Kitabı oku: «Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht», sayfa 37

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1. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR)

Literatur:

Baldi Das Wettbewerbsrecht des EWR-Abkommens, in: Zäch/Thürer/Weber (Hrsg.) Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1992) 51; Baudenbacher Drittstaatsverträge, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, Bd. 1 Europäisches Recht (2005), Rn. 52 ff.; Jakob-Siebert Wettbewerbspolitik im europäischen Wirtschaftsraum (EWR), WuW 1992, 393; Gugerbauer EWR-Kartellrecht (1993); Diem Überblick über das EWR-Kartellrecht, WuW 1994, 522; Immenga/Mestmäcker Das EU-Wettbewerbsrecht im EWR, in: dies. (Hrsg.) Wettbewerbsrecht, Band 1/2 Teile – Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht (5. Aufl. 2012) Einl. EU E., 77.

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Das EWR-Abkommen (EWRA) vom 2.5.1992[66] übernimmt in Art. 53 und 54 wortwörtlich das Kartellverbot sowie das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung wie es unionsrechtlich in Art. 101 bzw. 102 AEUV niedergelegt ist. Inbegriffen ist gem. Art. 53 Abs. 3 EWRA auch der Freistellungstatbestand des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Der Bezug zur Integration der Wirtschaftsräume (Marktöffnung) wird in beiden Verboten durch das Erfordernis der „Beeinträchtigung des Handels zwischen den Vertragsparteien“ (dh zwischen der EU und dem EWR) hergestellt. Die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen soll gem. Art. 57 EWRA die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung verhindern, durch die wirksamer Wettbewerb „im räumlichen Geltungsbereich“ des EWRA erheblich behindert wird. Die Bestimmungen des Abkommens werden ergänzt durch die Protokolle 21–24 sowie gem. Art. 60 EWRA durch den Anhang XIV, der die Vorschriften zur Durchführung der Wettbewerbsregeln enthält. Soweit im EWRA keine ausdrücklichen Regelungen getroffen worden sind, wird darin auf EU-Recht verwiesen. Insbesondere erstreckt sich daher im Hinblick auf das Kartellverbot das seit Inkrafttreten der KartellVO 1/2003 geltende Prinzip der integralen Anwendung des Art. 101 Abs. 1 und 3 AEUV auch auf Art. 53 Abs. 1 und 3 EWRA. Ferner gelten auch im EWR die Gruppenfreistellungsverordnungen der EU (so Anhang XIV) und im Hinblick auf die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen findet die EU-Fusionskontrollverordnung (FKVO 139/2004) Anwendung (teils über Anhang XIV, teils über Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Protokoll 21). Im Übrigen nimmt Anhang XIV auch Bezug auf die Bekanntmachungen und Leitlinien der Kommission betreffend die Auslegung der Wettbewerbsregeln.

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Aufgrund des Homogenitätsgebots[67] sind die Wettbewerbsregeln im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zum Unionsrecht auszulegen. Das Sekundärrecht der EU hat dabei im EWR dieselben Wirkungen wie in der EU (Art. 7 EWRA). Soweit es dabei bestimmter Anpassungen des Wortlauts bedurfte, sind diese in Anhang XIV zum EWRA aufgeführt. Sobald die EU einen Rechtsakt mit Relevanz für den EWR erlässt, beschließt der Gemeinsame EWR-Ausschuss (Art. 92–94 EWRA) eine entsprechende Regelung für den Bereich des EWR, der dann von den EFTA-Staaten gemäß ihrem nationalen Recht in Kraft zu setzen ist. Der einheitliche persönliche Anwendungsbereich der Wettbewerbsregeln im gesamten EWR wird dadurch gesichert, dass der Begriff „Unternehmen“ in Art. 1 des Protokolls 22 ausdrücklich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH[68] dahingehend definiert wird, das er jedes Rechtssubjekt erfasst, „das eine kommerzielle oder wirtschaftliche Tätigkeit ausübt“. Im Hinblick auf die Rechtsanwendung im EWR übernimmt die EFTA-Überwachungsbehörde die Funktion, die in der EU von der Kommission erfüllt wird (Art. 108 Abs. 1 und 55 EWRA); beide Behörden arbeiten nach Maßgabe der Protokolle 21–24 zum EWRA eng zusammen. Für die Anwendung der Wettbewerbsregeln im Einzelfall ist jedoch stets nur eine der beiden Behörden zuständig („one stop shop“-Prinzip). Die Verteilung der Fälle richtet sich nach den in Art. 56 und 57 EWRA niedergelegten Kriterien. Die Rolle des EuGH übernimmt der EFTA-Gerichtshof (Art. 108 Abs. 2 EWRA). Für den Fall von Divergenzen der Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe sieht Art. 111 EWRA ein Streitbeilegungsverfahren vor.

