Kitabı oku: «Dolmetschen in der Psychotherapie», sayfa 5

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3.3.2.1 Vom Idealismus bis zur Erschöpfung

Pross liefert eine ausführliche Beschreibung von Entstehungs- und Entwicklungsprozessen von Non-Profit-Organisationen und der sich daraus ergebenden Implikationen für die MitarbeiterInnen: Gemeinnützige Nichtregierungsorganisationen verfolgen in der Regel eine Aufgabe, die meist grenzenlos ist; die Erfüllung der gesteckten Ziele einer NGO würde zugleich die Existenz dieser Organisation obsolet machen (2009: 41ff.).

Bei der Gründung einer NGO herrschen meist noch direkte, informelle, familienartige Kommunikationsstrukturen, und die Aktivitäten sind von Idealismus, Optimismus und Pioniergeist getragen. Findet im weiteren Verlauf ein Wachstum der Organisation statt, bilden sich zwangsläufig (mehr oder weniger flache) hierarchische Strukturen, Abgrenzung von Kompetenzen und standardisierte Abläufe heraus, was der strategischen Planung und der Effizienz zuträglich ist, jedoch auf Kosten der anfänglichen idealistischen Stimmung gehen kann. Außerdem kann es zu einer Schieflage zwischen bezahlten und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen kommen. Dazu kommt, dass die Bezahlung im NGO-Sektor verglichen mit anderen beruflichen Feldern ohnehin schlecht ist, was dazu führen kann, dass die schlecht bezahlten und die gar nicht bezahlten MitarbeiterInnen gewissermaßen um die „Opferrolle (…) konkurrieren“ (2009: 44). Wenn es zu Spannungen im Team kommt, kann die anfängliche Aufbruchstimmung rasch einer Ernüchterung weichen, was zu Erschöpfungssymptomen bei den MitarbeiterInnen führen kann, sowie zu einer hohen Fluktuation und Spaltungen.

Schließlich können bei den MitarbeiterInnen u.a. folgende Stress- und Überlastungssymptome auftreten: Überarbeitung und Workaholismus, da das Schützen der eigenen Ressourcen und Grenzen angesichts des Elends der Flüchtlinge als „Verrat“ erlebt wird; Erschöpfung und Unlust, daraus folgende familiäre Spannungen und Trennungen; Depressionen und körperliche Erkrankungen (psychosomatische Krankheiten und Infekte aufgrund verminderter Abwehrkräfte); Alpträume; Sucht (Nikotin, Kaffee und Alkohol, sowie Essstörungen); Schlafstörungen; Gereiztheit. Gerade aus Sicht der DolmetscherInnen verdient ein weiteres Symptom besondere Beachtung, nämlich die Erschütterung des Weltbilds durch die Zeugenschaft, also durch das Anhören der Erzählungen der KlientInnen, deren Menschenrechte verletzt wurden: Das Gefühl von Sicherheit, der Glaube an das Gute im Menschen, das Grundvertrauen in die Menschheit kann nachhaltig gestört werden; eine weitere Enttäuschung kann mit der Erkenntnis einhergehen, dass die NGOs trotz ihrer hehren Ziele nicht vor Grabenkämpfen und Konflikten gefeit sind (2009: 125ff.).

3.3.2.2 Ressourcen der MitarbeiterInnen

Um die traumatischen Inhalte, die in der Arbeit zur Sprache kommen, zu bewältigen, greifen MitarbeiterInnen von einschlägigen Einrichtungen zu unterschiedlichen Methoden, besser gesagt, sie entwickeln unterschiedliche Strategien, um Zugang zu ihren eigenen Ressourcen zu bekommen (Pross 2009: 136ff.). Es handelt sich dabei unter anderem um folgende:

 Familie, Kinder, näheres Umfeld: Diese Ressource wurde von den Befragten am häufigsten genannt.1

 Realistische Ziele: Es ist nicht hilfreich, mit der eigenen Arbeit allzu hohe und hehre Ziele zu verknüpfen, wie etwa „die Folter aus der Welt zu schaffen“.

 Dokumentieren, Forschen, Publizieren, Lehren: Das Reflektieren des eigenen Tuns verschafft Abstand zur Arbeit und hilft, sich von der Materie zu distanzieren.2 Die heilsame Kraft der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Gegenstand wurde bereits im Zusammenhang mit Freuds Ausführungen thematisiert (s. 2.6.1).

