Kitabı oku: «Die Eucharistie als Opfer der Kirche», sayfa 5
4.2 Luther ab 1530 – Das Jahr der Confessio Augustana
Interessant sind bei Luther zwei Schriften aus dem Jahr der Confessio Augustana 1530, nämlich die „Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg“, in der es um Messstiftungen und Messstipendien geht, sowie die „Vermanung zum Sacrament des leibs und bluts unsers Herrn“. Letztere Schrift ist daher von Bedeutung, da Luther die Begriffe Lobopfer und Dankopfer in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt. Wenn man genauer hinschaut, muss man feststellen, dass der Reformator nicht umhin kann, die Messe als ein „sacrificium memorale“ zu bezeichnen. Kreuzesopfer und Opfer von Gebet und Gaben verbinden sich zum Lobopfer.112 Er stellt heraus, dass die Messe zwar kein Opfer im Sinne eines Werkes ist, das zur Versöhnung immer neu dargebracht werden müsse, wohl aber Handeln Gottes am Menschen, im Sinne der Verkündigung der Erlösung durch das Kreuzesopfer Jesu als Lobopfer (eucharistia). Luther unterscheidet somit „Werkopfer“, das Gott die Ehre nimmt, vom „Dankopfer“, das Gott die Ehre gibt.113 Er schreibt:
„Ich will zur Eucharistia gehen, das ist: Ich will zur dancksagung gehen, nemlich zu dem ampt, da man Gott danckt und lobt jnn seinem Sacrament, wie es scheinet, das die alten gemeinet haben.“114
Schließlich fasst die „Confessio Augustana“ des Reichstages aus dem Jahre 1530 die Kritik an der Messopferlehre in Nummer 24 zusammen. Zunächst wird von reformatorischer Seite der katholischen Gegenseite die Lehre unterstellt, dass der Kreuzestod Jesu einzig der Erbsündenschuld wegen geschah und die Tatsünden der späteren Zeit müssten nun durch ein zusätzliches Opfer getilgt werden. So soll in der Messe durch den opfernden Priester Gott Genugtuung für eben diese Tatsünden geleistet werden. Weiter unterstellt die reformatorische Seite, dass Gott auf katholischer Seite verstanden wird, als einer, der täglich neubeleidigt, der menschlichen Versöhnung bedarf. Als Indiz wird die damalige katholische Praxis herangezogen, häufig Messe zu feiern, die Messstiftungen, sogenannte Winkelmessen und die Feier von Messen für Verstorbene. Dieser Gewohnheit will die Confessio Augustana sozusagen den Spiegel der Bibel vorhalten und verweist auf die Einmaligkeit des Kreuzesopfers zur einmaligen Genugtuung für alle Sünden.115
In einem zweiten Punkt wird der vorgenannte Aspekt verdeutlicht. Das Kreuzesopfer als ein allgenügsames Opfer, darf nicht ein zusätzliches Opfer beigestellt und also dargebracht werden. Die Sündenvergebung geschieht allein aus dem Glauben und nicht durch das Werk des Menschen. Damit verwirft die Confessio Augustana die Lehre der Wirksamkeit der Sakramente ex opere operato. Somit ist auf reformatorischer Seite festgelegt, dass die Messe kein Sühneopfer sein kann. Die protestantisch verstandene Eucharistie wird somit zur Bestätigung für die Gewissheit der Sündenvergebung und Leib und Blut Christi werden nicht als dingliche Opfergaben Gott als Versöhnungsgabe dargebracht. Diese Eucharistie bestärkt das Wort der Verkündigung von der Sündenvergebung, die sodann im Glauben angenommen wird.116 Die Confessio Augustana fordert, alle Opfertermini aus dem Messkanon zu tilgen, weil die Messe also als „sacramentum und testamentum“ kein Opfer ist.117 Sie fasst die lutherische Messopferlehre, die von der Realpräsenzlehre ausgehend, die Messe als Werkerei zur Selbstrechtfertigung des Menschen versteht, zusammen. Diese Sichtweise findet sich in späteren Texten des Reformators wiederholt wieder.118 Die Äußerungen Luthers zur Messe werden intensiver und schärfer, da der Terminus Messe für ihn zum Inbegriff des Werkopfers kulminiert.119 Insofern wird der Gedanke der Repraesentatio des Kreuzesopfers mit der Rechtfertigungslehre verknüpft.