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Art. 61 Abs. 1 EWRA enthält ferner ein Beihilfenverbot, das mit Art. 107 Abs. 1 AEUV übereinstimmt. Im Übrigen gelten gem. Art. 61 Abs. 2 und 3 EWRA dieselben Ausnahme- und Freistellungstatbestände, die in Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV vorgesehen sind. Auch das Beihilfenkontrollverfahren, für das im Rahmen des EWR die EFTA-Überwachungsbehörde zuständig ist, folgt gem. Art. 62 denselben Regeln wie sie in Art. 108 AEUV vorgesehen sind. Die beihilferechtlichen Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde sowie deren Zusammenarbeit mit der EU-Kommission sind in den Protokollen 26 und 27 näher definiert. Anhang XV führt die in diesem Bereich relevanten sekundärrechtlichen Rechtsakte der EU auf. Die Zusammenarbeit der beiden Behörden im Hinblick auf die Beihilfenkontrolle ist in Art. 64 EWRA besonders geregelt mit dem Ziel, Divergenzen auszuräumen.

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Schließlich spricht Art. 65 EWRA auch das öffentliche Auftragswesen an und verweist insoweit auf die im Anhang XIV aufgeführten sekundärrechtlichen Bestimmungen der EU, die in diesem Bereich gelten (siehe dazu oben Rn. 451 ff.).

2. Beitrittsassoziierungen

Literatur:

Anik Competition Rules in Turkey, ECLR 1997, 311; Hansen Wettbewerbsschutz in Mittel-/Osteuropa – Zum Beitrag des Kartellrechts für den Übergang zur Marktwirtschaft, WuW 1994, 1002; Thiel Das Wettbewerbs- und Kartellrecht in Osteuropa, Osteuropa Recht 41 (1995) 99; Baudenbacher Drittstaatsverträge, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, Bd. 1, Europäisches Recht (2005), Rn. 267 ff.; Nedkova Bulgarien, in: Behrens (Hrsg.) Die Angleichung der Wettbewerbsregeln in den neuen und zukünftige Mitgliedstaaten an das Unionsrecht III (2012); Repas Slowenien, in: Behrens (Hrsg.) Die Angleichung der Wettbewerbsregeln in den neuen und zukünftige Mitgliedstaaten an das Unionsrecht IV (2013); Boga Turkey, in: Behrens (Hrsg.) The adaptation of competition rules in new and future member states of the European Union V (2015).

