Kitabı oku: «Rapsblütenherz», sayfa 3

Yazı tipi:

Es war ein schöner Traum gewesen. Unter einem endlosen Himmel eine sattgrüne Wiese. Sie war darüber gelaufen, außer Atem und mit glühenden Wangen, die Arme weit ausgebreitet. An mehr konnte Johanna sich nicht erinnern, aber da war ein Gefühl gewesen, dass sie noch ganz deutlich spürte: Frei hatte sie sich gefühlt, stark und frei.

In diesem seltsam melancholischen Moment, allein und im Nachthemd auf einem tristen Balkon, irgendwo an der Grenze zwischen Tag und Nacht, zwängte sich die Frage in ihren Kopf, ob sie eigentlich unglücklich war.

Dann wankten zwei Gestalten auf der anderen Straßenseite vorüber, grölten und prosteten ihr mit ihren Bierdosen zu und Johanna huschte schnell wieder in die Wohnung und sprang unter die Dusche. Was für ein alberner Gedanke! Natürlich war sie nicht unglücklich! Sie hatte doch alles, was sie wollte - einen Freund, der sie liebte, eine Familie, die sie unterstützte, und den Job, den sie gewollte hatte.

Ihr Leben verlief exakt so, wie sie es geplant hatte.

Kapitel 4
Sunk Costs

„Gibst du mir mal den Frischkäse?“

„Hm?“

„Jonas! Frischkäse!“

„Hm!“ Johannas jüngerer Bruder hob mühsam den Kopf, um die Hand, die er als Stütze genutzt hatte, frei zu haben. Seine Haare waren verstrubbelt, als wäre er gerade aus dem Bett gekommen (was der Fall war) und sein T-Shirt war auf links gedreht. Mit halbgeschlossenen Augen tastete er auf dem Tisch herum, um Johanna schließlich eine Schale zu reichen.

„Erde an Jonas!“ Johanna sah zwischen ihrem Bruder, ihrer Scheibe Rosinenbrot und dem Frischkäse mit Frühlingszwiebeln hin und her.

„Oh, da hab‘ ich wohl den falschen erwischt!“, meinte Jonas und jetzt sah Johanna das schelmische Funkeln in seinen Augen, die genauso grau-blau waren wie ihre. Sie gab ihm unter dem Tisch einen leichten Tritt gegens Schienbein und beide mussten lachten.

„Ist denn gestern alles gut gelaufen?“, fragte ihre Mutter Jutta.

„Jo!“ Mehr würden sie nicht darüber erfahren, dass Jonas und ein Kumpel gestern in einem großen Club aufgelegt hatten, das war Johanna klar.

„War es denn voll?“, startete ihre Mutter aber einen weiteren Versuch, Konversation mit ihrem Sohn zu betreiben. Jonas nickte, während er konzertiert seinen Toast mit Erdnussbutter bestrich.

Johanna schmunzelte. Sie war schon immer ganz vernarrt in ihren kleinen Bruder gewesen, was am Altersunterschied von acht Jahren liegen mochte. Inzwischen war er natürlich schon lange nicht mehr ihre lebendige Puppe und sie fand es eigentlich schade, dass die beiden heute abgesehen von Johannas Besuchen zu Hause und gelegentlichen WhatsApp-Chats kaum etwas miteinander zu tun hatten. Aber ein neunzehnjähriger Bruder, der als DJ die Nacht zum Tag machte und nebenbei ein Freiwilliges Soziales Jahr im Sportverein absolvierte, und eine berufstätige Schwester, deren Interesse an Fußball gegen null tendierte, hatten einfach wenig gemeinsam.

„Wo ist Moritz denn, Hanna?“, wandte sich ihre Mutter jetzt resigniert an ihre Tochter.

