Kitabı oku: «Homo sapiens movere ~ gezähmt», sayfa 4

Yazı tipi:

Ich hatte außerdem Wichtigeres zu tun.

Ich musste eine Verschwörung aufdecken. Oder einen Skandal. Zumindest aber einen Betrug an den Familien der Verstorbenen.

Das Ausmaß meiner verrückten Aktion wurde mir jedoch erst am späten Nachmittag bewusst, nachdem ich mir die Akten stundenlang angesehen hatte. Vorsorglich hatte ich auf Kaffee und Essen verzichtet, denn ich wusste, welche Bilder mich erwarteten. Auch wenn meine Augen sie sahen, konnte mein Gehirn sie nicht begreifen. Fakt war, dass ich nie zuvor etwas auch nur annähernd Grausameres gesehen hatte. Es gab jedoch einen gravierenden Unterschied zwischen den Bildern auf den ersten zwei Seiten und den darauf folgenden. Die auf den ersten Seiten unterschieden sich kaum voneinander, während die auf den folgenden Seiten bei jeder Akte unterschiedliche Grade der Zerstörung aufwiesen, die unweigerlich zum Tod führten. Warum hatte man die movere erst derart grausam gefoltert – alle mit den gleichen Methoden – um sie dann mit so vielen ungleichen Praktiken zu töten. Wozu diese eigenartigen Experimente und wie lange hatten sie am Leben bleiben müssen, bevor ihnen endlich der Tod gewährt wurde?

Erst bei der ungefähr dreißigsten Akte wurde ich stutzig. Vermutlich, weil mich eine handgeschriebene Randnotiz darauf hinwies: ‚Zielobjekt konnte trotz Einwirkung von Wagner nicht eliminiert werden.’ Irritiert blätterte ich nach vorn. Doch es änderte nichts daran, dass ich die Akte eines Jonas Wagner in der Hand hielt, der ganz offensichtlich nicht das ‚Zielobjekt’ gewesen war. Aber wer dann, und warum stand es in seiner Akte? Beunruhigt begann ich alle Akten nach handschriftlichen Randbemerkungen durchzublättern und siehe da, bei achtzehn wurde ich fündig. Dass es sich jedes Mal um dieselbe Anmerkung handelte, abgesehen vom Namen, war wirklich blöd. Ein kleiner Hinweis wäre sehr hilfreich gewesen.

Das Unterfangen erinnerte mich an ein Puzzlespiel, von dem ich nicht wusste, wie es auszusehen hatte.

Also begann ich, mir selbst Notizen zu schreiben. Jedes Fitzelchen war mir willkommen. Als erstes schrieb ich mir sorgfältig die Namen jeder einzelnen Akte auf und versah die mit Sternchen, die über eine dieser seltsamen Randnotizen verfügte. Außerdem sah ich mir das offizielle Sterbedatum an und die Daten der einzelnen Bilder, die bei jeder Akte abwichen. Und schon wieder ergab sich ein kleines Puzzleteil, weil ich erst jetzt bemerkte, dass es sich auf den Fotos keineswegs um ein und dieselbe Person handeln konnte. Die Datierungen lagen zu weit auseinander. Mir fiel jedoch auf, dass zwischen dem Sterbedatum des movere und dem ersten Bild eines Toten etwa vier Monate lagen.

Mein Kopf ratterte auf Hochtouren, aber noch sah ich keine Lösung. Die Lippen kräuselnd und schnaubend, stand ich auf und stapfte leise vor mich hin grummelnd in die Küche. Man konnte zwar nicht behaupten, dass ich mich an die Bilder gewohnt hätte, aber mein Hunger überwog sämtliche Einwände.

Außerdem ließ es sich mit vollem Magen besser denken.

