Kitabı oku: «Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht», sayfa 25

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Lässt man nun mit von Stackelberg nicht nur die ohnehin unrealistische Bedingung der Gleichzeitigkeit der Mengen- bzw. Preisentscheidungen von Oligopolisten (dh die Voraussetzung der völligen wechselseitigen Unkenntnis vom Marktverhalten der Konkurrenten) fallen, sondern sieht zudem auch von der ebenfalls wenig realistischen Voraussetzung der Homogenität der Güter ab und geht von der für Oligopole typischen Produktdifferenzierung aus, dann kommt man zu einem noch sehr viel realitätsnäheren Szenario. Im Falle der Produktdifferenzierung muss der zuerst handelnde Marktführer (first mover), wenn im Sinne des Bertrand-Modells die Preise als Wettbewerbsparameter eingesetzt werden, nur mit einer begrenzten Preisunterbietung durch die nachfolgenden Konkurrenten rechnen. Denn sie werden den vergleichsweise größten Profit erzielen, wenn sie sich am Preisführer orientieren. Da der Marktführer das in seinem Kalkül antizipieren kann, wird er den Preis vergleichsweise weit oberhalb des Wettbewerbspreises festlegen. Damit nähert sich das Oligopol tendenziell dem Monopol. Entsprechendes gilt aber auch für den Fall, dass im Sinne des Cournot-Modells die Produktionsmengen als Wettbewerbsparameter eingesetzt werden. Und dies entspricht am ehesten der tatsächlichen Unternehmenspraxis. Je größer die Produktdifferenzierung, desto unabhängiger sind die Oligopolisten voneinander. Sie werden daher die Mengen tendenziell so wie ein Monopolist festlegen, dh so, dass sich die Grenzerlöse dem Maximum nähern.

(2) Gesamtwirtschaftliche Perspektive

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Wenn also Oligopolisten unter der Voraussetzung der Produktdifferenzierung (dh heterogener, nur begrenzt austauschbarer Güter oder Leistungen) Mengen- und Preisspielräume haben, so bedeutet dies, dass für sie die Absatzkurve nicht – wie für Polypolisten – waagerecht verläuft, sondern abfällt. Somit sind für Oligopolisten im Prinzip Erlössteigerungen aufgrund von Mengenreduzierungen bzw. Preiserhöhungen möglich, was unter Bedingungen vollkommenen Wettbewerbs ausgeschlossen wäre. Das profitmaximierende Verhalten von Oligopolisten bezüglich ihrer jeweiligen Produkte wird daher im Prinzip durch dasselbe Kalkül bestimmt, welches für Monopolisten gilt: Das Maximum des Profits liegt im Schnittpunkt von Grenzerlöskurve und Grenzkostenkurve, dh dort wo Grenzerlöse und Grenzkosten gleich groß sind. Dieser Punkt liegt also auch unter Oligopolbedingungen nicht auf der Nachfrage- bzw. Absatzkurve! Auch der Oligopolpreis repräsentiert nicht die Grenzkosten, sondern ermöglicht die Entstehung von Profiten. Andererseits unterscheidet sich das Gesamtergebnis auch vom Monopol: Weil die Mengenfestsetzung jedes einzelnen Oligopolisten das Preisniveau für alle beeinflusst, jeder aber nur die für ihn relevanten Erlöswirkungen in Betracht zieht, liegt die Gesamtmenge im Oligopol tendenziell über der Menge, die ein Monopolist festlegen würde.

