölkerung für den Bischof werde ich unverzüglich eingehenden Bericht erstatten, nachdem ich soeben im Begriff bin, die Gegenkundgebungen zu unterbinden. ‚Stapoleitstelle Stuttgart.‘

Falls der Führer in dieser Angelegenheit Weisungen zu geben hat, bitte ich diese schnellstens durchzugeben...“ (848-PS).

Später übermittelte Rosenberg an Bormann sein Gutachten über einen Vorschlag des Reichsministers für die kirchlichen Angelegenheiten, Kerrl, die Protestantische Kirche unter Staatsaufsicht zu stellen und Hitler zu ihrem Oberhaupt auszurufen. Rosenberg wandte sich gegen diesen Vorschlag und deutete an, daß der Nationalsozialismus die christliche Kirche nach dem Kriege völlig unterdrücken werde (siehe auch 098-PS).

Alle pazifistischen und von der Staatskirche abweichenden Sekten, wie zum Beispiel die Ernsten Bibelforscher und die Pfingstvereinigung wurden besonders hart und grausam verfolgt. Die Politik gegenüber der Evangelischen Kirche bestand darin, ihren Einfluß für die Zwecke der Nazis zu benutzen. Im September 1933 wurde Müller zum Bevollmächtigten des Führers ernannt mit der Befugnis, die „Angelegenheiten der Evangelischen Kirche“ in ihren Beziehungen zum Staate zu regeln. Schließlich wurden Schritte unternommen, einen Reichsbischof zu schaffen, der ermächtigt sein sollte, die Kirche zu beaufsichtigen. Ein langer Konflikt folgte. Pastor Niemöller wurde ins Konzentrationslager gebracht, und es gab weitere Eingriffe in die innere Ordnung und Verwaltung der Kirche.

Ein sehr heftiger Kampf richtete sich gegen die römisch-katholische Kirche. Nachdem im Juli 1933 in Rom aus politischer Zweckmäßigkeit ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl unterzeichnet worden war, das von der Nazi-Partei jedoch niemals eingehalten worden ist, setzte eine lange und beständige Verfolgung der katholischen Kirche, ihrer Priester und ihrer Anhänger ein. Konfessionelle Schulen und Erziehungsanstalten wurden unterdrückt oder Forderungen der Nazi-Lehre unterworfen, die mit dem christlichen Glauben unvereinbar waren. Der Kirchenbesitz wurde eingezogen, und die gegen das Kircheneigentum entfachte Zerstörungswut blieb ungestraft. Religiöse Erziehung wurde verhindert und die Religionsausübung erschwert. Priester und Bischöfe wurden abgesetzt, Unruhen wurden in Szene gesetzt, um sie zu quälen, und viele wurden in Konzentrationslager gebracht.

Nach der Besetzung fremden Bodens gingen diese Verfolgungen mit größerer Kraft als zuvor weiter. Wir werden Ihnen aus den Akten des Vatikans die ernstesten Proteste vorlegen, die der Vatikan an Ribbentrop leitete, und in denen die Verfolgungen aufgezählt waren, denen die Priesterschaft und die Kirche im 20. Jahrhundert im Nazi-Regime unterworfen waren. Ribbentrop beantwortete sie niemals. Er konnte sie nicht ableugnen, er wagte sie nicht zu rechtfertigen.

Ich komme nun zu den „Verbrechen gegen die Juden“.

VORSITZENDER: Wir werden nun unsere Mittagspause einlegen.

[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof erklärt eine Gerichtspause von 15 Minuten von 15.30 bis 15.45 Uhr und wird dann die Sitzung bis 16.30 Uhr fortsetzen.

JUSTICE JACKSON: Ich komme jetzt zu dem Abschnitt

3. Verbrechen gegen die Juden:

Die meisten und wildesten Verbrechen, die von den Nazis geplant und begangen worden sind, richteten sich gegen die Juden, deren Zahl in Deutschland im Jahre 1933 etwa fünfhunderttausend betrug. Sie hatten, im ganzen gesehen, Stellungen erreicht, die Neid erregten, und Besitz erworben, der die Habsucht der Nazis reizte. Sie waren wenig genug, um hilflos zu sein, aber zahlreich genug, um als eine Gefahr hingestellt zu werden.