Zumindest was mich betraf. Obwohl mich eine heftige, innere Unruhe befallen hatte, ließ ich mir Zeit. Zuerst setzte ich den Kaffee an, dann entschied ich mich, schnell zum Bäcker zu hüpfen und mir ein Stück Kuchen zu kaufen. Als ich wieder daheim war, war der Kaffee fertig und dampfte wenig später einladend und verführerisch duftend in meiner grünen Lieblingstasse. Statt zurück in die Wohnstube zu gehen, stellte ich per Sprachbefehl das Radio an, setzte mich samt Kaffee und Kuchen an den Küchentisch und genoss diese wohlverdiente, ablenkende Pause. Nachdem der Kuchen verputzt war, schloss ich die Augen, lauschte den Klängen der Musik, nippte hin und wieder an meinem Kaffee und schaltete mein Denken völlig ab. So konnte ich am besten entspannen und wäre später umso besser in der Lage, die Zusammenhänge dieses seltsamen Puzzles zu erkennen und der Lösung auf die Spur zu kommen. Vor meinen Augen tanzten warme, bunte Farben, die mich lächeln ließen. Der Duft des Kaffees erinnerte mich an Nachmittage bei meinen Großeltern, die ich über alles geliebt hatte. Die Musik, die gerade im Radio lief, unterstrich die leicht nostalgische Atmosphäre.

Doch als ich die Augen öffnete, saß ich nach wie vor in meiner Küche, die mir jetzt merkwürdig kühl und farblos vorkam.

Seufzend trank ich die Tasse leer, füllte sie noch einmal nach, räumte den Teller in den Geschirrspüler und dümpelte mit einem leichten Grinsen zurück in meine Wohnstube

In der mich sofort die eigenartige Unruhe überfiel, dass ich der Lösung des Rätsels dicht auf den Fersen war, mir bisher nur ein Detail entgangen sein musste. Wieder und wieder blätterte ich die Unterlagen durch, verteilte sie nach Sterbedaten geordnet auf dem Fußboden und versuchte so, Gemeinsamkeiten und Unterschiede schneller zu erkennen.

Doch erst nach zwei Stunden traf mich die Erkenntnis wie ein Blitzeinschlag. Die ganze Zeit hatte ich mich erst an den Fotos festgebissen, bis mir klar war, dass ich auf die Fotos der Folgeseite besonderen Wert legen musste. Die Daten hatten mich irritiert und die verschiedenen Umstände des Totes. Und demzufolge auch die Tatsache, dass es sich dabei weder um den in der Akte benannten movere handelte noch um ein und denselben Toten. Freilich, auf den ersten zwei Seiten mussten definitiv Bilder des movere zu sehen sein. Unterschiedliche Stadien einer Folter, die mir absolut unmenschlich vorkam. Was immer man damit bezweckte, es führte dazu, dass die movere töteten. Wer ihnen auch immer den Befehl erteilte, wen auch immer zu töten, sie führten ihn aus. Bis auf die eine Zielperson, bei der es sich möglicherweise immer um dieselbe handelte, versagten sie nie.

Hatte man sie zu Killern ohne Gewissen umfunktioniert?

Die Vermutung, dass man ihnen eine Gehirnwäsche unterzogen hatte, lag sehr nahe, auch wenn ich sie nicht beweisen konnte. Sprachen möglicherweise die ersten Bilder dafür oder interpretierte ich zu viel in diese grauenvollen Zeugen eines Machtkampfes hinein? Die farblich viel zu originalgetreuen Fotos waren stumme Beweise, doch ich konnte die Männer und Frauen verzweifelt schreien hören. Ihre Gesichter waren ein furchtbares Zeugnis ihrer Qualen. Hatte man sie gebrochen, um sie gefügig zu machen? Besaßen sie noch ein Gewissen oder waren sie zu hirnlosen Marionetten und skrupellosen Auftragsmördern umfunktioniert? Welche Option auch die richtige war, sie waren beide falsch.

Meine Augen blinzelten. Vor lauter Entsetzen zitterte ich am ganzen Körper.

Was sollte ich jetzt tun? Alisa informieren? So gut kannte ich sie nicht. Was, wenn sie die Neuigkeiten nicht verkraftete? Vielleicht wäre es besser, erstmal ihre Freundin Briony zu fragen, was zu tun war. Und da die zu einem Vampir gehörte, konnte ich darauf vertrauen, dass niemand in der Stadtverwaltung Wind davon bekam. Bitte lieber Gott, lass es die richtige Entscheidung sein, ja

Mit zittrigen Beinen stieg ich über die Papierbepflasterung meiner Wohnstube zu meiner Handtasche, in der ich irgendwo die Visitenkarte von Briony verstaut hatte. Mit etwas Glück fände ich sie in meiner Geldbörse. Ich fand sie genau da.

