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Kitabı oku: «Das Schweigen der Prärie», sayfa 10

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»Komm jetzt, Syvert, jetzt gehen wir heim und ins Bett; — es wird ja doch nichts mit den Kartoffeln!«

Und damit begann der Per Hansen sich ganz ruhig aus dem Kreis hinauszuellbogen. Trönset‘n sah es, bekam‘s mit der Angst und beeilte sich nachzukommen. Es mußte ihm jemand ein Bein gestellt haben, er stolperte, hätte fast das Gleichgewicht verloren; und jetzt lachten sie alle, — einer aber mit einer besonders rohen, ungewaschenen Kehle.

Der Per Hansen machte stracks kehrt und musterte sie. Tönset‘n warf ihm eingeschüchtert ängstliche Blicke zu. »Komm jetzt lieber!« stieß er mühsam hervor und rannte davon.

»O nein, wart halt ein bissel!« Der Per Hansen suchte, bis er das Gesicht, aus dem das Brüllen gekommen war, herausgefunden hatte und schritt geradeswegs darauf zu. In seinen eigenen Zügen lag breitester Hohn. Er streckte dem Mann die Faust unter die Nase, duckte den Kopf, um mehr Wucht zu erhalten, und sagte herausfordernd trocken in derbstem Nordländisch: »Jetzt hältst du, Schockschwerenot, dein verdammtes Satansmaul!« Flammte den Mann mit den Augen an, reckte sich auf und musterte die andern der Reihe nach.

Das Gelächter verebbte.

Jetzt hatte der Per Hansen hier nichts mehr zu tun; mit ihnen reden konnte er doch nicht, und so ging er. Irgendwo aus dem Dunkel rief ihn Tönset‘n an, leise und furchtsam.

»Ich werde morgen die Papiere mitnehmen und sie ihnen zeigen,« quiemte er weinerlich, als der Per Hansen ihn eingeholt hatte. »Aber du solltest nicht gar so heftig sein! Denk‘ bloß, wenn die uns überfallen hätten!«

»O ja, versuch‘s halt mit den Papieren; aber laß mich dir sagen, Gevatter Syvert: Bei diesen Kerlen hilft weder Katechismus noch Erklärung, — denn die richten sich nicht nach der Schrift!«

Sie verabredeten eine gemeinsame Beratung für den nächsten Morgen. Per Hansen sollte die Solumbuben und den Hans Olsen benachrichtigen und mit allen dreien zu Tönset‘n kommen.

»Aber sag beileibe nicht der Kjersti, wie die Sachen stehen!« warnte der Per Hansen. »Denn kommen die Weiberleut hinter die Geschichte, brennen sie uns durch vor Angst. Und du sollst sehen, wir schaffen‘s schon!«

VIII

Der Per Hansen, der jetzt heimging, war ein anderer Mensch, als der vor ein paar Stunden zu Tönset‘n gekommen war. Jener war ein von schweren Kümmernissen bedrückter Mann; dieser schritt leicht und froh daher, höchst zufrieden mit der Entwicklung der Dinge. Das Rechenexempel klärte sich und ging richtig auf. — Ausgemacht, daß es Gesindel war! Und er war dessen so froh, daß er am liebsten dem Herrgott gleich einen Lobgesang angestimmt hätte. Denn hätten die ›reines Mehl im Sack‹ gehabt, dann wären ihre Papiere wohl nicht weiter weg gewesen, als daß sie sie noch heute abend hätten vorsuchen können. — Er pfiff eine alte Polka von verwegenstem Schmiß vor sich hin. — Daß sie nicht ihn zu vertreiben beabsichtigten, spielte in seine Freude nicht hinein. Aber jetzt war ihm ums Herz wie einem Gerechtfertigten, und er fühlte sich so erleichtert, daß er hätte fliegen mögen. — Im Augenblick sah er zwar noch nicht, wie er die Nachbarn aus der Gewalt der Trolle befreien werde; doch der rechte Ausweg zeigt sich zur rechten Zeit — fand er erst das Schwert, werde er es schon zu gebrauchen wissen! —

Daheim erwarteten ihn die Buben ausgezogen im Bett; die Beret brannte auf dem Herd in einem Kessel Kartoffelkaffee; die Stube war voller Dunst, und die Tür stand weit offen. Sie sah ihn in dem schwachen Licht der Lampe forschend an. Aus dem Gesicht sprach nur Gutes, sah sie; eine Gefahr drohte wohl also nicht. — Am Ende kamen mit den Jahren doch mehr Menschen her?

