Kitabı oku: «Arena Eins: Die Sklaventreiber », sayfa 16
Logan dreht sich um und sieht Ben kalt an. „Du hast es geschafft“, sagt er. „Warum sollte ich das dann nicht auch schaffen?“
„Überleben würde ich das kaum nennen“, sagt Ben. „Es war eher ein langsamer Tod.“
„Besser als hier“, sagt Logan. „Außerdem bin ich kein Defätist. Ich werde einen Weg finden, um zu überleben. Ich habe Waffen und Munition, und Essen für ein paar Tage. Das ist alles, was ich brauche. Ich werde alles tun, was ich tun muss.“
„Ich bin auch kein Defätist“, gibt Ben verärgert zurück.
Logan zuckt nur mit den Schultern.
„Das Boot ist für zwei gedacht“, sagt er und schaut weg von Ben, zu mir. Sein Blick ist eindeutig: Er will nur, dass ich mitkomme. Ich frage mich, ob er mich mag, oder ob das nur dieselbe alte Männersache ist, die Konkurrenz und Eifersucht um ihrer selbst willen. Logan muss aber die Bestimmtheit in meinem Blick erkennen, denn er fügt hinzu: „Aber ich denke, es wird drei aushalten.“
Wieder geht er hin und her.
„Ich werde Euch helfen, hier herauszukommen. Ihr werdet mir bei Sonnenaufgang folgen. Wir fahren mit dem Boot auf dem Hudson hinauf. Ich lasse Euch dort raus, wo Euer Zuhause ist, wo auch immer das ist, und dann fahre ich weiter.“
„Ohne Bree gehe ich nirgendwo hin“, sage ich entschlossen.
Logan dreht sich zu mir um.
„Wer ist Bree?“, fragt er.
„Meine Schwester.“
„Und ich gehe nicht ohne meinen Bruder“, fügt Ben hinzu.
„Wir sind aus einem Grund hierhergekommen“, erkläre ich. „Um unsere Geschwister zu retten. Um sie zurückzubringen. Ich gehe nicht ohne sie.“
Logan schüttelt den Kopf, als wäre er verärgert.
„Ihr wisst nicht, was Ihr da redet“, sagt er. „Ich verschaffe Euch einen Weg nach draußen. Ein Freiticket. Kapiert Ihr nicht, dass es keinen anderen Weg hier raus gibt? Sie haben Euch, bevor Ihr auch nur zehn Meter weit gekommen seid. Und selbst, wenn Du Deine Schwester findest – was dann?“
Ich stehe da und verschränke meine Arme, ich bin wütend. Auf keinen Fall werde ich mir das ausreden lassen.
„Außerdem, ich hasse es, das sagen zu müssen, aber …“ Er bricht ab, versucht, sich zusammen.
„Aber was?“, dringe ich in ihn.
Er zögert, als würde er mit sich kämpfen, etwas zu sagen. Er atmet tief ein.
„Es gibt keine Möglichkeit, wie Du sie jemals finden könntest.“
Bei seinen Worten schwindet meine Zuversicht. Ich starre ihn an, frage mich, was er nicht aussprechen will.
„Was verschweigst Du uns?“, frage ich.
Er blickt mich an, dann Ben, dann den Boden. Er weicht meinem Blick aus.
„Was weißt Du?“, dringe ich in ihn. Mein Herz klopft – ich habe Angst, dass er mir sagen wird, dass Bree tot ist.
Er zögert, klopft mit einem Fuß auf den Boden, blickt nach unten. Schließlich beginnt er zu sprechen.
„Sie wurden getrennt“, beginnt er. „Sie waren zu jung. Sie trennen immer die Älteren von den Jüngeren. Die Stärkeren von den Schwächeren. Die Jungs von den Mädchen. Die stärkeren, älteren werden für die Arena aufgehoben. Aber die jüngeren, schwächeren …“ Er bricht ab.
Mein Herz klopft, als ich mich frage, was er sagen wird.
„Nun?“, bohrt Ben nach.
