Kitabı oku: «Die Eucharistie als Opfer der Kirche», sayfa 2
1. Opferthematik in heutiger Zeit
Der Begriff „Opfer“ ist bis heute im Sprachgebrauch ein gängiger Ausdruck, der jedoch nunmehr weniger mit religiösen oder kultischen Vorgängen in Verbindung gebracht wird als vielmehr mit Katastrophen, Verkehrsunfällen, Kriegstoten und Verbrechensgeschädigten.1 Neben dieser mit Gewalt verbundenen Konnotation des Begriffs „Opfer“ kennen wir eine andere Bedeutung, nämlich Opfer als die Übernahme einer unangenehmen Tätigkeit, einer Aufgabe oder unumgänglichen Verpflichtung.2 Man findet in der Umgangssprache durchaus eine Tendenz der Opferkritik, aber gleichzeitig eine Vorliebe für die Opfermetaphorik. Wir sehen, dass der ursprünglich religiöse Opferbegriff heute eine metaphorische Verwendung im profanen Bereich gefunden hat, demnach eine Säkularisierungstendenz vorliegt.3 Ist dann aber nicht die Rede von bzw. die Frage nach „einem Opfer der Kirche“ in Verbindung mit der Eucharistie ein Anachronismus?
Ist dem religiös-christlichen Bewusstsein der Begriff „Opfer“ abhanden gekommen oder ist er gar überholt und theologisch irrelevant geworden? Sucht die Theologie heute nicht eher nach Wegen, den vielleicht unbequemen Begriff des Opfers zu verabschieden? Wie können wir heute noch in religiöser Denkweise einem Opferverständnis Raum einräumen, wenn selbst im theologischen Denken ein Rückgang von opfertheologischen Annäherungen, sowohl an den Tod Jesu Christi als auch an das liturgische Handeln der Kirche, zu verzeichnen ist? Diese Thematik steht vielleicht nicht so sehr im Fokus der aktuellen Theologie, auch wenn ein Interesse am biblischen Opferverständnis gerade zu Beginn des 21. Jahrhunderts auszumachen ist. Mitunter dreht sich die Diskussion darum, ob das Kreuzesgeschehen heute noch mit dem Opferbegriff in Verbindung gebracht werden kann und darf.4 Die vorliegende Arbeit will sich der Frage widmen, ob die Sichtweise eines christlichen „Opfers“, insbesondere eines „Opfers der Kirche“ obsolet geworden ist, oder ob die Frage nach einer derartigen Dimension für und von Kirche nicht zu beleuchten und zu klären ist, statt diese Thematik totzuschweigen. Was ist überhaupt das Opfer der Kirche in bzw. bei der Eucharistiefeier? Wer kann darauf heute sofort eine Antwort geben? Betrifft diese Frage die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden oder hat sie zugleich eine persönliche Dimension für den einzelnen Gläubigen?
In den Jahrzehnten nach dem II. Vatikanischen Konzil, ist ein Wandel im Eucharistieverständnis zu verzeichnen. Lehrt seinerzeit das II. Vatikanum in der Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ (SC 2): „In der Liturgie, besonders im Heiligen Opfer der Eucharistie, ‚vollzieht sich’ ‚das Werk der Erlösung’“5, setzt nach dem Konzil eine Veränderung ein. Vielfach wird der Begriff „Opfer“ als unzeitgemäß angesehen. Diesen Wandel bringt man gerne mit der äußerlichen Veränderung von der Altarwand zum Abendmahltisch, vom Opferaltar zum Mahltisch in Verbindung, also der Zelebrationsrichtung.6 Ist das wirklich so? Hat die Veränderung des liturgischen Ortes zu einer theologischen Veränderung geführt oder hat vielmehr eine theologische Veränderung zu einem liturgischen Umdenken geführt? Sind die theologischen Veränderungen Anzeige für eine Bewegung, die die endgültige Abschaffung von opferterminologischen Anklängen in der Liturgie vorantreibt? Ein semantischer Wandel bei der Benennung der Feierform hat sich ohnehin eingestellt, der im Allgemeinen nicht so sehr wahrgenommen wird. Man spricht heute von Eucharistie und Wortgottesdienst.7 Die traditionelle Redeweise vom „Messopfer“, die Jahrhunderte lang selbstverständlich war, geht verloren. Warum ist der Gebrauch des Begriffs „Messopfer“ verschwunden oder allenfalls noch in Sterbebildchen verwendet, wo er antiquiert wirkt oder unverstanden bleibt: Gedenket beim Hl. Messopfer unseres lieben Verstorbenen?