 Ausgleich durch kulturelle Aktivitäten, wie Literatur, Kunst, Musik, Tanzen, Theater etc.

 Austausch unter Kollegen: Diesbezüglich besteht bei DolmetscherInnen noch Aufholbedarf gegenüber den PsychotherapeutInnen, die bereits in ihrer Ausbildung und auch später in der Praxis ausreichend Gelegenheit bekommen, sich mit KollegInnen laufend über ihre Gefühle und Gedanken auszutauschen.

 Politisches Engagement und Öffentlichkeitsarbeit, um das Gefühl der Ohnmacht zu überwinden.

 Humor: Witze (sogar auch zynische Bemerkungen3) im Team können ein Ventil für die MitarbeiterInnen darstellen und die Atmosphäre im Arbeitsalltag maßgeblich positiv beeinflussen.

 Sport, Natur: als Ausgleich

 Auszeiten, Sabbatjahr, Ausstieg

 Sinngebung, tradierte Lebensweisheiten: Das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und durch die eigene Arbeit einen Beitrag zu leisten, kann dabei helfen, trotz aller Schwierigkeiten mehr Befriedigung aus der Arbeit zu beziehen.

3.3.2.3 Narzissmus als Antrieb?

Bei der Arbeit mit traumatisierten Menschen bewegt man sich „auf einem Minenfeld mit den Abgründen menschlichen Seins“ (Pross 2009: 23). Was treibt Menschen dazu, in solchen Arbeitsfeldern Fuß zu fassen?

Pross hat in seiner Untersuchung herausgefunden, dass es unter anderem auch narzisstische Motive sind, die den MitarbeiterInnen in Traumazentren als Antrieb dienen: Selbstüberhöhung und Selbstglorifizierung in der Märtyrerrolle und die daraus abgeleitete Überzeugung, etwas Besonderes, Grandioses zu leisten, sind Mechanismen, die eine kompensatorische Funktion für den Seelenhaushalt erfüllen können, also beispielsweise ein mangelndes Selbstwertgefühl ausgleichen (vgl. Pross 2009: 118ff.).

Diese Mechanismen sind bereits in der Beziehung zwischen Helfer und Patient angelegt: Ein solches Verhältnis ist von vornherein asymmetrisch, zusätzlich neigen Flüchtlinge dazu, die TherapeutInnen zu idealisieren und ihnen magische Fähigkeiten zur Problemlösung zuzuschreiben – aus dem nur allzu verständlichen Wunsch heraus, jemanden zu haben, der einem wirklich helfen kann und will. Problematisch wird es dann, wenn HelferInnen diese Zuschreibungen und Erwartungshaltungen bereitwillig annehmen und sich als RetterInnen oder auch MärtyrerInnen aufspielen.

Interessant ist, dass Pross einen Vergleich zwischen HelferInnen in Westeuropa und in Schwellenländern zieht und zu dem Schluss kommt, dass der Narzissmus „in unserer behüteten, privilegierten Welt“ (2009: 122) in solchen beruflichen Kontexten signifikant stärker ausgeprägt ist als in den Schwellenländern, in denen Gewalt und Zerstörung zum Alltag gehören, sodass alle Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld davon betroffen sind und mit Überlebenden zu tun haben: „Hilfe für diese ist eine Selbstverständlichkeit, nicht so etwas Außergewöhnliches, Besonderes, und es wird deshalb nicht so viel Aufhebens darum gemacht“ (2009: 122).

Für DolmetscherInnen gilt die Rolle der „HelferInnen“ nur bedingt: Die Aufgabe der DolmetscherInnen – die Gewährleistung der sprachlichen Verständigung – ist so klar umrissen, dass eigene aktive Hilfsangebote von vornherein eine unzulässige Grenzüberschreitung darstellen, wiewohl die Entscheidung an sich, in einem Traumatherapiezentrum als DolmetscherIn zu arbeiten, durch den Wunsch „zu helfen“ motiviert sein kann. DolmetscherInnen sind also durch die Natur ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt, zugleich tragen sie weniger Verantwortung für die reale Lebenssituation der KlientInnen, was durchaus als entlastend erlebt werden kann (dieser grundsätzliche Unterschied zwischen der Arbeit der TherapeutInnen und der DolmetscherInnen wurde bereits unter 3.3.2 thematisiert).

