Kitabı oku: «Internationales Kauf-, Liefer- und Vertriebsrecht», sayfa 11
(2) Ordre public
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Der Begriff der Eingriffsnorm ist von dem Begriff der öffentlichen Ordnung („ordre public“) zu trennen.
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Nach Art. 21 Rom I-VO kann die Anwendung des nach der Verordnung bestimmten Rechts (Rechtswahl oder objektive Anknüpfung) versagt werden, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung („ordre public“) des Staates des angerufenen Gerichts – der lex fori – unvereinbar ist.
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Letztlich dürfte der ordre public im Vertragsrecht keine so große Rolle spielen,186 wohl auch nicht im Vertriebsrecht.187 Siehe aber die international unterschiedlichen Auffassungen unten in Kap. H Rn. 102ff.
b) Rom II-Verordnung
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Das Kollisionsrecht für gesetzliche Schuldverhältnisse war lange nicht vereinheitlicht. Dies ist erst durch die Rom II-VO (VO (EG) 864/2017) erfolgt.188
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Auch nach dem Brexit gilt die Rom II-VO in den EU-Mitgliedstaaten weiter, da sie „nur“ einen Auslandsbezug voraussetzt. Großbritannien hat zudem die Inhalte in nationales Recht übernommen (siehe oben Rn. 32 und 68).
aa) Entstehungsgeschichte und Ziele der Rom II-Verordnung, Altfälle nach der Vorgängerregelung
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Zur der Entstehungsgeschichte und den Zielen der Rom II-Verordnung sowie zu Altfällen nach der Vorgängerregelung finden sich in der letzten Auflage dieses Buches Erläuterungen und eine Gegenüberstellung in einer Synopse.
bb) Anwendungs- und Geltungsbereich der Rom II-Verordnung
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Der sachliche Anwendungsbereich (Art. 1 Rom II-VO) erstreckt sich auf Zivil- und Handelssachen, soweit es sich um außervertragliche Schuldverhältnisse handelt, welche eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen, außer: Steuer- und Zollsachen, Verwaltungs- und Staatshaftungsrecht, Familienverhältnis, Erbsachen, besondere Wechselsachen, gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten, Treuhandangelegenheiten, Kernenergie sowie Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte.
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Die Abgrenzung zwischen vertraglichen und nichtvertraglichen Schuldverhältnissen muss wohl autonom erfolgen (siehe Erwägungsgrund 11) und nicht nach lex fori oder lex causae.189 Nach einem Hinweis der Kommission im Verordnungsvorschlag ist die EuGH-Rechtsprechung zu Art. 5 Nr. 1 und Nr. 3 EuGV-VO a.F. (nun Art. 7 EuGVVO n.F.) zu berücksichtigen – danach ist von einem vertraglichen Schuldverhältnis auszugehen, wenn eine Partei gegenüber einer anderen Partei freiwillig Verpflichtungen eingegangen ist.190 Detailfragen bleiben damit weiterhin offen, etwa bzgl. einseitiger Verpflichtungsgeschäfte, culpa in contrahendo (wird von einigen nationalen Rechten vertraglich eingeordnet, von anderen deliktisch,191 obwohl nach Art. 1 Abs. 2 lit. i der Rom I-VO gerade keine vertragliche Angelegenheit), etc.
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Der zeitliche und räumliche Anwendungsbereich der Rom II-VO ist auf alle schadensbegründenden Ereignisse gerichtet, die nach dem 11.1.2009 eintreten, Art. 31, 32 Rom II-VO. Sie findet Anwendung in allen Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks – siehe oben unter Rn. 74 der Exkurs zu Dänemark) – Art. 1 Abs. 4, Art. 25 Rom II-VO. Erfasst werden auch reine Drittstaatensachverhalte und Sachverhalte mit einem nur marginalen Binnenmarktbezug, die zur Geltung drittstaatlichen Rechts führen.192
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Die Rom II-VO löst also in ihrem sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich das nationale Kollisionsrecht vollständig ab. Da aber noch Lücken im Anwendungsbereich sind (siehe oben), gibt es die nationalen Regelungen im EGBGB (Art. 38–42) nach wie vor. Anders ist dies im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse (Art. 27–37 EGBGB), weshalb die Rom I-VO die entsprechenden EGBGB-Regelungen dort (außer für Altfälle) ganz abgelöst hat (siehe oben Rn. 69 zu Rom I-VO) – daher findet man die einen Regelungen noch „im Palandt“, die anderen nicht mehr (man braucht aber beide noch). Alte Palandts sollte man also besser aufbewahren.
