Kitabı oku: «Tauche tiefer, wenn du schon im Fettnäpfchen schwimmst», sayfa 4

Yazı tipi:

Lieber Klaus,

ich kann gar nicht ausdrücken, wie sehr ich mich schäme. Dafür, was ich Dir angetan habe, dafür mich nicht sofort bei Dir entschuldigt zu haben. Es tut mir leid, es tut mir so wahnsinnig leid. Dass ich so viel – viel zu viel – getrunken hatte, verfluche ich seither, es lässt sich aber leider nicht mehr ändern.

Ich weiß, dass ich Dir nie wieder in die Augen schauen werde können, dass ich nie wieder Deinen Sinn für Humor bewundern werde können, ohne an meine Schandtat zu denken.

Vielleicht kannst Du mir irgendwann verzeihen …

Sabrina

Ich musste erst mal durchatmen, die Ereignisse dieser Nacht spielten sich wieder vor meinem inneren Auge ab. Es hatte sich anfangs so wunderbar angefühlt, so echt, so real. Ach was – vergiss es! Es hatte keinen Zweck, darüber auch nur einen Gedanken zu verlieren. Vergebene Liebesmüh. „Sabrina hat dir am Freitagabend gezeigt, was sie von dir hält. Verbringe deine Zeit mit und vergeude deine Gedanken an die genauso irreale, weil virtuelle Linda!“

Lieber Klaus,

Dein E-Mail hat mich zu Tränen gerührt! Wie können Menschen derart gemein sein? Ich habe mich als Frau für diese Sabrina geschämt – das nennt wohl sich fremdschämen, aber so wie sie Dich an der Nase herumgeführt hat, so schlimm bin ja nicht einmal ich in meinem Leben verarscht worden. (Und glaub mir, das ist mir nicht nur einmal passiert!)

Und dieser Didi …

Ich hoffe, Du kannst Deinen Urlaub trotzdem genießen; ich bin in Gedanken bei Dir.

Linda

Linda, Linda, Linda. Du verstehst mich. Du weißt, wie es mir geht. Du bist die Einzige.

Und Sabrina? Also Courage hat sie, denn so eine Entschuldigung zu schreiben, ist sicher auch nicht einfach.

Ich nahm einen Schluck aus der Flasche und musste feststellen, dass sie bereits leer war. Da musste das zweite Getränklein her. Ich wollte Linda antworten, aber mir fiel irgendwie nichts ein. Also trank ich erst mal – nach wenigen Minuten und Schlucken war das Fläschchen leer. Jetzt spürte ich die Müdigkeit aufsteigen, es war schon drei Uhr vorbei. Ich sollte wohl ins Bett gehen, ein wenig Schlaf würde mir nicht schaden. So raffte ich mich auf und schlurfte durch das einsame Hotel zu meinem Zimmer.

Ah – endlich konnte ich mich mal so richtig ausstrecken, mich ins Bett kuscheln und würde am Vormittag entspannt und nüchtern aufwachen. Das würde ein toller Tag werden, das konnte einfach nur so sein. Nach dem ganzen Scheiß in den letzten Tagen würde wohl auch für mich mal die Sonne aufgehen müssen.

Ich stand vor der Tür, versuchte den Schlüssel ins Schloss zu stecken, aber wie letzte Nacht schaffte ich es nicht. Rick? RICK! „Hat der mich auch heute Nacht ausgesperrt?“

Ich lauschte an der Tür. Zuerst hörte ich nur meinen Atem, aber dann war eindeutig ein Kopulationsgeräusch zu hören. Shit! Diese Wette ging mir jetzt schon auf die Nerven. Ich wollte in mein Bett und klopfte. Nichts. Ich versuchte es stärker. Keine Reaktion. Ermüdet und enttäuscht sank ich vor der Tür zu Boden und kuschelte mich in den Überwurf eines Sessels, der auf dem Gang stand. Ohne T-Shirt wurde es langsam ganz schön frisch.

Irgendwann wurde die Tür meines (!) Zimmers aufgerissen und eine blonde Schönheit stolperte über mich. Da wachte ich auf, hörte ihre Entschuldigung und krabbelte vollkommen betäubt ins Bett, in dem Rick sich breitgemacht hatte. Es musste sich etwas ändern! Dringend. Ganz dringend.

Als ich am Vormittag erwachte, war diese Idee in meinem Kopf. Sie war ja nicht zum ersten Mal erschienen, hin und wieder hatte sie mich bereits besucht. Aber heute sollte es so weit sein. Bisher war ich immer der EAV-Typ gewesen, der eine Änderung seines Lebens immer auf morgen verschoben hatte. „Ich wach auf am Nachmittag, der Sodbrand ist enorm. Ja, gestern war ich wieder groß in Form … Morgen, ja morgen fang ich ein neues Leben an! Und wenn net morgen, dann übermorgen …“, dröhnte es in meinem Kopf.