Auch im Hinblick auf das Ansehen innerhalb der eigenen Berufsgruppe unterscheidet sich die Situation der DolmetscherInnen von der der TherapeutInnen: Geht man davon aus, dass es in einzelnen Berufsgruppen so etwas wie eine „Reputationspyramide“ geben könnte, in der bestimmte Tätigkeitsfelder als besonders angesehen gelten, so wären die TraumatherapeutInnen an der Spitze dieser Pyramide angesiedelt: Das Arbeiten mit traumatisierten Überlebenden erfordert hohe Qualifikationen und viel Erfahrung, und TraumatherapeutInnen können sich der Wertschätzung innerhalb ihrer Kollegenschaft sicher sein. Im Unterschied dazu ist das Arbeiten mit Flüchtlingen und AsylwerberInnen für DolmetscherInnen definitiv nicht an der Spitze einer solchen imaginierten Pyramide zu verorten, sondern eher am unteren Ende: Die Arbeit im Asylbereich ist für DolmetscherInnen deutlich schlechter entlohnt als die Arbeit im Konferenzbereich, und in puncto Terminologie und Dolmetschkompetenz sind die Anforderungen an die DolmetscherInnen bei internationalen Konferenzen wesentlich höher. Sehr verkürzt gesagt, ist davon auszugehen, dass ein ausgebildeter und praktizierender Konferenzdolmetscher rein arbeitstechnisch mit den Anforderungen der Gesprächssituation in der Psychotherapie spielend fertig werden könnte, während umgekehrt der durchschnittliche (Laien-)dolmetscher aus dem Asylbereich nicht ohne weiteres einen Platz in der Dolmetschkabine einnehmen kann.

Somit lassen sich die Überlegungen und Erkenntnisse von Pross im Hinblick auf narzisstische Motive bei der Arbeit mit Traumaopfern nicht von der Berufsgruppe der TherapeutInnen kurzerhand auf die Berufsgruppe der DolmetscherInnen übertragen. Dennoch sind DolmetscherInnen als Teammitglieder ähnlichen Dynamiken wie TherapeutInnen ausgesetzt, und es lohnt sich auch für DolmetscherInnen, sich mit dem Stellenwert von Traumabehandlungszentren in der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Darauf soll im nächsten Abschnitt näher eingegangen werden.

3.4 Trauma und Gesellschaft: Abwehrreaktionen

Die oben beschriebenen Größenphantasien der HelferInnen sind in einen breiteren gesellschaftlichen Kontext eingebettet: MitarbeiterInnen von Traumazentren machen etwas Außergewöhnliches, das andere, „normale“ Menschen nicht machen können und auch nicht machen wollen:

Das lobende und bewundernde Auf-die-Schulter-Klopfen der Mitmenschen, dass man was ganz ‚Tolles‘ mache, ist im Grunde genommen eine Abwehr, die deren eigenem Schutz dient. Sie möchten mit diesen angstbesetzten Abgründen möglichst wenig zu tun haben und sind froh, dass es Leute gibt, die diese unangenehme Arbeit machen, die sonst keiner machen will. Die Gesellschaft delegiert gewissermaßen die Aufräumarbeit aus den Trümmern, die sie selbst mit Kriegen, Armut und Flüchtlingselend angerichtet hat, an die Traumahelfer, welche die seelischen und körperlichen Folgeschäden beheben sollen. Die Helfer werden im allgemeinen schlechter bezahlt und erfahren weniger Wertschätzung als andere Berufe. Dafür bekommen sie hin und wieder einen Menschenrechtspreis, oder ein Unternehmen überreicht ihnen bei einer Gala einen Scheck. (Pross 2009: 120)

Die Aussage, wonach die Helfer „weniger Wertschätzung als andere Berufe“ erfahren, bezieht sich auf die gesamtgesellschaftliche Realität, genauer gesagt auf den Umstand, dass Wertschätzung vordergründig durch Bezahlung ausgedrückt wird, denn TraumatherapeutInnen genießen unabhängig von der Bezahlung sehr wohl viel Anerkennung im Umkreis ihrer KollegInnen aus anderen Sparten, wie bereits im vorigen Abschnitt festgestellt wurde. Zentral an diesem Zitat ist jedoch der Begriff Abwehr: Mit Inhalten, die Grauen erregend und bedrohlich sind, möchte man sich normalerweise nicht auseinandersetzen (müssen), und schon gar nicht mit jenen Menschen, die als Erzählende direkte Betroffene, Zeugen und Boten dieser Inhalte sind.