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Die gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen des Oligopols sind trotz allem nicht eindeutig: Generell lässt sich zwar sagen, dass Oligopolisten tendenziell geringere Mengen zu höheren Preisen produzieren als unter den Bedingungen vollkommenen Wettbewerbs zu erwarten wäre. Darin liegt jedenfalls eine Minderung der allokativen Effizienz, die allerdings weniger gravierend ausfällt als im Monopol. Andererseits lässt sich beobachten, dass zwar der Preiswettbewerb auf oligopolistischen Märkten mit differenzierten Gütern weitgehend ineffektiv ist. Der Wettbewerb verlagert sich aber auf andere Wettbewerbsparameter wie Qualität, Produktvielfalt oder Werbung, die wiederum zur Produktdifferenzierung beitragen. Im Falle homogener Güter spielt Werbung im Oligopol eine besonders wichtige Rolle, weil sie das wesentliche Instrument der Produktdifferenzierung darstellt: Für Produkte, die physisch mehr oder weniger identisch sind, kann den Verbrauchern allenfalls durch Werbemaßnahmen suggeriert werden, sie seien nicht austauschbar. In diesem Sinne haben Oligopolisten einen gewissen Einfluss auf die Nachfragekurve, auf die sie sich einstellen müssen.

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Das effektivste Mittel der Produktdifferenzierung ist naturgemäß die Innovation. Produktinnovation schafft Distanz zu Konkurrenzprodukten; sie mindert die Austauschbarkeit der Produkte. Innovation bezüglich der Produktionsverfahren verschafft Produktionskostenvorsprünge, die Preissenkungen ermöglichen, welche die Konkurrenten nicht mehr ohne weiteres wettmachen können. Es ist daher nicht auszuschließen, dass gerade im Oligopol erhebliche Innovationsanreize bestehen. Dies aber hat durchaus positive Wirkungen für die produktive und die dynamische Effizienz.

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Auch für die Marktform des Oligopols ist schließlich potentieller Wettbewerb von Bedeutung. Die „Bestreitbarkeit“ (contestability) von Märkten kann aber auch insoweit durch Marktzutrittsschranken begrenzt sein. Es ist unter bestimmten Voraussetzungen denkbar, dass ein Oligopol ganz und gar unangreifbar ist, weil die Struktur der Produktionskosten nur eine begrenzte Anzahl von Anbietern auf dem Markt zulässt. Das oben erläuterte Phänomen der Skalenerträge (economies of scale) bringt es mit sich, dass es für die Herstellung bestimmter Produkte eine optimale Betriebsgröße gibt, die relativ zur Marktnachfrage sehr groß sein kann. Dann ist es denkbar, dass der jeweilige Markt nicht mehr als eine begrenzte Zahl von Produktionsunternehmen aufnehmen kann. Unter solchen Bedingungen lässt sich die oligopolistische Marktstruktur nur dadurch aufbrechen, dass die Grenzen des Marktes gegenüber dem Weltmarkt geöffnet werden, so dass die Oligopolisten Konkurrenz aus dem Ausland erhalten. Im Zeitalter der Globalisierung bestehen dafür gute Chancen, aber auch der Weltmarkt kann zuweilen bereits oligopolistisch strukturiert sein.

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Selbst bei völliger Abwesenheit von Marktzutrittsschranken ist es möglich und sogar realistisch, dass der Markteintritt neuer Konkurrenten in einen oligopolistisch strukturierten Markt zwar zu einem Polypol, aber nicht zu vollkommenem Wettbewerb führt. Wenn die Produkte sämtlicher Konkurrenten hinreichend differenziert sind, um je für sich auf eine spezifische Nachfrage zu kostendeckenden Preisen zu stoßen, so ist der Wettbewerb eingeschränkt trotz des Vorhandenseins vieler Anbieter. Aufgrund der Produktdifferenzierung teilen sich die Anbieter den Markt gewissermaßen untereinander auf, ohne sich gegenseitig in der Existenz zu gefährden. Diese Form des Wettbewerbs ist plastisch als monopolistischer Wettbewerb gekennzeichnet worden: Die Wettbewerber setzen die Preise ähnlich wie Monopolisten und decken mit ihren Monopolpreisen ihre Durchschnittskosten. Aber die Durchschnittskosten befinden sich nicht – wie unter Bedingungen vollkommenen Wettbewerbs – im Minimum. Es wird also in jedem Fall weniger produziert als möglich, und dies zu Preisen, die über den Kosten liegen.