Aber heute würde ich es tun, heute würde ich mein Leben in die Hand nehmen, heute würde ich es endlich schaffen. Ich würde zum ersten Mal in meinem Leben joggen, laufen, rennen, leichtfüßig dahinschweben. Heute würde ich es tun. Das war doch viel einfacher, als Frauen zu erobern, fürs Laufen braucht man keine Frauen, das können Männer allein. Dafür muss man sich nicht einmal unterhalten, da ist man(n) nicht auf irgendwelche unvorhergesehenen Reaktionen der weiblichen Gegenseite angewiesen.

Da das doch die ursprünglichste Fortbewegungsart des Menschen ist, kann das jeder, also auch ich.

Ich sprang aus dem Bett, Rick beäugte mich gespannt, bevor er mir sein Handy vor die Nase hielt und rief: „Nummer 1! Magst schauen?“ „Danke, die blonde Schönheit ist über mich gestolpert, das reicht mir als Beweis. ‚Trivial Pursuit‘ wirst ja wohl nicht mit ihr gespielt haben, oder?“ Er lachte. „Wie wär’s mit Frühstück?“ Es war zehn Uhr vorbei, die Sonne strahlte vom Himmel. Nein, heute nicht, heute und jetzt werde ich laufen. „Nein, jetzt nicht. Ich gehe joggen!“, antwortete ich bestimmt. Diesmal schüttelte er sich vor Lachen. „Ja klar!“ „Du wirst sehen, dass ich das jetzt mache!“ „Na, der wird sich anschauen, wie ich am Strand vor den scharfen Bräuten auf und ab laufe wie Paavo Nurmi, wie ich meine Kilometer in den Sand stampfe wie die tschechische Lokomotive Emil Zátopek.“ Ich schlüpfte ins Sportgewand, zog meine Sportschuhe an, nahm meine Uhr und sagte gereizt: „In einer Stunde bin ich wieder da.“ Rick grinste. „Magst nicht vorher noch was gegen den Brand tun?“ Gute Idee – ein Glas Wasser sollte reichen.

Endlich vor der Tür, wandte ich mich in Richtung Strand und rannte los. Haile Gebrselassie konnte nicht schneller und ästhetischer unterwegs sein; so fühlte es sich also an, wenn man jegliche Bindung zum Boden verlor, wenn man schwebte. Das Gefühl der Freiheit setzte ja doch schon nach wenigen Metern ein. Was ich noch fühlte, war das Geschwabbel an meinem Bauch, aber was sollte das schon gegen das Runner’s High ausrichten? Am Strand war ich schon einigermaßen außer Atem, ich spürte, wie mein Kopf so richtig heiß lief. Es war ja wohl auch schon ein wenig heiß. Ich wandte mich nach links, bis zum Ende der Liegestuhlreihe lief ich, dann drehte ich um – es sollte nun bis zum anderen Ende gehen. Die erste Kehre erwischte ich wunderbar, aber der Weg zur zweiten erwies sich als unüberwindbar. Ich meine, wenn jemand schon mal am Strand gelaufen ist, der wird wissen, wie das ist, wenn jeder Schritt zur Qual wird, wenn der Atem pfeift und die Muskeln schmerzen. Ich war jetzt seit knappen fünf Minuten unterwegs und musste mich hinsetzen. Ich warf mich vor einer Familie auf den Boden und japste.

„Geht es Ihnen gut?“, fragte mich eine Frau. „Jaja, alles bestens. Ich bin nur ein wenig aus der Puste!“ „Mama, ist das nicht der Mann, der immer vor der Zimmertür liegt, wenn wir zum Frühstück gehen?“ „Nein, Schatzi, nein. Ist er nicht.“ „Doch, das ist er. Ganz sicher.“ Lächelnd erhob ich mich, das Mädchen zeigte mit ausgestreckter Hand und Finger auf mich. Wusste es nicht, dass man nicht mit nacktem Finger auf angezogene Leute zeigt? „Das ist er!“, brüllte es. Ich lächelte und rannte weiter, besser gesagt, marschierte weiter.

Für den Anfang war das ja gar nicht mal so schlecht, oder? Fünf Minuten – für ’nen Marathon reichte es noch nicht, aber besser als nichts war das schon mal gewesen. Jetzt schnell unter die Dusche und dann könnte ich mir ein richtig großes Frühstück gönnen nach dieser Anstrengung. Verdammt, was hatte ich Rick gesagt? Eine Stunde?