Ottomeyer widmet sich ausführlich der Abwehr des Traumas und der Verfolgung der Opfer durch die Gesellschaft und bemängelt, dass manche Gutachter und Asylbeamte „Meister der Verleugnung und der Entwertung der Opfer“ seien (2011: 82), und betont, dass die Abwehr des Schreckens dazu führt, dass Opfer als unglaubwürdig dargestellt und in die Isolation getrieben würden: „Wenn aber die Opfer unseren Wohnstuben und unserem Nahraum zu nahe kommen, droht der Einbruch des mit verschiedenen Techniken auf Distanz gehaltenen Wahnsinns in die geschützte Welt“ (2011: 89).

Zu diesen „verschiedenen Techniken“ gehöre unter anderem auch der Neid auf die Opfer, der sich in einer „tief sitzenden Konkurrenzangst im Ringen um soziale Zuwendung und Aufmerksamkeit“ äußert, und zwar im Kontext gesellschaftlicher Zustände, in denen die Ressourcen zunehmend knapp werden und (mehr oder weniger berechtigte) Abstiegsängste sich breit machen. Als medial transportierte Beispiele in der jüngsten Vergangenheit Österreichs, bei denen die anfängliche Empathie mit den Opfern rasch in Neid und Missgunst kippte, nennt Ottomeyer die beiden prominenten Jugendlichen Arigona Zogaj und Natascha Kampusch (vgl. Ottomeyer 2011: 91f.).

Der Autor macht auch auf einen weiteren gesellschaftlich relevanten Aspekt aufmerksam: „Zu viel Mitgefühl mit den Opfern stört einfach den Konsum und die oberflächliche Lebensfreude, an welche wir uns im (mittlerweile bedrohten) hedonistischen Kapitalismus der letzten Jahrzehnte gewöhnt haben und gewöhnen sollten“ (S. 97). Im Zeitalter des postmodernen Kapitalismus sind es allenfalls einzelne Schrecksekunden, die zum Innehalten zwingen, ansonsten wähnt man sich aber in den westeuropäischen Gesellschaften auf der sicheren Seite und möchte mit dem Elend der Opfer lieber nicht behelligt werden. Die Helfer der Opfer (PsychotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen, VertreterInnen von Kirchen und NGOs) müssen damit rechnen, als „Gutmenschen“ diffamiert zu werden (2011: 98f.). Unter der Überschrift „Ein Europa der Menschenjagden?“ (2011: 119) führt Ottomeyer drastische Beispiele der europäischen Abschottungspolitik an, die den Verlust von Menschenleben in Kauf nimmt und schließt mit einer Aussage, die umgelegt auf die derzeitige politische Lage aktuell anmutet: „Anderen Menschen Angst machen hilft manchen Leuten dabei, die Angst, die sie haben, nicht spüren zu müssen“ (2011: 134).

3.5 Abschließende Bemerkungen

Wie bereits erwähnt, ist das Dolmetschen kein klassischer „Helferberuf“ und somit zählen die DolmetscherInnen im Kontext der Psychotherapie nicht zu den klassischen „HelferInnen“, weil sie keine eigenen Interventionen setzen und nicht für die Erreichung von Therapiezielen zuständig sind; als SprachmittlerInnen ermöglichen und befördern sie jedoch die Arbeit der HelferInnen mit den KlientInnen und sind damit Teil der ablaufenden Prozesse. Daher sind sie von den Dynamiken in diesem Mikrokosmos zumindest am Rande betroffen, so auch vom Umgang der Gesellschaft mit Asylsuchenden und Opfern von Menschenrechtsverletzungen. Die psychotherapeutische Arbeit mit traumatisierten Menschen stellt auch an die DolmetscherInnen spezifische Anforderungen, sowohl im individuellen Zugang zu den einzelnen KlientInnen, als auch im Hinblick auf die Reflexion des Phänomens „Trauma“ in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext.