Die Anklage der Judenverfolgung darf nicht mißverstanden werden. Wir legen den Angeklagten nicht anmaßendes Verhalten oder Voreingenommenheit zur Last, wie sie häufig bei der Vermischung verschiedener Völker vorkommen und trotz ehrlicher Bemühung der Regierung leicht zu bedauerlichen Verbrechen und Erschütterungen führen. Ich will vielmehr zeigen, daß das Ziel, dem sich alle Nazis fanatisch ergaben, nämlich alle Juden zu vernichten, Plan und festes Vorhaben war. Diese Verbrechen wurden von der Parteiführerschaft organisiert und gefördert und von den Nazi-­Beamten ausgeführt und gedeckt, wofür wir Ihnen überzeugenden Beweis durch schriftliche Befehle der Geheimen Staatspolizei selbst vorlegen werden.

Die Verfolgung der Juden war eine ununterbrochene und vorsätzliche Politik, die sich gegen andere Völker in gleicher Weise richtete wie gegen die Juden selbst. Der Antisemitismus wurde gefördert, um die demokratischen Völker zu spalten und zu verbittern und ihren Widerstandsgeist gegen den Angriff der Nazis zu schwächen. Robert Ley erklärte in der Zeitung: „Der Angriff“ vom 14.5.1944.

„Die zweite deutsche Geheimwaffe ist der Antisemitismus, weil er, wenn er von Deutschland konsequent durchgehalten wird, eine Weltfrage werden wird, mit der sich alle Völker werden auseinandersetzen müssen.“

Der Antisemitismus ist auch zutreffend als „Lanzenspitze des Schreckens“ bezeichnet worden. Das Ghetto war die Versuchstätte, Unterdrückungsmaßnahmen zu erproben. Jüdischer Besitz wurde als erster enteignet, aber der Brauch breitete sich aus und führte zu ähnlichen Maßnahmen gegen „staatsfeindliche“ Deutsche, gegen Polen, Tschechen, Franzosen und Belgier. Die Ausrottung der Juden ermöglichte den Nazis, mit erfahrener Hand in ähnlicher Weise gegen Polen, Serben und Griechen vorzugehen. Das schlimme Schicksal der Juden war ständige Drohung gegenüber dem Widerstandswillen oder der Unzufriedenheit unter anderen Teilen der Bevölkerung Europas – Pazifisten, Konservativen, Kommunisten, Katholiken, Protestanten, Sozialisten. Es war in Wahrheit eine Drohung gegenüber jeder abweichenden Meinung, es bedrohte das Leben aller Nichtnazis.

Die Politik der Verfolgung gegen die Juden begann ohne Gewalttaten, etwa mit der Aberkennung des Staatsbürgerrechts, der öffentlichen Schmähung ihres Glaubens und ihrer Behinderung im Wirtschaftsleben. Sie entwickelte sich schnell zu überlegter und vielfältiger Gewalttätigkeit, zu Absonderung in Ghettos, Verschleppung, Zwangsarbeit, Massenaushungerung und Vernichtung. Die Regierung, die Parteigliederungen, die vor Ihnen als verbrecherische Organisationen angeklagt sind, die Geheime Staatspolizei, die Wehrmacht, private und halböffentliche Vereinigungen und „spontane“ Ausschreitungen, die sorgfältig von amtlicher Stelle gelenkt wurden, sie alle waren an dieser Verfolgung beteiligt. Die Verfolgung richtete sich auch nicht etwa gegen einzelne Juden, die sich persönlich als Staatsbürger schlecht geführt oder mißliebig gemacht hatten. Die offen zugegebene Absicht war die Vernichtung des jüdischen Volkes überhaupt, als Selbstzweck, als Vorbereitungsmaßnahme zum Kriege und als eine Warnung für besiegte Völker.

Die Verschwörung oder der gemeinsame Plan, die Juden auszurotten, wurde so überlegt und gründlich betrieben, daß dieses Ziel der Nazis trotz der deutschen Niederlage und trotz ihrem Sturze weitgehend erreicht worden ist. Nur Reste der europäischen jüdischen Bevölkerung sind in Deutschland, in den von Deutschland besetzten Gebieten und in den Ländern seiner Vasallen oder Mithelfer übriggeblieben. Von 9,6 Millionen Juden, die in dem von den Nazis beherrschten Europa lebten, sind nach amtlichen Schätzungen sechzig von hundert umgekommen. 5,7 Millionen Juden werden in den Ländern, in denen sie früher lebten, vermißt. Über 4,5 Millionen davon lassen sich weder durch normale Sterblichkeit oder Auswanderung erklären, noch sind sie unter den Verschleppten. Die Geschichte berichtet von keinem Verbrechen, das sich jemals gegen so viele Opfer gerichtet hat oder mit solch einer berechnenden Grausamkeit begangen worden ist.