Dann werd ich wohl zuerst frühstücken, sonst kann er auch noch beim Sport über mich lachen. Also begab ich mich in den Speisesaal. Dort herrschte kein reges Treiben, sondern eher schon die Ruhe vor dem Mittagssturm. Rick war nicht da, wie ich vermutet hatte.

An einem Tisch saßen die Animateure, unter ihnen Steve und Lina. Shit. Ich versuchte mich unbemerkt aus dem Raum zu schleichen, aber Steve hatte mich schon entdeckt. Er winkte mir. Jetzt musste ich wohl oder übel hingehen. Der Oberanimateur grinste breit, Lina sah mich mit ihrem Schafsblick an. Ob die sich heute schon einen Joint genehmigt hatte? Ihr Freund presste mir wie Rick sein Handy beinahe auf die Nase.

„Da, schau! Numero uno! Die war aber nicht schlecht, bist du narrisch!“ Er lachte laut. Ich grinste verlegen. „Wie schaut’s mit dem Schwachmatiker aus, der sich mit mir messen will? War er erfolgreich?“ „Ja, durfte auch landen in der Nacht.“ „Schau, das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. … Übrigens – wenn ich in deiner Situation gewesen wär, hätt ich die Lina auch gefragt, ob sie Lust hat. Ist ja ganz klar. Brauchst deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben. Die Lina ist das gewohnt, der macht das nichts aus.“

Na ja, da hatte ich aber einen anderen Eindruck, aber wenn er meinte. „Warst laufen?“ „Ja, hab ich zumindest versucht.“ „Ja, laufen ist toll. Vor allem danach ins Meer springen, das ist das Beste überhaupt.“ „Stimmt, das ist eine gute Idee, das mach ich doch sofort. Bis später!“ Ich stibitzte eine trockene Semmel vom Animateur-Tisch und machte mich wieder auf den Weg zum Strand. Heute war auch der Tag, an dem ich gegen das Bauchgeschwabbel vorzugehen begann, hatte ich eben beschlossen. Also – kein Frühstück. Heute war ein besonderer Tag.

„1:1 steht’s! Sag das Rick!“, brüllte er mir nach.

Am Strand zog ich meine Schuhe und mein Shirt aus und sprang ins kühle Nass. Das war ja wirklich herrlich. Danke, Steve! Nach einigen Schwimmzügen hatte ich genug geplantscht und legte mich zum Trocknen auf eine Liege. So stellte ich mir richtigen Urlaub vor, genau so. Genau das dachte ich, als ich von den Auswirkungen der langen Nacht noch ein wenig ermüdet sanft einschlummerte. Ich träumte von sanften Hügeln, wunderschönen Frauen, Wüste und Hitze und wachte mit pochenden Kopfschmerzen auf. Die Sonne knallte vom Himmel, es hatte circa siebzig Grad Celsius, und dann bemerkte ich es. Mein Kopf dröhnte und mein Rücken fühlte sich an wie im Backrohr. Shit, ich war in der Sonne eingeschlafen, ich, der ich doch so leicht einen Sonnenbrand kriegte. Mein Kopf, mein Rücken. MEIN RÜCKEN! Ich raffte mich auf und wankte ins Hotel. In meinem Kopf hämmerte Lars Ulrich von Metallica eine unbekannte Melodie. Ich sah einige Männer grinsen, einige Frauen schüttelten ihre Köpfe, als ich durch die Lobby schlenderte.

Gott sei Dank kam ich in mein Zimmer. Ich trank drei Gläser Wasser, nahm eine Kopfwehtablette und legte mich aufs kühle Bett.

Ich erwachte gegen 16 Uhr, als Rick gar nicht leise reinkam. „Verdammt, was ist denn mit dir passiert? Dein Rücken sieht aus wie ein frisch aufgeschnittenes Schnitzel. Bei der Farbe musst aufpassen, dass sie dich nicht irgendwo als Laterne aufstellen.“ Haha, der war ja wirklich lustig. Die Haut auf meinem Rücken spannte und brannte, das war nicht lustig. Zumindest aber waren die Kopfschmerzen verschwunden. Einen Sonnenstich hatte ich schon mal nicht. Aber einen Sonnenbrand! Ich schlurfte ins Bad – und betrachtete das Malheur. Ich sah ja aus wie so ein typisch englischer Griechenlandurlauber – kreideweiß am Bauch und rot, nein eher schon lila am Rücken. Ich brauchte eine After-Sun-Creme. „Rick, kannst du mir mal einen Gefallen tun?“ Keine Antwort. „Rick?“ Nichts. Er war schon wieder verschwunden. Also musste ich wohl selbst von irgendwoher eine Creme organisieren.