4 Dolmetschen in der Psychotherapie: Forschungsstand

Das folgende Kapitel soll – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einen Überblick über die relevante Literatur zum Themenkomplex „Dolmetschen in der Psychotherapie“ bieten, wobei zunächst eine Kontextualisierung dieses Themas im Rahmen des Community Interpreting erfolgt.

4.1 Kontextualisierung in der Translationswissenschaft: Community Interpreting

„Interpreting is an ancient human practice“ (Pöchhacker 2016: 28). Diese Feststellung ist so simpel wie zutreffend und in einer komplexen Dienstleistungsgesellschaft, die auf Differenzierung und Arbeitsteilung aufbaut, alles andere als selbstverständlich. Bei dem in der vorliegenden Arbeit unternommenen Versuch, sich dem Phänomen des Dolmetschens in der Psychotherapie aus verschiedenen Blickwinkeln und mit einem möglichst hohen Grad an Differenzierung zu nähern, ist es notwendig, diese einfache Tatsache, nämlich dass es sich beim Dolmetschen um ein Phänomen handelt, das so alt ist wie die Menschheit selbst, stets im Hinterkopf zu behalten, gerade weil im psychotherapeutischen Kontext Sprache als eine Tür zu den mitunter verschütteten und sorgfältig gehüteten emotionalen Inhalten betrachtet wird. Aus der Sicht der Translationswissenschaft ist das Dolmetschen in der Psychotherapie im Bereich des Community Interpreting (Kommunaldolmetschen) zu verorten. Ein historischer Überblick über die Dolmetschwissenschaft ist bei Pöchhacker (2015: 62–76) zu finden. Unter der Bezeichnung Community Interpreting werden Dolmetschleistungen zusammengefasst, die in Behörden, Institutionen, Krankenhäusern, Gerichten, Polizeistationen u. Ä. erbracht werden, für Personen, die der Landessprache nicht im ausreichenden Maß mächtig sind, um die Dienstleistungen der genannten Einrichtungen in Anspruch nehmen zu können, ohne gröbere Missverständnisse zu riskieren. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Dolmetschbedarf immer einwandfrei festzustellen ist: Je nach Schwierigkeitsgrad der Kommunikation, also je nach Terminologie oder Wichtigkeit des jeweiligen Termins wird seitens der KlientInnen der Versuch unternommen, eine DolmetscherIn mitzubringen bzw. von der jeweiligen Einrichtung zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Pöchhacker weist auf Auffassungsunterschiede über den Inhalt und Umfang von Community Interpreting hin, woraus unterschiedliche Definitionen resultieren (2007: 36ff.): Gemeint ist jedenfalls das Dolmetschen innerhalb einer Gesellschaft, also ein „intrasozietäres“ Dolmetschen, in Abgrenzung zum „internationalen“ Konferenzdolmetschen. Eine andere Unterscheidung betrifft die Ungleichheit der Kommunikationspartner: Während die eine Person als Privatperson mit ihren eigenen Anliegen auftritt, ist die andere Person in einer Institution (z. B. Polizei, Gericht oder Krankenhaus) verankert. Das rollenbedingte Machtgefälle betrifft auch den sozialen Status. Vor dem Hintergrund des Machtgefälles ist es für DolmetscherInnen nicht immer möglich, „neutral“ zu agieren, da eine bewusste oder unbewusste Vereinnahmung durch die Interaktionspartner durch die physische Präsenz und Nähe gefördert wird.

Pöchhacker unterscheidet zwischen intersozietären und intrasozietären Einsatzbereichen und liefert eine Aufzählung der Kontexte, in denen gedolmetscht wird (Pöchhacker 2004: 13ff.), wobei Community Interpreting folgendermaßen beschrieben wird:

It was only in the 1980s and 1990s, in the face of mounting communication problems in public-sector institutions (health-care, social services), that ‚interpreting in the community‘ (community-based interpreting) acquired increasing visibility. Thus community interpreting, also referred to as public service interpreting (mainly in the UK) and cultural interpreting (in Canada) emerged as a wide new field of interpreting practice, with healthcare interpreting (medical interpreting, hospital interpreting) and legal interpreting as the most significant institutional domains. (Pöchhacker 2004: 15)