„Die kleinen Jungs schicken sie in die Minen.“
„Die Minen?“, fragt Ben und tritt vor Zorn einen Schritt nach vorn.
„Die Kohlebergwerke. Auf der anderen Seite der Stadt. Unter Grand Central. Sie haben sie in einen Zug ans andere Ende der Stadt gesetzt. In die Gruben, tief unter der Erde. Sie brauchen die Kohle für Feuer. Da ist Dein Bruder. Dorthin ist der Zug gefahren. Es tut mir leid“, sagt er, und es klingt ehrlich.
Plötzlich geht Ben zur Tür, mir rotem Kopf.
„Wo willst Du hin?“, frage ich alarmiert.
„Meinen Bruder holen“, schnappt Ben zurück, er wird nicht einmal langsamer.
Logan springt auf und schneidet ihm den Weg ab. Jetzt sehe ich sie Seite an Seite, Logan einen halben Fuß größer und doppelt so breit, mit seinen riesigen, muskulösen Schultern. Neben ihm wirkt Ben winzig. Sie sind wirken so komplett verschieden, wie totale Gegensätze: Logan ist der typische Durchschnittsamerikaner, während Ben, dünn und unrasiert, mit seinem langen Haar und seinen gefühlvollen Augen wie der sensible Künstlertyp wirkt. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Aber beide haben einen starken Willen, einen Hang zum Trotz.
„Du gehst nirgendwohin“, sagt Logan mit seiner tiefen, Ehrfurcht gebietenden Stimme.
Ben sieht finster zu ihm hoch.
„Wenn Du durch diese Tür hinausgeht“, fährt Logan fort, „dann gibst Du uns Preis. Dann sind wir alle tot.
Bens Schultern entspannen sich und er gibt nach.
„Wenn Du Deinen Bruder suchen willst“, spricht Logan weiter“, bitte. Aber Du wirst bis zum Morgen warten müssen, bis wir alle zusammen versuchen, hier rauszukommen. Nur noch ein paar Stunden. Dann kannst Du in den Tod gehen, wenn Du das willst.“
Ben dreht sich langsam um und kehrt missgelaunt in unseren Teil des Raumes zurück.
„Was ist mit Bree?“, frage ich, meine Stimme ist eiskalt. Ich habe Angst, zu fragen. Aber ich muss es wissen. „Wo haben sie sie hingebracht?“,
Logan schüttelt den Kopf, weicht meinem Blick aus.
„WOHIN?“, frage ich wieder, trete einen Schritt nach vorn, meine Stimme wird lauter. Mein Herz klopft vor Panik.
Er räuspert sich.
„Die jungen Mädchen“, beginnt er, „die, die zu jung für die Arena sind … die verschiffen sie in die Sklaverei“, sagt er. Er sieht mich an. „Für Sex.“
Mein Herz zerreißt. Ich will zur Tür hinausrennen, schreien, überall nach ihr suchen. Aber ich weiß, dass das nichts nützen würde. Ich muss mehr wissen. Ich fühle, wie mein Gesicht rot wird, mein ganzer Körper wird heiß, wütend balle ich die Fäuste.
„Wo haben sie sie hingebracht?“, frage ich wieder, meine Stimme ist eiskalt.
„Sie verschiffen die Sexsklaven zur Governors Island. Sie laden sie auf Busse und schicken sie in die Innenstadt. Dann laden sie sie auf einen Bus. Der nächste Bus fährt bei Sonnenuntergang ab. Deine Schwester wird dabei sein.“
„Wo sind diese Busse?“, frage ich.
„Auf der anderen Straßenseite“, sagt er. „An der Ecke 34th und 8th. Sie fahren am alten Postamt ab.“
Ohne nachzudenken, gehe ich zur Tür, spüre dabei den schrecklichen Schmerz in meinem Bein, Wieder streckt Logan seinen Arm aus, dieses Mal hält er mich auf. Er ist kräftig und muskulös, wie eine Mauer.