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Die Rom II-VO ist wie die Rom I-VO als loi uniforme ausgelegt (Art. 3 Rom II-VO). Die Verweisungen der Rom II-VO sind ebenso wie die nach der Rom I-VO (Art. 20 Rom I-VO) Sachnormverweisungen, d.h. sie bestimmen direkt das anwendbare Sachrecht ohne Zwischenschaltung ausländischen IPRs (siehe oben Rn. 75ff.).193 Rück- und Weiterverweisungen sind gemäß Art. 24 Rom II-VO ausgeschlossen, d.h. kein renvoi.
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Der Geltungsbereich des nach der Verordnung ermittelten anzuwendenden Rechts umfasst nach Art. 15 Rom II-VO:
– den Grund und den Umfang der Haftung einschließlich der Bestimmung der Personen, die für ihre Handlungen haftbar gemacht werden können;
– die Haftungsausschlussgründe sowie jede Beschränkung oder Teilung der Haftung;
– das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadens oder der geforderten Wiedergutmachung;
– die Maßnahmen, die ein Gericht innerhalb der Grenzen seiner verfahrensrechtlichen Befugnisse zur Vorbeugung, zur Beendigung oder zum Ersatz des Schadens anordnen kann;
– die Übertragbarkeit, einschließlich der Vererbbarkeit, des Anspruchs auf Schadenersatz oder Wiedergutmachung;
– die Personen, die Anspruch auf Ersatz eines persönlich erlittenen Schadens haben;
– die Haftung für die von einem anderen begangenen Handlungen;
– die Bedingungen für das Erlöschen von Verpflichtungen und die Vorschriften über die Verjährung und die Rechtsverluste, einschließlich der Vorschriften über den Beginn, die Unterbrechung und die Hemmung der Verjährungsfristen und der Fristen für den Rechtsverlust.
cc) Rechtswahl
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Freie Rechtswahl (ausdrücklich oder mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles) ist möglich (Art. 14 Rom II-VO) durch eine Vereinbarung nach Eintritt des schadenbegründenden Ereignisses oder, wenn alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen, auch durch eine vor Eintritt des schadenbegründenden Ereignisses frei ausgehandelte Vereinbarung.
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Es wird abzuwarten sein, wie die inzwischen fast berüchtigtermaßen AGB-affine deutsche Rechtsprechung das Tatbestandsmerkmal der „frei ausgehandelten Vereinbarung“ ausfüllt.194 Ausnahmen für die Rechtswahl bestehen für reine Inlands- und Binnensachverhalte (Art. 14 Abs. 2 und 3 Rom II-VO). Die Wahlfreiheit gilt nicht für Wettbewerbssachverhalte (Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO) und für die Rechte geistigen Eigentums (Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO).
dd) Allgemeine Kollisionsnorm
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Gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO soll grundsätzlich das Recht am Schadensort zur Anwendung kommen, sog. lex loci damni195 als Konkretisierung der lex loci delicti commissi:
– Im Grundsatz ist das Recht des Staates, in dem der Schaden eintritt (Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO), anzuwenden – lex loci damni;
– wenn Schädiger und Geschädigter zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im selben Staat haben, dessen Recht (Art. 3 Abs. 2 Rom II-VO) – lex domicilii communis;
– bei offensichtlich engerer Verbindung mit einem anderen Staat (etwa auch bei bestehendem Rechtsverhältnis, zu dem die unerlaubte Handlung in enger Verbindung steht) dessen Recht (Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO) – akzessorische Anknüpfung; etwa wenn ein Vertrag vorliegt (anderenfalls droht ein Auseinanderfallen vertraglicher und außervertraglicher Ansprüche = dépeçage196).