Gleich mir wird es auch Ihnen schwer fallen, in die Gesichter dieser Angeklagten zu blicken und zu glauben, daß Menschen in diesem zwanzigsten Jahrhundert fähig waren, ihren eigenen Landsleuten wie auch ihren sogenannten „minderwertigen“ Feinden solche Leiden, wie wir sie hier beweisen werden, zuzufügen. Die einzelnen Verbrechen und die Verantwortlichkeit der Angeklagten für sie werden von dem Anklagevertreter der Sowjetregierung behandelt werden, soweit sie im Osten, und von dem Anklagevertreter der Französischen Republik, soweit sie im Westen begangen worden sind. Ich weise auf diese Verbrechen hier nur hin, um ihre gewaltig große Zahl als Beweis dafür anzuführen, daß eine feste Absicht zugrundelag, von der alle Angeklagten wußten, und daß es sich um einen amtlichen Plan handelte und nicht etwa um eine launenhafte Politik irgendeines einzelnen Befehlshabers. Ich möchte ferner zeigen, daß die Beständigkeit der Judenverfolgung vom Beginn der Nazi-Verschwörung bis zu ihrem Zusammenbruch die Annahme verbietet, irgend jemand könnte sich in irgendeiner Weise an dem Werk der Nazis beteiligt haben, ohne nicht auch diesem auffälligsten Programmpunkt zugestimmt zu haben.

Die Anklageschrift selbst führt viele Beweise antisemitischer Verfolgungen an. Der Angeklagte Streicher war unter den Nazis der Vertreter der schärfsten judenfeindlichen Gewalttätigkeit. In einem Artikel des „Stürmers“ vom 19. März 1942 beklagte er sich, daß die christliche Lehre einer „radikalen Lösung der Judenfrage in Europa“ hindernd im Wege gestanden habe, und führte begeistert die Proklamation des Führers vom 24. Februar 1942 an als die Lösung des zwanzigsten Jahrhunderts, nämlich daß der „Jude ausgerottet werden wird“. Und am 4. November 1943 erklärte Streicher im „Stürmer“, daß die Juden „aus Europa verschwunden sind und daß das jüdische ‚Reservoir des Ostens‘, aus dem die Judenseuche seit Jahrhunderten über die europäischen Völker gekommen ist, aufgehört hat, zu bestehen“.

Streicher hat jetzt die Dreistigkeit, uns zu sagen, er sei „nur ein Zionist“, – er habe nur die Juden nach Palästina zurückschicken wollen. Aber am 7. Mai 1942 schrieb er in seiner Zeitung „Der Stürmer“:

„Die Judenfrage ist nicht nur ein europäisches Problem. Die Judenfrage ist eine Weltfrage. Ebenso wenig wie Deutschland vor den Juden sicher ist, solange auch nur ein Jude in Europa lebt, ebenso wenig ist in Europa die Judenfrage gelöst, solange Juden die übrige Welt bevölkern.“

Und der Angeklagte Hans Frank, ein Anwalt von Beruf, wie ich mit Beschämung feststellte, faßte in seinem Tagebuch im Jahre 1944 die Nazi-Politik folgendermaßen zusammen: „Die Juden sind eine Rasse, die ausgetilgt werden muß, wo immer wir nur einen erwischen, geht mit ihm zu Ende“ (Dokument 2233-PS, 4. März 1944, Seite 26). Zu einer früheren Zeit hatte er, als er von seiner Aufgabe als Generalgouverneur von Polen sprach, seinem Tagebuch dieses Zeugnis des Zartgefühls anvertraut: „Freilich, in einem Jahre konnte ich weder sämtliche Läuse noch sämtliche Juden beseitigen“ (Dokument 2233-PS, Band IV/1940, Seite 1158).

Ich könnte die Beispiele solchen Nazi-Wütens endlos fortsetzen, aber das soll der Beweisaufnahme überlassen bleiben. Wir wollen uns jetzt den Ergebnissen dieses entarteten Denkens zuwenden.

Die schwersten Maßnahmen gegen die Juden lagen außerhalb jedes Gesetzes, aber auch die Gesetzgebung selbst wurde bis zu einem gewissen Grade benutzt, zum Beispiel in den berüchtigten Nürnberger Gesetzen vom 15. September 1935 (Reichsgesetzblatt 1935 Teil I, Seite 1146). Die Juden wurden in Ghettos abgesondert und der Zwangsarbeit unterworfen. Sie wurden aus ihrem Beruf ausgestoßen, ihr Eigentum wurde eingezogen, alles kulturelle Leben, Presse, Theater und Schulen wurden ihnen verboten. Die Verantwortung für sie wurde dem SD übertragen (212-PS, 069-PS); es war eine verhängnisvolle Vormundschaft wie die folgenden „Richtlinien für die Behandlung der Judenfrage“ zeigen:

„Die Zuständigkeit des mit der Endlösung der europäischen Judenfrage beauftragten Chefs der Sicherheitspolizei und des SD erstreckt sich auch auf die besetzten Ostgebiete...