„Auch Du wirst warten müssen“, sagt er. „Bis Tagesanbruch. Es würde auch nichts nutzen, jetzt nach ihr zu suchen. Sie ist noch nicht im Bus. Bis zur Verladung halten sie sie irgendwo in einer Zelle unter der Erde fest. Ich weiß nicht einmal, wo. Wirklich nicht, ich schwöre es. Beim Morgengrauen bringen sie sie hoch und verladen sie. Wenn Du finden willst, ist das Deine einzige Chance.“
Ich blicke in seine Augen, untersuche sie und sehe seine Aufrichtigkeit. Langsam gebe ich nach, atme tief ein, um mich zu kontrollieren.
„Aber Du musst wissen, dass es hoffnungslos ist“, sagt er. „Du wirst sie da nie rausbekommen. Sie an eine Gruppe Sklaven angekettet sein, die Gruppe ist wiederum an einen bewaffneten Bus angekettet. Der Bus wird von Dutzenden Soldaten und Fahrzeugen flankiert. Du wirst es nicht einmal schaffen, in die Nähe zu kommen. Du wirst Dich nur selbst töten. Ganz zu schweigen davon“, fügt er hinzu, „dass die meisten Busse es nicht durch das Ödland schaffen.“
„Das Ödland?“, dringe ich in ihn.
Er räuspert sich, widerwillig.
„Um den Seehafen zu erreichen, den Pier, von dem aus man Governors Island erreicht, müssen die Busse durch die Innenstadt, müssen den ummauerten Bereich verlassen. Die Mauer beginnt an der 23rd Street. Südlich davon ist Ödland. Dort leben die Psychos. Tausende von ihnen. Sie greifen jeden Bus an, der vorbeikommt. Die meisten Busse schaffen es erst gar nicht. Deswegen schicken sie so viele Busse auf einmal.“
Bei seinen Worten schwindet meine Zuversicht.
„Deswegen sage ich Euch: Kommt am Morgen mit mir. Dann seid Ihr wenigstens sicher. Eure Geschwister sind bereits verloren. Aber Ihr könnt wenigstens überleben.“
„Es ist mir egal, wie die Chancen sind“, gebe ich zurück, meine Stimme ist kühl und entschlossen. „Es ist mir egal, ob ich bei dem Versuch sterbe. Ich werde meine Schwester finden.“
„Und ich meinen Bruder“, fügt Ben hinzu. Ich bin auch von seiner Entschlossenheit überrascht.
Logan schüttelt den Kopf.
„Wie Ihr meint. Eure Entscheidung. Ich nehme im Morgengrauen das Boot und werde dann schon lange weg sein.“
„Tu, was Du tun musst“, sage ich voller Abscheu. „Wie Du es immer getan hast.“
Er sieht mich so an, dass ich sehen kann, dass ihn das wirklich getroffen hat. Abrupt dreht er sich weg, durchquert den Raum, lehnt sich an die Wand an und setzt sich, als würde er schmollen. Er prüft und reinigt seine Pistole, sieht mich nicht mehr an, als würde ich nicht existieren.
Wie er dort sitzt, erinnert mich daran, wie meine Wade schmerzt, wie erschöpft ich bin. Ich gehe zur anderen Wand, soweit weg von ihm, wie ich kann, und setze mich ebenfalls. Ben kommt herüber und setzt sich neben mich, seine Knie berühren fast meine. Es fühlt sich gut an, dass er da ist. Er versteht mich.
Ich kann kaum glauben, dass wir beide hier jetzt sitzen, am Leben. Das hätte ich nie gedacht. Ich war sicher gewesen, dass wir sterben fühlen, und das hier fühlt sich wie eine zweite Chance im Leben an.
Ich denke an meine Schwester und an Bens Bruder – und plötzlich wird mir klar, dass sich unsere Wege trennen werden, dass wir in verschiedene Teile der Stadt müssen. Der Gedanke verstört mich. Ich schaue herüber und betrachte ihn, wie er da mit gesenktem Kopf sitzt. Er ist einfach nicht zum Kämpfer geboren. Er wird alleine nicht überleben können. Und irgendwie fühle ich mich verantwortlich.