Vorsichtig streifte ich mir ein T-Shirt über (ah, au, ah!) und latschte durch die Lobby; auf und in meinem Rücken befand sich ein Heizstrahler, der unablässig arbeitete und schmerzte.

In einer Ecke der Lobby saß Rick mit einer Frau – Sonja. Die beiden turtelten wie zwei Halbwüchsige, Rick hatte den Arm um sie gelegt und schien ihr irgendetwas zu erklären. Stören wollte ich sie jetzt nicht, das tut man(n) nicht. Also wandte ich mich zur Rezeption, die wieder einmal nicht besetzt war, als plötzlich lautes Gebrüll von der Seite der Lobby, auf der Rick und Sonja sich unterhielten, zu hören war. Das Monster, der Goliath-Ehemann, stand vor den beiden und brüllte wie der einäugige Polyphem, dem Odysseus gerade das Augenlicht ausgebrannt hatte. Schrill kreischte die sichtlich erschrockene Sonja: „Ich dachte, du machst eine Radtour, Schatz!“ „Was heißt da Schatz? Sei lieber still!!“ Rick räusperte sich und versuchte den Wildgewordenen zu beruhigen. „Ähem. Es ist … Es war … Da ist nichts gewesen, ehrlich.“ „Dich Bürschchen werde ich mir jetzt vorknöpfen. Das hätte ich schon am Flughafen tun sollen.“ „Bertram, hör auf mich. Bitte! Es ist nichts passiert!“, flehte Sonja. Bertram? Rick lachte laut auf. Das war nicht gerade klug. Der Hüne stampfte auf, sprang zum Tisch, packte Rick am Shirt und schleuderte ihn wie ein Püppchen durch die Lobby.

„Lauf, Rick! Sieh, dass du wegkommst!“, rief ich. Er hörte nicht auf mich, sah mich aber an. In seinem Blick lag etwas Bedrohliches, eine Aggressivität, die ich bisher bei ihm noch nie gesehen hatte. Ich kannte ihn ja schon seit dem Kindergarten, er war nie durch besondere Brutalität oder Ähnliches aufgefallen. Jetzt aber erinnerte mich sein Gehabe, das Leuchten in seinen Augen an den Hund, den meine Eltern einmal gehabt hatten, den kleinen Cairn Terrier Benji, der aussah wie ein Stofftier, aber jeden Kampf annahm und nicht beendete, bevor er ihn gewonnen hatte. Dieses Tier war so irre gewesen, das hatte sogar ausgewachsene Igel ins Maul genommen und bitterböse geknurrt, wenn man es nur ansprach und versuchte, ihm diese Beute abzunehmen. Dieses Tier während einer solchen Jagd auch nur anzufassen, hätte keiner gewagt. Seine Schnauze war dann monatelang voller Stacheln, das war ihm egal.

Dieser Hund war so verrückt, trotzdem hätte sich kein Einbrecher Sorgen machen müssen, denn er biss ausschließlich Familienmitglieder. Mich hat er einmal ins Bein gebissen, als ich zufällig meine Beine unter dem Tisch ausstreckte, was er überhaupt nicht mochte. Seither mied ich dieses Kampfmonster wie der Teufel das Weihwasser.

Ganz gefährlich war für die Familie und für Bekannte vor allem das Verlassen der Wohnung, da stellte sich das kleine Haarbüschel vor die Tür und knurrte wie verrückt. Wollte man ihn dann zur Seite schieben, schnappte er einfach zu. Ich hätte den Köter schon gleich nach dem ersten Auftauchen dieser Krankheit einschläfern lassen, aber meinen Eltern war das Biest ans Herz gewachsen, die hatten ihre Freude daran.

Genau dieser Irrsinn lag nun in Ricks Blick.

Mein Freund stand auf, stellte sich breitbeinig hin und rief: „Na komm schon her, du Penner! Hier haben wir Platz!“ Das ließ sich der große Bertl nicht zweimal sagen. Er baute sich vor Rick auf, blies dabei seine Muskeln auf Monstergröße auf und grunzte zufrieden. Wie gebannt starrte ich auf Rick, der scheinbar emotionslos das Theater des Kolosses betrachtete. „Wird das gut gehen? Kann ich ihm irgendwie helfen? Wie sollte das funktionieren?“

Noch bevor ich eine dieser Fragen auch nur ansatzweise beantworten konnte, ließ der Bizeps-Kerl ein Brüllen los und preschte auf Rick zu, der immer noch ruhig dastand. Es konnte sich nur mehr um Bruchteile von Sekunden handeln, bis Ricks Schicksal besiegelt war. Intuitiv hatte ich mein Handy schon in der Hand, um schnellstens Sanitäter rufen zu können. Was war mit Rick los? Anstelle davonzulaufen oder sich eine passende Abwehrstrategie zu überlegen, schnitt er Grimassen und machte obszöne Gesten.