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Bestimmungen, die den Schutz des Wettbewerbs vor Beschränkungen betreffen, finden sich auch in den völkerrechtlichen Abkommen der EU mit Drittstaaten, die gem. Art. 217 AEUV [ex Art. 310 EGV, ex Art. 238 EWGV] ein Assoziierungsverhältnis mit dem Endziel eines Beitritts zur EU (Beitrittsassoziierung) begründen (siehe oben Rn. 189 ff.). So ist in dem mit der Türkei im Jahre 1963 abgeschlossenen Abkommen zunächst ausdrücklich festgestellt worden, dass die Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrags auch im Rahmen des Assoziierungsverhältnisses zwischen der EWG und der Türkei „anwendbar zu machen sind“ (Art. 16). Die Realisierung dieser Absichtserklärung erfolgte erst später durch einen Beschluss des Assoziationsrats zur Errichtung einer Zollunion zwischen den Vertragsparteien.[69] Darin sind die Wettbewerbsregeln der Zollunion festgelegt, die hinsichtlich des Kartellverbots einschließlich der Freistellungsmöglichkeit (Art. 32) und des Verbots des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 33) wörtlich mit den entsprechenden Bestimmungen der Art. 101 und 102 AEUV übereinstimmen. Die wettbewerbliche Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ist jedoch nicht angesprochen worden. Andererseits enthält der Beschluss des Assoziationsrats auch ein Beihilfenverbot (Art. 34), das einschließlich der Ausnahme- und Freistellungstatbestände die Regelung des Art. 107 AEUV übernimmt. Der Bezug zur Marktöffnung wird hier durch das Kriterium der Beeinträchtigung des Handels „zwischen der Gemeinschaft und der Türkei“ hergestellt. Für die Auslegung dieser Bestimmungen sind gem. Art. 35 die im Unionsrecht entwickelten Kriterien maßgeblich. Im Hinblick auf das öffentliche Beschaffungswesen sah der Beschluss des Assoziationsrats in Art. 48 Verhandlungen über die gegenseitige Marktöffnung vor. Darüber hinaus wurde die Türkei verpflichtet, ihre Rechtsvorschriften im Bereich der Wettbewerbsregeln mit denen der EG kompatibel zu machen. Die dafür erforderlichen Schritte wurden näher festgelegt. Sie umfassten gem. Art. 39 die Einführung eines dem Art. 85 EWGV [jetzt: Art. 101 AEUV] entsprechenden Kartellverbots sowie eines dem Art. 86 EWGV [jetzt: Art. 102 AEUV] entsprechenden Verbots des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, die Errichtung einer Wettbewerbsbehörde sowie die schrittweise Anpassung der Beihilferegelungen. Im Hinblick auf öffentliche Unternehmen wurde die Türkei gem. Art. 41 auf die Einhaltung der in Art. 90 EGV [jetzt: Art. 106 AEUV] niedergelegten Regeln verpflichtet. Im Übrigen wurden wechselseitige Notifikationspflichten bezüglich wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweisen vorgesehen. Die Türkei ist ihren Verpflichtungen weitgehend bereits durch ein Gesetz zum Schutz des Wettbewerbs von 1994 nachgekommen.[70]

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Auch die Europa-Abkommen (EA) zur Vorbereitung des Beitritts mittel- und osteuropäischer Länder (MOEL) zur EU (siehe oben Rn. 191) enthielten Bestimmungen über den Schutz des Wettbewerbs vor Beschränkungen, die den Handel zwischen der EU und den betreffenden Staaten beeinträchtigten. Allerdings beschränkten sich die Regelungen auf ein Kartellverbot entsprechend Art. 85 Abs. 1 EWGV [jetzt Art. 101 Abs. 1 AEUV], ein Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung entsprechend Art. 86 EWGV [jetzt: Art. 102 AEUV] und ein Beihilfenverbot entsprechend Art. 92 Abs. 1 EWGV [jetzt: Art. 107 Abs. 1 AEUV].[71] Für ihre Auslegung sollten die im Unionsrecht entwickelten Kriterien maßgeblich sein. Die jeweiligen Assoziationsräte sollten innerhalb von drei Jahren die erforderlichen Durchführungsbestimmungen verabschieden und dabei insbesondere hinsichtlich öffentlicher Unternehmen sowie Unternehmen, denen besondere oder ausschließliche Rechte übertragen worden waren, für die Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze sorgen.[72] Im Übrigen wurde auch die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens auf der Grundlage der Nichtdiskriminierung und Gegenseitigkeit als Zielvorstellung in die Abkommen aufgenommen.[73] Die Vertragspartner der EU erklärten ferner ihre Bereitschaft, sich darum zu bemühen, dass ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften auch im Bereich der Wettbewerbsregeln schrittweise mit denen der EU kompatibel gemacht wurden.[74] Die Durchführung der Wettbewerbsregeln sollte jeweils einer unabhängigen Behörde übertragen werden. Darüber hinaus wurden Konsultations- und Informationspflichten vereinbart. Die mittel- und osteuropäischen Länder haben ihre damaligen Verpflichtungen weitgehend erfüllt. Aufgrund ihres Beitritts zur EU sind die Europa-Abkommen inzwischen überholt.