„Im Gedächtnis von Christi Tod ist sein Opfer insofern Gegenwart, als dies Gedächtnis ein ‚meminisse beneficia Christi’, ein Empfangen der Heilsgabe im Glauben, eine Hingabe an Christi Barmherzigkeit ist.“120
Doch verwunderlicher Weise kennen die reformatorischen Bekenntnisschriften doch eine andere Art eines Opfers der Kirche oder gar des einzelnen Christen. Neben dem Sühneopfer Christi kann einzig das Dankopfer der Gemeinde bzw. des Einzelnen stehen, dass nicht Versöhnung schafft, sondern von Versöhnten dargebracht wird. Dieses Opfer meint: Lobopfer, Evangeliumsverkündigung, Glaube, Anrufung Gottes, Danksagung, Bekenntnis, Anfechtung und gute Werke.121
4.3 Die Schmalkaldischen Artikel
Zu den bedeutendsten Schriften Luthers, die schließlich in die Bekenntnisschriften aufgenommen werden, gehören die Schmalkaldischen Artikel von 1537 und 1538. Sie sollen die Grundlage für den lutherischen Standpunkt auf dem Konzil von Mantua sein. Doch das Konzil wird erst acht Jahre später in Trient - ohne die Reformatoren - eröffnet. In den Artikeln bezeichnet der Reformator die Messe als „schreckliches Gräuel“.122 Gerade im Streit um den Opfercharakter der Messe, fallen bissige Worte. Theodor Schneider hebt hervor, dass es Luthers Anliegen ist, dass das einmalige, heilbringende Kreuzesgeschehen durch menschliches Tun nicht entwertet oder entleert werden darf. Das befürchtet er jedoch, wenn die menschliche Darbringung des Messopfers gleichrangig mit dem Kreuzesopfer Jesu gesehen wird. Dass manche liturgische Entartungen der Zeit Luthers im Hintergrund stehen, ist heute wohl unbestritten.123 Das Verständnis für die inhaltliche Fülle von kultischen Begriffen, wie etwa άνάμνησις, waren offenbar Luther und seinen Zeitgenossen nicht mehr so geläufig, so dass er in der Behauptung des Opfercharakters des sakramentalen Vollzuges eine Anmaßung sieht, gegenüber der vehement die Einmaligkeit des Opfertodes Jesu Christi betont werden muss. Dabei stützt er sich auf die Schrift, näher hin auf die Aussagen von 1Petr 3, 18 und Hebr 10.124
Durch die Rücknahme des Opfercharakters rückte fortan zwangsläufig der Mahlcharakter bei Luther in den Vordergrund.125 Mahlcharakter in dem Sinne, dass das Abendmahl für ihn das Wort und die Gabe des barmherzigen Gottes an den Menschen zur Sündenvergebung ist, also testamentum, beneficium und donum; nicht aber eine Gabe des Menschen an Gott zurück, ein sacrificium: Es bleibt beim Grundsatz, dass das Sakrament empfangen werden muss.126
Wie Luther, so wenden sich auch Calvin († 1564) und Zwingli († 1531) entschieden gegen den Opfercharakter. Zwingli kann wegen seiner Auffassung vom Abendmahl als einem rein symbolisches Geschehen dem Opfergedanken keinesfalls Raum gewähren. Calvin ist sich mit dem deutschen Reformator in der Opferfrage einig, dass das römische Messopfer als ein „Irrtum des Satans“ anzusehen ist. Nach seiner Lehre ist das Abendmahl das „Sakrament der Einigung Christi mit den Frommen“, welches durch das Band des Heiligen Geistes und die fidei manducatio gegeben ist.127
5. Ausblick
Wir müssen an dieser Stelle festhalten, dass die Opferthematik im Zeitalter der Reformation an Schärfe gewann. Jetzt wurden konkrete Fragestellungen aufgeworfen: Wie ist das Kreuzesopfer Christi mit einem Opfer der Kirche vereinbar. Ebenso wird hier schon deutlich, dass unser Thema ein Brennpunkt ökumenischer Diskussion darstellt. Wenden wir nun aber zunächst den Blick auf die unmittelbare Antwort der damaligen katholischen Seite auf die reformatorischen Vorwürfe.