„Komm mit mir“, sage ich plötzlich. „So wird es sicherer sein. Wir gehen zusammen in die Innenstadt, finden meine Schwester, und dann nichts wie raus hier.“
Er schüttelt den Kopf.
„Ich kann meinen Bruder nicht im Stich lassen“, sagt er.
„Denk darüber nach“, sage ich. „Wie willst Du ihn jemals finden? Er ist irgendwo am anderen Ende der Stadt, hunderte Meter unter der Erde, in einem Bergwerk. Und selbst, wenn Du ihn findest, wie willst Du ihn da herausbekommen? Bei meiner Schwester wissen wir zumindest, wo sie ist. Zumindest haben wir eine Chance.“
„Wie willst Du hier rauskommen, wenn Du sie gefunden hast?“, fragt er.
Das ist eine gute Frage, und ich habe keine Antwort darauf.
Ich schüttele nur den Kopf. „Ich werde einen Weg finden“, sage ich.
„Ich auch“, antwortet er. Aber ich kann die Unsicherheit in dieser Stimme hören, als wüsste er schon, dass das nicht stimmt.
„Bitte, Ben“, flehe ich ihn an. „Komm mit mir. Wir holen Bree und kommen hier raus. Zusammen können wir überleben.“
„Ich kann dasselbe sagen“, sagt er. „Ich kann Dich bitten, mit mir zu kommen. Warum ist Deine Schwester wichtiger als mein Bruder?“
Das ist ein guter Punkt. Er liebt seinen Bruder genauso, wie ich meine Schwester liebe. Und ich verstehe. Es gibt nichts, was ich darauf sagen könnte. Die Realität ist, dass sich unsere Wege in der Morgendämmerung trennen werden. Und ich werde ihn wahrscheinlich niemals wiedersehen.
„Okay“, sage ich. „Aber versprich mir etwas, ja?“
Er sieht mich an.
„Wenn Du fertig bist, kommt zum East River, schaff den Weg bis zum Pier am South Street Seaport. Sei zum Sonnenaufgang da. Ich werde dort sein. Ich werde einen Weg finden. Triff mich dort, und wir werden einen Weg finden, zusammen wegzukommen.“ Ich sehe ihn an. „Versprich es mir“, befehle ich ihm.
Er sieht mich genau an, und ich erkenne, wie er nachdenkt.
„Was macht Dich so sicher, dass Du es durch die Innenstadt schaffst, bis zum Seehafen?“, fragt er. „An all den Psychos vorbei?“
„Wenn nicht“, sage ich, „dann bin ich tot. Und ich habe nicht vor zu sterben. Nicht nach allem, was ich durchgemacht habe. Nicht, so lange Bree noch lebt.“
Ich kann die Entschlossenheit in meiner eigenen Stimme hören und erkenne sie kaum wieder – es klingt, als würde ein Fremder durch mich sprechen.
„Das ist unser Treffpunkt“, ich bestehe darauf. „Sei dort. Versprich es mir.“
Schließlich nickt er.
„Okay“, sagt er. „Gut. Wenn ich noch am Leben bin, werde ich da sein. Bei Sonnenaufgang. Wenn nicht, dann bedeutet das, dass ich tot bin. Dann warte nicht auf mich. Versprichst Du mir das? Ich will nicht, dass Du dort auf mich wartest“, insistiert er. „Versprich es mir.“
Schließlich sage ich: „Ich verspreche es.“
Er streckt seine schwache Hand in meine Richtung aus. Langsam nehme ich sie in meine.
Wir sitzen dort, halten uns an den Händen, unsere Finger ineinander verschlungen, und mir wird klar, dass das erste Mal ist, dass ich seine Hand halte – wirklich halte. Die Haut fühlt sich so weich an, und es tut so gut sie zu halten. Wider Willen spüre ich wieder die kleinen Schmetterlinge.