Die Buben fragten wild durcheinander; bisweilen flocht auch sie leise eine Frage ein. Aber das Unwetter im Bubenbett tobte so gewaltig, daß sie sich nicht Gehör verschaffen konnte. Der Vater mußte denen da, um sie etwas zu dämpfen, erst eine Maulschelle verabfolgen. Als es dann aber doch nicht zu richtiger Wichse aufzog, wurde das Gelächter und Gefrage nur um so ärger. Ihre Entrüstung, daß sie ihn nicht hatten begleiten dürfen, war gänzlich vergessen! Was das für Leut wären? wieviele? blieben sie hier? ihre Rösser? die Kühe? Hühner? waren‘s bloß Mannsleut? was hatten sie in den Fuhren? und so fort ohne Ende. — Der Vater war so sehr in der Gutwetterecke, daß er auf alles, ob es Sinn hatte oder nicht, antwortete und sich von der Stimmung der Buben anstecken ließ; und daher war in dem, was er berichtete, schließlich auch nicht mehr unmäßig viel Vernunft zu spüren. Das seien bloß Iren, ihre Weiberleut scheußliche Trollweiber mit Nasen so lang wie ein Rechenstiel! Hierbleiben? O weit gefehlt! Nein, die wollten bis ans Ende der Welt und noch ein Stück darüber hinaus. Weit, weit schlimmer seien sie als die Indianer! Kartoffeln aber würden sie kaum kaufen. Trollweiber, die fräßen nur Christenfleisch und nicht Kartoffeln, — wüßten die Buben das etwa noch nicht? Aber er wolle trotzdem morgen zeitig hinüber und mit ein paar Säcken versuchen. — Er schwätzte so arg und mutwillig, daß der Beret ganz angst wurde; doch klang seine Stimme so strahlend froh, so warm und sicher, daß sie ihm nichts zu sagen vermochte. Als sie sich legten, umfaßte er sie herzlich und fest und war sofort eingeschlafen. Da wußte sie, diesmal drohte keine Gefahr.

Ehe sie noch erwachte, und ehe sich Tag in der Stube andeutete, war der Per Hansen auf, suchte sich einen kalten Breirest vom gestrigen Abend, steckte sich die Eigentumsurkunde in die Tasche und eilte zu den Solumbuben. Er holte sie aus den Betten und dann ging er weiter zum Hans Olsen.

Auf dem Wege dorthin erklärte er ihnen die Sachlage und entwickelte einen Teil seines Plans, wie er sich in ihm geformt hatte. »Du, Henry, verstehst deinen Mund gut zu gebrauchen; du mußt also gewissermaßen den Wortführer machen. Weißt, Tönset‘n alteriert sich halt gar so leicht. Und du, Sam, mußt mir und dem Hans Olsen so geschwind übersetzen, daß wir dem Gang der Dinge folgen können. — Heraus müssen sie mit den Papieren; schau mir ja genau nach Datum und Unterschrift und allem sonst, und daß nicht daran gefingert worden ist! — Und dann verlangen wir auch Aufklärung wegen ihrer Grenzzeichen hier! Sag ihnen nur rein heraus, daß wir hier sind und hier bleiben, bis wir hinausgeworfen werden, — und sag‘s ihnen recht deutlich!«

Die Solumbuben benahmen sich nach des Per Hansens Meinung durchaus verständig. Der Henry fand sogar, das sei einmal eine kurzweilige Abwechselung; es sei doch zu spaßig, daß Menschen verjagt werden sollten, wo sich Menschen nicht vorfanden!