Ehe Johanna antworten konnte, warf ihr Vater hinter der Zeitung hervor ein: „Habt ihr das von den Chinesen gehört?“ Alle gaben zustimmende Geräusche von sich, obwohl garantiert keiner von ihnen wusste, was genau er meinte. Das war aber auch nicht wichtig, denn Jens hatte sich bereits wieder in seinen Artikel vertieft.

Jutta, Jens, Johanna und Jonas - die Herzogs waren eine J-Familie, die gerade eines ihrer typischen Sonntagsfrühstücke erlebte. Im Garten der gemütlichen Altbauvilla im Hamburger Norden färbten sich bereits die ersten Blätter gelb, aber es war noch so warm, dass sie auf der Terrasse sitzen konnten. Wahrscheinlich das letzte Mal für dieses Jahr, überlegte Johanna und wurde wie immer seltsam wehmütig, wenn etwas zu Ende ging.

„Was ist denn jetzt mit Moritz?“, nahm Jutta den Faden wieder auf.

Johanna war über den Themenwechsel nicht unglücklich gewesen, antwortete aber trotzdem (da sie ja bereits mit Bus und Bahn hergefahren war, konnte sie ja schlecht wie ihr Bruder so tun, als würde sie noch schlafen). „Ihm ging es heute Morgen nicht so gut, da hab‘ ich ihm gesagt, er soll lieber zu Hause bleiben.“ Das war teilweise durchaus wahr (es ging ihm tatsächlich elend, was aber nur daran lag, dass er am Abend zuvor zu viel getrunken hatte), teilweise eine glatte Lüge (denn Johanna hatte ihm keinesfalls vom Mitkommen abgeraten, sondern ihn angefleht, sie endlich mal wieder zu begleiten). Aber ihr Freund fand so häufig Gründe, nicht zu erscheinen, dass es ihr gegenüber ihrer Familie schon unangenehm war.

„Sie wollen schon wieder eine Baustelle einrichten“, ließ Jens vernehmen und Jonas entgegnete abwesend:

„Es ist wirklich unglaublich, was die Politik so entscheidet.“ Das war seine Standardantwort, die in 90% der Fälle passte. Mutter und Tochter prusteten vor Lachen in ihren Orangesaft, was das Thema Moritz vorerst sowohl aus dem Gespräch als auch aus Johannas Kopf vertrieb.

„Wie läuft denn die Arbeit?“, erkundigte sich Jutta nach einer Weile.

Dieses Mal schaffte Johanna es, ein Seufzen zu unterdrücken, antwortete aber wenig enthusiastisch: „Ich denke, ich kann da viel lernen.“

„Jetzt erzähl‘ doch mal ein bisschen, du fängst ja schon an wie dein Bruder!“, ereiferte sich ihre Mutter. Johanna begann also von ihren Projekte zu berichten, von den Kollegen und von ihrem Chef, wobei sie in Bezug auf letzteren ehrlicher war, als sie es vorgehabt hatte.

„Dafür, dass wir alle arbeiten wie verrückt, behandelt er uns alle wie dumme, faule Kinder“, endete sie düster und stach mit ihrer Gabel so energisch in eine Tomate, dass die kleinen Kerne über den Tisch spritzten.

Ihr Vater hatte die Zeitung zur Seite gelegt und erwiderte aufmunternd: „Du schaffst das schon, Hanna. Schließlich weißt du ja, wofür du es tust. Jetzt hast du es schon so weit gebracht, das kann doch nicht alles umsonst gewesen sein.“

Johanna hatte genau diese Reaktion erwartet und nickte nur, während sie mit einem Finger die Tomatenkerne aufpickte. Auf dem weißen Tischtuch blieben blassrote Flecken zurück, die aussahen wie kleine Wunden.

