Kitabı oku: «Wie funktioniert Wirtschaft?», sayfa 5

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Die Neutralität des Geldes

Mit der Vorstellung, dass Geld lediglich eine Recheneinheit ist, die den Gütertausch erleichtert, weil sie die Transaktionskosten verringert, geht auch die so genannte Neutralität des Geldes einher.

Laut klassischer und neoklassischer Volkswirtschaftslehre gibt es einen monetären und einen realen Sektor der Volkswirtschaft. Im realen Sektor werden nach Angebot und Nachfrage die Austauschverhältnisse zwischen den Gütern bestimmt. Auch die Verteilung der Produktionsfaktoren auf die Produktion verschiedener Güter und deren Mengen bestimmen sich allesamt im so genannten realen Sektor einer Volkswirtschaft.

Im monetären Sektor hingegen wird nur bestimmt, welchen Wert die Recheneinheit, also das Geld, in Bezug zu den Gütern im realen Sektor hat. Dieser Wert der Recheneinheit bestimmt dann die Preise in Geld, hat jedoch auf die tatsächlichen Austauschverhältnisse zwischen den Gütern keinerlei Auswirkungen. Damit hat der monetäre Sektor insgesamt keinerlei Auswirkungen auf den realen Sektor. Die realen Werte, seien es nun die eines Werkzeugs oder des ganzen Bruttoinlandsprodukts, werden durch deren Bepreisung in Geldeinheiten nicht verändert. Auch ihr Tauschwert in Bezug auf andere Güter des realen Sektors ändert sich nicht.

Diese Hypothese der Neutralität des Geldes setzt einerseits funktionierende Preismechanismen auf Märkten und andererseits das Fehlen der so genannten Geldwertillusion voraus. Eine Geldwertillusion wäre es, wenn sich Leute darüber aufregen, dass sich die Preise im Supermarkt in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt haben, sie selbst aber auch das Doppelte verdienen. Oder wenn ArbeiterInnen gegen eine Kürzung ihres Geldlohnes um fünf Prozent streiken, aber einen unveränderten Lohn noch akzeptieren, wenn rundherum alles um fünf Prozent teurer wird. Mit den Worten der Neoklassik: Neutralität des Geldes bedeutet, dass das Geld nichts als ein »Schleier« ist, der sich über den realen Sektor der Wirtschaft legt, dabei aber nicht verändert, was er bedeckt.

Inflation und Deflation

Wenn langfristig die Geldpreise steigen, wird von Inflation gesprochen. Das heißt, das Geld verliert an Kaufkraft. Wenn in den Medien, oder sonst wo von Inflation die Rede ist, wird diese am so genannten Verbraucherpreisindex gemessen. Dabei wird, meistens von den statistischen Ämtern eines Landes, ein Warenkorb bestimmt, der von einem typischen Haushalt in einem Jahr konsumiert wird. Da finden sich Lebensmittel, Wohnkosten, Transportkosten, anteilmäßig auch Kosten für langlebige Konsumgüter wie Autos und Ähnliches. Die Preise dieses umfangreichen Warenkorbes werden laufend beobachtet und die Preisänderungen aufgezeichnet. So kann festgestellt werden, um wie viel das Geld, die Recheneinheit, das numéraire-Gut – wie immer es nun genannt wird –, an Kaufkraft verloren oder auch gewonnen hat. Falls es an Kaufkraft gewonnen hat, sind die Geldpreise der Güter gesunken, was dann Deflation statt Inflation genannt wird.

Aber wodurch werden Änderungen des Preisniveaus ausgelöst? Aus der »Neutralität des Geldes« ergibt sich die »Quantitätstheorie des Geldes«, die sich bis heute in jedem Wirtschaftskunde-Schulbuch findet. Danach ist das Preisniveau abhängig von der Geldmenge, die im Umlauf ist: Wir nehmen wieder die Werkzeugmacherinnen und Bauern und nehmen an eine Einheit Lebensmittel kostet 1 Euro, ein Werkzeug 3 Euro. Wir behaupten weiter, ein Bauer produziert 6 Lebensmittel zum Verkauf, eine Werkzeugmacherin kann jeden Monat 2 Werkzeuge auf den Markt bringen. Damit verdient jeder und jede von ihnen 6 Euro, mit denen sie einkaufen können.