Die Eucharistiefeier scheint heute mehr vom Mahlcharakter, denn vom Opfercharakter geprägt zu sein, was mitunter zu Kritik führt.8 Um das Spannungsverhältnis von Opfer und Mahl zu beseitigen, tendieren Lösungsversuche gern dazu, sich nach der einen oder anderen Seite aufzulösen: Mahl oder Opfer, statt Mahl und Opfer. Die Befürworter der Mahldimension wollen auf den Opfercharakter verzichten, die Befürworter der Opferdimension ihrerseits auf den Mahlcharakter.9 Wird durch einen einseitigen Lösungsansatz nicht die ekklesiologische Dimension verkürzt? Papst Johannes Paul II. hat in seiner Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ den Verlust des Opfercharakters thematisiert:
„Ohne Zweifel war die Liturgiereform des Konzils von großem Gewinn für eine bewusstere, tätigere und fruchtbarere Teilnahme der Gläubigen am heiligen Opfer des Altares … In dem einen oder anderen Bereich der Kirche kommen Missbräuche hinzu, die zur Schmälerung des Glaubens und der katholischen Lehre über dieses wunderbare Sakrament beitragen. Bisweilen wird ein stark verkürzendes Verständnis des eucharistischen Mysteriums sichtbar. Es wird seines Opfercharakters beraubt und in einer Weise vollzogen, als ob es den Sinn und den Wert einer brüderlichen Mahlgemeinschaft nicht übersteigen würde.“10
Die Theologie ist demnach aufgerufen, den Opfercharakter der Eucharistie für die Gegenwart in den Fokus zu stellen. Sie hat die Aufgabe, das Opfer der Eucharistie zu erklären und zu begründen und so für unsere Zeit verständlich auszusagen. Dabei muss sie den zweifachen Opfercharakter der Eucharistie unterscheiden und darlegen. Darauf wollen wir im nächsten Abschnitt eingehen.
2. Die zweifache Frage zur Thematik des Messopfers
Die Eucharistie ist zum einen das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu Christi. Auf die theologische Grundlegung dieser Aussage, die im Laufe der Theologiegeschichte Kritik und Fragen heraufbeschworen hat, nicht zuletzt auch in ökumenischer Hinsicht, werden wir jetzt im Prolog genauer eingehen.
Für unsere vorliegende Arbeit ist hingegen eine zweite Fragestellung die entscheidendere, die ohne die vorgenannte Aussage jedoch nicht beantwortet werden kann. Die bis heute drängende Frage ist, wie von einem „Opfer der Kirche“ in der Eucharistie gesprochen werden darf und kann, und worin dieses Opfer besteht? Was macht den Opfercharakter der Eucharistiefeier als Opfer der Kirche aus? Was ist in der Eucharistie der eigene Opferakt der Kirche? Kann es überhaupt ein Opfer der Kirche geben, wenn Jesus Christus ein für alle Mal am Kreuz dem Vater geopfert und alle anderen Opfer erfüllt hat (vgl. Hebr 7,27; 9,12)? Ist das Opfer der Kirche in der Eucharistie dann ein Mitopfer mit Jesus Christus, in dem es zu einer Doppelung der Darbringenden kommt? Ist die Kirche Subjekt oder Objekt des Opfers, d.h. ist sie aktiv oder passiv beteiligt? Opfert sie selbst etwas, und wenn ja, was? Oder lässt sie sich nur passiv von Christus ihren Ort in seinem Opfer zuweisen? In welchem Verhältnis steht die Kirche zu Christus in aktiver oder passiver Weise in dieser Opferhandlung? In allen diesen Fragen liegt ein nicht zu unterschätzender Gesichtspunkt auch für den ökumenischen Dialog.