Sunk Costs: Kosten, die bereits angefallen sind und nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Diesen Begriff aus der Finanzwirtschaft hatte Johanna im Studium gelernt und jetzt fiel er ihr wieder ein, als sie in der U-Bahn saß, die sie nach dem Sonntagsfrühstück wieder in ihre WG bringen würde, wo trotz Wochenende eine Präsentation für Napoleon auf sie wartete. Das Konzept der Sunk Costs besagte, dass diese nicht in Entscheidungen miteinbezogen werden sollten, da sie ja - ganz egal, was man tat - sowieso verloren waren. Für Johanna war die Erkenntnis aber eine andere gewesen, auch wenn die Experten der Finanzwirtschaft sich bestimmt die Haare raufen würden: Es gab nur einen Weg, damit es überhaupt keine verlorenen Kosten gab:

Du darfst nicht scheitern.

Getreu diesem Motto war die Präsentation, die Johanna ihrem Chef am nächsten Tag vorlegte, perfekt. Selbst Hajo blieb nichts anderes übrig, als anerkennend zu nicken. „Johanna, du bist so weit“, verkündete er daraufhin. „Du hast die Arbeit gehabt, dann sollst du auch die Lorbeeren ernten.“ Nach einer effektheischenden Kunstpause fügte er hinzu: „Du präsentierst die Ergebnisse vor dem Kunden!“ Johanna platzte fast vor Stolz und freute sich gleichzeitig über diesen Beweis dafür, dass Hajo unter seiner napoleonischen Schale doch einen anständigen Kern hatte.

Als sie wenig später in den Konferenzraum der Kollberg AG trat, wandten sich zwölf Köpfe zu ihr um und betrachteten sie kritisch. Johanna musste sich aber nur noch einmal ihr stahlgraues Kostüm, die schwindelerregend hohen High Heels, den strengen Dutt und das makellose Make-Up vergegenwärtigen und schon prallten die Blicke an ihr ab. Ihr Outfit war ihre Rüstung und die war kugelsicher. Selbstsicherer und respektierter als in diesem Augenblick hätte sie sich gar nicht fühlen können. „Herzlich willkommen, meine Damen und Herren. Wir freuen uns, Ihnen heute unsere Ergebnisse vorstellen zu dürfen.“

Mit jedem Satz wurde sie lockerer und beantwortete souverän Zwischenfragen. Das dachte sie zumindest, bis Hajo sie mit jovialem Lachen unterbrach: „Das war jetzt vielleicht etwas übertrieben dargestellt. Was Frau Herzog sicherlich gemeint hat…“ Was sie angeblich gemeint hatte, nahm Johanna nicht mehr war, denn Napoleons Worte gingen in einem plötzlichen heißen Rauschen in ihren Ohren unter.

Sie wusste nicht, wie sie ihren Vortrag zu Ende gebracht hatte, aber irgendwann hörte sie sich sagen: „Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Auch in den nächsten Wochen stehen wir Ihnen für Fragen…“

„Vielen Dank, vielen Dank!“, unterbrach Hajo sie erneut. „Wir sind uns sicher, dass zukünftig keine Probleme mehr auftreten werden. Empfehlen Sie uns gerne weiter!“

Wie konnte man sich in einem Moment so gut und schon im nächsten so gedemütigt fühlen? In Johanna flackerte ein irrwitziger Gedanke auf: Sie nahm ihre Notizen und zerriss sie vor Hajos Augen in winzige Stückchen, während sie dem Kunden erklärte, dass zukünftig garantiert wieder dieselben Probleme wie vorher auftreten würden, da Stegmann & Partner kaum mehr als einen Wimpernschlag lang in deren Lösung investiert hatte. „Ich kündige!“, sagte sie dann mit fester Stimme und schritt würdevoll aus dem Raum. Natürlich würde sie so etwas niemals tun, aber der bloße Gedanke half wenigstens ein kleines bisschen gegen die Hilflosigkeit.