Und dann wird die Geldmenge erhöht, etwa weil die Notenbank Geldscheine druckt und an die Bevölkerung verteilt (warum auch immer). In jedem Fall behaupten wir weiter, dass alle WirtschaftsteilnehmerInnen plötzlich am Anfang des Monats zu ihrem Einkommen von 6 Euro weitere 6 dazubekommen. Was wird geschehen? Die Haushalte stellen jetzt fest, dass sie so viel Geld nicht benötigen, und gehen zusätzlich einkaufen. Aber unsere Wirtschaft befindet sich in einem Gleichgewicht der Vollbeschäftigung, das zusätzliche Geld findet also keine zusätzlichen Waren. Die Nachfrage übersteigt also das Angebot, die Preise werden deswegen steigen. Bei einer Verdoppelung der Geldmenge werden sie sich ebenfalls verdoppeln.

Die relativen Preise von Lebensmitteln und Werkzeugen haben sich dabei in diesem Beispiel nicht geändert, weil die höhere Geldmenge die Nachfrage nach Lebensmitteln und Werkzeugen gleichmäßig hat steigen lassen: Bauern wollen immer noch Werkzeuge kaufen, Werkzeugmacherinnen Lebensmittel – haben sie mehr Geld, dann wollen sie mehr davon, aber die relative Nachfrage zwischen Werkzeugen und Lebensmitteln verschiebt sich nicht. Ein Bauer konnte ursprünglich 6 Lebensmittel in 6 Geldeinheiten tauschen und diese wiederum in 2 Werkzeuge. Das Tauschverhältnis war also 3 Lebensmittel zu 1 Werkzeug. Nach der Inflationsphase, in der das Geld die Hälfte seiner Kaufkraft eingebüßt hat, könnte eine Werkzeugmacherin ihre 2 Werkzeuge umtauschen in 12 Geldeinheiten. Mit diesen 12 Geldeinheiten lassen sich nun 6 Lebensmittel kaufen, so viel wie auch vor der Geldentwertung schon. Das reale Tauschverhältnis bleibt mit 1 Werkzeug zu 3 Lebensmitteln stabil. In diesem Beispiel ist Geld also neutral und Inflation oder Deflation ausschließlich abhängig von der Veränderung der Geldmenge.

Dieser Vorgang sollte keinesfalls verwechselt werden mit anderen Arten von Preissteigerungen, die etwa durch Knappheit in einigen Sektoren entstehen und somit die realen Austauschverhältnisse direkt beeinflussen. So würde in unserem Fall eine schlechte Ernte wahrscheinlich zu einer Aufwertung des Tauschverhältnisses zu Gunsten der Lebensmittel führen, schlichtweg, weil sie knapper geworden sind, also ein geringeres Angebot besteht.

Oder ist Geld doch nicht neutral?

An eine völlige Neutralität des Geldes glaubt tatsächlich niemand, einige aber doch an den oben beschriebenen fixen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisniveau – der aus der Neutralität des Geldes abgeleitet wird. So etwa Teile des Wirtschaftsliberalismus, wie der in den 1970er und 1980er Jahren einflussreiche »Monetarismus« Milton Friedmans. Seine »Neoquantitätstheorie« ist im Prinzip eine Neuauflage der alten Quantitätstheorie vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Allerdings ist der Wirtschaftsliberalismus (und besonders Friedman) davon überzeugt, dass schon leicht erhöhte Inflationsraten schädlich sind. Wenn aber Inflation eine Gefahr ist, dann kann Geld nicht neutral sein. Wäre Geld neutral, wären Inflation oder Deflation bedeutungslos.

Gegen die Neutralität des Geldes gibt es ein Argument, dem praktisch alle zustimmen: Preise und auch Löhne werden eben nicht unverzüglich angepasst, sollte die allgemeine Inflationsrate höher werden oder die Geldmenge größer. Sowohl Preise als auch Löhne sind »sticky«, also klebrig, wie es die Neukeynesianer bezeichnen. Warum sollte das der Fall sein? Ist plötzlich doppelt so viel Geld im Umlauf, warum sollten nicht sofort alle Preise und Löhne sich verdoppeln? Schließlich entstehen laut neoklassischem Modell die realen Tauschverhältnisse im realen Sektor, und Geld dient nur als Recheneinheit.

