Kitabı oku: «Die Eucharistie als Opfer der Kirche», sayfa 6
3.Ausblick
Die unterschiedliche Verstehensweise bezüglich des Opfercharakters in den Konfessionen158, die nach Reformation und Trienter Konzil über Jahrhunderte hinweg die gegenseitige Verurteilung bedeutet, ist heute zu einem differenzierteren Dialog gewendet. Luthers kategorisches Nein zum Opfercharakter der Messe ist heute nicht mehr Richtschnur im ökumenischen Dialog. Viele Gesprächsansätze zwischen den Konfessionen lassen die Hoffnung aufkeimen, dieses schwierige Thema im ökumenischen Dialog tiefer zu ergründen. Es ging bei unserer Darstellung bisher ja um die historische Einordung und Denkstruktur in den Jahrhunderten vor und nach der Reformation und die Antwort des Konzils von Trient. In der Reformation präzisiert sich die Kritik an der Messopferlehre dahingehend, dass man um die Einzigartigkeit und Vollgenügsamkeit des Kreuzesopfers Jesu Christi bangt, weil es keiner multiplizierenden Wiederholung noch hinzufügenden Ergänzung bedarf. Doch gerade dieses Bekenntnis zur Einzigkeit und Vollgenügsamkeit des Versöhnungsgeschehens in Jesus Christus unterstreicht das Trienter Konzil eindeutig, insofern das Messopfer als Vergegenwärtigung (repraesentatio) des einmaligen Selbstopfers Jesu Christi am Kreuz bestimmt wird. Evangelische und römisch-katholische Seite stimmen somit darin überein, dass das Kreuzesopfer Jesu Christi nicht fortgesetzt, noch wiederholt oder ersetzt oder ergänzt werden kann.159 Der ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen erklärt deswegen 1986:
„Es hat sich als möglich erwiesen, die gläubige Überzeugung von der Einzigkeit und Vollgenügsamkeit des Kreuzesopfers Jesu Christi und von der Tragweite seiner Anamnese in der Eucharistiefeier der Kirche gemeinsam auszusagen. Auf der Basis dieses gemeinsamen Opferverständnisses … kann festgestellt werden: Sowohl die scharfe Kritik der Schmalkaldischen Artikel und des Heidelberger Katechismus als auch die verurteilende Zurückweisung reformatorischer Positionen durch das Konzil von Trient waren schon im 16. Jahrhundert teilweise nicht gerechtfertigt, treffen jedenfalls heute den Dialogpartner nicht mehr. Die ‚Messopferkontroverse’ und ihr kirchentrennender Charakter sind damit überholt. Insofern der Verdacht der ‚Werkerei’ durch dieses Opferverständnis als un begründet erwiesen ist, gilt diese Feststellung auch für die ‚Messen für die Verstorbenen’… “160
Hier ist ebenfalls der Bericht „Das Opfer Jesu Christi und der Kirche“ des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen von 1983 zu nennen, der sich in differenzierter Weise mit der Problematik auseinandersetzt.161 Eine Zusammenstellung über die Frage der Eucharistie als Opfer im ökumenischen Dialog hat 1989 Elisabeth Hönig vorgelegt und den Stand der ökumenischen Entwicklung zu diesem Zeitpunkt festgehalten.162 Kehren wir aber nach diesem Ausblick zurück in die Zeit der tridentinischen Rezeptionsgeschichte.