Der Per Hansen hieß beide zu Tönset‘n vorausgehn, er werde mit dem Hans Olsen nachkommen; es sei nicht unbedingt vonnöten, daß sie hier drei Mann hoch einträten.

IX

An dem Hans Olsen war alles Körperliche ins Übermaß geraten: das war eine Gestalt, bei deren Anblick Fremde stehenblieben, um sich danach umzusehen; sie schien den Raum zu sprengen, wenn sie sich reckte; die Körperkräfte entsprachen dem Äußeren; es war vorgekommen, daß harte Gegenstände in seinen Händen unversehens knickten. — Gedanken aber fanden nicht leicht Eingang hinter der großen Stirn; gewöhnlich mußte er ein Ding erst lange gründlich und von allen Seiten betrachten, ehe er etwas davon begriff; aber dafür bewahrheitete es sich wiederum an ihm, daß, wenn er erst einmal eine Sache wohlbehalten hinter der Türe hatte, sie dort in klarem Lichte stehenblieb. Denn es ging ihm auch hier wie mit den Gegenständen: er faßte sie behutsam und gern langsam an, aber dann glitten sie ihm dafür auch nicht aus der Hand, hielt er sie erst einmal umschlossen. Darum fiel es ihm auch schwer, auf begonnenem Wege umzukehren. Richtig und falsch waren für ihn ewige und stehende Begriffe, an denen nicht zu deuteln und zu drehen war. Recht bleibe recht, und falsch bleibe falsch, meinte er; so sei es gewesen, und so müsse es sein, solange die Welt bestehe. —

Als der Per Hansen an dem Morgen in die nachbarliche Hütte trat, da schien ihm guter Rat teuer; denn Mann und Frau waren beide auf, und er mochte doch in Gegenwart der Sörine nicht gern berichten, wie die Dinge standen; die Weiberleut mußten durchaus von dem allen ferngehalten werden! — Aber andererseits hatte er Eile und nicht Zeit zu weitläufigen Erklärungen; der Hans Olsen und die Frau hatten inzwischen auch das Lager auf ihrem westlichen Landstück entdeckt und waren im Begriff, zu Tönset‘n zu gehen, der ja Englisch reden konnte, um mit ihm das Volk drüben aufzusuchen. — Der Per Hansen überlegte noch. Aber dann fiel sein Blick auf Sörines Gesicht, und er sah, wie gut und verständig das war, und da erzählte er ohne Umschweif alles, was ihm und Tönset‘n gestern abend begegnet war.

»Und jetzt, Sörrina, sei so gescheit, daß du schweigst,« setzte er frisch hinzu. »Die Beret weiß von nichts, und die Kjersti auch nicht, und es ist unnötig, Leut zu erschrecken, die ohnehin furchtsam genug sind, — nicht jedoch, als ob von dem hier viel Aufhebens zu machen sei. Ich bin überzeugt, daß wir sie im guten fortbekommen, wenn wir ihnen unsre Papiere vorzeigen. — — Jetzt müssen wir uns aber beeilen! Vergiß deine Papiere nicht, Hans Olsen!«

Nun konnte sich aber der Hans Olsen in einer solchen Sachlage unmöglich beeilen; er mußte erst fragen und immer wieder fragen. — Fakta seien nun einmal Fakta, und hier lägen sie klar genug. Er selber habe auf dem Landkontor gestanden; Tönset‘n habe akkurat auf diesen Quart hier gezeigt und an seiner Statt gefragt, ob er den nehmen dürfe. Und es sei dem nichts im Wege gewesen, auch nicht das geringste. Das stehe hier auf dem Papier zu lesen; und er sei auch schnurstracks hinausgezogen und habe alles getan, was das Gesetz vorschreibt. Sei hier also etwas verkehrt, so habe die Obrigkeit das zu ordnen, — doch verkehrt könne hier eben nichts sein!