§4 Die Antwort des Trienter Konzils
Die Sichtweise der reformatorischen Vordenker konnte auf katholischer Seite nicht unbeantwortet bleiben. Dabei ist es nicht erst das Konzil von Trient, das sich den Angriffen auf die katholische Lehre vom Opfercharakter der Messe widmet.
1. Vorbereitung und Situation des Konzils
Bereits 1520 verfasst Thomas Murner (1475-1537) die Schrift „Christliche und Brüderliche Ermahnung“. Er erkennt die Konsequenzen der lutherischen Umdeutung, kann jedoch die theologische Frage nicht bewältigen. Ebenfalls ist Johannes Eck († 1543) zu nennen, der sich ebenfalls mit der reformatorischen Lehre kritisch auseinandersetzt. In seinen Schriften ist sozusagen die vortridentinische Messopferlehre überliefert. Doch auch Eck gelingt es nicht, die Einheit in Differenz bei Kreuz- und Messopfer ausreichend sicherzustellen.128
Die theologische Anfrage Luthers zur Gegenwart des Kreuzesopfers wird schließlich von Kaspar Schatzgeyer (1463-1527) aufgegriffen, wohl auch erstmals in angemessener Form beantwortet. Er hebt die besondere Eigenart des neutestamentlichen Opfers hervor und stellt fest, dass die Messe nur als Repräsentatio der Passion ein Opfer sein kann, was eine wirkliche und nicht allein eine bildliche Gegenwärtigsetzung meint. Wenig Beachtung erlangt Kardinal Cajetan († 1534) mit seinem auf Thomas von Aquin aufbauenden Messopfertraktat von 1531 gegen die lutherische Lehre, in der er die Lehre von Thomas von Aquin vertieft.129
Zu diesem Zeitpunkt treten sogenannte Kommunionvermahnungen auf katholischer Seite in den Vordergrund, die die Eucharistie als Opfer betrachten. Ihr Beitrag zur Lösung der theologischen Opferfrage ist jedoch sehr gering.130
Als am 13. Dezember 1545 nach langen Vorbereitungen und Verhandlungen endlich das Konzil eröffnet wird, da befinden sich die Konzilsväter in einer schwierigen Lage. Wenige Gebiete sind von der Reformation unberührt geblieben. Das religiöse und liturgische Leben in den katholisch bzw. teilweise katholisch gebliebenen Gebieten liegt am Boden. In dieser Situation sieht sich das Konzil starken theologischen Angriffen ausgesetzt und zu einer liturgischen Reform aufgerufen. Wenn letzteres nicht durch das Konzil geleistet wird, so schafft es zumindest Grundlagen dafür. Erst die zweite Sitzungsperiode 1551-1552 erreicht die Verabschiedung des Dekretes über die Eucharistie. Die Messfeier als Messopfer steht jedoch erst in der dritten Sitzungsperiode zur Debatte.131 Wenn sich die vorliegende Arbeit mit der Eucharistie als Opfer der Kirche befasst, so dürfen wir nicht den Fehler begehen, diesen Aspekt getrennt von der Frage der Realpräsenz Christi in den gewandelten Gaben von Brot und Wein und der Frage der Transsubstantiation zu betrachten. Faktisch ist dies jedoch durch das Konzil von Trient geschehen, indem es in den drei unabhängig voneinander entstandenen Dekreten immer auf die einzelnen Fragen der Reformation eingeht.132
Die scholastische Formel „ex opere operato“, von den Reformatoren verworfen, wird durch das Konzil ausdrücklich verteidigt.133 Dabei bleibt die Frage zu stellen, ob die Verwerfungssätze des Konzils wirklich die Gegenseite treffen oder nicht?134
2. Die eucharistische Opferlehre des Tridentinums