Viel schwieriger war es die Nummer zu wählen, da meine Hände viel zu sehr zitterten. Gespannt lauschte ich auf das Freizeichen und war überrascht, dass ein Mann abnahm. Nachdem ich ihm erklärt hatte, wer ich war und was ich wollte, stellte sich heraus, dass er der Butler der Binghams war – Oh du meine Güte! Ich will auch einen haben! – der mich umgehend zu Briony durchstellte. Mit knappen Worten erzählte ich ihr, dass ich sehr dringend mit ihr sprechen müsse und dass ich nicht wüsste, ob sie die richtige Person sei, aber mir sonst niemandem einfiel. „Es geht möglicherweise um Alisas Vater und ich bin mir nicht sicher, ob ich es ihr sagen soll. Ich weiß noch nicht mal, ob ich es dir sagen soll, aber ich kann niemanden einweihen, der sofort zur Stadtverwaltung rennen und mich verpetzen könnte. Es ist wirklich… Himmel, ich weiß gar nicht… du könntest auf jeden Fall Ärger bekommen, wenn man mich erwischt. Oder uns beide.“ Ihre Antwort überraschte mich kaum, da ich Briony als einen sehr flexiblen Menschen mit hohem Selbstvertrauen einschätzte. „Ok, Rosalie, das klingt sehr ernst. Gib mir eine viertel Stunde. Deine Adresse hab ich. Bis gleich.“

Sie legte auf, bevor ich einen Rückzug hätte machen können. Sehr schön, jetzt wurde ich erst richtig nervös. Nicht die Art von nervös, wie wenn man ein Date hatte, sondern die Art von: Ach du Scheiße, hoffentlich hast du dir jetzt nicht selbst dein Grab geschaufelt. Ich horchte in mich. Nein, Briony erschien mir vertrauenswürdig. Zwar könnte mein Gefühl mich täuschen, aber bisher hatte mich meine Menschenkenntnis nie im Stich gelassen.

Joshs Zweifel

Fluchend und mit langen Schritten ging Josh zu Fuß zu seiner Wohnung. Warum verflixt nochmal sollte er dort auf weitere Anweisungen warten? Konnte ihm Alan die nicht per Handy mitteilen? Wieso musste er zurück nach Hause? Warten konnte er auch anderswo! Nicht, dass ihm seine Wohnung oder das Warten nicht behagte, aber war er tagsüber nur selten daheim. Und abends ebenso wenig. Er war kein Wohnungstyp, der die behaglichen vier Wände beruhigend empfand. Eher fühlte er sich eingesperrt.

Er brauchte Bewegungsfreiheit und vor allem Luft!

Das unbehagliche Gefühl, das ihm sprichwörtlich das Fell gegen den Strich bürstete, konnte er partout nicht abschütteln. Alles trieb ihn dazu, schleunigst das Weite zu suchen, als wäre er ein verängstigtes Häschen. Doch seine Beine trugen ihn müßig in die bekannte Richtung. Nichts konnte er dagegen tun, denn Alan hatte Zwang angewandt. Warum? Es war ein einfacher Befehl, dem sich Josh nicht entgegengesetzt hätte. Das tat er selten. Sehr selten. Meist ging er mit den Dingen, die sein Alpha von ihm verlangte, konform. Selbst wenn es hieß, in der Wohnung zu warten.

Nur heute wollte er das nicht.

Hatte Alan das geahnt? Nein, das war unmöglich. Und trotzdem, irgendwas war faul an der Sache. Seine Füße trugen ihn gegen seinen Willen stetig vorwärts. Genauso gut hätte er schlafen können, sein Körper wäre einfach weitergelaufen. Wenn das eine Falle war, wenn Alan durch Magie verhext worden war… Himmel, es gab nichts, was Josh gegen Zwang tun konnte! Doch, fiel ihm ein. Sobald er in der Wohnung war, müsste er zwar dort bleiben, aber was er tat und in welcher Gestalt, war ihm nicht auferlegt worden. Es sei denn, dich erwartet eine Bombe. Oder irgendwas anderes, richtig Fieses. Eine Bombe war wenigstens narrensicher. Bumm – und schon war man weg vom Fenster.

Schluckend, fluchend und unbeirrbar sein geruhsames Tempo beibehaltend, näherte er sich langsam dem Block, in dem er wohnte. Normalerweise brauchte er höchstens zehn Minuten bis hierher. Heute war er schon eine Stunde unterwegs. Was genau bezweckte Alan damit? Josh erreichte die Haustür, die er mechanisch öffnete, nahm die Treppe und schlurfte diese ebenso langsam nach oben in den zehnten Stock, wie er die ganze Strecke hierher gelaufen war.