* * *

Vielleicht wäre es aber auch viel stilvoller (und warum sollte sie sich denn auf Hajos Niveau herablassen?), nicht vor dem Kunden zu kündigen, sondern das Schreiben einfach kommentarlos auf den Schreibtisch im Glaskasten zu legen. Wenn Hajo es las, würde er entsetzt sein und alle könnten es durch die Scheiben sehen und ihn anstarren wie ein exotisches Tier…

Johanna saß auf der ausladenden Sofalandschaft in Moritz Wohnung und versuchte, noch ein wenig zu arbeiten. Nach dem heutigen Präsentationsdebakel hatte sie sich im Büro einfach nicht mehr konzentrieren können. Aber leider schweiften auch jetzt ihre Gedanken immer wieder ab und konstruierten diese absurden Szenarien, die komischerweise besser wirkten als eine starke Kopfschmerztablette.

„Was hast du?“, fragte Moritz, der mit einem Erdnussbutter-Toast aus der Küche kam (was fanden nur alle an diesem Zeug?).

„Nichts, ich war nur in Gedanken“, murmelte Johanna.

„Das solltest du lassen. Sieht nicht sehr sexy aus“, neckte Moritz sie. Johanna war sich jedoch nicht sicher, ob das wirklich als Scherz gemeint war. „Außerdem mag ich es gar nicht, wenn du nicht wirklich bei mir bist“, fügte er traurig hinzu und kuschelte sich an sie.

Johanna küsste ihn gerührt und entschied, ihm doch die Wahrheit zu sagen. Er liebte sie, da war das doch nur fair. „Weißt du, ich hatte nur gerade überlegt, ob es richtig ist, für Hajo zu arbeiten…“

„Klar, ist das richtig“, antwortete Moritz schulterzuckend. Jetzt wieder ganz munter streckte er sich entspannt auf dem Sofa aus, wobei etliche Ausdrucke und Notizzettel zu Boden segelten. „So ist doch der Plan. Du arbeitest da drei Jahre und dann geht die Karriere ab.“ Er knabberte an ihrem Ohrläppchen, dann fügte er hinzu: „Und ich will doch eine erfolgreiche, sexy Freundin. Also denk‘ nicht weiter über sowas nach!“

Natürlich hatte ihr Freund Recht, trotzdem war Johanna enttäuscht. Während sie sich wieder in ihrer Arbeit vergrub, verschwand er erneut in der Küche und hielt ihr kurze Zeit später ein Schokoladenherz unter die Nase. „Hier, Hanni-Bunny, du kannst wohl ein bisschen Aufmunterung gebrauchen.“

„Danke“, erwiderte Johanna und drehte die Süßigkeit in den Händen. Feinste Vollmilchschokolade. Sie hasste Vollmilch. Schon immer. Trotzdem war es ein Herz. Sie sollte sich wirklich mehr freuen. „Das ist lieb von dir!“

Sie versuchte, sich die erfolgreiche, sexy Variante von ihr vorzustellen, die Moritz sich wünschte. Es klappte nicht. Moritz schob ihr ein Stück Schokolade in den Mund und Johanna kaute es tapfer. Dieser Tag war sowieso ruiniert, da änderte auch die widerliche Süße der Schokolade nichts mehr. Oder die Tatsache, dass ihr Freund auch nach drei Jahren Beziehung noch nicht wusste, dass sie ausschließlich Zartbitterschokolade mochte. Während Johanna unter seinen Küssen tiefer in die Polster rutschte, lief in ihrem Kopf ungefragt ein weiterer Film ab:

Ihr imaginäres, selbstbewusstes Selbst packte seine Sachen und ging.

Kapitel 5
U2 ab Burgstraße

Die Türen der U-Bahn schlossen sich mit dem typischen Piepen, das die Fahrgäste davor warnen sollte, noch einzusteigen, aber regelmäßig das Gegenteil erreichte. Auch jetzt fingen zwei Teenager an zu rennen und quetschten sich noch in letzter Sekunde in den Wagon, wodurch sie eine Frau mit Kinderwagen zwangen den Geschäftsmann neben sich näher kennen zu lernen. Johanna achtete weder auf das Gedränge um sie herum noch auf den durchdringenden Warnton. So häufig, wie sie den öffentlichen Nahverkehr frequentierte, hatte sie gelernt, ihre Umgebung dabei auszublenden (nur beim Geruch von Döner aus der Sitzreihe hinter ihr gelang ihr das noch nicht ganz).