§5 Messopfertheorien
1.Offene Fragen im Nachklang des Konzils von Trient
Die Diskussion in Trient und die Textwendungen des Messopferdekretes zeigen die Schwierigkeiten der Konzilsväter, das Geheimnis der Einheit bei gleichzeitiger Differenz von Kreuzes- und Messopfer mit theologischen Mitteln zu beschreiben. Die Messe darf kein bloßes Andenken sein, oder gar die Annahme eines zweiten unblutigen Opfers, um die Einmaligkeit des Kreuzesopfers nicht zu verlieren. Der grundlegende Ansatz zur Lösung der konfessionellen Verständnisschwierigkeiten liegt in der Aufhebung der Unterscheidung von sacrificium (Opfer) und sacramentum (Sakrament) in Lehre und Praxis der Eucharistie.163
„Erscheint der sakramentale Akt der Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers in der Opfergabe vom Vollzug der Darbringung dieser Gabe getrennt, dann kann der Vollzug des Messopfers nicht mehr als sakramentale Vergegenwärtigung des einmaligen Kreuzesopfers stimmig begriffen werden.“164
Die aufkommenden Theorien suchen also den Zusammenhang des „sacrificium visibile“ der Messfeier mit dem „sacrificium reale“ am Kreuz in der konkreten Gestalt des liturgischen Vollzuges der Messfeier, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Doppelkonsekration gelegt wird, die Trennung von Fleisch und Blut des Herrn, als dem Akt des Sterbens Jesu und seiner Lebenshingabe durch den Kreuzestod.165
Die katholische Sakramententheologie setzt nunmehr den Akzent auf die Wirksamkeit und führt den scholastischen Ansatz weiter, als Abgrenzung zum Protestantismus. Das Problem, das durch die Reformatoren in die Diskussion rückte, zeigt sich in der Konzilsaussage fassbar: Wie kann man das Messopfer als relatives, vollkommen vom Kreuzesopfer abhängiges und zugleich als wahres und eigentliches Opfer bestimmen? Im Umfeld dieser zentralen Frage entwickeln sich mehrere Lösungsansätze. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie sich an einem religionsgeschichtlichen Opferbegriff orientieren. Der personale Hingabeakt Jesu an den Vater, in den sich die Gläubigen durch Akte der Gottes- und Nächstenliebe hineinnehmen lassen, ist nicht zum Charakteristikum des Opferbegriffes gewählt. Der christologische Bezugspunkt bleibt somit unvermittelt, d.h., dass sich der Opfercharakter von der personalen auf eine materielle Ebene verlagert.166
Diese verschiedenen Lösungsversuche, die sich teilweise nur in Nuancen unterscheiden, fasst man heute unter den Begriff „Messopfertheorien“ zusammen. Ihre Übereinstimmung liegt darin, das Wesen des Messopfers von einem allgemeinen religionsphänomenologischen Opferbegriff und Opferverständnis her- und abzuleiten.167
„Das Tun der Kirche im Abendmahl ist aber nicht nur als das Geltendmachen und Vorbringen des einmaligen Opfers Christi, sondern auch als Opferung Christi durch die Kirche im Herrenmahl gedeutet worden. Diese Opferung Christi durch die Kirche im Herrenmahl ist als unblutige Wiederholung des einmaligen blutigen Kreuzesopfers bezeichnet worden. Zwischen dem Vorhalten des ein für allemal vollbrachten Kreuzesopfers und dem Nachvollzug der Opferung Christi im Herrenmahl besteht ein erheblicher Unterschied.“168