Endlich erreichte er seine Wohnungstür; ein Schauer lief ihm über den Rücken. Eben wollte er tief Luft holen, da versagten erst seine Beine, die ihn wie angewurzelt stehen ließen, dann sein Geruchssinn. Fast umgehend konnte er zwar wieder laufen, aber seine Nase war vollkommen verstopft. Wäre er über einen Misthaufen gestolpert, er hätte nichts gerochen. Hah, er hätte mittendrin stehen können!

Murrend, da Alans Zwang immer noch anhielt, öffnete er die Tür und stieß sie auf. Sein verblüffter Gesichtsausdruck wurde von einem grellen Blitz gefangen genommen, als Alan ein Foto schoss und der Rest der anwesenden Leute, die in seinem Zimmer standen, laut und ausgelassen „Happy Birthday!“, riefen. Am liebsten wäre Josh im Erdboden versunken. Er hasste Geburtstage. Das Feiern desselben fand er unnötig und reine Zeitverschwendung. Außerdem hasste er es, dass Alan ihn mehr oder weniger dazu genötigt hatte, obwohl der wusste, wie wenig Josh diese Zeremonien mochte. Josh schüttelte den Kopf und schnaubte. Eine Geburtstagsparty – für ihn.

Und er hatte geglaubt, in eine Falle zu tappen.

Nun, im Grunde war es eine.

Sam sprach leise ein paar Worte in seine Richtung, die ihm schlagartig seinen Geruchssinn wieder gaben. Ah, das hätte er sich denken können. Klar hätte er die Überraschung schon vorher gerochen, wenn Sam nicht ihre Fähigkeiten eingesetzt hätte. Sie war gut, das musste er ihr lassen. Grinsend kam sie ihm entgegen, wünschte ihm alles Gute und überreichte ihm ein Geschenk, das von allen kam. Es war nur ein kleines Kästchen. „Na los, mach es auf. Es beißt nicht.“, forderten mehrere der Umstehenden ihn auf. Augenrollend zerschnitt er das Band mit seinen sofort ausgefahrenen Nägeln und zerpflückte das Papier. Zum Vorschein kam ein Schächtelchen, in dem er einen Ring vermutete. „Wollt ihr mich alle heiraten?“, scherzte er und öffnete den Deckel. Darin befand sich ein Schlüssel, der ihn die Stirn in Falten legen ließ. „Komm.“ Alan wies mit seinem Kopf zum Fenster. „Sieh da runter. Schwarz, groß, schnittig…“ Josh schluckte. Er schluckte ein zweites Mal.

Ein Auto?

Für ihn?

Verdutzt blinzelte er. Hatte Ribbert ihn vorhin k.o. geschlagen? Nein, sie hatten keine Auseinandersetzung gehabt und egal, was für ein Arschloch Ribbert auch war, er würde niemandem etwas tun, der ihm den Rücken zudrehte! „Und? Ist uns die Überraschung gelungen?“ John, Alans Sohn, grinste bis zu den Ohren und dessen fünfzehnjährige Schwester Sarah legte ihren Kopf schief und lächelte Josh mit einem koketten Augenklimpern an. „Junge Dame!“, ermahnte Alan seine Tochter, die sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen ließ. Zumindest war Sarah klug genug, ihm nicht vor den anderen Rudelmitgliedern zu widersprechen. Sam schmunzelte, sagte aber nichts. Josh räusperte sich und brachte mit Mühe einen rumpelnden Dank zustande. Es war ihm peinlich, dass jeder sah, wie rot seine Ohren wurden. Und das war nur ein Grund, warum er derartige Festlichkeiten samt Überraschungen so verabscheute.

Gegen das Geschenk hatte er jedoch keinesfalls etwas einzuwenden. Selbst konnte er sich kein so schickes Auto leisten und das, was er bis vor zwei Monaten gefahren hatte, lag inzwischen auf Päckchengröße reduziert und nicht unterscheidbar von anderen ehemaligen fahrbaren Untersätzen in der Wiederbereitungsauflage. „Wir bleiben nicht. Du magst doch sowieso keine Torten und all das Zeug. Aber wir alle wollten sehen, wie du auf unser Geschenk reagierst. Na los, der Schlüssel passt. Geh und dreh eine Runde.“, meinte Alan, der seinem Rudelzweiten anerkennend auf die Schulter klopfte.

