Kitabı oku: «Ringelpietz mit Abmurksen», sayfa 4

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»Loretta ist sauer auf mich, weil sie denkt, sie ist mir zu alt«, sagte Dennis. »Aber das stimmt überhaupt nicht. Das bildet sie sich nur ein.«

»Zu alt wofür?«, fragte Doris verdutzt.

»Als potenzielle Partnerin«, erwiderte ich beleidigt. »Und das ist ja wohl die Höhe.«

Doris’ Brauen schossen hoch und verschwanden unter ihren knallrot gefärbten Stirnfransen. »Wie bitte? Ich scheine da was verpasst zu haben. Seit wann seid ihr … ich meine, seit wann ist das ein Thema zwischen euch beiden? Ich hatte ja keine Ahnung, dass ihr euch derart nahegekommen seid.«

»Sind wir nicht!«, brüllten Dennis und ich synchron, und ich fügte in normaler Lautstärke hinzu: »Doris, das ist ein Missverständnis. Es ging nur ganz allgemein um … na ja …« Ich brach ab, weil ich nicht weiterwusste.

»Besonders allgemein klang euer Disput aber nicht«, sagte Doris gedehnt. »Ganz im Gegenteil: Für mich klang es echt persönlich.«

»Also gut.« Ich seufzte. »Dennis und ich haben festgestellt, dass wir auf derselben Partnerschaftsplattform für Singles sind.«

»Na und? Ist doch kein Grund, sich zu streiten, oder?«, fragte Doris.

»Nee, das allein noch nicht«, erwiderte ich. »Aber die Tatsache, dass Dennis, der ja in meinem Alter ist, nur nach Frauen sucht, die höchstens Mitte dreißig sind.«

Doris rollte mit den Augen. »Ich wiederhole: Na und? Oder bist du scharf auf Dennis und denkst jetzt, du hast keine Chance bei ihm?«

Wie bitte? Absurder ging es ja wohl nicht. »Nein! Aber mich nervt einfach, dass manche Männer gleichaltrige Frauen für zu alt halten.«

»Pffff. Ist halt ihr persönlicher Geschmack«, sagte Doris. »Mir sind gleichaltrige Männer ja auch zu alt. Für mich sind das langweilige Tattergreise, die nur noch auf Parkbänken rumhocken, Enten füttern und darüber lamentieren, dass früher alles besser war.«

Da hatte sie natürlich recht. Sie war jenseits der siebzig, und Erwin, der ihr vierter Gatte war, zählte ganze zehn Jahre weniger als sie selbst. Jeder, der sie kannte, würde bestätigen, dass der Altersunterschied bei ihnen keine Rolle spielte.

»Siehst du, Schätzchen«, fuhr sie fort, »in der Liebe gibt es keine Regeln. Und wer weiß, wie viele supertolle Frauen in den Vierzigern Dennis nicht kennenlernen wird, weil er für sich diese Altersgrenze festgesetzt hat – könnte glatt eine der dümmsten Entscheidungen seines Lebens sein.«

Ich kicherte. »Allerdings. Aber vielleicht trifft er ja tatsächlich eine Zwanzigjährige, die sich in ihn verknallt. Eine, die nicht die Nächte durchtanzen will.« Dennis warf mir einen giftigen Blick zu, den ich geflissentlich ignorierte. »Und jetzt erkenne ich auch den Plan, der dahintersteckt. Die ist dann nämlich später, wenn er gebrechlich wird, noch jung genug, um ihn zu pflegen und im Rollstuhl durch die Gegend zu schieben.«

»Genau«, fauchte Dennis. »Und dafür bist du definitiv zu alt, meine Teure.«

Strahlend blickte Doris von Dennis zu mir. »Sooo«, flötete sie munter, »dann hätten wir das also geklärt, wunderbar. Jetzt könnt ihr Kinder euch wieder vertragen, in Ordnung? Ich bin auch nur hier, um euch zu sagen, dass Apfelkuchen im Kühlschrank steht. Wer Appetit hat, kann sich gerne bedienen. Bis später.«

Sie drehte sich um und ging hinaus.

Reichlich bedröppelt saßen Dennis und ich nebeneinander am Schreibtisch und schwiegen.