8. Effizienz- und Verteilungswirkungen

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Als Fazit ist festzuhalten, dass keine der beschriebenen Marktformen in der Lage ist, die Erreichung sämtlicher Effizienzziele gleichzeitig zu gewährleisten: Das Polypol garantiert allokative und produktive Effizienz, vernachlässigt aber die dynamische Effizienz. Das Oligopol hat allokative Ineffizienzen zur Folge, hält die Oligopolisten aber tendenziell durchaus zu produktiver Effizienz an. Darüber hinaus haben Oligopolisten starke Anreize zur Produktdifferenzierung durch Innovation und damit zu dynamischer Effizienz. Das Monopol führt zu allokativen und produktiven Ineffizienzen; es fördert auch nicht ohne weiteres die dynamische Effizienz.

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Was im Übrigen die Verteilungswirkungen anbetrifft, so führt allein die Marktform des Polypols zur Verteilung der Ressourcen zwischen Anbietern und Nachfragern nach der jeweiligen Marktleistung. Im Monopol kommt es hingegen zu einer nicht unbeträchtlichen Umverteilung zu Gunsten des Monopolisten und zu Lasten der Nachfrager (bzw. im Monopson zugunsten des Monopsonisten und zu Lasten der Anbieter). Dabei handelt es sich aber nicht um ein Nullsummenspiel, denn der Monopolist erhält in Gestalt der Monopolrente nicht alles, was den Nachfragern entgeht. In Höhe des „dead weight loss“ geht vielmehr ein Teil der Konsumenten- und der Produzentenrente völlig verloren. Ebenso, wenn auch in jeweils geringerem Umfang, verhält es sich im Fall oligopolistisch strukturierter Märkte.

III. Realfaktoren

Literatur:

Simon „bounded rationality“, in: Eatwell/Milgate/Newman (eds.) The New Palgrave – A Dictionary of Economics, Vol. I (1987) 266; Conlisk Why bounded rationality? Journal of Economic Literature 34 (1996) 669; Heise Ende der neoklassischen Orthodoxie? Wieso ein methodischer Pluralismus gut täte, Wirtschaftsdienst 2007, 442; Mestmäcker/Schweitzer Europäisches Wettbewerbsrecht (3. Aufl. 2014) § 3 Wettbewerb der Unternehmen, VII. Grenzen ökonomischer Wohlfahrtstheorien, 83 ff.

1. Relativierung des Rationalitätsaxioms

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Die bisher vorgestellte mikroökonomische Analyse des Marktverhaltens von Unternehmen basiert weitgehend auf der traditionellen „neoklassischen“ Wohlfahrtstheorie, die ihren modellhaften Ableitungen die Annahme zugrunde legt, dass das Handeln aller Marktteilnehmer zielgerichtet an der Profitmaximierung orientiert ist (Rationalitätsaxiom), dass es auf der optimalen Verarbeitung aller relevanten Informationen beruht, und dass Markttransaktionen nicht mit besonderen Kosten verbunden sind (insgesamt: Modell des homo oeconomicus). Nur auf der Basis dieser Axiome lassen sich die einzelwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Kalküle, die sowohl der Analyse des unternehmerischen Entscheidungsverhaltens als auch der Auswirkungen unterschiedlicher Marktformen (Marktstrukturen) auf dieses Verhalten zugrunde liegen, logisch konsistent ableiten. Nur unter der Geltung dieser Annahmen sind nämlich Marktteilnehmer in der Lage, sich so zu verhalten wie es die neoklassische Ökonomie von ihnen im Hinblick auf optimale (effiziente) Investitions-, Produktions- und Absatzentscheidungen erwartet. Nur auf der Grundlage des Modells des homo oeconomicus ist die neoklassische ökonomische Theorie daher auch in der Lage, die gesamtwirtschaftliche Effizienz aus der Effizienz des einzelwirtschaftlichen Handelns der Unternehmen abzuleiten.