Die Antwort ist nicht schwer zu finden: Informationen brauchen Zeit, bis sie sich verbreiten, es entstehen Kosten, wenn Preise angepasst werden müssen, ja selbst das Anbringen neuer Preisschilder braucht Zeit und wird nicht überall gleich schnell vonstattengehen. Bei den Löhnen gilt Ähnliches. Es gibt Verträge, die erst auslaufen müssen, bis neu verhandelt werden kann. Eine Weile lang werden fehlende Informationen, Suchkosten auf dem Arbeitsmarkt und im Allgemeinen die Geldwertillusion für Verzögerungen sorgen. Für manche Produkte wird das länger dauern, für andere wird es schneller gehen, für Preise vielleicht schneller als für Löhne und Ähnliches. So wird es zumindest zeitweilig zu tatsächlichen Auswirkungen der monetären Größen auf die realen kommen. Wie stark diese Effekte sind, ist unklar und mag auch auf verschiedenen Märkten und in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich schnell vonstattengehen.

Aus den besprochenen Gründen wird es jedenfalls nie genau so sein wie in unserem einfachen Beispiel mit Werkzeugen und Lebensmitteln, in dem sich beide Preise gleichzeitig und perfekt anpassen und es damit zu keinerlei Veränderungen der Tauschverhältnisse zwischen den Gütern kommt.

Kurzfristig führen Inflation und Deflation immer zu Verzerrungen in den realen Tauschverhältnissen zwischen Gütern. Je transparenter und anpassungsfähiger die Märkte sind, desto schneller wird dieser Prozess vonstattengehen und die Verzerrungen behoben sein. Ohne Zeitverzögerung und vollständig – wie in den klassischen und neoklassischen Theorien – wird dies aber realistischerweise weder heute noch irgendwann in Zukunft funktionieren können.

Die »klebrigen Preise« und die verzerrten Märkte erklären die Ablehnung des Wirtschaftsliberalismus gegenüber erhöhten Inflationsraten. Wenn man davon überzeugt ist, dass die Wirtschaft über Märkte gesteuert wird und gesteuert werden soll, dann ist es wichtig, dass diese Märkte die richtigen Preissignale bekommen. Wenn das Geld reale Austauschverhältnisse ändert, dann kann höhere Inflation die Wirtschaft durcheinanderbringen.

Noch ein weiteres Problem hängt mit klebrigen Preisen zusammen, ein Problem, das unmittelbar die Verteilung von Vermögen und Einkommen beeinflusst. Der Preis des Geldes ist nämlich besonders klebrig: Zinsen passen sich nicht automatisch der Inflationsrate an. Wenn Zinsen zwischen SchuldnerInnen und GläubigerInnen vereinbart werden, dann sind diese oft variabel. Der Zinssatz für einen Kredit ändert sich dann mit den Marktzinsen – und diese steigen oft (aber nicht immer) mit der Inflationsrate. Andere Zinssätze sind allerdings fixiert. Wer am 20. Dezember 2010 der US-amerikanischen Regierung für zehn Jahre Geld geliehen hat, bekommt dafür jedes Jahr 3,27 Prozent, unabhängig davon, wie sich die Inflationsrate entwickelt. Sinkt diese oder es gibt gar eine Deflation, dann kann gut verdient werden – und der US-amerikanische Steuerzahler bekommt eine relativ hohe Last umgehängt.

Was aber, wenn zwei Jahre nach Abschluss des Geschäfts die Inflation bei 10 oder 15 Prozent liegt? Dann bleibt nach zehn Jahren nicht mehr viel übrig. Das kann man jetzt unterschiedlich beurteilen: Der amerikanische Ex-Präsident Reagan hat die Inflation einen »mugger in the dark« genannt, einen Straßenräuber, der sich die Vermögen der Sparsamen aneignet. John Maynard Keynes hat stattdessen eher zufrieden von der »Euthanasie des Rentiers« gesprochen, wegen der Tendenz der Inflation, die Geldvermögen zu entwerten.

Den Vermögenden selbst ist das natürlich nicht entgangen: Die Bereitschaft, Geld zu fixen Zinsen zu verleihen, sinkt, wenn mit der Möglichkeit gerechnet wird, dass die Inflation steigt. Dadurch verschlechtert sich die Berechenbarkeit der Zinsbelastung für Unternehmen und Haushalte.