Schließlich räusperte er sich und sagte: »Also, ich weiß gar nicht, wie das so eskalieren konnte. Wir sind doch sonst nicht so blöd.«

»Wir könnten einfach so tun, als hätte es diesen doofen Streit nie gegeben«, erwiderte ich.

»Da gibt es nur einen kleinen Haken.« Dennis kicherte. »Wir müssten Doris töten, denn sie wird es garantiert weitererzählen.«

»Dann sind wir verloren. Sag mal, warst du schon mal auf so einer Party für Singles?«

»So einem Topf-sucht-Deckel-Schwof? Nee.«

»Warum nicht? Weil du eigentlich ein Ü40-Kandidat bist, aber Schiss hast, dass da nur alte Weiber rumlaufen? Und eine Ü30-Party kommt erst recht nicht infrage, denn dort würdest du doppelt antik wirken: erstens durch dein reales Alter und zweitens durch deinen Style. Immerhin siehst du aus, als wärest du bei einer Episode von Starsky & Hutch aus dem Fernseher gefallen. Obwohl – diese jungen Dinger wissen ja nicht, wer oder was Starsky & Hutch überhaupt ist. Die wissen heutzutage ja kaum noch, was ein Fernseher ist!«

Dennis musterte mich stirnrunzelnd. »Was stimmt nicht mit dir, Loretta? Warum hackst du derartig auf mir rum?«

Gute Frage – warum hackte ich so auf ihm rum? Ich wusste es selbst nicht.

»Keine Ahnung, tut mir leid. Ehrlich. Vielleicht, weil mir das ganze Thema ein bisschen peinlich ist. Ich habe mich vorhin von dir so ertappt gefühlt.«

Lächelnd schüttelte er den Kopf. »Aber das ist doch Unsinn. Eigentlich finde ich es sogar ganz nett, dass wir eine Gemeinsamkeit haben: Wir sind beide auf der Pirsch. Ist doch witzig.«

»Hab schon lauter gelacht«, brummte ich.

»Wir könnten ja mal zusammen auf so eine Veranstaltung gehen«, sagte er. »Dann kannst du mir dabei zugucken, wie ich mich zum Affen mache, und mich hinterher monatelang damit verhöhnen, wie schlecht meine Anbagger-Skills sind.«

»Aber nur, wenn es eine Ü40-Party ist.«

»Einverstanden.« Er stand auf und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. »Und jetzt: ausloggen, bitte. Die Arbeit wartet.«

Ach ja, richtig – ich war bei der Arbeit. Und Dennis war mein Chef. Hatte ich beinahe vergessen.

Aber nur beinahe.

Kapitel 5

In Lorettas Leben taucht jemand auf, den sie eher im Sherwood Forest vermutet hätte

Ich ahnte nichts Böses, als ich zwei Tage später nach Feierabend bei Bärbel einkaufte. Sie und Frank hatten Gittis Geschäft behutsam renoviert, ohne ihm den etwas altertümlichen Charme eines klassischen Tante-Emma-Ladens zu nehmen. Nicht nur, dass der Laden nur fünf Gehminuten von meiner Wohnung entfernt lag – ich sah Bärbel und Frank jetzt viel häufiger.

»Hast du später Zeit?«, fragte Bärbel beiläufig, während sie mir an der Schneidemaschine ein paar Scheiben Tilsiter vom Laib säbelte.

»Klar.«

»Was dagegen, wenn Frank und ich vorbeikommen?«

»Natürlich nicht! Wie komme ich zu der Ehre?«

»Och … uns ist aufgefallen, dass wir noch nie bei dir auf der Terrasse gesessen haben.«

»Soll ich was kochen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nicht nötig, wir essen mit den Kindern. So gegen neun? Auf ein Fläschchen Pils?«

Das Sixpack Bier für später packte sie mir zu meinen Einkäufen, ohne dass sie es mir berechnete. Es hat jede Menge Vorteile, wenn deine Freunde einen Lebensmittelladen betreiben, stellte ich mal wieder fest.

Eigentlich könnte ich mal wieder nachsehen, was bei Miss Lynx so los ist, dachte ich, als ich Baghira gefüttert und mir einen Espresso gemacht hatte.

Ich setzte mich an den Esstisch und fuhr den Rechner hoch. Seit meiner kleinen Szene mit Dennis war ich nicht mehr im Liebesgarten gewesen, und siehe da: Es gab tatsächlich diverse Kontaktanfragen.