Überhaupt hatte sie von Zeit zu Zeit das Gefühl, in den muffigen Wagons zu leben: Von der WG ins Büro, von dort zu Moritz, zurück in die WG, nochmal zu Moritz, am Morgen wieder ins Büro, am Wochenende zu ihren Eltern und zwischendurch den Einkauf nicht vergessen… Es war doch wirklich ein Segen, wie gut das Hamburger Schienennetz ausgebaut war! Manchmal fragte Johanna sich, ob andere Fahrgäste sie wohl wiedererkannten und bei sich dachten: Ach, die sieht aber noch gut aus, dafür, dass sie in der U2 wohnt! Aber nein, wenn sie jemand beobachten sollte, würde er schnell merken, dass sie immer nur zwischen der Haltestelle Burgstraße und dem Hauptbahnhof pendelte. Um dort in eine andere Linie zu wechseln…

Mit einem Mal fühlte Johanna sich jetzt wirklich beobachtet und blickte auf. Neben ihr stand eine adrette, ältere Dame, in deren bohrendem Blick eine unmissverständliche Aufforderung lag. „Darf ich Ihnen meinen Platz anbieten?“, fragte Johanna folgsam und noch während sie ihre Tasche und Jacke zusammenraffte, war die Dame auf den freigewordenen Sitz gehüpft. „Gern geschehen“, murmelte Johanna und zwängte sich in eine Ecke. Sie holte ihr Notizbuch wieder hervor, obwohl sie gar nicht wusste, was sie notieren wollte. Seit sie sich verboten hatte, ihre bösen Gedanken auf Papier zu bringen, fehlten ihr immer häufiger die Worte. Aber die Gedanken waren trotzdem da, deswegen musste sie sich irgendwie ablenken. Am besten mit etwas Zielführendem, alles andere war schließlich sowieso Zeitverschwendung.

To Do

Online-Banking

Friseurtermin

Mantel in die Reinigung!

Den würde sie bald brauchen, denn morgens war es bereits empfindlich kalt. Johanna sah gedankenverloren durch die Scheibe in eine hellerleuchtete Haltestelle, ohne wahrzunehmen, welche es war. Dann beschleunigte die U-Bahn wieder und tauchte in ihren dunklen Tunnel. Dunkel und endlos, dachte Johanna, auch wenn das natürlich Unsinn war.

Zahnarzt:

26.11. 15:00 Uhr

! Hajo ansprechen !

„Und? Wie war dein Tag?“, erkundigte Linea sich, während sie sich mit ihrer Teetasse in der Größe einer Blumenvase unter der Decke verkroch.

„Gut, denke ich“, erwiderte Johanna und setzte sich zu ihr aufs Sofa. „Gib‘ mir was von der Decke ab!“

„Was heißt ‚denke ich‘?“, hakte Linea so unbarmherzig nach, wie nur gute Freundinnen es können.

„Wir haben ein Projekt abgeschlossen.“

„Ok, das ist doch wirklich gut, oder?“

„Nicht für den Kunden“, erklärte Johanna, „denn wir haben einen Scherbenhaufen hinterlassen. Aber gut für Hajo, denn er konnte eine gesalzene Rechnung schreiben.“ Sie angelte ein paar Nüsse aus der Schale auf dem Couchtisch und knabberte daran wie ein Eichhörnchen. „Und was gut für Napoleon ist, muss wohl auch gut für uns sein“, fügte sie hinzu.

Weihnachten / Geschenke

- Mama – Jonas ist dieses Jahr dran!