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Ort des Schadenseintritts ist wohl der Ort der Rechtsgutverletzung (nach deutscher Terminologie wohl der Erfolgsort197), denn die Begründung macht deutlich, dass es um den direkten Schaden geht, d.h. wohl die Rechtsgutverletzung, somit nicht um indirekten Schaden, woraus zu folgern ist, dass es auf die Erfolgs- bzw. Verletzungsorte ankommen soll.198 Wörtlich heißt es, es ist „das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind“. In der englischen Fassung der Verordnung wird deutlich, dass mit dem Wort „Schaden“ („damage“) in Wahrheit Rechtsguts- oder Interessenverletzungen („personal injury, damage to property“) gemeint sind (vgl. Erwägungsgrund 17 – insbesondere in englischer Fassung). Damit wird wohl eine Absage an das Ubiquitätsprinzip nach deutschem Recht erteilt, wo bei Distanzdelikten sowohl das Recht am Handlungs- als auch das Recht am Erfolgsort berufen sein soll199 (schwieriger bei sog. Streudelikten) – dies entspricht indes wohl den in den meisten Mitgliedstaaten geltenden deliktischen Kollisionsnormen.200
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Für den Verletzten ist dies aber wohl nur dann von Vorteil, wenn der Erfolgsort mit dem Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts zusammenfällt. Die Regelanknüpfung an den Ort des direkten Schadens ist jedoch problematisch bei unerlaubter Handlung, die Schäden in verschiedenen Staaten verursacht (sog. Streudelikte) – nach der Begründung des Verordnungsentwurfes wird jeder Schaden nach dem Recht des jeweiligen Schadensortes beurteilt (Mosaikbeurteilung); die Parzellierung des Schadens könnte eine Folge sein.201
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Bei Streudelikten ist ferner problematisch, dass unerlaubte Handlungen prozessrechtlich anders angeknüpft werden als kollisionsrechtlich – gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F./Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F. ist die internationale Zuständigkeit sowohl am Handlungs- als auch am Erfolgsort gegeben.202 Gemäß dem kollisionsrechtlichen Mosaikprinzip wird der erstrebenswerte Gleichlaut von gerichtlicher Zuständigkeit und anwendbarem Recht jedenfalls für die Gerichte an den verschiedenen Erfolgsorten hergestellt, da neben dem Allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Schädigers der Gerichtsstand des Erfolgsorts in Betracht kommt. Zu berücksichtigen sind in diesem Kontext auch die Entwicklungen der jüngeren Rechtsprechung zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung und der damit einhergehenden Frage, wo der Ort des Schadenseintritts sein soll203 (siehe dazu unten Rn. 161ff.). Im Zusammenhang kartellrechtlichen Schadensersatzklagen wegen unerlaubter Preisabsprachen äußerte sich der EuGH jüngst zum Erfolgs- bzw. Schadensort.204 In diesem Fall wurde der Ort des Schadenseintrittes als der Ort verstanden, an dem die Marktpreise (mittelbar) verfälscht wurden (Marktort). Damit weicht der EuGH wohl etwas von seiner Entscheidung vom 21.5.2015205 ab, nach der der Sitz des Geschädigten maßgeblich sei. Der EuGH folgt dem Urteil vom 5.7.2018206 und macht den Schadensort gewissermaßen vorhersehbarer. Schwierig bleibt die EuGH Rechtsprechung damit allerdings insofern, als dass nicht ausgeführt wurde, wie mit einem örtlichen Auseinanderfallen von konkretem Schaden und betroffenem Markt umzugehen ist.
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Zu beachten ist ferner, dass Art. 4 Rom II-VO in Relation zu Art. 17 Rom II-VO zu bringen ist, wonach diejenigen Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen sind, die „an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses in Kraft sind“. Dies ist ein Ausfluss des Grundsatzes local data. Konkret kann folgendes Beispiel betrachtet werden:207 Wenn zwei Deutsche in Italien mit einem Mietwagen zusammenstoßen, ist die Fahrlässigkeitsfrage anhand der italienischen Verkehrsregeln zu beurteilen, auch wenn im Übrigen auf Basis von Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO das deutsche Recht zur Anwendung gebracht wird. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Art. 17 auf die Verhaltensregeln am Handlungsort abstellt und nicht auf die des Erfolgsorts. Allerdings können die beiden deutschen Autofahrer am Brennerparkplatz das Recht vorher schriftlich wählen, Art. 14 Rom II-VO (siehe oben Rn. 151).
ee) Produkthaftung
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Die Regelungen zur Anknüpfung in Produkthaftungsfällen sind lang diskutiert worden und nun das Ergebnis eines Kompromisses zwischen Vertretern des Verbraucherschutzes und Vertretern der Herstellerinteressen (siehe Erwägungsgrund 20 Rom II-VO). Es wird nun primär auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Geschädigten (lit. a), sekundär auf das Recht des Staates, in dem das Produkt erworben wurde (lit. b), drittens auf das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist (lit. c), abgestellt, sofern das Produkt in dem jeweiligen Staat in Verkehr gebracht wurde. Konnte der Hersteller das Inverkehrbringen in dem jeweiligen Staat „vernünftigerweise nicht voraussehen“, ist gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Rom II-VO das Recht desjenigen Staates anzuwenden, in dem der Hersteller den gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nicht zu übersehen ist noch, dass gemäß Art. 5 Abs. 2 Rom II-VO eine Anknüpfung an einen anderen Staat erfolgt, sofern der Sachverhalt damit eine offensichtlich engere Verbindung hat.