Die meisten löschte ich umgehend, aus den bekannten Gründen: zu knapp, zu dämlich oder zu dreist. Ich halte nichts von endlosen Nachrichten, schrieb einer, das sei pure Zeitverschwendung. Was, wenn man dann beim Treffen feststellte, dass es nicht funkte? Man solle sich besser sofort treffen, um zu sehen, ob etwas laufen könne.

Leider war ich da gänzlich anderer Meinung. Wer nicht einmal das kleine bisschen Zeit investieren wollte, damit er und ich uns ein wenig kennenlernten, konnte mir getrost gestohlen bleiben. Erst schreiben, dann vielleicht telefonieren, und dabei sollte sich doch wohl abzeichnen, ob man sich sympathisch war oder nicht. Hatten wir uns etwas zu erzählen? Mochten wir die Stimme des anderen? Waren wir neugierig aufeinander?

Neugier war im Übrigen etwas, das ich bei vielen Männern echt vermisste. Die wenigsten stellten Fragen und reagierten nur knapp auf Dinge, die ich schrieb. Offenbar wurde allgemein von der Frau erwartet, dass sie die Unterhaltung am Laufen hielt, was mir schwer auf den Geist ging. Ich war doch nicht auf dieser Plattform, um die Kerle zu unterhalten! Ich wollte jemanden treffen, der sich ernsthaft für mich interessierte. Und umgekehrt, natürlich.

Noch während ich darüber nachdachte, erschien mit einem leisen Pling eine neue Nachricht in meinem Posteingang. Ich klickte sie an und fand die Kontaktanfrage eines gewissen Robin Hood.

Aha. Ob er wohl jemand war, der die Reichen beklaute und die Armen mit der Beute beschenkte? Beziehungsweise mit diesem Namen ausdrücken wollte, dass er hohe moralische Prinzipien hatte? Obwohl – dieses Ammenmärchen vom edlen Dieb mit dem goldenen Herzen hatte ich insgeheim nie geglaubt, um ehrlich zu sein. Und dieser Robin? War es sein Hobby, Herzen zu stehlen?

Wie auch immer.

Hallo, Miss Lynx, schrieb Robin, der Dieb, du bist gerade online, wie ich sehe. Dein Profil ist interessant, finde ich, und ich möchte sehr gern mehr von dir erfahren. Magst du meins besuchen und dann entscheiden, ob du meine Anfrage annimmst? Das würde mich sehr freuen. Einstweilen beste Grüße … und vielleicht bis später.

Hm … da hatte ich den Salat. Der Nachteil daran, dass ich keine monatliche Gebühr für die sogenannte ›Premium‹-Nutzung der Plattform zu zahlen bereit war, bestand unter anderem darin, dass ich sie nicht anonym besuchen konnte: Wenn ich online war, leuchtete neben meinem Namen ein kleines grünes Licht. Auch meine Besuche auf anderen Profilen wurden angezeigt. Das führte leider auch dazu, dass ich, wenn ich online war, mit Nachrichten wie Hallo Süße zugeballert wurde, auf die ich aber nie reagierte.

Aber Robin, der Herzensdieb, hatte deutlich mehr als nur Hallo Süße geschrieben. Er hatte sogar sehr respektvolle und höfliche Worte gefunden, die mir sehr gefielen, wie ich zugeben musste. Genau so wünschte ich mir eine erste Kontaktaufnahme, auf die ich zu reagieren bereit war. Er war der Erste, der dieses Kunststück fertiggebracht hatte.

Ich klickte also sein Profil an, auch wenn mir bewusst war, dass er genau das gerade mitbekam. Ein seltsames Gefühl, aber ich ließ mir Zeit, mir alles durchzulesen. Er war achtundvierzig, größer als ich, arbeitete als Werbegrafiker, war geschieden und kinderlos. Er mochte italienisches Essen, las gerne Krimis und hörte am liebsten Rockmusik. Das klang ja schon mal nicht schlecht, fand ich. Von seinem Profilfoto lächelte mich ein nettes Gesicht mit Dreitagebart an, sein Haar war schon ziemlich grau. Blieb die Frage, warum dieses Sahneschnittchen noch in freier Wildbahn unterwegs war. Ob das Foto wohl echt war? Falls nicht, hatte er es geschickt ausgewählt: nicht übertrieben attraktiv, aber offen und sympathisch. Genau wie sein Anschreiben. Doch – der Mann auf dem Foto war Robin, ich war sicher.