- Papa – siehe oben

- Linea – Gemeinsamer Sushi-Kurs (trotz der Algen …)

- Moritz – ???

Die Tür des Glaskastens öffnete sich, Hajo trat hinaus und alle Blicke richteten sich auf ihn. Er winkte gönnerhaft, als wäre er ein Popstar auf dem roten Teppich. Johanna versuchte einzuschätzen, wie es um seine Laune bestellt war: Sein Grinsen war so erzwungen, dass die Kiefernmuskulatur unnatürlich hervortrat. Das war nie ein gutes Zeichen, aber eigentlich hatte Johanna gar keine Wahl. Sie hatte ihr Anliegen so lange aufgeschoben, dass sie jetzt unter Zeitdruck stand. „Hajo? Hast du eine Minute?“, fragte sie und versuchte, dabei möglichst locker zu klingen.

„Klar!“ Das Grinsen wurde noch breiter (oder vielleicht wollte er sie fressen?).

„Ich habe morgen einen Termin beim Zahnarzt. Um 15:00 Uhr. Könnte ich ab Mittag im Home Office arbeiten? Dann wäre ich nur eine knappe Stunde nicht erreichbar. Die Praxis ist gleich bei mir um die Ecke.“

Hajo setzte blitzschnell eine bedauernde Miene auf und schüttelte langsam den Kopf. „Aber Johanna, du weißt doch…“

…dass ich dich nicht dafür bezahle, dass du dir in Ruhe die Fußnägel lackierst, ergänzte Johanna in Gedanken und fügte schnell hinzu: „Oder ich verlege den Termin, gar kein Problem!“ Sie ärgerte sich, dass sie überhaupt gefragt hatte.

„Ich sehe, wir verstehen uns!“

Als Hajo im Vorraum verschwunden war, wo er wie immer die Gelegenheit nutzte, die arme Nana anzuschnauzen, holte Johanna ihr Handy hervor, um in der Arztpraxis anzurufen. Garantiert würde sie erst in mehreren Monaten einen neuen Termin bekommen… Sie suchte gerade nach der Telefonnummer, da ging eine Nachricht ein, die aber leider auch nicht zur Verbesserung ihrer Stimmung beitrug: Jonas fragte, ob sie sich nicht - ausnahmsweise! - auch in diesem Jahr um die Weihnachtsgeschenke für ihre Eltern kümmern könnte.

Geschenk Mama & Papa

1) Theaterkarten (oder Musical?)

2) Abendessen: Jonas und ich kochen während der Vorstellung (Menü? JONAS SCHNEIDET AUF JEDEN FALL DIE ZWIEBELN!!!)

Im Badezimmer rauschte die Dusche. „Moritz? Hast du mein Handy gesehen?“ Johanna klopfte gegen die Tür, aber nichts regte sich. „Moritz, ich hab‘s eilig!“ Sie war kurz davor, die Tür einzutreten, als sich diese öffnete und ihr Freund mit einem Handtuch um die schmalen Hüften hinauskam. Seine feuchten Haare hingen ihm verwegen in die Stirn und seine Muskeln glänzten nach dem großzügigen Einsatz von Bodylotion. Johanna schnupperte. Sie liebte diesen Duft! Außerdem sah Moritz gerade so umwerfend aus, dass sie für einen Augenblick alles andere vergaß. Dieser Zustand hielt aber nicht lange an und sie wiederholte ungeduldig: „Weißt du, wo mein Handy ist?“

„Hanni-Bunny, entspann‘ dich!“ Er versuchte, sie zu küssen, aber Johanna zwängte sich an ihm vorbei, um das Badezimmer abzusuchen.

„Ich kann mich nicht entspannen, ich muss los! Denn im Gegensatz zu dir muss ich arbeiten und vorher noch meinen Laptop von zu Hause holen“, giftete sie ihn an, was ihr sofort leidtat.