Die zweifache Frage zum Opfercharakter der Eucharistie darf nicht voneinander abgekoppelt werden. Wenn der theologische Diskurs, wie wir im geschichtlichen Durchgang sehen werden, weitestgehend das Verhältnis von einmaliger Erlösungstat Christi in Tod und Auferstehung und deren Repräsentation in der Feier der Eucharistie zu erläutern hat, so rufen wir uns dies im historischen Durchgang in Erinnerung, um schließlich unsere aktuelle und heute drängende Frage zu bearbeiten, wie es um das Verhältnis von Identität und Differenz des einen und einzigen Opfers Christi und einem Opfer der Kirche in der Eucharistie bestellt ist.11 Es soll in der vorliegenden Arbeit darum gehen, ob es ein wirkliches Opfer der Kirche gibt, ohne dabei Gefahr zu laufen, die Tat Jesu Christi als unvollkommen erscheinen zu lassen und die Einmaligkeit und den Vorrang seines Handels in Frage zu stellen.
3. Der Gang der Untersuchung
Um den Gang der folgenden Untersuchung kurz zu skizzieren, einige Anmerkungen zur Logik des Aufbaus: Zunächst soll ein Überblick über den historischen und theologischen Stellenwert des kirchlich-christlichen Opfergedankens und dessen Entwicklung vermittelt werden. In dieser Arbeit soll nicht noch einmal referiert werden, was schon hinreichend geschehen ist: die Aufarbeitung der biblischen Opfertermini und deren spezifisches Verständnis. In dieser Arbeit geht es um die Beantwortung der Frage, wie die Kirche seit den nachapostolischen Zeiten mit dem Thema „Opfer“ im jeweiligen theologiegeschichtlichen Verstehenshorizont umgegangen ist. Wir beginnen mit einem Überblick über Interpretationen des Zusammenhangs von „Opfer“ und „Messfeier“ im Verlauf der Kirchengeschichte, um so zu ermitteln, ab wann und in welcher Weise von einem „Opfer der Kirche“ gesprochen wird. Dieser geschichtliche Überblick wird sich auch über die einschneidende Epoche der Reformation und das Konzil von Trient erstrecken. Im Nachgang des Konzils entstanden verschiedene Messopfertheorien, die für unsere Fragestellung insofern von Bedeutung sind, als sie von der Absicht getragen waren, die zweifache Frage nach der Eucharistie als Opfer der Kirche grundlegend zu beantworten.
Von hier aus stellen wir einen Bezug her zum 20. Jahrhundert, das mit dem Benediktiner Odo Casel eine neue Antwort auf unsere Themafrage entwickelt. Aus diesem Grund liegt es nahe, das erste Kapitel diesem Vertreter der sogenannten Mysterientheologie zu widmen. Mit Odo Casel lassen wir eine der tragenden Persönlichkeiten der liturgischen Bewegung zu Wort kommen. Er beginnt seinen Denkweg, indem er von der konkreten Liturgieentfaltung ausgeht, auf die Vätertheologie zurückgreift und dann eine eigene These entwickelt. Casels Vorliebe für die Patristik ist gepaart mit einer streckenweise übertriebenen Zurückhaltung gegenüber neueren theologischen Entwicklungen der Theologiegeschichte.