Ich überlegte einen Moment lang. Er gefiel mir, warum also sollte ich ihm nicht antworten? Mir fielen keine guten Gründe ein.

Also schrieb ich: Hallo, Robin! Ich freue mich, dass du dich bei mir gemeldet hast. Dein Profil gefällt mir tatsächlich. An dieser Stelle wusste ich nicht weiter. Ratlos starrte ich auf die Tastatur. Sollte ich ihn irgendetwas fragen? Und wenn ja – was? Ich beschloss, aus meinem Herzen keine Mördergrube zu machen. Darf ich dich fragen, warum du auf diesem Weg nach einer Partnerin suchst? Ich freue mich auf eine Antwort … Miss Lynx.

Es dauerte zwei oder drei Minuten, dann kam schon seine Antwort: Sonst hätte ich dich ja nicht gefunden … Nein, Spaß beiseite: Ich mag es, Menschen langsam kennenzulernen, Fragen zu stellen, Antworten zu bekommen, sodass nach und nach ein Bild entstehen kann. Ich halte nichts davon, abends am Kneipentresen zu stehen und flüchtige Bekanntschaften zu machen. Und wo sonst kann man Leute treffen? Kegelclub? Sportverein? Alles nicht mein Ding; ich bin eher ein Eigenbrötler, um ehrlich zu sein. Deshalb bin ich Freiberufler und arbeite zuhause. Es ist keineswegs so, dass ich nicht gerne ausgehe, aber ich ziehe es vor, dabei in netter Gesellschaft zu sein. Und du?

Bevor ich antworten konnte, musste ich mich erst einmal sammeln. Der Mann war zu perfekt, um wahr zu sein. Er schrieb in nicht nur ganzen, sondern auch noch grammatikalisch korrekten Sätzen, das allein fand ich schon mehr als betörend.

Ja, vielleicht war es oberflächlich, darauf so viel Wert zu legen, aber das war mir nun mal wichtig. In meiner Welt war ich Gott, und Gott legt die Regeln fest, basta. Vielleicht fiel dadurch der eine oder andere, der zwar nichts von Grammatik hielt, aber trotzdem theoretisch gut zu mir passen würde, durchs Raster. Aber ein bisschen Schwund war ja immer.

Sieht so aus, als hätten wir die eine oder andere Gemeinsamkeit, antwortete ich ihm. Ich bin ebenfalls kein Typ für Vereine. Ich muss gestehen, ich scheue vor der Verbindlichkeit zurück, die bei einer Mitgliedschaft entsteht. Abends alleine losziehen, um jemanden kennenzulernen? Ehrlich, ich bin zu alt für diesen Scheiß. Nicht, dass ich mich alt fühle, aber ich mag nicht (mehr) in lärmigen Kneipen oder Discos rumhängen, in denen man sein eigenes Wort nicht verstehen kann. Wie soll man sich dort unterhalten? Also – machen wir uns nichts vor – läuft es an solchen Orten darauf hinaus, andere primär nach ihrem Äußeren zu beurteilen. Diese Art von Fleischbeschau fand ich noch nie besonders sexy. Ich stimme dir zu: immer schön langsam. Schließlich sollte es nicht darum gehen, möglichst schnell zum Schuss zu kommen. Außerdem: Je schneller, desto größer ist die Gefahr, dass der Schuss danebengeht. Das wird dir jeder Jäger bestätigen.

Ich schickte die Nachricht ab und lehnte mich zurück.

Ich hatte geschrieben, wie mir der Schnabel gewachsen war, und ich konnte nur hoffen, dass ihn das nicht abtörnte. Entsprechend gespannt war ich auf seine Reaktion … die allerdings auf sich warten ließ. Nichts geschah. Kein Pling, keine Antwort. Hatte ich ihn mit meiner unverblümten Art, mich auszudrücken, verjagt?

Ich starrte auf den Monitor, ohne dass sich etwas tat. Die Wanduhr tickte langsam die Minuten weg. Und sie erinnerte mich daran, dass ich in nicht allzu ferner Zukunft Gäste bekam.