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Nach dem Vorbild der Europa-Abkommen sind jedoch auch die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA), welche die EU inzwischen mit den sog. West-Balkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Kosovo sowie – bis zu seiner Aufnahme in die EU – auch Kroatien abgeschlossen hat bzw. abzuschließen beabsichtigt (siehe oben Rn. 192), ausgestaltet. Kartelle, Missbräuche marktbeherrschender Unternehmen und staatliche Beihilfen sollen nach den Kriterien beurteilt werden, die sich aus den Wettbewerbsregeln der EU einschließlich der dazu erlassenen Rechtsakte ergeben.[75] Die Rechtsdurchsetzung soll jeweils einer unabhängig arbeitenden öffentlichen Stelle übertragen werden. Hinsichtlich öffentlicher Aufträge wird die Marktöffnung vorgesehen.[76] Im Übrigen haben sich die Vertragspartner der EU bereit erklärt, sich darum zu bemühen, dass ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften schrittweise mit denen der EU kompatibel gemacht werden.[77]

3. Freihandelsassoziierungen

a. Schweiz

Literatur:

Roth Die Wettbewerbsregeln in den Freihandelsabkommen der EG, WRP 1978, 409; Mestmäcker Die Gewährleistung gerechter Wettbewerbsbedingungen in den Freihandelsabkommen der EG, in: FS Zweigert (1981) 681; Baudenbacher Drittstaatsverträge, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, Bd. 1, Europäisches Recht (2005), Rn. 18 ff.

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Das zwischen der EU und der Schweiz abgeschlossene Freihandelsabkommen von 1972 (FHA) enthält in Art. 23 eine Reihe von Bestimmungen über Verhaltensweisen, die den Wettbewerb im Hinblick auf den Warenverkehr zwischen der EU und der Schweiz zu beeinträchtigen geeignet sind. Danach sind Kartelle, Missbräuche einer marktbeherrschenden Stellung sowie Beihilfen, die den Wettbewerb beschränken „mit dem guten Funktionieren“ des Freihandelsabkommens unvereinbar. Die Zielsetzung des Art. 23 FHA beschränkt sich auf die Offenhaltung der Märkte im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr. Es geht also vor allem um privatautonome Ex- und Importbeschränkungen durch Unternehmen. Art. 23 FHA enthält jedoch kein Verbot. Verstöße führen nur dazu, dass eine Vertragspartei „geeignete Maßnahmen“ treffen kann, nachdem sie zunächst gem. Art. 27 FHA den Gemischten Ausschuss mit dem Fall befasst hat. Falls es zu keiner Beseitigung der beanstandeten Wettbewerbsbeschränkung kommt, können von der betroffenen Vertragspartei allenfalls Retorsionsmaßnahmen in Gestalt der Rücknahme von Zollzugeständnissen ergriffen werden. Die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 23 FHA wird daher überwiegend verneint.[78]

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Die bilateralen Abkommen mit der Schweiz enthalten bis auf Art. 8 ff. des Abkommens über den Luftverkehr[79] keinerlei Wettbewerbsbestimmungen. Daher gelten im Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz im Wesentlichen die allgemeinen Grundsätze betreffend die einseitige (extraterritoriale) Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts (siehe oben Rn. 460 ff.). Immerhin haben die EU und die Schweiz 2013 ein Abkommen über die Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden[80] bei der Anwendung ihres Wettbewerbsrechts abgeschlossen, das regelmäßige Kontakte zwischen den Behörden sowie die gegenseitige Notifizierung von Durchsetzungsmaßnahmen, die wichtige Interessen der anderen Vertragspartei berühren, vorsieht und unter bestimmten Voraussetzungen den Austausch von Informationen, Ermittlungsergebnissen und Beweismitteln erlaubt.