Während Casel von den Vätern her denkt, entwickelt Karl Rahner seine Antwort auf die Frage, inwiefern die Eucharistiefeier auch Opfer der Kirche ist, in positiver und zugleich kritischer Auseinandersetzung mit der Scholastik. Er, einer der prominentesten Theologen des 20. Jahrhunderts, bildet ein gewisses Gegengewicht zu Casel. Karl Rahner ist durch die nachtridentinische Schultheologie geprägt und mit einem sehr großen Traditionswissen ausgestattet, das er in die Ausbildung seines transzendentaltheologischen Denkens einfließen lässt. Mit Rahner binden wir zugleich einen Peritus des II.Vatikanums in unser Thema ein.
Wenn irgendein Theologe des 20. Jahrhunderts so etwas wie eine Einfaltung aller großen Antworten auf unsere Themafrage bietet, dann Hans Urs von Balthasar. Deshalb beherrscht er das dritte Kapitel dieser Untersuchung. Er verbindet in seinem Denken verschiedene geisteswissenschaftliche Aspekte, denn er „schöpft wie kein Zweiter aus den Schätzen der Religions-, Theologie-, Philosophie-, Literatur-, Musik-, und Kunstgeschichte.“12
In den drei genannten Kapiteln werden wir jeweils zunächst einen Überblick über die geistige Biografie und die ausgewählte Literatur bieten. Für unser Thema befragen wir in erster Linie die Primärtexte von Casel, Rahner und von Balthasar. Die herangezogene Sekundärliteratur dient dazu, Aspekte im jeweiligen Denken der drei Theologen für unsere Fragestellung fruchtbar werden zu lassen, die nicht eigens im engen Rahmen unserer Untersuchung ausgearbeitet werden können. So werden dennoch bestimmte Denkschritte der Theologieentwürfe deutlich, und die Aussagen und Erkenntnisse zu unserem Thema in den Gesamtkontext der drei Theologieentwürfe integriert.
Wir werden im Fortgang der Untersuchung immer vom christologischen Ansatz der befragten Autoren ausgehen und also fragen, ob und in welcher Weise im Kreuzesgeschehen eine opfertheologische Konnotation gesehen wird. Erst dann folgt der Blick auf den ekklesiologischen Entwurf, in dem Casel, Rahner und von Balthasar je auf ihre Weise die Frage beantworten, wie sie der Kirche bzw. den Kirchengliedern ein opfertheologisches Mittun zuweisen. In einem dritten und letzten Schritt erfolgt die Charakterisierung und Profilierung des jeweiligen Beitrags zu Erklärung der Eucharistie als Opfer der Kirche.
Nachdem wir die Antworten der drei großen Theologen des 20. Jahrhunderts untersucht und dargestellt haben, folgt zum Schluss der Blick auf die Konvergenz der Entwürfe, um so zu einem abschießenden Resümee ansetzen zu können, wie die Eucharistie als Opfer der Kirche heute verstanden werden kann.
Um im Heute eine Antwort auf die Frage nach dem Opfer der Kirche in der Eucharistie zu geben, ist es notwendig, die drei Ansätze von Casel, Rahner und von Balthasar in die Theologiegeschichte einzubetten. Denn erst in der Freilegung einer Kontinuität durch die Jahrhunderte hindurch lässt sich der rote Faden entdecken, an den jeder neue Ansatz oder Entwurf anknüpfen muss. Nur im genauen Wissen um die Argumente der Tradition kann sich das ökumenische Gespräch mit der protestantischen Gegenposition vor oberflächlicher Irenik oder voreilig formulierten Konsenspapieren schützen.
§2 Die Entwicklung des Opfergedankens von der Patristik bis zum Mittelalter
Wir können hier nicht eine umfassende Untersuchung der theologischen Entwicklung zum Opferverständnis leisten und stellen darum allein entscheidende Wendepunkte der Denkweise zu unserem Thema heraus.