Wir sitzen dort, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, nebeneinander in dem schwach erleuchteten Raum, und halten uns an den Händen, ich weiß nicht, wie lange. Wir schauen beide weg, keiner von uns sagt ein Wort, wir sind beide in unserer eigenen Welt verloren. Aber unsere Hände trennen sich nicht, und wie ich dort sitze und einschlafe, kann ich nicht anders, als mich zu fragen, ob es das letzte Mal ist, dass ich ihn lebendig sehe.
DREIUN DZWANZIG
Ich öffne meine Augen, als eine raue Hand meine Schulter schüttelt.
„LASST UNS GEHEN“, höre ich ein dringendes Flüstern.
Ich öffne meine Augen ruckartig, orientierungslos, unsicher, ob ich wach bin oder schlafe. Ich sehe mich rundum um, versuche, mich zu sammeln, und sehe graues Licht, dass die Morgendämmerung ankündigt, durch das Fenster hereinfallen. Tagesanbruch. Ich muss auf dem Boden eingeschlafen sein, mit meinem Kopf auf Bens Schulter. Logan weckt auch ihn grob auf.
Ich springe auf meine Füße. Dabei wird der Schmerz in meiner Wade wieder fast unerträglich, er explodiert in meinem Bein.
„Wir verlieren Zeit!“, schnappt Logan. „Bewegt Euch! Beide! Ich gehe. Wenn Ihr mitkommen wollt, ist jetzt Eure Chance!“
Logan eilt zur Tür und lehnt sein Ohr dagegen. Ich fühle den Adrenalinschub, als ich das Zimmer durchquere. Ben ist jetzt auch wach und an meiner Seite, wir stellen uns hinter Logan. Wir hören zu. Draußen scheint alles ruhig zu sein. Keine Fußtritte mehr, keine Ausrufe, kein Grölen … nichts. Ich wundere mich, wie viele Stunden vergangen sind. Es klingt, als ob alle verschwunden wären.
Auch Logan scheint zufrieden. Mit seiner Waffe in der einen Hand schließt er mit der anderen langsam die Tür auf, um prüft, ob wir bereit sind. Langsam zieht er die Tür auf.
Vorsichtig tritt er nach draußen, umrundet die Ecke scharf, bereit, zu schießen.
Er macht eine Geste, damit wir ihm folgen, und ich trete ebenfalls heraus und sehe, dass die Gänge leer sind.
„Bewegung!“, flüstert er verzweifelt.
Er rennt den Gang hinunter und ich renne hinter ihm her, mit aller Kraft. Jeder Schritt führt zu einer kleinen Explosion von Schmerz in meiner Wade. Ich kann nicht anders, als herunterzusehen, und wünschte, ich hätte es gelassen: Sie ist inzwischen so groß wie ein Fußball. Außerdem ist sie knallrot, und ich habe Angst, dass die Wunde infiziert sein könnte. Auch alle meine anderen Muskeln tut mir weh, von meinen Rippen bis zu meiner Schulter und zu meinem Gesicht – aber die Wade macht mir am meisten Sorgen. Die anderen Sachen sind nur Verletzungen. Aber wenn die Wade infiziert ist, brauche ich Medizin. Und zwar schnell.
Aber darauf kann ich mich jetzt nicht konzentrieren. Ich renne weiter, humple eher den Gang entlang, Ben neben mir und Logan etwa zehn Meter vor uns. Die stählernen Gänge werden von sporadischen Notbeleuchtungen dämmrig erhält, und ich folge Logan in der Dunkelheit, verlasse ich mich darauf, dass er diesen Ort kennt. Glücklicherweise ist immer noch niemand in Sicht. Ich vermute, dass sie alle auf der Suche nach uns sind.
Logan biegt rechts in einen Gang ab, dann links. Wir folgen ihm, vertrauen darauf, dass er den Weg hier raus kennt. Er ist jetzt unsere Lebenslinie, und ich muss ihm einfach vertrauen. Ich habe keine andere Wahl.
Nach mehreren weiteren Abbiegungen hält Logan schließlich vor einer Tür an. Außer Atem halte ich neben ihm an. Er stößt sie auf, sieht hinaus, öffnet sie dann ganz. Er packt Ben an der Schulter und zieht ihn nach vorn.