b. Nachbarschaftsstaaten

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Die in den 1970er Jahren mit den südlichen Nachbarstaaten, dh den Mittelmeeranrainern, genauer: mit den Staaten des Maghreb (Algerien, Marokko, Tunesien) und des Maschrek (Ägypten, Libanon, Jordanien, Syrien sowie die palästinensischen Autonomiegebiete) sowie mit Israel abgeschlossenen Abkommen[81] der „ersten Generation“ waren noch entwicklungspolitisch ausgerichtet (siehe oben Rn. 202 ff.). Sie verlangten noch keine reziproke, sondern nur eine asymmetrische Marktöffnung der EU gegenüber den Vertragsstaaten und verzichteten auf Regeln zum Schutz des Wettbewerbs vor Beschränkungen. Erst als es 1995 zu einer grundlegenden Neuorientierung der Mittelmeerpolitik der EU im Rahmen der „Barcelona-Strategie“ und seit 2008 im Rahmen des Projekts einer Mittelmeerunion als Bestandteil der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) kam, die auf eine umfassende reziproke Marktöffnung durch Errichtung eines Euro-Mediterranen Wirtschaftsraums (Euro-Mediterranean Economic Area – EMEA) abzielte, wurden in die „neue Generation“ bilateraler Assoziierungsabkommen (Europa-Mittelmeer-Abkommen) auch Wettbewerbsregeln aufgenommen.[82] Sie erklären wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Missbräuche marktbeherrschender Unternehmen entsprechend den in Art. 101 und 102 AEUV niedergelegten Kriterien immerhin für abkommenswidrig, dh verboten, sofern sie den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen. Das gleiche gilt für staatliche Beihilfen, für die allerdings gewisse Übergangsfristen gelten. Auch soll das öffentliche Auftragswesen schrittweise liberalisiert werden. Der jeweilige bilaterale Assoziationsrat hat die erforderlichen Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Im Übrigen sind gegenseitige Informations- und Konsultationspflichten vorgesehen.

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Die Assoziierungsabkommen mit den östlichen Nachbarschaftsstaaten (siehe oben Rn. 205 ff.) haben eine vergleichbare Entwicklung genommen. So enthielten die Abkommen, die 1998 mit der Ukraine[83] und Moldawien[84] sowie 1999 mit Georgien,[85] Armenien,[86] und Aserbaidschan[87] abgeschlossen wurden, lediglich Programmsätze bezüglich der Einführung und Durchsetzung wirksamer Regeln gegen Wettbewerbsbeschränkungen einschließlich staatlicher Beihilfen, die den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen können. Seit die EU von 2008/2009 an diese letztere Staatengruppe in die Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) einbezogen hat (östliche ENP-Dimension) und eine neue Generation von Assoziierungsabkommen das Ausmaß der gegenseitigen wirtschaftlichen Integration erheblich intensivieren soll mit dem Ziel der Errichtung von „Vertieften und umfassenden Freihandelszonen“ (Deep and Comprehensive Free Trade Areas – DCFTA), erhalten auch Wettbewerbsregeln eine größere Bedeutung. Beispielhaft ist das inzwischen beiderseits ratifizierte Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine von 2014.[88] Die Vertragsparteien erkennen die Bedeutung von Regeln gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausdrücklich an.[89] Zu diesem Zweck verpflichten sie sich, „ein Wettbewerbsrecht zu wahren“, das Kartelle, Missbräuche marktbeherrschender Unternehmen und wettbewerbswidrige Unternehmenszusammenschlüsse sowie wettbewerbswidrige Verhaltensweisen öffentlicher Unternehmen unterbindet, die den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen. Die Vertragsparteien verpflichten sich zur behördlichen Durchsetzung ihrer jeweiligen Wettbewerbsregeln und übernehmen entsprechende Informations-, Konsultations- und Kooperationspflichten ihrer Wettbewerbsbehörden. Im Übrigen nähert die Ukraine ihr Wettbewerbsrecht und ihre Rechtsdurchsetzungspraktiken dem Besitzstand der EU an. Entsprechendes gilt für die Einführung einer Kontrolle staatlicher Beihilfen.[90]