1. Das Opferverständnis der Kirchenväter
Ein Konsens über das Verständnis von „Opfer“ ist in der frühen Väterzeit der Kirche nicht vorhanden, wozu uneinheitliche Opferaussagen im Neuen Testament beitragen. Im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus wird unbedenklich alttestamentliche neben der aus dem religiösen Umfeld übernommenen Opferterminologie verwendet, so dass das altkirchliche Schrifttum die griechischen Begriffe θυσία, προσϕορά und δω˜ρον sowie die lateinischen Begriffe sacrificium, hostia und oblatio kennt. Diese werden dabei in zweifacher Weise verwendet, zum einen dienen sie, weil sie vertraute Termini des alttestamentlichen Tempelkults sind, als Rückverweis auf die biblische Tradition, zum anderen aber sind diese Termini hilfreich zur Behandlung der heidnischen Opferpraktiken. Ebenfalls gebraucht die Patristik die genannten Opfertermini zugleich für ihre Selbstdarstellung.13
Die frühe Kirche interpretiert den Tod Jesu als (Sühne-)Opfer und fußt damit auf den, durch gemeindliche Praxis beeinflussten, neutestamentlichen Einsetzungsberichten des Abendmahls Jesu. Dieses Herrenmahl versteht man vom Anamnesebefehl her als Gedächtnisfeier des Opfertodes Jesu. Diese Beziehung des Opferbegriffs zum Eucharistieverständnis beinhaltet die Frage, welche Konsequenzen aus der unbedenklichen Verwendung der bisherigen Opfertermini für das Eucharistieverständnis entstanden? Daher müssen wir zunächst einen genaueren Blick auf die einflussreichen griechischen Termini werfen.
1.1 Die ersten christlichen Opferbegriffe
1.1.1 θυσία ~ sacificium
Clemens von Rom († um 97) schreibt in seinem Brief an die Korinther (1Clem 52,1-2), dass Gott von Niemandem etwas brauche, außer den Glauben zu bekennen. Dies folgert er aus Psalmtexten, die von einem geistigen Opfer sprechen. Damit gibt er dem Begriff θυσία eine eindeutige Definition: Die geistigen Handlungen des Menschen sind Opfer vor Gott.14 Der Ausdruck θυσία erhält dann später in der Septuaginta eine kultische Zuweisung, wobei sich vier verschiedene Bedeutungsebenen unterscheiden lassen. Am häufigsten sind damit die alttestamentlichen Opfer gemeint, die in Beziehung zum Christusereignis gesetzt werden und zugleich davon relativiert und überboten werden. Zunächst ist es die Passion Christi, die als Opfer bezeichnet und herausgestellt wird (Mt 9,13; 12,7; Mk 12,33; Apg 7,41-42; 1 Kor 10,18; Hebr 5,1; 8,3; 9,9; 10,1.5.8.11; 11,4). Eine weitere Bedeutung des Begriffs θυσία ist die Übertragung auf den christlichen Gottesdienst, der den Teilnehmern Wohlergehen zuspricht. Hierfür werden andere Textstellen (Röm 12,1; 1 Petr 2,5; Phil 2,17; 4,18; Hebr 13,16) als Beleg angeführt, die jedoch keinen Bezug zur Eucharistie erkennen lassen.15 Die letztgenannte Belegstelle (Hebr.13, 16) aus dem Hebräerbrief steht dennoch in engem Zusammenhang mit der erwähnten Stelle aus dem 1. Clemensbrief.16 Festhalten können wir, dass die Dokumente der ersten beiden christlichen Jahrhunderte den Begriff θυσία verwenden, wenn es um die alttestamentliche Rückbindung eines neutestamentlichen Geschehens geht. In dieser Zeit ist es wichtig, die Passion Christi auf alttestamentliche Begebenheiten zu beziehen. So wird die Erlösung durch Jesus Christus im Gewand opferthematischer Begriffe beschrieben. Beispiele hierfür sind wiederum der 1. Clemensbrief, sodann Schriften