Ziel der Messopfertheorien ist es, den vom Konzil von Trient weitgefassten Opferbegriff, zu fixieren und ausführlich darzustellen. Sie bemühen sich daher darum, in der Messe das reale Opfermoment nachzuweisen, „das sowohl den Ansprüchen eines relativen wie auch denen eines eigentlichen kultischen Opfers genügen sollte.“169 Trient hat durch den Ausdruck verum et proprium sacrificium die Messe zu etwas erklärt, das als ein absolutes Opfer, besser gesagt, echtes und eigentliches Opfer im zeichenhaften Vollzug, aufgefasst werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich dabei um ein eigenständiges Opfer handelt!170 Man kann den Theologen, die die Messopfertheorien erarbeiten, nicht absprechen, sich um die Sicherung der Stiftung Christi zu bemühen. Die verschiedensten Theorien beruhen jedoch auf Voraussetzungen, die eine umfassende Würdigung des Geheimnisses des eucharistischen Opfers verhindern. Zu den Mängeln zählen die ausschließlich spekulativ-dogmatischen Ansätze, ohne Einbeziehung der liturgischen Gestalt der Messfeier, d.h. der in der Liturgie vorhandene Lob- und Dankcharakter im Tun der Gemeinde wird nicht berücksichtigt. Zugleich wird der Opfercharakter isoliert von der sakramentalen Grundstruktur der Eucharistie betrachtet. Hier vollzieht sich der Schritt zu einem naturhaften Opferverständnis, wie bei den Reformatoren. Die nachtridentinischen Überlegungen verlegen eindeutig das Opfermoment der Messe in einen naturhaften Vorgang, der bei dem unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtigen Christus lokalisiert wird.171
Die Messopfertheorien gehen immer von der Frage nach dem Wesen des Opfers überhaupt aus, um von diesem Blickwinkel aus das Wesen der Messe zu bestimmen.172 Das Schema des Konzils mit der getrennten Betrachtung von Sakrament und Opfer ist die Richtschnur der verschiedenen neu entstehenden Theorien. Es steht nicht mehr die Realpräsenz im Fokus, deren Verständnis durch die Erörterungen seit dem 12. Jh. feststeht, sondern man sucht nach der umfassenden Darstellung der Wirklichkeit des Messopfers.173 Um deutlich zu machen, an welchem Punkt die unterschiedlichen Messopfertheorien jedoch am bisher ungeklärten theologischen Problem des Opferverständnisses scheitern, nämlich an dem, was die Eucharistie zu einem Opfer der Kirche macht, wollen wir nun skizzenhaft die Hauptströmungen und deren Vertreter betrachten. Beginnen wir mit der Destruktionstheorie.
2. Destruktionstheorie
Der Ausgangspunkt dieser Theorie lässt sich so skizzieren:
„Ausgehend von einem allgemeinen religionsphänomenologischen Verständnis als Darbringung und Destruktion der Opfergabe, fragte man, durch welche liturgische Handlung im Ablauf der Messe die Destructio Jesu Christi dargestellt und durchgeführt würde.“174
Der Vertreter dieser ersten Denktheorie Gabriel Vázquez († 1604) unterscheidet das absolute Opfer vom relativen Gedächtnisopfer, das auf dem Altar gegeben ist. Man versteht damals nicht mehr, dass ein relatives, repräsentatives Opfer dennoch wirkliches Opfer sein kann. Auch die Ergänzungen des Ansatzes von Vázquez durch Leonhard Lessius († 1623), dass nämlich durch die Konsekrationsworte zumindest virtuell die Trennung von Leib und Blut Christi bewirkt wird (Destruktion), kann nicht die Problemstellung auflösen.175 Bei den Denkansätzen der einzelnen Vertreter, die den einen Ansatz weiterdachten, geht es in erster Linie um die Annahme einer realen Zerstörung (Destruktion) der dargebrachten Opfergabe, d.h., dass sich die Opfergabe während der Feier verwandelt, verändert oder auflöst, damit sie auf diesem Wege Gott überhaupt dargebracht werden kann. Die Veränderung kann durch die Kenosis Jesu Christi, der kraft der Wandlungsworte die Opfergabe selbst ist, oder durch eine „Versetzung“ Christi in Speise und Trank, erfüllt werden.176 Im Grunde versteht die Destruktionstheorie das Opfer wie das Brandopfer im Alten Bund. Die Opfergabe muss erst zerstört werden, damit sie Gott dargebracht werden kann.177 Franz Suárez († 1617) lokalisiert die Destruktion der natürlichen Elemente von Brot und Wein in der Verwandlung. Robert Bellarmin († 1621) sieht die Destruktion im Verzehr der eucharistischen Gaben bei der Kommunion.178 J. De Lugo († 1660) sieht in der sakramentalen Gegenwart selbst die Destruktion, sofern sie Christus in einen status declivior versetzt, den Zustand, in dem er auf eigentliche körperliche Tätigkeiten verzichtet und zur Speise wird.179 Noch weitere Vertreter kann man anführen, jedoch es wird hier schon die problematische Gefahr dieser Theorieansätze deutlich. Sie liegt in der Suche nach einem vom Kreuzesopfer verschiedenen Opferakt. Dies löst aber unweigerlich das Messopfer vom Kreuzesopfer ab.180