„Merkst du was?“ Moritz folgte ihr mit aufreizender Langsamkeit.

„Was? Hilf‘ mir lieber!“

Moritz hob willkürlich ein paar Handtücher an, die er auf dem Boden liegen gelassen hatte, was das Smartphone aber auch nicht zum Vorschein brachte. „Naja, dass es viel praktischer wäre, wenn dein Zuhause hier wäre. Dann müsstest du nicht immer hin- und herfahren und hättest mehr Zeit.“ Er schob sich von hinten an sie und knabberte an ihrem Ohr. „Für uns!“

Johanna versteifte sich. Sie kannte und fürchtete dieses Thema, denn obwohl sie Moritz liebte, verspürte sie einen unerklärlichen Widerwillen, wenn es darum ging, mit ihm zusammenzuziehen. Vielleicht lag es daran, dass er auf seine protzige Wohnung bestand. Johanna hätte lieber eine neue gemeinsame Bleibe mit ihm ausgesucht, zusammen eben. Wenn überhaupt. „Du weißt doch, dass das erst geht, wenn Linea mit dem Referendariat durch ist. Sie kann sich die Miete für die Wohnung alleine nicht leisten“, erklärte sie wie jedes Mal, wenn das Thema zur Sprache kam.

„Sie kann sich doch einen anderen Mitbewohner suchen. Deine beste Freundin will deinem Glück garantiert nicht im Weg stehen!“

„Nein, bestimmt nicht, aber… Ich wohne ja auch gerne da. Lass‘ mich das doch noch ein bisschen auskosten, bevor wir richtig erwachsen werden!“ Sie küsste ihn auf die Nasenspitze.

„Na gut“, erwiderte Moritz gedehnt. Er grinste schief, aber Johanna wusste, dass er sich zurückgesetzt fühlte.

Tomaten

Paprika

Milch

Frischkäse

Brot

Haarspray

Schokolade für Nana!

„Hanna! Da bist du ja endlich!“ Oke kam ihr strahlend entgegen und zog sie in seine Arme. Er war groß und so gemütlich, dass Johanna das Gefühl hatte, mit einem überdimensionalen Teddy zu kuscheln. Das war auch gar nicht so falsch, denn Oke war seit der Schulzeit ihr Tröster, Beschützer und bester Freund. Mit Linea waren sie später zum perfekten Trio geworden.

Johanna befreite sich lachend aus seiner Umarmung und zog erstmal Jacke und Schuhe aus. Sie hatte wieder einmal zu lange gearbeitet, dabei hatte sie sich schon die ganze Woche auf diesen Abend gefreut. Sie waren zum Raclette-Essen verabredet, um Silvester sozusagen nachzufeiern. Den Jahreswechsel hatte Linea nämlich mit einem fiesen Magen-Darm-Virus über der Kloschüssel verbracht. Inzwischen war schon Februar, aber sie hatten einfach keinen früheren Termin gefunden (was größtenteils an Johanna lag) und eigentlich war es ja auch ganz egal, wann man sich mit lieben Menschen zum Essen traf. Warum musste es also der 31. Dezember sein? Genauso gut konnten sie den zweiten Freitag im Februar feiern!

Oke und Linea hatten in Johannas Abwesenheit alles vorbereitet, sodass diese sich nur noch an den reich gedeckten Tisch setzen musste. Das Raclette-Gerät verströmte angenehme Wärme und Johanna seufzte, dieses Mal hochzufrieden. Endlich Wochenende!

Ihr bester Freund sah sie aber nachdenklich an, die buschigen Brauen gerunzelt wie ein alter Seebär. „Hanna, geht’s dir nicht gut?“

Sie stutzte, überrascht über die Frage. „Doch! Wieso fragst du?“

„Du siehst so…“

„…ausgekotzt aus!“, ergänzte Linea mitleidlos.