„Dort“, sagt er und zeigt auf etwas. „Siehst Du das?“
Ich beuge mich selbst vor. In der Ferne, an einem weiten, offenen Terminal, sind Züge.
„Der Zug dort, der sich gerade in Bewegung setzt. Der fährt zu den Minen. Er fährt einmal am Tag. Wenn Du dorthin willst, ist jetzt Deine Chance. Los!“
Ben dreht sich um und sieht mich ein letztes Mal an, seine Augen sind weit offen vom Adrenalin. Er überrascht mich, indem er meine Hand nimmt und ihre Rückseite küsst. Er hält sie noch eine Sekunde, dann sieht er mich bedeutungsvoll an, als könnte es das letzte Mal sein, dass er mich sieht.
Dann dreht er sich um und rennt zu dem Terminal, auf den Zug zu.
Logan sieht mich hämisch an, ich kann seine Eifersucht spüren.
Ich weiß selbst nicht, was ich von dem Kuss denken soll. Als ich ihm nachsehe, wie er auf den Zug zurennt, kann ich nicht anders, als mich zu fragen, ob das das letzte Mal ist, dass ich ihn sehe.
„Hier lang!“, schnappt Logan und rennt einen anderen Korridor hinunter.
Aber ich stehe da, erstarrt, und sehe Ben nach.
Logan dreht sich noch einmal zu mir, verärgert und ungeduldig. „BEWEGUNG!“, flüstert er.
Ben rennt über die ganze offene Fläche zur Penn Station, an den Gleisen entlang, dann springt er hinten auf den Zug auf, der sich langsam in Bewegung setzt. Er hält sich an den Metallstangen fest, als der Zug in einem schwarzen Tunnel verschwindet. Er hat es geschafft.
„Ich gehe!“, sagt Logan, dann dreht er sich um und rennt los.
Ich kann mich lösen und renne hinter ihm her. Ich renne so schnell, wie meine Beine mich tragen, aber Logan ist bereits weit vor mir und er biegt wieder ab, außer Sichtweite. Mein Herz klopft, als ich mich frage, ob ich ihn verloren habe.
Ich biege in einen weiteren Gang ein, renne eine Rampe hinauf und entdecke ihn schließlich wieder. Er steht an einer Wand, neben einer Glastür, und wartet auf mich. Durch die Tür kann ich nach draußen sehen. Die Eighth Avenue. Es ist eine weiße Welt. Da draußen tobt ein wilder Schneesturm.
Ich renne zu Logan und stehe neben ihm, mit dem Rücken an der Wand, versuche, Luft zu bekommen.
„Siehst Du das dort?“, fragt er und zeigt auf etwas.
Ich folge seinem Blick, versuche, zwischen dem Schnee etwas zu erkennen.
„Auf der anderen Straßenseite“, sagt er, „vor dem alten Postamt. Die Busse, die davor parken.“
Ich kann drei große Busse erkennen, mit Schnee bedeckt. Sie sehen wie Schulbusse aus, aber umgearbeitet, mit schweren Gittern auf jeder Seite, wie gepanzerte Fahrzeuge. Zwei von ihnen sind gelb lackiert, eins schwarz. Dutzende von jungen Mädchen, die aneinander gekettet sind, werden in die Busse verladen. Mein Herz macht einen Sprung, als ich Bree unter ihnen entdecke, in der Gruppe an der Kette, nur wenige hundert Meter weiter. Sie wird in einen der gelben Busse verladen.
„Da ist sie!“, brülle ich. „Das ist Bree!“
„Gib es auf“, sagt er. „Komm mit mir. Dann überlebst Du wenigstens.“
Aber ich bin von neuer Entschlossenheit erfüllt und sehe ihn mit absoluter Ernsthaftigkeit an.
„Es geht nicht ums Überleben“, antworte ich. „Verstehst Du das nicht?“
Logan sieht mir in die Augen und ich kann sehen, dass er mich zum ersten Mal versteht. Er versteht es wirklich. Er kann sehen, dass ich entschlossen bin, dass nichts auf der Erde meine Meinung ändern kann.