3. Immolationstheorie und Oblationstheorie
Die Immolationstheorie stellt eine modifizierte Destruktionstheorie dar. Für diese Konzeption braucht der Grad der Destruktion der Opfergabe nicht drastisch ausfallen. Sie legt mehr Wert auf die mystische Sichtweise, wobei sie augustinisch „immolatur in mysterio“ denkt.181 Anknüpfend an Albertus Magnus und Thomas von Aquin (S.Th. III q. 82, 1) wird in dieser Theorie in der Doppelkonsekration sowohl die repraesentatio des Kreuzesopfers Jesu, als auch eine „mystische Schlachtung“ (immolatio / mactatio mystica) gesehen. Darin liegt bei dieser Theorie das Zeichen der inneren und aktuellen Opferhingabe Jesu Christi in der Messe.182
Schauen wir auf das Beispiel von Ludovico Billot († 1931). Er geht von einem allgemeinen Opferbegriff aus: Opfer ist eine öffentliche, sichtbare und kultisch-heiligende Handlung, es ist „Zeichen“. Es ist ein vorgegebenes ethisch-religiöses Verhalten, das auf die Gottesverehrung hinzielt, das Opfer als Gottesverehrung. Das Messopfer ist äußeres „heiliges Zeichen“ für das innere Opfer, das schlechthin auf die Gottesverehrung hingeordnet ist. Es wirkt nicht wie ein Sakramentszeichen im Sinne der Ursächlichkeit von Gnade, sondern im Sinne einer Symbolisierung des inneren Opfers. Die Unterscheidung von Sakrament und Opfer bleibt so weiterhin sichtbar. Zu überbrücken versucht dies Billot durch das Begriffspaar sacramentum et res – res tantum, ein Rückgriff auf Thomas von Aquin. Das Messopfer ist das verum et proprium sacrificium. Die Opferdefinition Billots meint die Darbringung einer virtuell sichtbaren Gabe kraft der Destruktion, um Gott Ehre zu erweisen. Dabei ist die Innerlichkeit des Opfers sein Ausgangspunkt, nicht die äußere Sichtbarkeit.183 Die Ausführungen L. Billot beeinflussen im Jahr 1947 maßgeblich die Enzyklika „Mediator Dei“ von Papst Pius XII. (1939-1958). Die darin enthaltenen Gedanken zum Wesen des Messopfers spiegeln die Gedanken Billots.184
Wenden wir unseren Blick nun auf die Oblationstheorie, die die Opfertat Christi, die von einigen Vertretern als im Himmel fortdauernd beschrieben wird, in den Mittelpunkt rückt. Demnach vollzieht Christus in jeder Messe seine Opferhingabe ganz neu.185 Zugleich ist diesem Theorieentwurf wichtig, dass eine Gabe erst dann Opfer heißt, wenn sie einer objektiven Handlung unterzogen wurde.186 Die Vertreter der französischen Ausrichtung im 17. Jh. (P.de Bérulle, Ch. De Condren oder J.J. Olier) betonen in ihren Theorieansätzen, dass sich Christus ein für allemal am Kreuz dargebracht hat und sich nun erneut auf dem Altar bzw. im Himmel darbringt.187
Die Oblationstheorien spiritualisieren somit den Opferbegriff durch die Verlegung des Wesens des Opfers in einen inneren Selbsthingabeakt hinein. Es lassen sich dabei allgemein zwei Richtungen unterscheiden. Eine Theorierichtung lokalisiert den Hingabeakt beim auf dem Altar gegenwärtigen Christus. Die zweite Richtung sieht ihn hingegen beim himmlischen Christus und ordnet das Messopfer unmittelbar dem himmlischen Opfer Christi zu. D.h., dass die Verbindung Messopfer zum Kreuzesopfer auch bei dieser Theorie nicht gewahrt bleibt.188 Besonders Valentin Thalhofer († 1891) betont das himmlische Opfer. Dennoch ist den unterschiedlichen Ausprägungen der Oblationstheorie eigen, sich wenigstens um eine Akzentuierung der Einheit von Kreuz- und Messopfer zu mühen.189