Der Riese stürmte heran, packte den eigentlich nicht so schmächtigen Rick mit einer Hand und wollte ihm augenscheinlich die Brust zerdrücken. Plötzlich und wie vom Donner gerührt krachte der Megalosaurus auf den Boden, ging in die Knie wie ein tödlich getroffenes Tier, wimmerte und jammerte gekrümmt am Boden liegend. Rick ließ grinsend von ihm ab. Was war passiert?

Sonja kam kreischend angerannt. „Bertram? Was ist mit dir? Rick, was hast du gemacht?“ Rick lachte laut. „Dein Göttergatte hat mein Knie gespürt, an einer Stelle, wo er diese Erfahrung niemals hat machen wollen!“ Aah – Rick hatte sich an die zaundürre Bärbel erinnert.

„Du bist ein Arsch! Das ist doch unfair!“, keifte nun Sonja. „Wieso? Er wollte mich töten, und ich habe mich gewehrt. Ich finde das nicht unfair.“ Sie kniete sich hin und bemitleidete ihren Gatten. „Komm, Schatz! Steh bitte auf. Lass mich dich aufs Zimmer bringen, ich werde dir helfen. Ich schwöre, da war nichts. Ich liebe doch nur dich!“ Er stöhnte schon etwas weniger verärgert.

Rick kam zu mir und grinste: „Mir ist die Bärbel eingefallen, die hat das doch in der Volksschule auch immer so gemacht, wenn der dicke Günther sie packte. Das ist eigentlich ganz einfach!“ Wir lachten und er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter.

Oh, verdammt. Das hätte er nicht machen sollen, denn der Schmerz durchfuhr mich wie ein Blitz. Ich ging stöhnend in die Knie.

„Klausi, was ist los?“ „Mein Sonnenbrand“, fauchte ich zerknirscht, „ich brauche dringend eine After-Sun-Lotion!“

„Geht es Ihnen gut? Kann ich Ihnen helfen? Ich bin Krankenschwester!“ Die Fragen galten mir, ich brauchte ein wenig, um das zu kapieren. „Nein, es geht schon“, presste ich hervor, Rick aber raunte mir zu: „Hör auf, die Mitleidsmasche ist manchmal äußerst hilfreich!“ „Ja, mein Freund hier hat einen Sonnenbrand, mit dem er auf jedem Hautärztekongress auftreten könnte. Haben Sie eine Idee, wie man dies behandeln könnte?“

„Sie haben Glück, ich war mal eine Zeit lang auf einer dermatologischen Abteilung. Zeigen Sie mal her!“ Ich zog mein T-Shirt ein wenig nach oben, wagte es gar nicht, die Frau dabei anzusehen, ihr Schreck war nicht zu überhören.

„Oh Gott! Was haben Sie gemacht?“ Kleinlaut musste ich zugeben, dass ich nach dem Joggen in der Sonne eingeschlafen war. „Kommen Sie mit, ich habe in meinem Zimmer eine Creme, die diese Verbrennungen zumindest ein wenig lindern kann.“ Rick zwinkerte mir aufmunternd zu, was so viel wie: „Vielleicht geht da was!“ bedeuten sollte. Ich konnte aber nicht einmal ansatzweise an Sex denken, auch wenn ich hätte wollen. Mein Rücken schmerzte viel zu sehr.

Sie nahm mich wie einen alten Mann am Arm, ich spürte ihren Körper an meiner Seite, was doch eine erotische Erregung in mir auszulösen begann, und während sie mich zu ihrem Zimmer führte, malte ich mir aus, was man in so einem Raum zu zweit alles anstellen könnte. Ich träumte von Zärtlichkeiten, Liebesgeflüster, Küssen, streichelnden Händen und vielem mehr. Vielleicht sollte ich sie fragen, ob sie sich das auch vorstellen konnte? Vielleicht sollte ich mein Glück versuchen? Vielleicht war sie gar nicht abgeneigt? Nur meinen Rücken und meine Schulter durfte sie nicht anfassen. „Hallo? Du Idiot! Diese Frau will dir helfen! Sie nimmt dich mit auf ihr Zimmer, weil dein Rücken einen Rotstich hat, gegen den ein Formel-1-Ferrari blass ist. Außerdem solltest du daran denken, was du dir im Flugzeug geschworen hast – du wirst mit Frauen nicht mehr über diese Dinge sprechen. Du hast dich ja ohnehin nicht wirklich daran gehalten, aber jetzt musst du es tun!“