»O weißt du,« erwiderte der Per Hansen ruhig, »die Obrigkeit, die ist gewiß am Platz, kein Mensch zweifelt an ihr! Aber — sie ist heut bloß gar so weit weg — ja, das ist der Haken.« —

»Die beabsichtigen doch wohl nicht, uns von hier zu verjagen?« fragte der Hans Olsen erstaunt; der gewaltige Körper straffte sich, ohne sich dessen bewußt zu sein.

»Wenn ich sie recht verstanden habe, so haben sie so etwas allerdings vor. — Und jetzt müssen wir schleunigst hin und ihnen unser Anrecht schwarz auf weiß zeigen.« Der Per Hansen warf der Frau einen Blick zu.

»Nein, das ist doch wohl nicht möglich! — Sind es — sind es viele?«

»Ich zählte zwölf Männer und vier Weiber, mehr, glaube ich, sind es nicht.« Über Per Hansens Gesicht kroch ein winziges Lächeln.

Der Hans Olsen saß mit der zusammengefalteten Urkunde in der Hand, breitete sie nochmals aus und besah sie. Das meiste darauf konnte er zwar nicht lesen, aber das wichtigste zwang er: das Datum, die Landzuweisung, die Unterschrift der Regierung sowie seine eigene. Alles stand da recht und richtig; bisher hatte er die Seite des Vertrages, die sich auf ihn bezog, erfüllt, wie das Gesetz es gebot. — Er reichte dem Per Hansen das Papier und sagte ernst und unerschütterlich: »Kannst du etwas Verkehrtes daran entdecken?«

In dem Per Hansen regte sich jetzt doch die Ungeduld; hier saßen sie und saßen sie und vertrödelten die Zeit und erreichten nichts; er lachte, und es klang hart:

»Nein, siehst du, mit dir ist wohl alles recht und richtig; mit den Burschen aber, die sich auf dem westlichen Teil deines Quarts niedergelassen haben, mit denen ist es verkehrt!«

»Sehen sie aus wie friedliches Volk?« fragte die Sörine.

»O freilich, ‚s sind ja Weiberleut dabei!«

»Ja, da müssen wir vielleicht wohl doch am Ende hin und mit ihnen reden?« fragte der Hans Olsen langsam und bedächtig.

»Ja freilich, das müssen wir! — steck du nur die Urkunde in die Tasche, und dann wollen wir machen, daß wir weiterkommen!«

X

Tönset‘n und die Solumbuben warteten bereits auf sie. Gleich darauf kam‘s an den Tag, daß Tönset‘n seinem Eheweibe gestern abend sofort bei der Heimkunft alles brühwarm anvertraut und demzufolge keines von beiden in der letzten Nacht Schlaf gekostet hatte.

— Tönset‘n zappelte vor Ungeduld und wollte sogleich aufbrechen.

»Nein, das geht nicht an,« sagte der Per Hansen fest; »wir können doch nicht so Hals über Kopf loslegen. — Wie wollen wir uns denn bei ihnen verhalten?«

»Wegbekommen müssen wir sie!« fuchtelte Tönset‘n aufgeregt.

»Akkurat! — die Frage ist bloß, auf welche Art?«

»Wir müssen halt versuchen, sie davon zu überzeugen, daß wir hier zufolge Gesetz und Recht wohnen,« meinte der Hans Olsen sanftmütig.

»Freilich!« fiel ihm der Per Hansen übergeschwind ins Wort. »Hast du dein Papier bereit, Syvert?«

Nein, das hatte Tönset‘n nicht; er habe ja zwar auch daran gedacht, es vielleicht mitzunehmen; sei es aber am Ende nicht doch gar zu riskant? »Sie könnten‘s mir vielleicht wegnehmen, und dann stände ich schön da!«

Da aber trat der Per Hansen mündig auf. »Jetzt holst du sogleich das Papier, Syvert, damit wir endlich von der Stelle kommen! — — Wollen schon aufpassen, daß dich niemand antastet!«

Und dann gingen sie.