„Okay“, sagt er. „Dann war's das jetzt. Sobald wir durch diese Türen durch sind, breche ich nach Uptown auf, zu dem Boot. Dann bist Du jetzt wieder auf Dich selbst gestellt.“
Er greift nach unten und legt etwas Schweres in meine Handfläche. Eine Pistole. Ich bin überrascht und sehr dankbar dafür.
Ich will mich gerade verabschieden, aber plötzlich höre ich einen Motor, sehe hinaus und sehe schwarze Rauchwolken, die aus den Auspuffs der Busse kommen. Und schon setzen sich alle drei Busse durch den dicken Schnee in Bewegung.
„NEIN!”, brülle ich. Bevor ich nachdenken kann, trete ich die Tür auf und platze nach draußen. Ein Schwung eisigen Schnees und Wind schlagen mir ins Gesicht, so kalt und nass, dass ich wieder keine Luft mehr bekomme.
Ich renne in den gleißenden Blizzard hinein, der Schnee reicht mir bis zu den Knien. Ich renne und renne, durch die offene weiße Ebene auf die Busse zu. Auf Bree zu.
Ich bin zu spät. Sie sind mir gute hundert Meter voraus, und sie beschleunigen im Schnee. Ich renne ihnen nach, mein Bein bringt mich um, ich bekomme kaum Luft, als mir klar wird, dass Logan Recht hatte. Es ist sinnlos. Ich sehe, wie die Busse um eine Ecke biegen, und bald sind sie außer Sichtweite. Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich habe sie gerade verpasst.
Ich sehe über meine Schulter, aber Logan ist weg. Meine Zuversicht schwindet. Er muss schon fort sein. Jetzt bin ich ganz alleine.
Verzweifelt versuche ich, nachzudenken, auf eine Idee zu kommen. Ich suche die Umgebung mit meinen Augen ab und sehe vor der Penn Station eine Reihe von Humvees. Sklaventreiber sitzen auf ihren Dächern und Hauben. Sie haben sich gegen den Schnee in ihre Mäntel eingewickelt, sitzen mit dem Rücken zu mir. Keiner von ihnen schaut in meine Richtung. Sie beobachten alle die abfahrenden Busse.
Ich brauche ein Fahrzeug. Das ist meine einzige Chance, diese Busse einzuholen.
Humpelnd renne ich zu dem Humvee ganz hinten, dem einzigen, auf dessen Dach kein Sklaventreiber sitzt. Der Humvee läuft, der Auspuff dampft, ein Sklaventreiber sitzt im Fahrersitz und wärmt seine Hände auf.
Ich krieche zur Tür auf der Beifahrerseite und stoße sie auf, richte meine Waffe auf ihn.
Dieser Sklaventreiber trägt keine Gesichtsmaske, und ich kann die Angst in seinem Gesicht sehen. Er hält seine Hände hoch, er will nicht erschossen werden. Ich gebe ihm keine Zeit zu reagieren, die anderen zu alarmieren. Ich halte meine Pistole in sein Gesicht, greife ihn am Hemd und ziehe ihn heraus. Er fällt in den Schnee.
Ich will gerade in den Fahrersitz springen, als ich plötzlich einen harten Schlag auf die Seite meines Kopfes spüre, die Einwirkung von Metall. Der Schlag überwältigt mich, ich stürze in den Schnee.
Ein weiterer Sklaventreiber hat sich hinter mir angeschlichen und mich mit seiner Pistole an der Seite meines Kopfes getroffen. Ich fasse nach oben, an meinen Kopf, und fühle, wie Blut an meiner Hand entlang rinnt. Es tut weh wie die Hölle.
Der Sklaventreiber steht über mir und senkt seine Pistole in Richtung meines Gesichts. Er grinst bösartig, entsichert die Waffe, und ich weiß, dass er gleich schießt. Plötzlich wird mir klar, dass ich sterben muss.
Ein Schuss ertönt, und ich bin mir sicher, dass es vorbei ist.