Ein etwaiges Vorgehen der örtlichen Zivilbevölkerung gegen die Juden ist nicht zu hindern, soweit sich dies mit dem Gebot der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Rücken der kämpfenden Truppe vereinbaren läßt... Ein erstes Hauptziel der deutschen Maßnahmen muß sein, das Judentum streng von der übrigen Bevölkerung abzusondern, Voraussetzung hierfür ist zunächst die restlose Erfassung der jüdischen Bevölkerung durch Einführung der Meldepflicht und sonstige geeignete Maßnahmen...

Alsdann ist unverzüglich die Kennzeichnung mittels eines stets sichtbar zu tragenden gelben Judensternes durchzuführen und sofort die Freizügigkeit für alle Juden aufzuheben. Eine Überführung in Ghettos unter gleichzeitiger Trennung der Geschlechter ist anzustreben. Das Vorhandensein zahlreicher mehr oder weniger geschlossener jüdischer Niederlassungen in Weißruthenien und in der Ukraine erleichtert diese Aufgabe. Im übrigen sind hierfür Orte auszuwählen, die infolge vorliegender Arbeitsvorhaben die völlige Ausnutzung der jüdischen Arbeitskraft ermöglichen...

Mit Ausnahme dessen, was zur notdürftigen Lebensführung benötigt wird, ist das gesamte jüdische Vermögen zu erfassen, zu beschlagnahmen und endgültig einzuziehen. Soweit es die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse zulassen, ist den Juden in diesem Rahmen möglichst frühzeitig die Verfügungsgewalt über ihr Vermögen durch Anordnung der kommissarischen Verwaltung und sonstige Maßnahmen zu entziehen, damit Vermögensverschiebungen nach Möglichkeit hintangehalten werden.

Eine kulturelle Betätigung wird den Juden völlig verboten werden. Hierzu gehört auch das Verbot der jüdischen Presse, der jüdischen Theater und des Schulwesens.

Das Schächten ist gleichfalls zu unterbinden.“ (212-PS.)

Der Feldzug gegen die Juden in Deutschland steigerte sich zu besonderer Heftigkeit nach der Ermordung des deutschen Legationssekretärs vom Rath in Paris. Heydrich, der Chef der Geheimen Staatspolizei, gab über den Fernschreiber an alle Dienststellen der Gestapo und des SD Anweisung „spontane“ Demonstrationen, die für die Nächte des 9. und 10. November 1938 zu erwarten seien, so zu handhaben, daß die Zerstörung jüdischen Eigentums begünstigt und nur deutscher Besitz geschützt werde. Kein zynischeres Dokument ist je ans Licht gekommen!

Es liegt ferner der Bericht des SS-Brigadeführers Dr. Stahlecker an Himmler vor, und ich zitiere:

„Ebenso wurden schon in den ersten Stunden nach dem Einmarsch, wenn auch unter erheblichen Schwierigkeiten, einheimische antisemitische Kräfte zu Pogromen gegen die Juden veranlaßt. Befehlsgemäß war die Sicherheitspolizei entschlossen, die Judenfrage mit allen Mitteln und aller Entschiedenheit zu lösen. Es war aber nicht unerwünscht, wenn sie zumindest nicht sofort bei den doch ungewöhnlich harten Maßnahmen, die auch in deutschen Kreisen Aufsehen erregen mußten, in Erscheinung trat. Es mußte nach außen gezeigt werden, daß die einheimische Bevölkerung selbst als natürliche Reaktion gegen jahrzehntelange Unterdrückung durch die Juden und gegen den Terror durch die Kommunisten in der vorangegangenen Zeit die ersten Maßnahmen von sich aus getroffen hat...

Angesichts der Ausdehnung des Einsatzraumes und der Fülle der sicherheitspolizeilichen Aufgaben wurde von vornherein angestrebt, daß die zuverlässige Bevölkerung selbst bei der Bekämpfung der Schädlinge in ihrem Lande – also insbesondere der Juden und Kommunisten – mitwirkt. Über die Steuerung der ersten spontanen Selbstreinigungsaktionen hinaus, auf die in anderem Zusammenhang noch näher eingegangen wird, mußte Vorsorge getroffen werden, daß zuverlässige Kräfte in die Säuberungsarbeit eingespannt und zu ständigen Hilfsorganen der Sicherheitspolizei gemacht wurden...