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Der neoklassische Ansatz blendet allerdings im Interesse der Stringenz seiner Ableitungen wesentliche Aspekte des tatsächlichen Verhaltens von Marktteilnehmern aus. Das ist legitim, wenn es darum geht, modellhaft grundlegende Wirkungszusammenhänge zu verstehen, die das Verhalten von Unternehmen auf Märkten bestimmen. Die neoklassische Theorie hat auf diesem Wege eindrucksvolle Erkenntnisse hervorgebracht. Und die Prognosekraft des Modells ist durchaus beachtlich. Allerdings muss Klarheit darüber bestehen, dass die Prognosen, die aufgrund des neoklassischen Ansatzes möglich sind, den Charakter statistischer Durchschnittsvorhersagen haben. Es handelt sich um abstrakte Mustervoraussagen, die sich nicht auf bestimmte Ergebnisse unternehmerischen Handelns im einzelnen Fall erstrecken. Die Folgen eines konkreten Marktverhaltens hängen vielmehr von der Gesamtheit der über den Markt vermittelten Reaktionen und Interaktionen aller Marktteilnehmer ab. Wenn aber der neoklassische Ansatz ungeeignet ist, um die konkreten Wirkungen des Marktverhaltens eines bestimmten Unternehmens und die mit diesem Verhalten verfolgten unternehmerischen Zwecke einzuschätzen,[22] dann ist dafür ein umfassenderer Ansatz erforderlich, der auch Bestimmungsfaktoren unternehmerischen Verhaltens einbezieht, die realitätsnäher sind. Ein solcher Ansatz ist zwar notwendigerweise weniger stringent als ein neoklassisches Modell. Für das Verständnis des tatsächlichen Verhaltens von Unternehmen auf Wettbewerbsmärkten, um dessen wettbewerbliche Beurteilung es geht, ist er aber wesentlich angemessener und deshalb unverzichtbar. Neuere ökonomische Forschungsrichtungen haben sich um die Erkenntnis der tatsächlichen Bestimmungsfaktoren des menschlichen Verhaltens und um Konzepte für deren Bewältigung durch rechtliche Institutionen bemüht. Die bisherigen Ergebnisse dieser Bemühungen sind für das Verständnis des Wettbewerbsverhaltens von Marktteilenehmern und damit für die Formulierung und Anwendung der Wettbewerbsregeln von fundmentaler Bedeutung.

2. Verhaltensökonomik

Literatur:

Simon Models of Man – Social and Rational (1957); Ders., „behavioral economics“, in: Eatwell/Milgate/Newman (eds.) The New Palgrave – A Dictionary of Economics, Vol. I (1987) 221; Ders. „bounded rationality“, aaO 266; Conlisk Why bounded rationality? Journal of Economic Literature 34 (1996) 669; Sunstein (ed.) Behavioral Law & Economics (2000); Fehr/Schwarz Psychologische Grundlagen der Ökonomie (3. Aufl. 2003); Eidenmüller Der homo oeconomicus und das Schuldrecht: Herausforderungen durch Behavioral Law and Economics, JZ 2005, 216; Wagner-von Papp Marktinformationsverfahren: Grenzen der Information im Wettbewerb (2004), E. Experimentelle Ökonomie und „Behavioral Econcomics“, 114 ff.; Pesendorfer Behavioral Economics Comes of Age: A Review Essay on Advances in Behavioral Economics, Journal of Economic Literature 44 (2006) 712; Wurmnest Marktmacht und Verdrängungsmissbrauch (2. Aufl. 2010) 188 ff.

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Die junge Disziplin der experimentellen Verhaltensökonomik (behavioral economics), die den Realitätsgehalt der im Modell des homo oeconomicus enthaltenen Annahmen empirisch zu testen versucht, belegt, dass das tatsächliche Entscheidungsverhalten von Menschen mit den im Modell enthaltenen Rationalitätsannahmen häufig nicht übereinstimmt. Es fehlt in der Regel an vollständiger Information über die Handlungsalternativen, auch ist die Informationsverarbeitungskapazität in der Regel begrenzt, es besteht Unsicherheit über die Handlungsfolgen. Der Handelnde ist sich oft nicht einmal selbst im Klaren über seine Präferenzen und deren Verhältnis zueinander. In diesem Sinne kann man in der Realität nur von einer eingeschränkten Rationalität (bounded rationality)[23] sprechen. Auch die von der streng neoklassisch (dh auf das Basis des Rationalitätsaxioms argumentierenden) Chicago-School of Antitrust[24] vertretene Hypothese, dass jedenfalls „der Markt“ als Gesamtheit aller Transaktionen zwischen den Marktteilnehmern sämtliche verfügbaren Informationen vollständig verarbeite und daher insgesamt „effizient“ sei (efficient market theory), ist durch die 2008 einsetzende „Finanzkrise“ empirisch widerlegt.