In einer schematischen Darstellung des konzeptuellen Spektrums des Dolmetschens bietet Pöchhacker eine Gegenüberstellung des Konferenzdolmetschens und des Kommunaldolmetschens, allerdings unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Arbeitstechnik des Dialogdolmetschens auch bei Konferenzen zur Anwendung kommen kann, es also Überschneidungen zwischen diesen beiden Kategorien gibt (2016: 17). Das Konferenzdolmetschen findet meist in einem internationalen Zusammenhang statt, während das Kommunaldolmetschen im intrasozietären Bereich angesiedelt ist. Das Konferenzdolmetschen findet typischerweise dort statt, wo sich Menschen in einem multilateralen Umfeld in ihren jeweiligen professionellen Rollen begegnen, mit vergleichbarem Status ausgestattet sind und größtenteils als RednerInnen („one-to-many“) kommunizieren. Das Kommunaldolmetschen dagegen findet dann statt, wenn in einem bilateralen Umfeld ein Fachmann bzw. eine Fachfrau mit einem Individuum kommuniziert („face-to-face“) und ein Machtungleichgewicht der Gesprächssituation immanent ist. In der differenzierten schematischen Darstellung findet der Umstand Berücksichtigung, dass auch im Konferenzdolmetschbereich dialogische Situationen stattfinden können, etwa wenn zwei Staatsoberhäupter ein dolmetschervermitteltes Gespräch führen. Zusammenfassend hebt Pöchhacker das wichtigste Alleinstellungsmerkmal für den Bereich des Community Interpreting mit folgenden Worten hervor: „In particular, the nature of community interpreting is best understood by bearing in mind that one of the parties involved is an individual human being, speaking and acting on his or her own behalf.“ (2016: 17). Die Betonung des Individuums ist im psychotherapeutischen Bereich von größter Relevanz.

Bancroft fasst die Bezeichnungen für die Tätigkeit im Bereich des Community Interpreting zusammen (2015: 218):

 Public service interpreting

 Liaison interpreting

 Bilateral interpreting

 Dialogue interpreting

 Community-based interpreting

 Bidirectional interpreting

 Triangle interpreting

 Cultural interpreting

 Cultural (or intercultural) mediation

 Consecutive interpreting

 Contact interpreting

 Face-to-face interpreting

 Triad interpreting

 Discourse interpreting

 Social or intra-social interpreting

 Language mediation

Es gibt also eine beträchtliche Anzahl an Bezeichnungen, um eine Tätigkeit zu beschreiben, die laut Bancroft auf einem simplen Konzept beruht: „Community interpreting is founded on a simple concept: giving a voice to those who seek access to basic services but do not speak the societal language“ (Bancroft 2015: 217). Die Vielzahl an Bezeichnungen ist Ausdruck der Vielfalt ebenso wie Ausdruck der fehlenden Regulierung bzw. Standardisierung dieser Tätigkeit.

Hale betont die hohe Verantwortung von KommunaldolmetscherInnen für die Lebenssituationen der KlientInnen und stellt mit Bedauern fest, dass der niedrige soziale Status der Klientel gewissermaßen auf die KommunaldolmetscherInnen abfärbt, während im Gegenzug KonferenzdolmetscherInnen in den Genuss eines erhöhten Status kommen, da ihre KlientInnen in der Regel mit einem stärkeren finanziellen Hintergrund und höherer gesellschaftlicher Anerkennung ausgestattet sind (Hale 2007: 27).

Zahlreiche Publikationen und Arbeiten, die sich mit dem Thema Community Interpreting befassen, sind für den Bereich der Psychotherapie relevant und liefern wertvolle Anregungen, etwa gesammelte Aufsätze zum Thema Sprache und Translation in der Rechtspraxis, in denen die AutorInnen sich mit unterschiedlichen Aspekten der verdolmetschten Kommunikation im Asylverfahren und bei Behörden auseinandersetzen, wie z. B. Rienzner & Slezak (2010). Eine kompakte Zusammenschau der Situation des Community Interpreting in Deutschland bietet Slapp 2004. Ein Überblick über die Forschung zum Kommunaldolmetschen in Österreich ist bei Grbić & Pöllabauer (2006) zu finden.

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463 s. 6 illüstrasyon
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9783823303220
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