Noch ein weiteres Problem ergibt sich durch Schulden, auch wenn sich Zinsen immer perfekt an die Inflation anpassen würden, und der Realzinssatz immer gleich bliebe: Wir stellen uns vor, jemand möchte einen 100 000-Euro-Kredit, um sich damit eine Wohnung zu kaufen. Die Inflationsrate liegt bei 2 Prozent, und der Zinssatz beträgt 4 Prozent. Das bedeutet, dass der Kreditnehmer im ersten Monat nach Kreditaufnahme 333 Euro Zinsen bezahlen muss. Dazu kommt noch die eigentliche Rückzahlung des Darlehens, aber das lassen wir der Einfachheit halber weg. Auch ohne jegliche Rückzahlung wäre der Wert des 100 000-Euro-Kredits am Ende des ersten Jahres aufgrund der Inflation 2 Prozent geringer – einfach weil 100 000 Euro um 2 Prozent weniger Waren kaufen können und auch die Geldeinkommen gestiegen sind.

Jetzt lassen wir die Inflation auf 10 Prozent steigen. Sollen die Realzinsen (Zinsen abzüglich Inflation) gleich bleiben, beträgt der Zinssatz jetzt 12 Prozent. Der Kreditnehmer oder die Kreditnehmerin muss eine monatliche Zinsbelastung von 1 000 Euro verdauen, aber dafür ist auch ohne jede Tilgung das Darlehen am Ende des Jahres 10 Prozent weniger wert. Steigt die Inflation auf 30 Prozent, bekommen wir bei 2 Prozent Realzinsen eine Zinszahlung von 2 666 Euro im ersten Monat, über ein Jahr müssen 32 000 Euro für Zinsen bezahlt werden. Dafür sinkt der Wert des Kredits nach einem Jahr auch fast um ein Drittel, nach zwei Jahren ist nur mehr knapp die Hälfte übrig – die Inflation frisst das Darlehen auf. Die Bankkundin oder der Bankkunde wäre bald schuldenfrei, müsste aber tatsächlich über ein sehr hohes Einkommen verfügen, um die Zinszahlungen in der allerersten Phase zu bewältigen. Wir sehen: Höhere Inflationsraten machen langfristige und hohe Verschuldung schwierig, niedrige Inflationsraten erleichtern sie. Lange Phasen niedriger Inflation (und niedriger Zinsen) können zu einem hohen Verschuldungsgrad einer Wirtschaft führen.

Als weiteres Argument gegen die Neutralität des Geldes bringt John Maynard Keynes die spekulative Geldhaltung. In Zeiten wirtschaftlicher Einbrüche können Menschen versuchen, ihr Vermögen zu beschützen, indem sie es als Bargeld halten. Das Geld wird gehortet und de facto aus dem Umlauf genommen.

»Klebrige Preise« und die spekulative Geldhaltung zeigen, dass Geld nicht neutral ist. Sie zeigen auch, dass ein Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation zumindest nicht unmittelbar gegeben sein muss.

Muss eine Erhöhung der Geldmenge immer früher oder später zu Inflation führen? Nach den einfachen Regeln, wie wir sie kennen gelernt haben, wäre die Antwort ja. Geld ist nur Recheneinheit; ist mehr vorhanden, steigen die Preise in Geld bei gleich bleibenden Austauschverhältnissen zwischen den Gütern – wenn auch nicht immer sofort und nicht immer, ohne währenddessen für Probleme zu sorgen.

Das muss aber nicht so sein. Tatsächlich wird die Inflation über die bereits angesprochenen Warenkörbe gemessen. Nur dann, wenn also die Preise der Güter innerhalb dieser Warenkörbe steigen, steigt auch die so gemessene Inflation an. Das muss aber nicht immer der Fall sein: Wenn es einen festen Zusammenhang zwischen Inflation und Geldmenge gäbe, dann müsste die Geldmenge genauso schnell steigen, wie die gesamte Leistung der Wirtschaft, plus der Inflationsrate – tut sie aber nicht. Für die Eurozone stieg die Wirtschaftsleistung zu Marktpreisen (also Wirtschaftswachstum plus Inflation) von 2001 bis 2008 um ziemlich genau 30 Prozent. Die Geldmenge m3 (Geld kann unterschiedlich definiert werden, m3 ist dabei die wichtigste Maßzahl) legte aber um 74 Prozent zu. (Quellen: Eurostat und EZB). In einem ähnlichen Zeitraum wuchs in den USA vom Januar 2000 bis zum Januar 2006 die Geldmenge m3 um 54 Prozent, die Wirtschaftsleistung zu Marktpreisen aber nur um 35 Prozent. (Quelle: Federal Reserve). Danach gab die amerikanische Notenbank es auf, die Geldmenge m3 zu messen. Wir bemerken: Die Geldmenge stieg viel schneller als die Menge der vorhandenen Waren – von hoher Inflation weit und breit keine Spur.