4. Entwicklungsassoziierungen

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Die Entwicklungsassoziierungen, die zwischen der EU und den ÜLG bzw. AKP-Staaten bestehen (siehe oben Rn. 206 ff.), divergieren entsprechend ihren verschiedenen Zielsetzungen auch in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht.

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Die konstitutionelle Assoziierung überseeischer Ländern und Gebiete (ÜLG) dient der einseitigen Erleichterung des Marktzugangs zum EU-Binnenmarkt. Insoweit gibt es keine spezifisch wettbewerbsrechtliche Absicherung der Liberalisierung des Wirtschaftsverkehrs. Vielmehr kommt das EU-Wettbewerbsrecht nach den allgemeinen Grundsätzen (evtl. extraterritorial) einseitig zur Anwendung (vgl. dazu oben Rn. 460 ff.).

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Die Assoziierung der 79 AKP-Staaten im afrikanischen, karibischen und pazifischen Raum basierte bislang auf dem Abkommen von Cotonou aus dem Jahr 2000.[91] Die Beziehungen beschränkten sich ursprünglich auf eine asymmetrische Marktöffnung. Die handelspolitischen Bestimmungen wurden immerhin durch wettbewerbspolitische Programmsätze ergänzt. Gem. Art. 45 des AKP-Abkommens erzielten die Vertragsparteien Einigkeit darüber, „dass die Einführung und Anwendung einer wirksamen und soliden Wettbewerbspolitik von entscheidender Bedeutung für die Förderung und Sicherung eines günstigen Klimas für Investitionen, einer nachhaltigen Industrialisierung und der Transparenz des Marktzugangs sind“. Um die Beseitigung von Verzerrungen des „fairen Wettbewerbs“ zu gewährleisten, verpflichteten sich die Vertragsparteien, unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes und der wirtschaftlichen Erfordernisse des einzelnen AKP-Staates auf nationaler oder regionaler Ebene eine Politik und Regeln anzuwenden, die die Überwachung und unter bestimmten Voraussetzungen das Verbot von Kartellen sowie von missbräuchlichen Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen vorsehen. „Außerdem kommen die Vertragsparteien überein, die Zusammenarbeit in diesem Bereich zu verstärken und gemeinsam mit den zuständigen nationalen Wettbewerbsbehörden eine wirksame Wettbewerbspolitik zu formulieren und zu unterstützen, mit der schrittweise eine effiziente praktische Anwendung der Wettbewerbsregeln auf private und staatliche Unternehmen gewährleistet wird. Die Zusammenarbeit in diesem Bereich umfasst insbesondere Hilfe beim Entwerfen geeigneter Rechtsvorschriften und bei ihrer Anwendung durch die Verwaltung unter Berücksichtigung der besonderen Lage der am wenigsten entwickelten AKP-Staaten.“

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Auch die neue Generation von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA), die mittelfristig eine reziproke Marktöffnung anstreben (siehe dazu oben Rn. 210), enthalten lediglich entsprechende Absichtserklärungen bezüglich der Einführung von Wettbewerbsregeln in Gestalt des Verbots von Kartellen und des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (sofern sie den zwischenstaatlichen Handel berühren) sowie Bestimmungen über den Informationsaustausch und die Kooperation bei der Durchsetzung der Wettbewerbsregeln der Vertragsparteien (exemplarisch Art. 125 ff. des Abkommens von 2008 zwischen der EU und der karibischen Staatengruppe CARIFORUM[92]). Auch das öffentliche Auftragswesen soll transparent gestaltet und für die Anbieter der Vertragsstaaten wechselseitig liberalisiert werden (wiederum exemplarisch Art. 165 ff. des CARIFORUM-Abkommens).