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Empirische Untersuchungen haben in vielen Fällen gezeigt, dass das tatsächliche Verhalten von Menschen gemessen am Modell des homo oeconomicus Anomalien aufweist. Die Befunde haben bislang zwar nicht zu einem „konkurrenzfähigen“ theoretischen Modell geführt, dessen analytische Kraft mit dem Modell des homo oeconomics vergleichbar wäre. Für die Bewertung menschlichen Verhaltens und gerade auch für die wettbewerbliche Bewertung des Marktverhaltens von Unternehmen sind sie aber von erheblicher Bedeutung. So ist beispielsweise die im Konzept der allokativen Effizienz enthaltene Annahme, dass die Wahlhandlungen von Marktteilnehmern ihre wahren Präferenzen reflektieren, zumindest hinsichtlich ihrer generellen Geltung empirisch widerlegt.[25] Man muss daher davon ausgehen, dass im Hinblick auf die konkrete Beurteilung des unternehmerischen Verhaltens auf Wettbewerbsmärkten eine zutreffende Effizienzanalyse nicht ohne weiteres möglich ist und schon gar nicht umstandslos von der einzelwirtschaftlichen Effizienz auf die gesamtwirtschaftliche Effizienz geschlossen werden kann.

3. Transaktionskostenökonomik

Literatur:

Coase The Nature of the Firm, Economica, N.S. IV (1937) 386; Ders. The Problem of Social Cost, J. Law & Econ. 3 (1960) 1, deutsch: Das Problem der sozialen Kosten, in: Assmann/Kirchner/Schanze (Hrsg.) Ökonomische Analyse des Rechts (1978) 146; Williamson, Markets and Hierarchies – Analysis and Antitrust Implications (1975); Ders. Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus (1990); Richter/Furubotn Neue Institutionenökonomik (3. Aufl. 2003).

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Das neoklassische Rationalitätsmodell weicht in einem weiteren Punkt, der zentral für das Verständnis des Marktverhaltens von Unternehmen ist, von der Realität ab, indem es die Existenz von Transaktionskosten bewusst vernachlässigt.[26] Alle Transaktionen, die von Produzenten oder Abnehmern durchgeführt werden, sind unvermeidlich mit Kosten (Transaktionskosten) verbunden, gleichgültig ob es sich um marktförmige Tauschprozesse handelt oder um Entscheidungen und deren Umsetzung innerhalb von Unternehmensorganisationen. Marktförmige Transaktionen erfordern stets Investitionen in die Gewinnung der relevanten Informationen, in die Verhandlung der Tauschbedingungen sowie in die Durchsetzung dieser Bedingungen gegenüber den Tauschpartnern (Markttransaktionskosten).[27] Unternehmensinterne Entscheidungen von „Vorgesetzten“ (principals) erfordern über die Gewinnung der entscheidungsrelevanten Informationen hinaus Maßnahmen zu ihrer Durchsetzung gegenüber den jeweils Untergebenen (agents) sowie Kontrollen bezüglich ihrer Durchführung (Unternehmenstransaktionskosten).[28] Es gibt also stets Such- und Informationskosten, Verhandlungs- und Entscheidungskosten sowie Durchsetzungs- und Überwachungskosten.