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Es ergibt sich somit für die Produkthaftung folgende – siebenstufige – Anknüpfungshierarchie:208
1. Rechtswahl (Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO),
2. Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt (Art. 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 Satz 1 Rom II-VO),
3. Gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten unter der Voraussetzung des Inverkehrbringens (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 lit. a Rom II-VO) und dessen Voraussehbarkeit für den Hersteller (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Rom II-VO),
4. Marktort, wobei dieselben eben genannten Einschränkungen gelten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 lit. b Rom II-VO),
5. Erfolgsort unter den vorgenannten Einschränkungen (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 lit. c Rom II-VO),
6. Gewöhnlicher Aufenthalt des Herstellers, falls es am Inverkehrbringen in einem der oben genannten Orte oder an der Voraussehbarkeit des Inverkehrbringens fehlt (Art. 5 Abs. 1 Satz 2),
7. Verdrängung der vorgenannten Anknüpfungen bei offensichtlich engerer Verbindung mit einer anderen Rechtsordnung (Art. 5 Abs. 2 Rom II-VO).
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Sehr interessant sind in solchen Fällen auch die Fragen zum zuständigen Gericht (siehe unten Rn. 290 und 310).
ff) Sonstige außervertragliche Schuldverhältnisse
(1) Unlauterer Wettbewerb, Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-Verordnung
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Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO regeln das auf unlauteren Wettbewerb anwendbare Recht:
– Maßgeblich ist (Art. 6 Abs. 1) das Recht des Staates, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher unmittelbar und wesentlich beeinträchtigt worden sind oder beeinträchtigt werden könnten (= Marktortprinzip wie im deutschen Recht).209 Dabei ist der Ort der Beeinträchtigung mit dem Ort des Schadenseintritts gleichzusetzen.210
– es sei denn, das unlautere Wettbewerbsverhalten richtet sich ausschließlich gegen die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, dann gilt der Grundsatz des Orts der Rechtsgutverletzung (Art. 6 Abs. 2).
(2) Kartellprivatrecht, Art. 6 Abs. 3 Rom II-Verordnung
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Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO regelt das auf Kartelldelikte anwendbare Recht. Ob die Rom II-VO der richtige Ort für eine solche Regelung ist, war lange umstritten und der Absatz tauchte erst gegen Ende der Vorbereitungen der Verordnung auf – dessen lit. b entstand dabei erst bei der zweiten und dritten Lesung.211 Grund für die schwere Geburt der Norm ist das für sie kennzeichnende Zusammenspiel mit Art. 101, 102 AEUV (siehe unten Kapitel I.) bzw. den auf Grundlage dieser Normen erlassenen Verordnungen und Richtlinien. Dabei ist zu beachten, dass die Rom II-VO nur die zivilrechtlichen Aspekte des Kartellrechts betrifft (sog. Kartellprivatrecht):212
– Art. 6 Abs. 3 lit. a Rom II-VO ist die Grundanknüpfungsnorm. Die Norm bringt das Auswirkungsprinzip zur Geltung – es ist das Recht des Staates anzuwenden, dessen Markt beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird.
– Für sog. Multistate-Wettbewerb bringt Art. 6 Abs. 3 lit. b Rom II-VO eine Sonderregelung. Der Geschädigte kann vor einem Gericht im Mitgliedstaat des Wohnsitzes des Beklagten seinen Anspruch auf das Recht des dortigen Gerichts (lex fori) stützen, wenn der Markt in diesem Staat unmittelbar und wesentlich beeinträchtigt ist. Es handelt sich dabei um ein Optionsrecht.
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Einzelne Detailfragen sind noch offen.213 Zu den Gerichtsständen gibt es bereits eine Reihe von Entscheidungen (siehe unten Rn. 312 und Rn. 315).
(3) Umweltschädigungen, Art. 7 Rom II-Verordnung
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Art. 7 Rom II-VO verweist auf die Grundnorm in Art. 4 Rom II-VO mit teilweiser Wiederherstellung des Ubiquitätsprinzips durch Abstellen auf das schadensbegründende Ereignis und nicht den Erfolgsort.