„Darf ich mit?“ Josh zuckte mit den Achseln, während er auf Alans Antwort wartete. Ihm war es einerlei, ob er allein oder mit Fahrgästen fuhr. „Aber benimm dich!“ Sarah nickte gebieterisch. „Du kannst dich auf mich verlassen. Kein Sex unter 18 und niemals in einem fahrenden Auto.“ Josh tarnte sein Lachen als Husten. Alan funkelte seine Tochter böse an. „Sarah, Herr Gott nochmal!“ Sie zuckte ganz kurz zusammen, wobei Josh sich nicht sicher war, ob sie tatsächlich so erschrocken war, wie sie tat. „Entschuldige.“, nuschelte sie. Ha, sie tat nur so. Josh konnte deutlich sehen, wie ihre Mundwinkel zuckten. „Dann will ich aber auch mit, darf ich?“ Josh nickte, ohne Alans Antwort abzuwarten. „Noch jemand? Zwei bekomme ich bestimmt noch unter.“ Sam hängte sich an Alans Arm, bevor der hätte etwas sagen können und zog ihn Richtung Tür. Natürlich drehte sich Alan noch einmal um, um seine Tochter warnend anzusehen. Dann seufzte er, fuhr sich müde durch die kurzen Haare und verabschiedete sich. Die anderen schlossen sich ihm an, bis nur noch Josh, John und Sarah in der Wohnung standen.

„Na los, worauf wartet ihr?“ Die zwei Teenager stürmten in den Flur, dicht gefolgt von Josh und saßen alsbald strahlend in dessen neuem Auto. „Wie alt bist du geworden? Niemand wollte es uns sagen.“, fragte Sarah neugierig und schaute sich gründlich im Auto um. „Warum willst du das wissen?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich bin eben neugierig. Außerdem muss ich wissen, ob du auch so langweilige Musik hörst wie mein Paps oder ob du bereit bist für echt geile Mucke.“ Josh grinste in sich hinein. „Schnall dich an, dann sag ich es dir. Und falls du auf die Idee kommst, deinen Dl anzustecken, der mit absolut uncoolen Hitlistenpopsongs beladen ist, liegst du gründlich falsch. Das ist nämlich keine Musik, sondern das Dahingeplätscher von sinnfreien Belanglosigkeiten.“

Sarah schmollte, schnallte sich aber an. „Ist es nicht. Die Musik ist geil.“ Josh drückte den Startknopf und lauschte auf das dröhnende Vibrieren des leistungsstarken Motors. Oh, er könnte Alan knutschen! Das war ein Ding, was sich nicht ins Navigationsleitsystem einloggte! Herrlich! „Ist es nicht? ‚Ich stehe unter dem Regenbogen und lausche den Vögeln’ klingt in meinen Ohren nicht sehr anspruchsvoll.“ Schuldbewusst zuckte Sarah zusammen, beharrte aber darauf, Joshs Alter zu erfahren. „76. Du darfst mich Opa nennen. Aber falls du es tust, muss ich dich übers Knie legen.“ Sarah und John stöhnten unisono. „Noch mehr Klaviergedudel.“ Josh lachte lauthals. „Oh, wenn ihr aussteigt, werdet ihr euch nach Klaviermusik sehnen! Und Sarah, kleine Warnung: Hat die Anlage einen Kurzschluss, wirst du dir wünschen, nie in das Auto gestiegen zu sein, kapiert?“ Die Lottozahlen hätte Josh kaum belangloser dahin trällern können. Aber Sarah war klug genug, die eindeutige Warnung nicht zu überhören und nickte. „John? Alles klar da hinten? Anschnallen. Und für dich gilt dasselbe.“ John grinste breit, schnallte sich an und nickte. „Ja, Sir. Verstanden, Sir.“ Joshs Schnauben war nur kurz zu vernehmen. Dann trat er das Gaspedal durch und startete mit quietschenden Reifen.

Nur sein Start war rasant.

Den Rest der Fahrt hielt er sich an die Verkehrsregeln. Zwar bereute er es ein wenig, die Leistung des Wagens nicht sofort austesten zu können, aber er hatte Kinder dabei. Selbst ohne sie würde er sich die Fahrfreuden für außerhalb der Stadt aufheben. Und auch die Musikanlage ließ er aus. Seinen Dl hatte er griffbereit, doch er war sich nicht sicher, ob Sarah nicht doch die Anlage lahm legte. Ein Kurzschluss war ein Kurzschluss. Ob nun absichtlich verursacht oder nicht.