Interessant ist hingegen der Theorieentwurf von Maurice de La Taille († 1933). Er baut die Brücke zwischen Oblations- und Immolationstheorie, da er die Darbringung (oblatio) im Abendmahlssaal mit der Umgestaltung am Kreuz (immolatio) zum einen Opfer Christi verbindet. Die Messe ist für ihn eine durch die Kirche vorgenommene Darbringung der am Kreuz bereiteten Opfergabe. Festgestellt werden muss, dass hier wiederum Diskontinuität bei den opfernden Subjekten des Messopfers und des Kreuzesopfers besteht. De La Taille hat für seinen Entwurf die wichtigsten Aussagen der Heiligen Schrift, der Patristik und Scholastik geprüft und in Verbindung mit der Oblationstheorie gebracht, demnach ist das „Opfer“ wesentlich „Oblation“. Das Opfer kommt durch die Gabendarbringung des Priesters zustande. Nicht die Destruktion konstituiert den Opferakt, sondern die Oblation übernimmt diese Aufgabe. Die Oblation ermöglicht es der Verpflichtung nachzukommen, Gott Opfer darzubringen. Das Kreuzesgeschehen ist dabei die virtuelle Oblation.190
Der Ausgangspunkt für dieses Opferverständnis findet de La Taille über den traditionellen religionsgeschichtlichen Zugang, nämlich vom allgemeinen Opferbegriff auf das Opfer Christi zu schließen. Sein Ziel ist es, die Messe als wahres und eigentliches Opfer aufzuweisen, indem in die kultischliturgische Dimension die Zeichenhaftigkeit eingebracht wird, um beim Opferbegriff nicht in eine spirituelle Innerlichkeit der Oblation zu verfallen.191 Die naturrechtliche Gottesverehrung ist sein Ausgangspunkt: der Mensch ehrt Gott in Form von äußerlich sichtbaren Zeichen. Die äußerlich sichtbare Gabe ist res et signum, die zugleich innerlich vollzogene Handlung ist res tantum der Opferhandlung. Das Äußere stellt in dieser Konzeption demzufolge die innere Selbsthingabe der Opfernden dar. Im Stande der gefallenen Natur ist es für De La Taille notwendig, dass eine versöhnende und sühnende Kulthandlung hinzutritt. Nicht ein beliebiger äußerer Ausdruck (signum) der inneren Handlung (signification) ist Opfer. Es muss eine wahre Immolation als res et signum als Grundlage hinzukommen. Diese Immolation meint in strengem Sinn die Tötung eines Lebewesens in Zusammenhang mit priesterlicher Opferdarbringung. Opfer (sacrificium) besteht demnach aus dem äußeren Akt der Darbringung (oblatio) und der darauf hingeordneten Tötung (immolatio). Aus einer Notwendigkeit der Gottesverehrung allein, ist jedoch die Verbindung von Sühneopfer und Immolation nicht gegeben. So muss nach de La Taille zum blutigen Opfer das Verlangen hinzutreten, der Gerechtigkeit Gottes sakramental und symbolisch Genugtuung zu erweisen, und gleichzeitig dem Wunsch nach Rechtfertigung und Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit ein Ausdruckszeichen zu geben. Für den der Sünde bewussten Menschen kommt es in dieser Denkweise zur Verbindung zwischen dem Anbetungs- und Dankopfer einerseits und dem Sühneopfer andererseits.192 Demnach kann es keine rituelle Darbringung geben ohne sichtbare, rituelle, liturgische Oblation einer veränderten oder auch zerstörten Opfergabe. Der reale Unterschied zwischen dem äußeren Akt der Oblatio und der blutigen Immolatio bleibt dabei erhalten, auch wenn die beiden Akte des einen Opfers nicht notwendig zusammenfallen müssen. Dies dann auf das Opfer Christi angewendet bedeutet, dass die Immolatio ein Verbrechen darstellt und nicht wesensmäßig zur Opferdarbringung eines Priesters hinzugehört, anders als die Oblatio, die dem Priester zukommt. D.h. eben, dass die beiden Akte des Opfers nicht real identisch sein müssen. De La Taille unterscheidet in seiner Konzeption