Die Konzilsväter verabschieden in der 13. Sitzung vom 11. Oktober 1551 das Dekret über das Sakrament der Eucharistie, begonnen hatte man mit der Untersuchung eventueller eucharistischer Häresien aber schon im März 1547.135 Das Dekret vom Oktober 1551 erörtert die Realpräsenz und die Transsubstantiationslehre. Nachfolgend beschäftigen sich die Konzilsväter, also getrennt von Realpräsenz- und Transsubstantiationslehre, mit den Fragen zum Opfercharakter der Messe und verabschieden schließlich erst in der 22. Sitzung am 22. September 1562 die „Lehre und Kanones über das Messopfer“ mit acht Lehrkapiteln und neun Kanones.136 Ein schwieriges Unterfangen für die versammelten Konzilsväter kommt damit zu einem Abschluss. Dazu kann aus heutiger Perspektive gesagt werden, dass den Konzilsvätern und auch den Reformatoren für die Behandlung des Opfercharakters „eine sakramententheologische Leitidee, die es ermöglicht hätte, die Stiftungshandlung Jesu bzw. die Eucharistiefeier der Kirche im Sinn zeichenhaftsakramentaler Vorwegnahme bzw. als vergegenwärtigende Gedächtnisfeier von Tod und Auferstehung des Herrn darzustellen“137, fehlte. Im äußeren Erscheinungsbild des Konzils zeigt sich die offensichtliche Trennung von Sakrament und Opfer.138 Dass das Konzil so verlief, hat seinen Urgrund in den beiden „Eucharistiestreiten“ der vorrausgegangenen Jahrhunderte, in denen es um die Sakramentalität ging. Die Konzilsväter bleiben weiterhin verwurzelt in der Vorrangstellung der Eucharistie als Sakrament vor der Eucharistie als Opfer. Der Opfercharakter ist einfachhin weiterhin wie selbstverständlich eingebunden.139
Der zentrale Abschnitt aus dem ersten Lehrkapitel des Dokuments von 1562, in dem es um die Einmaligkeit des Kreuzesopfers geht, lautet dementsprechend:
„Dieser unser Gott und Herr also hat zwar sich selbst ein für allemal auf dem Altar des Kreuzes [semel se ipsum in ara crucis] durch den eingetretenen Tod Gott, dem Vater, opfern wollen (vgl. Hebr 7,27), um für jene (daselbst) ewige Erlösung zu wirken; weil jedoch sein Priestertum durch den Tod nicht ausgelöscht werden sollte (vgl. Hebr 7,24), hat er beim letzten Abendmahle, ‚in der Nacht, da er verraten wurde’ (1 Kor 11,23), um seiner geliebten Braut, der Kirche, ein sichtbares (wie es die Natur des Menschen erfordert) Opfer hinterlassen, durch das jenes blutige (Opfer), das einmal am Kreuze dargebracht werden sollte, vergegenwärtigt werden [repraesentaretur], sein Gedächtnis bis zum Ende der Zeit fortdauern und dessen heilbringende Kraft für die Vergebung der Sünden, die von uns täglich begangen werde, zugewandt werden sollte, sich auf ewig als Priester nach der Ordnung des Melchisedek (vgl. Ps 110,4; Hebr 5,6;7,17) eingesetzt erklärend, seinen Leib und sein Blut unter den Gestalten von Brot und Wein Gott, dem Vater, dargebracht und sie unter den Zeichen derselben Dinge den Aposteln … dargereicht …“140
Die Konzilsväter argumentieren biblisch und heben hervor, dass das sichtbare Opfer des Abendmahles ein Opfer ist, das das einzige und eine Kreuzesopfer Christi repräsentiert (repraesentarentur - DH 1740) und zugleich das Gedächtnis dieses einmaligen Kreuzesopfers ist und somit die Applikation (applicaretur - DH 1740) der daraus resultierenden Früchte des damaligen Opfers Jesu Christi durch die Zeiten hindurch ist.141 Die abschließenden Kanones dieses umgangssprachlich als „Messopferdekret“ titulierten Konzilstextes stellen im 1.Kanon fest:
„Wer sagt, in der Messe werde Gott kein wahres und eigentliches Opfer [verum et prorium sacrifium] dargebracht, oder dass die Opferhandlung nichts anderes sei, als dass uns Christus zur Speise gegeben werde: der sei mit dem Anathema belegt.“142
Ebenso deutlich lautet der 3.Kanon:
„Wer sagt, das Messopfer sei lediglich ein Lob- und Dankopfer oder ein bloßes Gedächtnis des am Kreuz vollzogenen Opfers, nicht aber ein Sühnopfer; oder es nütze allein dem, der es empfängt; und man dürfe es auch nicht für Lebende und Verstorbene für Sünden, Strafen, zur Genugtuung und für andere Nöte darbringen: der sei mit dem Anathema belegt.“143
Der 4. Kanon unterstreicht schließlich:
„Wer sagt, dem am Kreuze vollbrachten heiligsten Opfer Christi werde durch das Messopfer eine Lästerung zugefügt, oder es werde jenem durch dieses Abbruch getan: der sei mit dem Anathema belegt.“144
Die Identität von Kreuzes- und Messopfer wird nun darin gesehen, dass ein und derselbe Priester und dieselbe Opfergabe, nämlich Christus, zugegen sind, wie das zweite Kapitel des Dekretes festschreibt:
„Und weil in diesem göttlichen Opfer, das in der Messe vollzogen wird, jener selbe Christus enthalten ist und unblutig geopfert wird, der auf dem Altar des Kreuzes ein für allemal sich selbst blutig opferte … Denn die Opfergabe ist ein und dieselbe; derselbe, der sich selbst damals am Kreuz opferte, opfert jetzt durch den Dienst der Priester; allein die Weise des Opferns ist verschieden [sola offenrendi ratione diversa].“145
Das Trienter Konzil entfaltet und unterstreicht zwei Aspekte der katholischen Lehre, die man für besonders gefährdet ansieht: Die wirkliche Gegenwart Christi im Sakrament der Eucharistie und den Opfercharakter der Messe. Doch die innere Einheit dieser verschiedenen Aspekte der einen Eucharistie und die Begründung der Kommunion allein unter der Brotgestalt, konnte das Konzil nicht angemessen leisten, da man in drei verschiedenen Sitzungen mit großem zeitlichen Abstand (13. Sitzung im Jahr 1551; 21. und 22. Sitzung im Jahr 1562) die Fragen einzeln behandelte.146 Festzuhalten ist, dass am Ende der Konsens steht,
„dass die Messe zurecht ein Opfer genannt wird, sie dabei jedoch kein selbständiges Opfer neben dem Kreuz ist, da sie aufs engste mit dem Kreuzesopfer verbunden ist, ja als Auswirkung und Anwendung desselben zu denken ist.“147
Zusammengefasst heißt dies, dass die Eucharistiefeier nichts anderes als das Kreuzesopfer selbst ist, in dem Christus das eigentliche Subjekt ist und sein priesterliches Heilswirken sakramental vergegenwärtigt in der Weise der repraesentatio, der commemoratio und der applicatio. Daher ist die Messe als ein wahres und eigentliches Opfer anzusehen.148 Nur von einer commemoratio, also von bloßer Erinnerung zu sprechen, ist für die Konzilsväter allein keine Begründung für den Opfercharakter der Messe. Man braucht eine „von der Natur des Menschen geforderte“149 „Sichtbarkeit“ des von Christus der Kirche hinterlassenen Opfers. Damit bricht sich die Gefahr Bahn, einen naturhaften Opferbegriff auf die Messfeier anzuwenden. Einer Gefahr, der die nachfolgend entstandenen Messopfertheorien erliegen. Zugleich versperrt ein solches Verständnis den Weg zum positiven Aufgreifen des biblischen Gedankens des Lob- und Dankopfers, den ja Luther eingeschlagen hatte. Nun bleibt uns noch der Blick auf den gewählten Weg der Verteidigung des reformatorisch abgelehnten Verständnisses der Messe als Sühneopfer.150
„Wenn das Konzil von Trient die Eucharistie auch als Bitt- und Sühneopfer bezeichnet, so ist nicht ein menschlicher Zusatz zum Sühneopfer Christi gemeint. Da die Eucharistie als sakramentale Vergegenwärtigung alle Aspekte des Kreuzesopfers vergegenwärtigt, gibt Christus in der Eucharistie den Glaubenden die Gnade der Versöhnung. So können sie als Glieder des Leibes Christi und des Neuen Bundesvolkes die Versöhnungsgabe empfangen und in einem Leben der Nachfolge Christi und der Gleichgestaltung mit seinem Leiden und seiner Auferstehung in sich ausprägen (Phil 3, 20 u. ö.).“151
In Bezug auf dieses Konzil und seinen liturgischen Beitrag können wir uns an dieser Stelle die liturgiegeschichtliche Würdigung durch H. Meyer zu Eigen machen:
„Das Konzil brachte also keine Reform der Meßfeier und des Missale zustande, aber es hat die lehrmäßigen Grundlagen und praktischen Leitlinien dafür festgelegt – allerdings in einer deutlich durch die theologie- und geistesgeschichtliche sowie durch die kirchenpolitische Situation geprägten Form.“152