Ich seufzte und stand auf. Wäre ja auch zu schön gewesen. Ich holte Gläser aus dem Küchenschrank, brachte sie hinaus auf die Terrasse und setzte mich unters Pavillondach. Baghira war mir nach draußen gefolgt und erledigte nun seine Patrouille, die ihn wie üblich eng an der dichten Hecke entlangführte, die meine Terrasse umgab.

Ich stand wieder auf, weil es mich zum Laptop zog. Baghira kam zu mir, setzte sich auf seine vier Buchstaben und sah mich mit zuckendem Schwanz erwartungsvoll an. Was denn nun, schien sein Blick zu fragen, rein oder raus? Wo soll ich mich hinlegen? Aufs Sofa oder auf einen Gartenstuhl?

In seinem kleinen Katzenuniversum war das sicherlich eine superwichtige Frage, aber ich hatte gerade ganz andere Prioritäten.

Ich ging also hinein und weckte meinen Rechner aus dem Tiefschlaf. Mit klopfendem Herzen wartete ich darauf, dass der schwarze Monitor ein Bild zeigte, stellte dann aber enttäuscht fest, dass Robin nach wie vor nicht geantwortet hatte.

Verdammt.

Ich hatte es verbockt, ich dumme Nuss. Ich bin zu alt für diesen Scheiß … was hatte mich nur geritten, Fäkalsprache zu benutzen? Und das jemandem gegenüber, der sich durchaus gewählt ausdrückte?

Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich noch rasch duschen konnte, bevor meine Freunde eintreffen würden. Als ich ihnen eine Viertelstunde später die Tür öffnete, duftete ich hervorragend und hatte ein Frotteehandtuch wie einen Turban um mein nasses Haar gewickelt.

»Gar nich mal so schick«, kommentierte Frank meinen Aufzug, »wie direkt aussem miesen Bollywood-Film. Fehlen bloß noch ’n paar fette Klunker.«

»Es gehört sich nicht, das Aussehen einer Dame zu kommentieren, die gerade aus der Dusche kommt«, entgegnete ich würdevoll.

»Allerdings«, sagte Bärbel. »Du bist doch sonst nicht so uncharmant. Nicht, dass Loretta uns direkt wieder vor die Tür setzt …«

»Keine Sorge«, erwiderte ich lachend, »ich bin hart im Nehmen.«

Dennoch zog ich mir das Frotteegebirge vom Kopf, damit mein Haar an der Luft trocknen konnte. Als wir durchs Wohnzimmer in Richtung Terrasse gingen, fiel mir auf, dass ich meinen Laptop nicht ausgeschaltet hatte.

»Geht schon mal nach draußen«, sagte ich, »ich will nur schnell den Rechner runterfahren.«

Um das zu tun, musste ich ihn erneut wecken – und da war sie, die Antwort.

Sorry, dass es so lange gedauert hat, stand da, das war unhöflich, aber ich hatte gerade einen wichtigen geschäftlichen Anruf. Das ist der Fluch der Arbeit im heimischen Büro, so bist du immer verfügbar. Na ja, was beschwere ich mich? Schließlich habe ich es mir selbst so ausgesucht. Deine Nachricht hat mich sehr amüsiert, muss ich gestehen. Ich mag deine Art, zu schreiben. Ich wage mal die Vermutung, dass du viel Humor hast, das gefällt mir außerordentlich, denn ich lache gern! Du bist noch online, wie ich sehe. Ich kann nur hoffen, dass mir in der Zwischenzeit kein anderer Mann den Rang abgelaufen hat. Ich möchte mich weiter mit dir unterhalten. Ich warte sehr gespannt auf deine – hoffentlich positive – Antwort!

Die konnte er kriegen, aber damit war Schluss für heute, was ich insgeheim sehr bedauerte.

Tatsächlich wollte ich mich gerade ausloggen, da ich vor ein paar Minuten von Freunden Besuch bekommen habe, schrieb ich hastig im Stehen. Ich fasse mich also kurz: Ich finde es klasse, dass wir uns hier begegnet sind, und ich freue mich auf weiteren Austausch. Gleich erlischt also das grüne Licht neben meinem Namen, und die kleine Ampel schaltet auf Rot – aber nur für den Moment. Bis bald, Robin, ich wünsche dir einen schönen Abend.