letztlich drei Beziehungsebenen der Opferung: victima vel offeratur immolanda, vel offeratur immolatione und vel offeratur immolata. Die innere Beziehung zu einer vergangenen oder zukünftigen Immolation ist demnach wahres Opfer, und das ist die Grundlage für die Parallelitätsaufweisung von Opfer Christi und Opfer der Kirche bei De La Taille.193 Das Opfer Christi wird im Abendmahlssaal eingesetzt und die Passion ist kein Opfer im eigentlichen Sinne. Die Eucharistie besteht aus der numerischen Einheit von coena mit Christus sacerdos und passio mit Christus hostia. Das Opfer wird zwar in dieser Konzeption durch die reale Immolation in der passio am Kreuz vollendet, aber die symbolische Immolation im Abendmahl erfüllt die liturgische Darbringung. So ist das Opfer der Erlösung im Mahl und am Kreuz der Zahl nach ein einziges Opfer, weil die blutige Immolation am Kreuz mit der unblutigen Oblation im Saal verbunden ist.194
Maurice de La Taille leistet ohne Zweifel einen nicht unerheblichen Beitrag für die Lösung der Frage nach dem Opfer der Kirche. Doch auch seine Konzeption erweist sich als problematisch, wenn man sie auf dem Hintergrund des Konzils von Trient betrachtet. Der eng gefasste liturgische Opferbegriff von de La Taille mit Oblation und Immolation zieht zwar klare Parallelen zwischen Ritus der Eucharistie und Kreuzesopfer, dennoch gelingt es ihm nicht, das Erlösungsopfer in seiner Gänze, als sakramentale Wirklichkeit mit Geschehenscharakter in der Realität der gefeierten Eucharistie festzuschreiben.195 Seine gesamte Konzeption versucht, die unbrauchbaren Messopfertheorien mit Hilfe des sakramentalen Denkens zu überwinden. Der Hauptvorwurf, der ihm gemacht werden muss, ist letztlich die Aberkennung des Opfercharakters des Kreuzesgeschehens.196 Dies lässt sich auch nicht durch seinen Denkansatz zur himmlischen Weiterwirkung des Opfers Christi kompensieren. Der Ansatzpunkt ist, dass durch die göttliche Vollendung in Auferstehung und Himmelfahrt Christus als ewige Opfergabe weiterlebt. Auf Grund biblischer Zeugnisse wird ein Zustand des Leibes Christi angenommen, der durch himmlische Glorifizierung die Opfergabe jetzt in Gottes Gegenwart stellt. Das einmal vollzogene Opfer hat nun ewigen Bestand im Himmel. Die Auferstehung ist gleichsam die göttliche Akzeptierung des Opfers Christi als dessen Erfüllung und Vollendung, und so geht der menschliche Leib Christi in die Unsterblichkeit Gottes ein.197
„Dadurch ist auch die Verbindung gegeben, die dieses himmlische Opfer zu einem nicht nur symbolischen, sondern wahren Opfer macht, in dem sich eine vollkommene Entsprechung von signum und res findet: Christus ist Priester und Opfergabe zugleich; im äußeren Zeichen, das auf die Opfergesinnung (devotio) verweist, bringt er nichts von sich Verschiedenes dar. So kann de La Taille mit Guitmund von Aversa in Bezug auf die Kirche als Leib Christi und die Eucharistie als ihren sakramentalen Vollzug folgern: Idem igitur Christus sui ipsius est est sacrum signum, id est sacramentum.“198
Die Konsequenz dieser Konzeption bedeutet, dass die Messe getrennt von der mystischen Darbringung des im Himmel vollendeten Opfers kein Opfer ist. Christus selbst ist der Altar in Ewigkeit, auf dem sein und der Menschen Opfer stattfindet und den Bestand sowie die Realität des Opfers der Kirche garantiert. Er übernimmt die Mittlerrolle für die Zuwendung des einzigen und einen Opfers in der Messfeier. Der Heilige Geist ist dabei das Konstitutivelement der wechselseitigen Verbindung von Eucharistie und Kirche, denn durch die Eucharistie werden die Menschen zu Vollgliedern des Leibes Christi und Christus wendet der kirchlichen Opfergemeinschaft die Wirkung seines eigenen Opfers zu.199