Die Hebung der Kommunionfrequenz ist ein Anliegen des Konzils, jedoch ohne größeren Erfolg. Die Schaufrömmigkeit bei der Messe behält in der Folgezeit den Vorrang. Erst Pius X. († 1914) erreicht später durch seine Kommuniondekrete eine Verbesserung, in Verbindung mit der aufkommenden liturgischen Bewegung.153
Die theologische Aufarbeitung des Opfercharakters der Messfeier reicht das Konzil von Trient an die folgenden Theologengenerationen weiter. Die Reihenfolge der Konzilsdekrete wirkte dabei ebenfalls auf die Aufarbeitung ein. Mitunter leidet die Art und Weise der Aufarbeitung an gegenreformatorischen Engführungen. Die wirklich befriedigende Antwort für das Verhältnis zwischen Kreuzesopfer und Messopfer kann vorerst nicht gefunden werden. Wenn das Konzil die Aufgabe der Reflexion über die Einheit von Kreuzes- und Messopfer weitergibt, dann mit der Verpflichtung, die Lehre der Messe als einem wirklichen Sühneopfer („Sacrificium istud vere propitiatorium esse“ DH 1743f) nicht aufzugeben.154
Deutlich hat das Konzil verkündet, dass die Messe ein wahres Opfer ist, dessen Opfercharakter sich nicht einfach mit dem Mahl als solchem ohne weiteres deckt, sondern eine eigene Wirklichkeit darstellt, die der Einmaligkeit des Erlösungsopfers Christi am Kreuz nicht widerspricht. Kreuz- und Messopfer sind in gewisser Hinsicht also ein Opfer. Das Konzil hat vermieden mehr zu sagen, so dass man eine gewisse Unsicherheit wahrnimmt, wenn es um die theologische Ausdeutung der Konzilslehre geht. Die situationsbedingte, auch zeitliche, rein äußerliche Trennung der Themenbehandlung Realpräsenz, Kommunion und Opfer führt natürlich in der Folgezeit zu einer Abhebung von Opfer und Sakrament. Die Isolierung des Opferbegriffes darf nicht mehr dem Konzil angelastet werden, das in seiner legitimen Beschränkung der Definition auf die wesentlichen Grundlinien des Opfercharakters die klassische katholische Glaubenslehre darlegt. Vielmehr spielen die Katechismen zur Konzilsausdeutung der nachfolgenden Zeit eine entscheidendere Rolle. Bis heute ist dieses Ringen um das Verständnis des Opfercharakters nicht beendet.155 Gerade der schillernde Opferbegriff des Tridentinums fördert die Schwierigkeiten. Das Ineinander von Praxis, Ritus und Theologie lassen keine einheitliche Sprechweise vom Opfer zu. Die neutestamentliche Rede vom Selbstopfer Jesu Christi, der Opferbegriff der personalen Selbsthingabe, erscheint zwangsläufig mit alttestamentlichen Tier- und Speiseopfern vermischt. Die Begriffe offerre – offerens und obtulit finden sich in den Konzilstexten. Ins Deutsche übertragen, werden sie mit darbringen wiedergegeben. Das bedeutet:
„Die Vermischung der rituellen mit der dogmatischen Sprechweise oder gar die Identifizierung eines allgemein kultischen Opferbegriffs mit der neutestamentlichen Rede vom Opfer Jesu Christi und der Christen führt in neue Schwierigkeiten.“156
Im weiteren Verlauf der Theologiegeschichte entstehen sogenannte „Messopfertheorien“. Sie zeugen davon, dass Trient eben keine Definition vom Wesen des Messopfers gibt. Durch die fehlende Unterscheidung der liturgischen von der dogmatischen Sprechweise, d.h. die Identifikation des liturgischen offerre mit dem biblischen offerre der Selbsthingabe, sucht man den Akt der Darbringung an Gott in der Dimension des Zeichens, im liturgischen Geschehen selbst. Im Ergebnis entstehen Messopfertheorien, die in vorchristliche Opfervorstellungen zurückfallen.157 Eine kurze Skizzierung dieser Theorien schließt sich hier nach einem Vorausblick an.