Ich musste mich auf ihr Bett legen, nachdem ich mich aus dem Shirt geschält hatte. Die Haut auf meinem Rücken würde es mir bald nachmachen und sich auch recht anständig abtrennen. Aber das war mir im Moment egal, denn ich durfte den wunderbaren Duft dieser Frau atmen. Ihr Bett, ihr Polster, ihre Decke hatten ihn angenommen und ich versank ganz tief in diesem Wohlgeruch.

Sarah, so hieß meine Retterin, bestrich meinen knallroten Rücken mit einer Spezialcreme, die sie für ihren fünfjährigen Sohn im Sommer immer dabei hatte. Ich durfte mich dreißig Minuten nicht bewegen, was mir nicht nur sehr gut gefiel, sondern ich auch hervorragend konnte. Deutlich besser als ihr Fünfjähriger, musste sogar Sarah zugeben. Die dreißig Minuten waren auch notwendig, denn sie hatte mich mit einer solchen Zärtlichkeit angefasst, dass die romantischen Gefühle, die ich schon auf dem Weg zum Zimmer verspürte, dazu führten, dass ich nicht hätte aufstehen können. Herberts Frau hätte wieder was von Segeln und Masten gesagt, das war sicher.

Sie war wirklich nett, eigentlich die erste Frau in meinem Leben, die einfach so freundlich zu mir war, die mir half, die für mich da war – außer Mama natürlich. Mit dreizehn oder vierzehn, ich weiß es nicht mehr ganz genau, da war einmal ein Mädchen auch sehr nett zu mir. Zumindest hätte sie es sein können. Wieso fallen mir immer in den unpassendsten Momenten diese Geschichten ein?

Ich glaube, ich war schon vierzehn, als mir diese Königin, Martha, zum ersten Mal auffiel. Wochenlang schmachtete ich sie an, bis der Elternsprechtag in der Schule vor der Tür stand. Dort sollte ich es erfahren, Rick hatte beschlossen, dass ich an diesem Tag zumindest kusstechnisch entjungfert werden sollte. Von ihr. Ihm vertraute ich blind, und wenn er sagte, das würde so sein, dann glaubte ich es auch. Er verlangte nur von mir, mich in der Garderobe, die im Keller des Schulgebäudes untergebracht war, zu verstecken, dort zu warten und im richtigen Moment zuzuschlagen. Dann würde ich die Schule an diesem Abend zwar noch mit meinen Eltern, aber als Mann, als Abgenabelter verlassen können.

Ich schlüpfte zum vereinbarten Zeitpunkt unbemerkt von allen in die Garderobe und wartete darauf, dass sie auch auftauchte. Und tatsächlich, sie erschien. Ich stand auf, musste mich aber sofort wieder hinsetzen, weil meine Knie so stark zitterten. Ich weiß noch ganz genau, wie sie sich neben mich setzte und meine Hand nahm. Ich atmete neben ihr, meine Hände schwitzten, ich wagte nicht, sie auch nur anzusehen. Als wir so eine halbe Ewigkeit verbracht hatten, nahm ich meinen Mut zusammen und drehte mich zu ihr. Sie lächelte mich an und schloss die Augen. Ihre für mich allzu großen Erwartungen kann ich noch heute vor mir sehen, denn in dem Moment, als ich sie auf den Mund küssen wollte, rannten lärmende Erstklässler durch die Garderobe und zerstörten den Augenblick. Auch diese Chance habe ich vergeben, denn sie stand durch den Krach erschrocken auf, zwinkerte mir zu und verließ die doch ein wenig nach schweißigen Kinder- und Jugendlichenschuhen duftende Kleideraufbewahrung.

Als wir uns am nächsten Morgen in der Aula sahen, blickten wir beide verlegen zu Boden, seither habe ich sie nie wieder gesehen.

Sarah setzte sich nach einer Weile auf den Stuhl neben dem Bett.

„Ich habe dich jetzt schon länger beobachtet. Du bist nicht so wie dein Freund. Wie heißt der schnell noch mal?“

„Du meinst den unten in der Lobby? Das war Rick.“ Ich schluckte, sie hatte mich beobachtet. „Wie hast du mich beobachtet? Und warum?“

„Also, beobachtet ist vielleicht das falsche Wort, ich habe dich immer wieder einmal gesehen. In so einem Klub ist das ja eigentlich unvermeidlich. Vor allem wenn es genau nur zwei Single-Männer hier gibt, über die sich so wundervoll tratschen lässt.“

„Was tratschen, wer tratscht?“ Ich spürte eine gewisse Unruhe in mir aufsteigen.