Unterwegs erklärte der Per Hansen ihnen noch einmal, wie sie es angreifen wollten: Der Henry und Tönset‘n sollten die Sprecher sein, der Sam Dolmetscher. Und der Sam sollte richtig und vor allem schnell übersetzen. »Ich glaube, es ist das beste, daß der Henry anfängt, dann setzest du fort, Syvert, wenn du hörst, daß es dessen bedarf. Red‘ aber bloß nicht zu fix, Syvert! — Du weißt, du gerätst so leicht außer Atem, und wir haben ja den ganzen, langen Tag vor uns!« —

Tönset‘n war überaus unzufrieden mit Per Hansens Plan, vermochte sich jedoch nicht zu Einwänden zu bequemen — es war ohnehin alles mitsamt so verkehrt, daß es schlimmer kaum werden konnte. Die Fremden schienen nicht verschlafen zu haben; trotz der frühen Morgenstunde waren alle bereits in voller Tätigkeit, als die fünf Männer zum Lager kamen. Zwei von den Wagen waren abgeladen, einige von den Männern machten sich an den andern Wagen zu schaffen, andere waren dabei, ein großes Zelt aufzustellen.

Der Per Hansen und der Henry gingen voran, dann kamen der Hans Olsen und der Sam; Tönset‘n hatte anfangs mit den Vorangehenden Schritt gehalten, ging jetzt aber hinterher. —

»Hö-hö! Die wollen sich hier fest niederlassen, sieht‘s aus,« sagte der Per Hansen zu den Kameraden. »Jetzt bitte sie zuerst, uns ihre Papiere vorzuweisen, Henry, sodann die Merkzeichen — bestehe auf den Merkzeichen! Sprich anfangs nett zu ihnen, — — es macht auch nichts, siehst du, wenn du mit ihnen Possen treibst! Werden sie grob, so spaßest du bloß mit ihnen!«

Die fünf Männer grüßten im Herankommen; sie bekamen gleichgültig Bescheid; die Fremden schienen kein Mitteilungsbedürfnis zu haben und ließen sich nicht stören.

Was sie hier vorhätten, fragte der Henry. Dieser Quart sei seit langem schon in Besitz genommen.

So, das sei er also? Zwei von denen beim Zelt hielten inne und antworteten.

Ja; der Mann, dem der Quart gehöre, stehe hier neben ihm. — Der Henry wies auf den Hans Olsen. Der Mann habe seine Papiere mit, und jetzt sollten auch die Fremden ihre Papiere vorzeigen. Wenn das Landkontor zwei verschiedenen Personen dasselbe Landstück zugewiesen hätte, dann liege wohl ein Fehler vor, und es müsse möglich sein, ihn herauszufinden.

So, sie wollten also die Papiere sehen? Hatten sie aber auch Brillen mit ? — Ein schallendes Gelächter der andern begleitete diese Frage; der Spaßvogel lachte nicht gerade, er hielt den Kopf schief, und das Gesicht, war eine einzige höhnische Grimasse.

Der Sam übersetzte so gut und schnell er konnte.

Ja, meinte der Henry, und sein Ton wurde immer fester und entschiedener, sie seien gekommen, um sowohl Papiere als auch Eigentumszeichen zu sehen. In Sioux Falls sei eine Obrigkeit, wenn es einer solchen bedürfe. Sie hätten jetzt hier den ganzen Sommer gewohnt und dächten auch gar nicht daran fortzuziehen!

Der Per Hansen merkte an Henrys Tonfall, daß der jetzt seine Sache gut mache. »Recht so, Henry, gib‘s ihnen ordentlich!«

Der Grinsende warf den Vorhammer fort und kam herzu: »Allright, boys! Da die uns nicht auf unser Wort glauben, müssen wir‘s ihnen wohl schwarz auf weiß zeigen.« Die Papiere hätten sie zwar verschlossen und könnten gerad im Augenblick nicht gut heran, — das müsse auf später verschoben werden; jedoch die Eigentumszeichen wolle er ihnen zeigen. Aber sputen müßten sie sich; sie hätten hier viel zu tun, wollten noch pflügen und bauen, ehe der Schnee fiel!