Es war überraschenderweise zunächst nicht einfach, dort ein Judenpogrom größeren Ausmaßes in Gang zu setzen. Dem Führer der oben bereits erwähnten Partisanengruppe, Klimatis, der hierbei in erster Linie herangezogen wurde, gelang es, auf Grund der ihm von dem in Kauen eingesetzten kleinen Vorkommando gegebenen Hinweise ein Pogrom einzuleiten, ohne daß nach außen irgendein deutscher Auftrag oder eine deutsche Anregung erkennbar wurde. Im Verlaufe des ersten Pogroms in der Nacht vom 25. zum 26. 6. wurden über 1500 Juden von den litauischen Partisanen beseitigt, mehrere Synagogen angezündet oder anderweitig zerstört und ein jüdisches Wohnviertel mit rund 60 Häusern niedergebrannt. In den folgenden Nächten wurden in derselben Weise 2300 Juden unschädlich gemacht. In anderen Teilen Litauens fanden nach dem in Kauen gegebenen Beispiel ähnliche Aktionen, wenn auch in kleinerem Umfange, statt, die sich auch auf zurückgebliebene Kommunisten erstreckten. Durch Unterrichtung der Wehrmachtsstellen, bei denen für dieses Vorgehen durchweg Verständnis vorhanden war, liefen die Selbstreinigungsaktionen reibungslos ab. Dabei war es von vornherein selbstverständlich, daß nur die ersten Tage nach der Besetzung die Möglichkeit zur Durchführung von Pogromen boten. Nach der Entwaffnung der Partisanen hörten die Selbstreinigungsaktionen zwangsläufig auf.

Wesentlich schwieriger war es, in Lettland ähnliche Säuberungsaktionen und Pogrome in Gang zu bringen“ (L-180).

Es versteht sich von selbst, daß diese „Tumulte“ von der Regierung und der Nazi-Partei inszeniert worden sind. Wenn wir darüber im Zweifel wären, brauchten wir nur in einer Denkschrift Streichers vom 14. April 1939 nachzulesen, in der er erklärt: „Die Judenaktion vom November 1938 ist nicht spontan aus dem Volke gekommen... Mit der Durchführung der Judenaktion waren Teile der Parteigliederungen beauftragt“ (406-PS).

Den Juden in ihrer Gesamtheit wurde eine Buße von einer Milliarde Mark auferlegt. Sie wurden vom Wirtschaftsleben ausgeschlossen und die Versicherungsansprüche für das Eigentum, das durch den Brand vernichtet worden war, wurden vom Staate beschlagnahmt. Alle diese Maßnahmen wurden auf Grund einer Verordnung des Angeklagten Göring getroffen (Reichsgesetzblatt 1938, Teil I, Seite 1579 bis 1582).

Die Synagogen wurden mit besonderer Rache heimgesucht. Am 10. November 1938 wurde folgende Anweisung ausgegeben: „Auf Befehl des Gruppenführers sind sofort innerhalb der Brigade 50 sämtliche jüdische Synagogen zu sprengen oder in Brand zu setzen... Die Aktion ist in Zivil auszuführen... Vollzugsmeldung bis 8.30 Uhr an Brigadeführer oder Dienststelle“ (1721-PS).

Einige vierzig Fernschreibmeldungen von verschiedenen Polizeipräsidien schildern die Raserei, mit der sämtliche Juden in Deutschland in diesen furchtbaren Novembernächten verfolgt worden sind. Die SS- Truppen wurden losgelassen, und die Gestapo führte die Aufsicht. Jüdischer Besitz wurde auf höheren Befehl zerstört. Die Gestapo ordnete die Festnahme von zwanzigtausend bis dreißigtausend „wohlhabenden Juden“ an, die in die Konzentrationslager gebracht werden sollten. Gesunde, arbeitsfähige Juden sollten verhaftet werden (3051-PS).

Mit der Ausdehnung der deutschen Grenzen durch den Krieg erweiterte sich auch der Feldzug gegen die Juden. Der Plan der Nazis war nie auf ihre Ausrottung in Deutschland beschränkt, er sah stets vor, die Juden in Europa-zuweilen auch in der Welt – zu vernichten. Im Westen wurden die Juden ermordet und ihr Eigentum wurde übernommen. Den Gipfel der Wildheit erreichte der Feldzug gegen sie aber im Osten. Die Ostjuden haben gelitten wie nie ein Volk zuvor. Ihre Leiden wurden sorgfältig an die Behörden gemeldet, um darzutun, wie getreulich die Pläne ausgeführt worden waren. Ich werde hier nur das nötigste Beweismaterial heranziehen, um zu zeigen, wie weit die Pläne der Nazis zur Ermordung von Juden gingen.

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