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Von diesen Kosten abstrahiert die neoklassische Theorie. Sie können jedoch „effiziente“ Unternehmensentscheidungen im Einzelfall verhindern bzw. verzerren. Aus ihrer Existenz folgt ferner, dass die Marktteilnehmer stets auf der Grundlage unvollständiger Information entscheiden: sie werden immer nur so viel in die Informationsbeschaffung investieren wie ihnen für die jeweilige Transaktion gerade nützlich erscheint. Auch ist die Kapazität zur Verarbeitung vorhandener Informationen prinzipiell begrenzt. Darüber hinaus gibt es gerade beim Handeln auf Märkten stets Unsicherheit darüber, wie andere Marktteilnehmer auf die eigenen Entscheidungen reagieren werden. Das Wissen über solche Reaktionen ist zwar essentiell für das weitere Verhalten am Markt. Es kann aber nur durch die ständige Beobachtung der Marktprozesse gewonnen werden, die letztlich über die Bestätigung oder Enttäuschung der ursprünglichen Erwartungen entscheiden. Ohne das Modell des homo oeconomicus als dem maßgeblichen heuristischen Bild von den Marktteilnehmern insgesamt aufzugeben, geht daher auch die Transaktionsökonomik zu Recht von einer nur eingeschränkten Rationalität (bounded rationality) aus.[29]

4. Institutionenökonomik

Literatur:

Erlei/Leschke/Sauerland Neue Institutionenökonomik (1999); Homann/Suchanek Ökonomik (2000); Göbel Neue Institutionenökonomik (2002); Richter/Furubotn Neue Institutionenökonomik (3. Aufl. 2003).

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Wegen der beschriebenen Rationalitätsbeschränkungen und der Existenz von Transaktionskosten sind Institutionen als Instrumente der Problembewältigung von zentraler Bedeutung. Darunter sind alle Systeme formeller oder informeller Regeln (Normen) zu verstehen, die als Handlungsrestriktionen verhaltenssteuernd wirken.[30] Solche Normen können ihre Grundlage im objektiven Recht (den Gesetzen) haben wie auch in vertraglich zwischen Marktteilnehmern vereinbarten Arrangements oder unternehmensinternen Richtlinien. Ihr Zweck besteht stets in der Überwindung der Probleme, die sich aus den beschriebenen Rationalitätsbeschränkungen ergeben. Regeln (Normen) dienen also der Minderung von Transaktionskosten, der Kompensation von Informationsdefiziten und der Bewältigung von Unsicherheiten. Das ist der Sinn sowohl von staatlichen Rechtsnormen, die für Wettbewerbsmärkte als solche (auf der Systemebene) konstitutiv sind, als auch von vereinbarten vertraglichen Normen, mit deren Hilfe die Marktteilnehmer (auf der Transaktionsebene) ihr Marktverhalten planen, oder von unternehmensinternen Richtlinien, mit denen principal-agent Probleme überwunden werden sollen.

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Zu den in diesem Sinne für Wettbewerbsmärkte (auf der Systemebene) konstitutiven Institutionen (Normen) gehören nicht nur die privatrechtlichen Regeln über den Schutz von Eigentumsrechten und über den Abschluss und die Durchführung von Verträgen, sondern auch die marktkonformen staatlichen Regulierungen sowie die Wettbewerbsregeln, die der Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen dienen. Die genannten privatrechtlichen Normen vermindern die Transaktionskosten, kompensieren Informationsdefizite und beseitigen Unsicherheiten bezüglich des Verhaltens der Vertragsparteien. Marktkonforme staatliche Regulierungen dienen teils der Gewährleistung der Gewerbefreiheit, dh des Rechts auf freie wirtschaftliche (privatnützige) Betätigung, teils der Überwindung von Marktversagen (im Interesse der Allgemeinheit)[31]

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Die Wettbewerbsregeln dienen der Offenhaltung des Wettbewerbsprozesses als solchen, und zwar im Sinne des Rivalisierens von Konkurrenten und der Auswahlfreiheit der Marktgegenseite. Die Offenheit des Wettbewerbsprozesses ist die Grundbedingung dafür, dass er die Funktion der Informationsgewinnung erfüllen kann, und zwar für alle Marktteilnehmer gleichermaßen. Denn die Frage, was, wie und für wen produziert und zu welchen Preisen es verkauft bzw. von wem es gekauft und konsumiert werden soll und kann – m.a.W.: die Frage nach der Effizienz im neoklassischen Sinne – muss von allen Marktteilnehmern ständig neu entschieden werden können.