Ich loggte mich aus und klappte den Laptop zu. Dann holte ich drei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und ging hinaus zu meinem Besuch.

»Du grinst wie ein Honigkuchenpferd«, sagte Bärbel, als ich mich setzte.

»Was?« Unwillkürlich betastete ich mein Gesicht. Tatsächlich – meine Mundwinkel zeigten steil nach oben. Huch. Hatte ich gar nicht bemerkt.

Frank musterte mich interessiert und kicherte. »Und jetz haste auch noch ’n Kopp wie ’n Himbeerlolli gekricht«, konstatierte er dann. »Als hätten wir dich mittem Finger im Honichtopf ertappt. Na komm, sach schon: Bei wat hamwa dich erwischt?«

Nun, eigentlich hatten sie mich bei gar nichts erwischt; jedenfalls würde ich es nicht so nennen. Aber uneigentlich hatte mir der nette Kontakt zu diesem Robin offenbar ein verräterisches – und vermutlich reichlich debiles – Grinsen ins Gesicht gezimmert, was mir selbst gar nicht bewusst gewesen war.

»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, du bist frisch verliebt«, sagte Bärbel.

»Verliebt? Ich? Wohl kaum«, gab ich möglichst lässig zurück.

»Aber könnte doch sein, dat die Miss Lynx verliebt is, oder etwa nich?« Frank gackerte albern und zwinkerte mir zu.

Ich schwöre, es klang wie faaaliii-hiiiept, und er zerdehnte dieses Wort zu einem spöttischen Singsang, dem er dadurch die Krone aufsetzte, dass er zu allem Überfluss auch noch den Mund spitzte und bescheuerte Kussgeräusche machte.

»Frank!«, zischte Bärbel warnend. »Wie alt bist du? Fünf? Reiß dich bitte zusammen, ja? Du hast Loretta beleidigt! Guck dir ihre Miene an!«

Ich konnte mir gut vorstellen, wie mein Gesicht aussah: kein debiles Grinsen mehr, sondern pures Entsetzen. Deutlich mehr als Franks kindisches Benehmen störte mich allerdings die Tatsache, dass die Worte ›Miss Lynx‹ gefallen waren. Unter meinen Freunden gab es also einen Verräter. Aber wer hatte getratscht: Diana oder Dennis? Oder Doris? Wer auch immer es gewesen war: Ich würde ein sehr, sehr ernstes Gespräch zu führen haben.

»Mensch, Loretta, dat wollte ich nich«, murmelte Frank betroffen. »Ich wollte einfach nur ’n Spässken machen, kennz mich doch.«

»Krieg dich wieder ein, alles bestens«, erwiderte ich. »Ich will nur eins wissen: Wer hat es euch verraten?«

»Ich weiß dat vom Erwin«, sagte Frank, und Bärbel fügte hinzu: »Mir hat es Diana erzählt.«

Himmel – warum setzten sie nicht gleich eine ganzseitige Anzeige in die Tagespresse? Aber was hatte ich eigentlich gedacht? Hatte ich wirklich gehofft, meine Aktivitäten könnten ein Geheimnis bleiben? Dass die gute Doris es Erwin gegenüber nicht für sich behalten würde, war ja eigentlich klar gewesen, aber …

»Hat Diana dich dafür extra angerufen?«, fragte ich entgeistert. »Ich wusste nicht, dass sie eine derartige Klatschbase ist.«

»Du tust ihr Unrecht«, erwiderte Bärbel. »Sie hat es nur gut gemeint.«

Das wurde ja immer doller.

»Wie – damit ich eine eingeweihte Freundin in der Nähe habe, bei der ich mich zeitnah ausheulen kann, wenn ich mich unglücklich verliebt habe?«

Frank schüttelte den Kopf. »Nee, deswegen nich.« Er zog ein kleines Kuvert aus der Innentasche seiner Jeansjacke, das er zwischen uns auf den Tisch legte. Dann zeigte er darauf und fügte hinzu. »Sondern deswegen. Dat is nämlich unser Dankeschön für dich, Loretta, und die Diana hatte den Einfall dafür. Na los, kuck rein.«

Hinterher wusste ich, dass ich diesen Umschlag lieber sofort hätte zerfetzen oder verbrennen sollen, und zwar ohne vorher reinzugucken.

Aber hinterher ist man ja immer schlauer.

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