„Nein, so wollte ich das nicht sagen“, verteidigte sich Oke und rieb sich unbehaglich den Nacken. „Es ist nur… Du hast abgenommen…“

„Gut, oder?“ Johanna sah an sich herunter. Es stimmte, dass sie seit einiger Zeit Gewicht verlor, obwohl sie gar nichts dafür tat.

„Ja, schon. Mir hast du vorher aber auch gefallen“, erwiderte Oke.

„Du bist ja auch nur mein bester Freund!“

„Nur dein bester Freund, hör‘ sich das einer an.“ Er knuffte sie freundschaftlich in die Seite und alle drei mussten lachen. Oke wurde aber schnell wieder ernst und fügte hinzu: „Du hast aber auch so dunkle Augenringe wie ein Zombie. Mal ehrlich, ist wirklich alles ok? Uns kannst du es doch sagen!“

„Alles gut!“, entgegnete Johanna schnell. „Wirklich!“, betonte sie, als sowohl Oke als auch Linea sie zweifelnd ansahen. Es war nicht so, dass sie die beiden anlügen wollte, aber ihr war gerade eben klar geworden, dass sie die Antwort auf diese einfache Frage eigentlich selbst nicht kannte. Das war kompliziert und Johanna wollte nicht, dass es kompliziert war. Ihr Leben verlief schließlich nach Plan.

Folie 2: Tabelle ergänzen

Folie 5: Bild einfügen (Quellenangabe?)

Folie 11: Werte überprüfen, ggf. runden

Johanna legte ihr Notizbuch zur Seite und streckte sich wieder auf dem Sofa aus. Sie schrieb sich jedes To-Do zu ihrer wichtigen Präsentation lieber gleich auf, denn im Moment vergaß sie ständig irgendetwas, konnte sich schlecht konzentrieren und neigte zu Kopfschmerzen. Vielleicht war eine Erkältung im Anflug.

„Soll ich dir einen Tee machen?“, erkundigte sich Moritz, als hätte er ihre Gedanken erraten. Johanna nickte und als er wenig später mit der dampfenden Tasse zurückkam, legte er ihr fürsorglich eine Decke um die Schultern. „Wollen wir heute irgendwas mit Liebe gucken?“, fragte er und griff zur Fernbedienung. Das war ziemlich süß von ihm, denn er hasste romantische Komödien. Überhaupt war er im Moment einfach nur lieb und verständnisvoll. Trotzdem empfand sie erstaunlich wenig, als er sie jetzt küsste. Was war nur mit ihr los?

Leer

Johanna starrte auf die makellos weiße Seite, auf die sie gerade ein einzelnes Wort geschrieben hatte. Das einzige Wort, das ihr einfiel. Es schwoll in ihrem Kopf an, betäubte ihre herumwirbelnden Gedanken und hinterließ nur ein dumpfes Dröhnen. Sie fühlte sich genauso wie dieses Blatt Papier. Leer. Eingezwängt zwischen neunundneunzig weiteren Seiten in einem Notizbuch. Kurz erschreckte sie diese Erkenntnis, aber dann gewann die Leere wieder die Oberhand, was nicht unangenehm war.

Vor dem Fenster zog die Schwärze des U-Bahn-Tunnels vorbei, unterbrochen von den immer gleichen U-Bahn-Stationen. „Nächster Halt: Burgstraße“, verkündete eine mechanische Frauenstimme. Johanna griff nach ihrer Tasche, aber sie stand nicht auf. Die Wagons kamen zum Stehen und die Türen öffneten sich. Dann schlossen sie sich wieder (nervtötendes Piepen) und die U-Bahn fuhr wieder an. Johanna saß immer noch auf ihrem Sitz und wartete darauf, wieder in die Dunkelheit einzutauchen. Viele Meter über ihr wurde es wohl gerade Frühling, aber irgendetwas in ihr war noch eingefroren.

Wahrscheinlich war es ihr Herz.

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