Der Fremde begann, nach Westen zu gehen. Der Per Hansen war ihm dicht auf den Fersen; er ließ einen tiefsinnigen Seufzer gen Himmel steigen, daß das Gras sich inzwischen wieder hübsch aufgerichtet haben möge!

Der Mann schien wegen des Weges nicht im Zweifel zu sein. Als sie sich dem fraglichen Orte näherten, verlangsamte er seine Schritte und schob das Gras mit dem Fuß zur Seite. Der Per Hansen sah die bewußte Stelle zuerst, und beinahe hätte er sich vergessen und laut losgelacht. Ach ja, des Herrgotts Sonne und Regen hatten, seit er zuletzt hier gewesen, getan, was sie hatten tun sollen: auch nicht ein einziger geknickter Halm war zu entdecken! Übrigens irrte sich jetzt der Mann, auch ging zu weit nach Norden und zu weit nach Westen, ehe er hinkniete und sich umsah. — Er suchte und suchte die Kreuz und die Quer, anfänglich geschwind, als sei es die einfachste Sache von der Welt, das Merkzeichen zu finden; dann immer langsamer und vorsichtiger. — Jetzt fluchte er auch noch dazu greulich. So viel Englisch verstand der Per Hansen immerhin; kein Wunder übrigens, daß ein Mann sich unter sotanen Verhältnissen unbeherrscht äußerte!

Der Ire rief ein paar der andern zu sich heran. Ein kleiner Mann mit gelbrotem Haar und einem Gesicht so sommersprossig wie ein Heidehügel im Herbst kam aus dem Lager herüber. Und jetzt begannen die beiden leise miteinander zu verhandeln; sie warfen dem Hans Olsen einen Blick zu, kreuzten die ganze Linie ab, fanden aber nichts.

Der Hans Olsen verfolgte die Dinge, so gut er konnte. Das große, grobknochige Gesicht mit den kantigen Zügen, das sonst die fleischgewordene Ehrlichkeit in Person vorstellte, war jetzt sonderbar zu beobachten. Er sah die beiden Männer dort hin- und herlaufen, eifrig damit beschäftigt, zu beweisen, daß er ein Schurke sei, hörte aus Sams Übersetzung, mit welch freundlichen Bezeichnungen sie ihn bedachten, und hinter den schweren Zügen zeigte sich ein Erwachen; die großen Kinderaugen blickten erstaunt und hell, es schimmerte in ihnen; er bebte unbewußt.

Plötzlich gaben die beiden ihr Suchen auf, wechselten einige Worte miteinander und gingen, ohne einen Muck zu sagen, zum Lager zurück. Die fünfe folgten hinterher.

»Haben die nicht besseres Glück mit den Papieren,« meinte der Per Hansen, »dann steht‘s für sie nicht gut!«

Als die fünf zum Lager kamen, standen alle zwölf Mann in aufgeregter Unterredung dichtgeschart beisammen. Die Frauen waren nicht zu erblicken. Ein kräftig gebauter, stattlicher Mann löste sich aus dem Haufen; es schien der Führer zu sein. »Jetzt mußt du weiß Gott brav übersetzen!« flüsterte der Per Hansen dem Sam zu. — Aus den Mienen der Männer war leicht zu lesen, daß sich hier etwas zusammenbraue. Der Große hatte den Vorhammer in der Hand, auch das merkte sich der Per Hansen.

»Wo ist der, der behauptet, diesen Quart rechtmäßig zu besitzen?« höhnte der Mann.

»Diese beiden hier!« Der Henry zeigte auf Tönset‘n und den Hans Olsen.