Justin des Märtyrers und von Irenäus von Lyon. Erst die Didache weitet die Begriffsbedeutung von θυσία auf die Eucharistie aus. Dabei stellt die schriftliche Fixierung in der Didache wohl das Ende eines Prozesses dar, der nun die Selbstverständlichkeit der Eucharistie als θυσία (Opfer) festigt und zur Tradition macht.17 Dass nämlich die Didache die Verschriftlichung einer Entwicklung darstellt, zeigt sich in der Fortentwicklung bei Justin der Märtyrer und Irenäus von Lyon, die die alttestamentliche Stelle Mal 1, 10ff, zitiert in der Didache (14,3), interpretieren.18
Das Brotbrechen und Gott Danksagen sind gemäß Didache das Opfer der neutestamentlichen Gemeinde vor Gott. Die Eindeutigkeit des Bezuges des Opfers ausschließlich auf die eucharistischen Gaben lässt sich jedoch nicht herauslesen.19
1.1.2 πϱοσϕοϱά ~ oblatio
Terminologisch ist προσϕορά seltener vertreten als θυσία. Mit diesem Nomen wird innerhalb des NT mit Vorliebe auf die alttestamentlichen Opferarten zurückgegriffen, um diese entweder zu würdigen oder zu entmachten, weil sie durch Christi Opfertod unwirksam geworden sind. Im Epheser- und Hebräerbrief (Eph 5,2; Hebr 10,10) wird die Passion Jesu als die neutestamentliche προσϕορά dargestellt. Dabei steht sie Seite an Seite mit der θυσία. Die Hingabe Jesu in den Tod ist die würdige Opfergabe an Gott. Der Begriff προσϕορά tritt jedoch im NT nicht im Zusammenhang mit der Eucharistie auf.20
In der Zeit der Apologeten fragt man nach dem Wert der Opfer in beiden Testamenten. Dabei steht unerschütterlich fest, dass Passion und Tod Jesu Christi, die mehrmals mit προσϕορά beschrieben werden, die Erfüllung der alttestamentlichen Opfertypen darstellen. Zudem wird nun der Märtyrertod mit diesem Terminus belegt. Im Verlauf des ersten Jahrhunderts wird dann die Eucharistie in den näheren Umkreis des Bezeichneten hineingenommen. Der 1. Clemensbrief ist nochmals zu erwähnen, in dem der eucharistische Bezug zu diesem Terminus erkennbar wird. Jesus Christus ist der Hohepriester der Opfergaben der Gläubigen (1 Clem 36,1; 1 Clem 44,4).21 προσϕορά steht ebenfalls im Zusammenhang mit dem Prophetenzitat Mal 1,11 aus der Didache 14,3: προσϕέιν μοι θυσίν καθάν. Das Verb meint im Rahmen der Didache die Eucharistie. Auch bei Justin taucht das Verb προσϕέιν im Umfeld von Mal 1,10ff auf (Dial 41,2f) und schlägt die Brücke zum neutestamentlichen Opfer. Wichtig ist, dass das Verb auf die Darbringung innerhalb der christlichen Gemeinde beim Herrenmahl abzielt.22 In dieser Zeit wird der Begriff προσϕορά schließlich zur Bezeichnung der ganzen Messe verwendet. Er steht dabei nicht in Widerspruch zum christlichen Selbstverständnis, da hier das Materielle des eucharistischen Opfers in Verbindung mit der Anamnese-Idee symbolhaft verstanden wird und durch die Danksagung (ευχαϱιστία) auf eine vergeistigte Seinsebene verlagert ist. Mitunter wird daher ebenso die Danksagung als προσϕορά bezeichnet.23
Abschließend sei auf Irenäus verwiesen, der für die lateinische Übersetzung von προσϕορά oblatio verwendet. Bei ihm erhält die Eucharistie teilweise die alttestamentarische Begrifflichkeit zugewiesen, woraus geschlossen werden muss, dass bei Irenäus die Eucharistie umfassend unter die oblatio tritt, und das Herrenmahl mit der Hervorhebung der Gabendarbringung beschrieben wird. Eine genauere Differenzierung fehlt jedoch.24