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Aus mehreren Gründen kann dies grundsätzlich – abgesehen von bestimmten Fällen des Marktversagens – nur in einem System dezentraler Entscheidungen geschehen, in dem jeder Marktteilnehmer die Chance hat, seinen individuellen Wirtschaftsplan im Wege von Austauschgeschäften (Markttransaktionen) mit den Wirtschaftsplänen aller anderen Marktteilnehmer abzustimmen. Es wäre völlig ausgeschlossen, dass eine zentrale Stelle über sämtliche Informationen verfügt, die zur Koordination der individuellen Wirtschaftspläne von Produzenten und Konsumenten erforderlich sind. Diese Informationen sind vielmehr über sämtliche Marktteilnehmer verteilt. Nur durch die ständige Interaktion der Marktteilnehmer lassen sich die relevanten Informationen darüber gewinnen, welche Produktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und wie die Konsumenten auf die alternativen Angebote reagieren. Im Wettbewerbssystem werden diese Informationen insbesondere über die Preise vermittelt. Gesamtwirtschaftliche Effizienz ist somit das Ergebnis eines Suchprozesses, der für die Teilnahme aller Produzenten und Konsumenten offen sein muss. Der wettbewerbliche Entdeckungsprozess bringt allerdings entsprechende Unsicherheiten für die Marktteilnehmer mit sich. Es sind aber gerade diese Unsicherheiten, die ihnen die Anreize vermitteln, ihre Leistungen im Verhältnis zu den Konkurrenten ständig zu verbessern. Denn nur wenn die ursprünglichen Erwartungen eines Marktteilnehmers hinsichtlich der Reaktion anderer Marktteilnehmer enttäuscht werden können, vermittelt der Wettbewerbsprozess den erwünschten Zwang zur Anpassung durch Innovation. Verbote, den Wettbewerb zu beschränken, haben daher gerade die Aufgabe, solche Unsicherheiten und damit die entsprechenden Leistungsanreize zu erhalten.[32] Das liegt im öffentlichen Interesse.

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Andererseits sind die Marktteilnehmer je für sich naturgemäß bestrebt, die Transaktionskosten sowie die Informationsunvollkommen und Erwartungsunsicherheiten bezüglich der wirtschaftlichen Voraussetzungen und Folgen ihrer Entscheidungen zu minimieren. Diesem Zweck dient das gesamte Netz von Vertragsbeziehungen, die der Organisation eines Unternehmens sowie der Produktion und dem Vertrieb von Gütern oder Leistungen zugrunde liegen. Verträge sind somit das wesentliche wirtschaftliche institutionelle Planungsinstrument der Marktteilnehmer. Die Vertragsgestaltung ist daher stets Ausdruck des wettbewerblichen Verhaltens von Unternehmen. Durch die ständige Verbesserung ihrer Vertragsgestaltung im Sinne der Minimierung von Transaktionskosten sowie der Minimierung bzw. Verteilung der Risiken, die sich aus den unvermeidlichen Informationsdefiziten und Erwartungsunsicherheiten (dh also: aus der eingeschränkten Rationalität) ergeben, versuchen die Marktteilnehmer legitime Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Im Erfolgsfall müssen dann die Konkurrenten entsprechende Wettbewerbsnachteile kompensationslos hinnehmen. Bedenklich wird es allerdings dann, wenn die Vertragsbedingungen negative Rückwirkungen auf die Zukunftsoffenheit des Wettbewerbsprozesses selbst entfalten, indem sie die künftigen Entscheidungsspielräume von Konkurrenten oder Abnehmern einschränken, die für deren künftiges Wettbewerbsverhalten konstitutiv sind. Zwischen legitimer Bewältigung der Probleme eingeschränkter Rationalität und illegitimer Beseitigung der Unsicherheiten des Wettbewerbs durch die Festlegung anderer Marktteilnehmer auf ein bestimmtes künftiges Marktverhalten verläuft oft ein schmaler Grat. Die zutreffende Grenzziehung ist die zentrale Aufgabe der Wettbewerbspolitik und des Wettbewerbsrechts, die sich dabei an bestimmten „Leitbildern“ orientieren.

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