(4) Verletzung von Immaterialgüterrechten, Art. 8 Rom II-Verordnung
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Art. 8 Rom II-VO schreibt das Prinzip des lex loci protectionis fest; anwendbar ist das Recht des Staates, in dem der Schutz beansprucht wird. Dies passt zum Territorialitätsprinzip im Recht der Immaterialgüterrechte (Wirkung von Immaterialgüterrechten immer nur auf das Territorium des Staates beschränkt, der dieses Recht verliehen hat). Immaterialgüterschutz kann daher auch nur das Recht des Landes gewähren, für dessen Gebiet Rechtsschutz beansprucht wird – Schutzlandprinzip (siehe dazu unten Kap. L Rn. 11ff.).214 Art. 8 Abs. 2 schafft aber eine besondere Anknüpfungsregel für einheitliche gemeinschaftliche Schutzrechte wie Gemeinschaftsmarke, Gemeinschaftsgeschmacksmuster oder andere in Zukunft geschaffene Schutzrechte unter Geltung des Rechts der Gemeinschaft; wenn kein Gemeinschaftsrecht vorhanden ist, dann gilt das Recht des Ortes an dem das schadenbegründende Ereignis eingetreten ist (Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO). Dabei ist bei mehreren (drohenden) Ereignissen nicht auf die einzelnen Ereignisse abzustellen, sondern eine Gesamtwürdigung vorzunehmen.215 Davon umfasst sind Rechte von geografischen Herkunftsangaben.216
(5) Arbeitskampfmaßnahmen
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Für Arbeitskampfmaßnahmen bringt Art. 9 Rom II-VO eine Sonderregelung zugunsten des Rechts am Arbeitskampfort.
(6) Ungerechtfertigte Bereicherung, Art. 10 Rom II-Verordnung
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Für ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 10 Rom II-VO) gilt auch die akzessorische Anknüpfung (sonst – wenn keine Akzessorietät – gilt das Recht des Staates, in dem die Bereicherung erfolgt ist, sofern nicht beide Parteien im Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im selben Staat haben217). Daneben gibt es noch die allgemeine Ausweichklausel bei der offensichtlich engeren Verbindung mit einem anderen Staat.218
(7) Geschäftsführung ohne Auftrag, Art. 11 Rom II-Verordnung
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Sofern keine Akzessorietät gegeben ist und die Parteien im Zeitpunkt der Schädigung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im selben Staat hatten, gilt regelmäßig das Recht des Staates, in dem der Geschäftsherr zum Zeitpunkt der Geschäftsbesorgung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.219
(8) Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo), Art. 12 Rom II-Verordnung
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Im Wesentlichen richtet sich die culpa in contrahendo nach dem Recht des Vertrages220 – siehe auch Art. 1 Abs. 2i. Rom I-VO (siehe oben Rn. 71).
(9) Direktklage gegen den Versicherer, Art. 18 Rom II-Verordnung
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Das Recht des Geschädigten, direkt gegen den Versicherer des Ersatzpflichtigen vorzugehen, unterliegt dem für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebenden Recht, es sei denn, der Geschädigte hat sich dazu entschieden, seinen Anspruch auf das auf den Versicherungsvertrag anzuwendende Recht zu stützen (Art. 18 Rom II-VO, Forderungsübergang nach Art. 19 Rom II-VO).
gg) Eingriffsnormen und ordre public, Art. 16 Rom II-Verordnung
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Wie die Rom I-VO (siehe oben Kap. C Rn. 129), trifft auch die Rom II-VO Regelungen über zwingende Vorschriften und Eingriffsnormen, Art. 16 Rom II-VO: „Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der nach dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts geltenden Vorschriften, die ohne Rücksicht auf das für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.“ Fraglich ist aber auch hier, was als „international zwingendes Privatrecht“ angesehen werden kann.221
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Der Ordre Public-Vorbehalt ist in Art. 26 Rom II-VO geregelt (siehe oben Rn. 139). Der Entwurf der Rom II-VO enthielt noch einen speziellen Vorbehalt gegen den Strafschadensersatz (gemeint sind insbesondere die befürchteten punitive damages nach US-amerikanischem Recht);222 dieser war jedoch umstritten und insbesondere der Rat war streng gegen jegliche Regelung diesbezüglich. Jetzt ist das Thema Strafschadensersatz in Erwägungsgrund 32 Rom II-VO angesprochen, wobei es jedem Mitgliedstaat freisteht zu entscheiden, ob Strafschadensersatz gegen seinen ordre public verstößt.223
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