Sarah plauderte munter weiter. „Na ja, du bist der, der schon zweimal vor der Tür schlafen musste, während sein Freund sich mit einer Frau vergnügte. Stimmt’s?“ Dabei lachte sie schallend. Ich nickte zerknirscht.

„Das lässt du dir gefallen? Ich meine, ich hätte ihm schon längst die Meinung gegeigt. Der kann doch zu den Mädels ins Zimmer, der muss ja nicht dein Bett belegen.“

Ich räusperte mich und war verlegen. Das Segel hatte sich soeben von selbst eingeholt, das war zumindest positiv.

„Ja, also …“, stotterte ich, „das ist so, dass … Unter Männern … Kann ja bei mir auch vorkommen, dann muss er …“

Sie kicherte. „Glaubst das wirklich?“ Ich sprang auf, mein Rücken brannte wie das heißeste Feuer der Hölle. „Hey, leg dich sofort wieder hin!“ Verdammt, hatte die einen Krankenhauston drauf, da musste man ja gehorchen.

„Wenn das bis morgen nicht besser wird, musst du zum Arzt. Entschuldige bitte mein Gelächter, aber ich denke nicht, dass du der Typ für so etwas bist.“ „Ach so? Glaubst du? Woher willst du das wissen? Woher?“ Ich fühlte Ärger in mir aufsteigen. Da saß eine Frau, die mich erst seit einigen Augenblicken kannte – und die mich vollkommen, wirklich vollkommen durchschaut hatte. Ich kam mir vor wie mit runtergelassenen Hosen, und das gefiel mir gar nicht. Vor allem nicht nach dem Ereignis mit Sabrina, und schon gar nicht, wenn die Hosen nicht zu einem bestimmten Zweck runtergelassen wurden.

„Frauen spüren so etwas“, war ihre schwammige Antwort. „Ach so? Frauen spüren das. Was spüren Frauen denn noch? Erzähl mal! Was habe ich heute gefrühstückt? Welches Duschgel verwende ich? Wann pflege ich in der Früh aufzustehen? Bin ich Links- oder Rechtsträger?“ Sie lachte laut auf, mir war aber gar nicht nach Lachen zumute.

„Es tut mir leid, ich kenne dich ja überhaupt nicht und maße mir ein Urteil über dich an. Und außerdem geht es mich ja auch gar nichts an.“ Das klang schon besser.

Ich wollte gerade losschimpfen, was sich manche Menschen erlauben, als mir auffiel, dass sie zu weinen begonnen hatte.

Was hatte ich jetzt angestellt? Da hilft mir diese wunderbare Frau und ich bringe sie zum Weinen!

„Entschuldige bitte, ich wollte nicht so …“, stotterte ich betroffen. „Das hat nichts mit dir zu tun.“ Sie blickte verlegen zu Boden und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen vom Gesicht. „Hab ich was Falsches gesagt?“ „Nein, nein. Überhaupt nicht.“

Sie sah unglücklich aus, das konnte sogar ich erkennen. „Darf ich dich heute noch zu einem Drink an der Bar einladen? Falls ich überhaupt ein T-Shirt anziehen kann …“ Ich wollte sie ablenken. „Also … nein danke. Du weißt, ich habe meinen Sohn mit, der jetzt gerade mit den Animateuren herumtollt, sonst hätte ich ja keine Zeit. Und abends, wenn er schläft, bin ich hundemüde.“

Ich stellte mir gerade vor, was Steve dem Kleinen da alles beibrachte – einen oder mehrere österreichische Aufrisssprüche. Einen Alpen-Aufriss-Rap mit Jodeleinlage. Oder Lina spielte Schaf … Ich musste schmunzeln.

„Was ist da jetzt witzig?“ „Ach nichts, ich musste gerade an die Animateur-Truppe denken. Vielleicht morgen? Ich muss mich irgendwie revanchieren. Ich meine, du hilfst mir, obwohl du mich überhaupt nicht kennst. Das ist wirklich nett.“

„Vielleicht morgen“, murmelte sie, „heute kannst du unter die Dusche springen und die Tinktur mal abwaschen.“

Ich stand auf, bedankte mich artig und huschte in mein Zimmer, zu dem ich um die Uhrzeit zumindest Zutritt hatte. Nach der erfrischenden Dusche schlüpfte ich in das weiteste Shirt, das ich finden konnte, und stapfte zum Abendessen. Die Hitze am Rücken machte mir schon zu schaffen. So sehr, dass ich nach dem Essen beschloss, heute mal im Klub zu bleiben, während Rick und Steve ihren Wettbewerb fortführen wollten. Es waren ja nicht einmal mehr zwei Wochen.