Als weiteres Beispiel können wir uns die Liquiditätsspritzen der US Notenbank FED (Federal Reserve), der EZB (Europäische Zentralbank), der Schweizer oder der britischen Notenbank ansehen. Auch hier wurden bestimmte Abgrenzungen der Geldmenge in den Jahren seit Beginn der Finanzkrise 2007 dramatisch erhöht (allerdings nicht alle Abgrenzungen; die oben erwähnte Geldmenge M3 etwa ist unauffällig). In der Eurozone: Von Januar 2008 bis Januar 2013 stieg M1 (umlaufendes Bargeld und sofort fällige Bankeinlagen) um 38,9 Prozent, die Wirtschaftsleistung zu Marktpreisen hingegen nur um drei Prozent. (Abzüglich der Inflation schrumpfte die Wirtschaft der Eurozone in diesem Zeitraum). Um der kränkelnden Wirtschaft billiges Geld zur Verfügung zu stellen, können sich Banken bei der Zentralbank teilweise mit Geld zu null Prozent Zinsen versorgen. Zudem wurde in den USA und in Großbritannien so genanntes Quantitative Easing betrieben. Das heißt, dass die Zentralbank selbst in großem Umfang Wertpapiere aufkaufte und für diese Käufe Dollar druckte (bzw. in Computersystemen schuf). So kamen hunderte Milliarden Dollar zusätzlich in den Wirtschaftskreislauf. Das hat aber bis jetzt nicht dazu geführt, dass die gemessene Inflation dramatisch gestiegen wäre. Warum?

Das hängt damit zusammen, dass das neue Geld einfach in andere Bereiche fließt, die nicht direkt Auswirkungen auf die Warenkörbe haben. Und das hängt auch an der Verteilung des Reichtums. Wenn die Bauern aus unserem Beispiel zusätzliches Geld bekommen, dann kaufen sie Lebensmittel. Wenn Personen aus der unteren Mittelschicht zusätzliches Geld bekommen, zahlen sie Miete, kaufen Autos oder Fernseher. Wenn Leute, die ohnehin schon viel Geld haben, mehr Geld bekommen, kaufen Sie keine Dinge aus dem Warenkorb des Verbraucherpreisindex, oder nicht in erster Linie. Sie tätigen Finanzanlagen, kaufen Aktien oder andere Vermögenswerte.

Obwohl sich die Erhöhung der Geldmenge also nicht direkt auf die Inflation auswirken muss, kann sie dabei doch problematisch sein und vor allem zu einer höheren Schwankungsanfälligkeit der Wirtschaft führen. Manchmal ermöglicht eine höhere Geldmenge auch ein höheres Wachstum, aber dieses wird im Allgemeinen durch ein mehr an Unsicherheit bezahlt. Geld, das billiger ist, fließt in risikoreichere Projekte. Mehr Risiko führt zu mehr Volatilität, also stärkeren Schwankungen. Es besteht die Gefahr, dass sich Blasen von Vermögenspreisen bilden. Was bedeutet das?

Der Preis von Vermögenswerten (Aktien, Immobilien …) richtet sich nach dem langfristigen Einkommen, das damit zu erzielen ist. Der Besitz einer Aktie sichert einen Anteil am Profit eines Unternehmens – und wenn dieser Profit stabil ist, oder wächst, ist es logisch, dass auch die Aktie ihren Wert hat. In einer Vermögenspreisblase steigen die Preise von Aktien (oder Immobilien oder Schuldtiteln) weit über ihren realistischen langfristigen Wert – entweder, weil sich die AnlegerInnen kollektive Illusionen über die mögliche Profitentwicklung machen, oder aber, weil Geld sehr billig ist. In der Regel ist beides im Spiel.