»Hat der Kerl denn nicht selber ein Maul, daß er den Schlund nicht aufmacht?« Der Ire sah aus, als wolle er den Henry verschlucken.

O, der sei allright; nur gerade Englisch könne er nicht schwätzen.

Der Sam übersetzte ständig so gut es ging.

Well, er möge ihn grüßen und ihm sagen, er sei ein Lump und ein Dieb, der eines Fremden Eigentumsmarke zerstört habe —!

Der Sam übersetzte leise und furchtsam.

Der Ire trat näher: Und wenn er und die andern sich jetzt nicht bald packten, und zwar schneller als üblich, so wolle er ihnen Eile beibringen!

Der Mann kam jetzt mit dem Hammer fuchtelnd dicht heran.

»Obacht!« rief der Per Hansen. »Jetzt donnert‘s gleich!«

Und das tat es auch wirklich, nur daß es um vieles schneller eintraf, als sie vorausberechnet hatten. Als nämlich der Hans Olsen den Mann so auf sich loskommen sah, stierte er ihn an; plötzlich hob sich der mächtige Oberkörper, er tat einen Schritt zur Seite, als wolle er ausweichen, und dann fuhr die linke Faust heraus und dem Mann hinters Ohr. Da krachte etwas und zerbrach; mit einem wüsten Brüllen sank der Mann zu einem Haufen zusammen.

»Jetzt aufgepaßt, Henry,« sagte der Per Hansen leise. »Nimm du jetzt deinen aufs Korn, dann werd‘ ich meinen schon kriegen! — — Halt! Wart ein wenig!«

Der Menschenknäuel vor einem der leeren Wagen schien ratlos zu sein. Der Hans Olsen starrte sie an, tat einen Schritt vor und stolperte über den Klumpen Mensch vor seinen Füßen. Als er wieder im Gleichgewicht war, hielt er inne, bückte sich, faßte mit beiden Fäusten in den Klumpen und warf den quer über die Köpfe der Männer auf den dahinter stehenden Wagen, — der wackelte bedrohlich unter der Wucht des fallenden Körpers. — — Und jetzt löste sich das Knäuel und nahm Reißaus über die Prärie.

Der Hans Olsen bebte. Er schien nicht bei klarem Bewußtsein zu sein.

Jetzt aber lief der Per Hansen zu ihm hin und klopfte ihn auf die Schulter: »Das sage ich, Hans Olsen, und das hab ich immer gesagt: Deinesgleichen gibt es nicht! — — Jetzt meine ich, gehen wir heim, — die Leut dort wollen kaum noch mit uns über unsere Quarte rechten!«

Hans Olsen kam wieder zur Besinnung; er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, seufzte schwer wie einer, der einen Anfall überwunden hat.

»Ich verfuhr gewiß ein wenig hart mit ihm; — es wäre das beste, du sähest einmal nach ihm, Per Hansen!«

Da lachte der Per Hansen. »Nein,« sagte er vergnügt, »hört jetzt einmal auf mich! Jetzt gehen wir gerad alle miteinander heim. Wenn der Tag etwas weiter vorgeschritten ist, werde ich gern bei denen nachschauen!« Und dabei blieb‘s. —

Tönset‘n ließ sich nirgends blicken; er war schon lange weggerannt.

Im Laufe des Nachmittags ging der Per Hansen zu den Iren, um zu hören, ob sie der Hilfe bedurften; den Großen-Hans hatte er als Dolmetscher mit. Da war das ganze Lager auf die beiden Quarte gezogen, die westlich an Tönset‘n und den Hans Olsen angrenzten.

Und der Per Hansen besuchte die Iren noch öfter. Ehe der dritte Tag um war, hatte er für über zehn Dollar an sie verkauft.

Die Iren siedelten sich im Westen an. Die jetzt gekommen waren, fuhren bald darauf wieder nach Osten zurück, um dem Herbstschnee zu entgehen; zeitig im nächsten Frühjahr kamen sie wieder und brachten viele Landsleute mit.