Beim Automaten holte ich mir noch ein Gutenachtbierchen; der Internet-PC war umlagert von Facebook-Kindern, die ihren Freunden in der Heimat unbedingt das heutige Menü posten mussten.

Grinsend und kopfschüttelnd schlich ich aufs Zimmer, während die Animateure – von Lina angeführt – mit den kleineren Kindern um den Pool tollten und alberne Liedchen sangen. Das Bier nippend saß ich auf dem Balkon und dachte über mein Leben nach. Diese Suche musste ein Ende haben, das wusste ich. Sie würde mich zerstören, weil ich so verbissen daran festhielt. Vielleicht hatte ich die Wünsche-Bücher nicht richtig gelesen, vielleicht hatte ich etwas falsch verstanden. Von Verbissenheit war darin nämlich nie die Rede, eher von Freude, Lockerheit.

Mit einigen Vorsätzen im Kopf legte ich mich schlafen – und das ausnahmsweise auf dem Bauch und nüchtern. Mama wäre stolz auf mich.

Wenn es im Zimmer nicht so heiß gewesen wäre, hätte man mich als Heizung gebrauchen können. – Wäre das vielleicht eine Marktlücke? Hm …

Nach wenigen Atemzügen riss mich etwas aus dem Schlaf. „Alter! Klausi! Wach auf!“ „Was ist los? Was ist passiert?“ Ich sprang aus dem Bett. Rick keuchte: „Mann, ich hab zwei scharfe Hasen hier, kannst du nicht das Zimmer räumen? Bitte!“ „Du spinnst wohl! Wie kannst du mich so erschrecken! Ich hab gedacht, es wäre was Schlimmes passiert!“ „Klausi! Bitte! Du weißt, dass ich damit in Führung gehen kann. Komm, lass mich nicht hängen!“ Verdammt. „Wo soll ich schlafen? Hä?“ „Es ist das letzte Mal, versprochen. Aber die beiden sind mit ihren Freunden hier, es geht nicht anders.“ „Shit! Rick, du weißt, was du da von mir verlangst? Wie spät ist es eigentlich?“ Es war knapp vor drei Uhr, die zwei Püppchen warteten im Vorraum, ich konnte sie kichern hören.

Scheiße, wieso war ich so gutmütig? Ich schnappte meine Decke, stapfte aus dem Zimmer. Mir blieb der Stuhl am Gang oder der Strand oder eine Liege beim Pool. Schöne Aussichten waren das nicht, aber was tut Mann nicht für seine Freunde?

„Du bist der Beste, Klausi!“ Rick jubelte, die zwei Frauen waren auch glücklich. „Es steht 3:1! Vergiss das nicht“, raunte Rick mir noch zu. „Ja, ja. Schon klar!“ Leise schlich ich durch das stille Hotel, ich war hundemüde. Rund um den Pool standen die Liegestühle, die ich mir zum Ziel gemacht hatte. Vorsichtigst legte ich mich hin, deckte mich zu und überlegte mir im Einschlafen, welche Gegenleistung ich von Rick fordern wollte.

„Guten Morgen! Schon wieder ausquartiert worden?“ Die Stimme kam mir bekannt vor. Sarah. Sie lachte, sie lachte mich aus. „Nein. Also. Na ja. Ja.“ „Du bist einfach zu gutmütig.“ Ich seufzte. „Du hast ja recht.“ „Wie geht es deinem Rücken? Lass mal sehen.“ Sie betrachtete meine Heizhaut lange. „Es sieht nicht so schlimm aus, heute noch mal eincremen, dann sollte eine normale After-Sun-Lotion auch reichen.“ „Wirklich? Das ist doch mal was! Was machst du so früh schon auf? Du hast doch auch Urlaub, oder?!“

„Ich kann nicht schlafen, mein Kleiner schnarcht noch vor sich hin, da wollte ich mal kurz frische Luft schnappen.“ „Du solltest am Abend ein Gutenachtbierchen trinken, das hilft! Kannst mir glauben!“ Sie grinste zaghaft. „Vielleicht sollte ich das.“

„Warum kannst du nicht schlafen? Also, wenn du es mir erzählen willst, leg los. Musst aber nicht.“ „Das ist nicht so einfach. Oder doch? Ich meine … Also.“ Sie blickte traurig zu Boden.

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