Wenn wir uns noch einmal die Liquiditätsspritzen der Notenbanken in der großen Finanzkrise ansehen: Ein Teil des Aktienaufschwungs seit Mitte 2009 lässt sich sicher auf das viele neue Geld der Zentralbanken zurückführen. Zudem fließt sehr viel dieses Geldes direkt ins Ausland und verbleibt nicht in dem Land, dessen Zentralbank es als Liquiditätsspritze in die Märkte pumpt. Sehr viel des Geldes fließt direkt dorthin, wo es das höchste Wachstum gibt, also auch am meisten Profite zu holen sind. Das sind 2012 China, Brasilien, der Immobilienmarkt in Singapur und Hongkong und ähnliche Kandidaten.

Die wiederum freuen sich nicht allzu sehr über das viele Geld. Schließlich kann es bei ihnen zur Überhitzung der Wirtschaft – also zu Blasenbildung und Inflation – führen. In China führen die Geldzuflüsse zu schlecht kontrollierbarer Überschussliquidität in einem Sektor von Schattenbanken, die unregulierte Kredite vergeben. In Brasilien gibt es steigende Privatverschuldung, eine Immobilienblase und eine zu rasche Aufwertung der Währung – das schadet der Exportindustrie. Das schwächt natürlich gleichzeitig den Dollar im Vergleich zu den anderen Währungen, verhilft so den USA zu mehr Exporten und führt auch zu einer leichten Entschuldung. Ein schwächerer Dollar verringert direkt die Summe, die etwa China als Gläubiger der USA zurückbekommen wird, da US-Staatsanleihen in Dollar denominiert sind. Klarerweise wird Inflation aber früher oder später wieder reimportiert. Steigen die Preise in China, werden auch die Importe aus China teurer und damit die Produkte, die importiert werden, oder auf Basis von Importgütern produziert werden. Dagegen wirkt, dass weniger importiert wird, eben weil es teurer ist. So können regelrechte Währungskriege entstehen. Länder versuchen, ihre Währung abzuwerten, um einerseits ihren Export zu stützen und so konkurrenzfähiger zu werden und andererseits ihre Schulden teilweise mit einer sinkenden Währung weg zu inflationieren.

Auch die Immobilienblase vor der großen Krise von 2007 war schon zu einem bestimmten Teil Ergebnis der Niedrigzinspolitik der FED, die zur Jahrtausendwende die Antwort auf die damals geplatzte Dot-com-Blase war. Auch nach der Finanzkrise bilden sich neue Blasen, neben diversen Immobilienblasen jedenfalls eine Anleihenblase in den westlichen Industrieländern. Auch das ist eine Art der Inflation. Preise steigen, aber eben von Anleihen oder Immobilien, anstatt von den Produkten, die in den Warenkörben der statistischen Institute zur Inflationsmessung ausschlaggebend sind. Aus diesem Grund gibt es auch schon lang anhaltende Diskussionen, ob sich Zentralbanken auch die Inflation von anderen Produkten wie Immobilien, Aktien, oder Anleihen ansehen, und wenn nötig dagegen vorgehen sollten. Immerhin spielten Blasen auf diesen Märkten eine nicht zu übersehende Rolle in den Krisen der letzten Jahrzehnte.

Wovon ist Inflation also im Endeffekt abhängig? Das ist nicht für jede Situation mit Sicherheit zu beantworten. Der Zins und die Geldmenge spielen eine Rolle. Niedrigere Zinsen und mehr Geld bringen höhere Preise. Die wirtschaftliche Gesamtsituation spielt eine Rolle: Wenn die Menschen aus Angst auf ihrem Geld sitzen und viele arbeitslos sind und Betriebe nur halb ausgelastet sind, muss auch eine deutliche Ausweitung der Geldmenge keine Inflation auslösen. Wenn Menschen aber einen Wertverlust des Geldes befürchten, werden sie versuchen, alles, was sie verdienen, sofort auszugeben. Dann wechselt ein Euro innerhalb eines Jahres viel häufiger die Besitzerin oder den Besitzer als zuvor – und auch bei gleich bleibender Geldmenge kann die Inflation steigen. Die Verteilung zwischen Einkommensgruppen und die Verwendung des Geldes hat eine Auswirkung. Dient eine steigende Geldmenge zum Kauf von Immobilien, dann bekommen wir keine allgemeine Inflation, sondern eine Immobilienblase. Landet eine steigende Geldmenge bei sehr vermögenden Personen, dann tätigen diese damit Finanzanlagen und es steigt der Preis von Aktien.

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23 ocak 2025
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