Joshs heiteres Lächeln erstarb, als Sarahs Hand sich auf seinen Oberschenkel legte, während sie ihn mit leiser, sinnlicher Stimme bat rechts ran zu fahren. Er fuhr tatsächlich rechts an, bremste aber scharf genug, um seinem Unmut Luft zu machen. „Hör mal, ich steh nicht auf kleine Mädchen, kapiert? Und selbst wenn, würde ich es mir nicht zweimal überlegen. Dein Vater würde Hackf…“ Sie winkte ab, starrte leise murmelnd aus dem Fenster und rief nach John. „Ja.“, antwortete dieser abgehackt und schwer atmend. Josh drehte sich zu ihm um und runzelte die Stirn. „Was ist?“ Sarah nickte mit dem Kopf in südöstliche Richtung. „Spürst du das? Riechst du etwas? Hier stimmt was nicht.“ Sich versichernd, dass kein Auto an ihm vorbei brauste, sprang Josh aus dem Auto, lief um dieses herum und atmete neben der Beifahrertür stehend tief ein. Sarah hatte Recht. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Es stank. Eigenartig. Menschlich und doch auch nicht. Verdorben. Faulig. „Es kommt näher.“, wisperte Sarah, die er trotz geschlossener Tür vernehmen konnte. „Dann sollten wir verschwinden.“ Unisono schüttelten die beiden die Köpfe und stiegen aus. Sarah spähte angestrengt in die Richtung, aus der Josh den beißenden Geruch aufnahm. „Wir sollten besser fahren, ihr zwei.“ Sie zuckten mit keiner Wimper. Sie standen da, als wären sie am Fußweg festgewachsen. Vollkommen unbeweglich verharrend und lauernd. Wie Raubtiere, dachte Josh, und doch auch wieder nicht. Was zum Teufel geht hier ab?

„John, Barriere.“, flüsterte Sarah und John tat etwas, was Josh nach Luft schnappen ließ. Hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen, er hätte es nie für möglich gehalten! Vor seiner Nase – und somit zwischen ihm und dem Auto – zog sich ein dünner Film aus sonst was in die Luft, der flirrend waberte und das Auto dahinter allmählich verschwinden ließ. Stattdessen spiegelten sich die Kinder darin, er und zwei seltsame Gestalten, die eben lächelnd aus einem der Gebüsche traten. Josh wollte die Kinder sofort hinter sich in Deckung bringen, doch er konnte nicht mehr atmen. Seine Kehle schnürte sich zusammen, als drücke ihm jemand diese zu. Verzweifelt schnappte er nach Luft, schabte mit seinen sich verlängernden Klauen an seinem Hals, ohne das Hindernis entfernen zu können. Bis Sarah, die Johns Hand hielt, mit einer lauernden, honigsüßen, betörenden Stimme in einer ihm unverständlichen Sprache diverse Worte wisperte, die die zwei obskuren Gestalten augenblicklich erstarren ließ. Sie sahen aus wie Statuen, die von weißen, zischelnden Energiefäden gescannt wurden.

Rasselnd sog Josh Sauerstoff in seine Lunge und rieb sich die Augen, die fast aus ihren Höhlen gefallen wären. Nicht nur allein wegen des Luftmangels. „Ruf Papa an, Josh. Er wird wissen, was zu tun ist.“ Sarah ließ Johns Hand los und ging zu den zwei erstarrten Typen, die immer noch gefährlich sein könnten. Josh versuchte sie aufzuhalten, wurde aber erneut sprichwörtlich vor den Kopf geschlagen. „Ruf Papa an.“ John seufzte, Josh knirschte mit den Zähnen, während er widerwillig sein Handy aus der Hosentasche zog.

Diese Göre hatte ihn mit Zwang belegt! Wie war das möglich?

Sie war zwar die Tochter des Alpha, aber a noch viel zu jung dafür und b kein Alpha. Das war Alan. Innerhalb eines Rudels konnte es eigentlich nur einen geben, der in der Lage war, Zwang anzuwenden. Andererseits waren Sarah und John Mischlinge und schienen trotz ihres Alters auch als movere erstaunliche Fähigkeiten zu besitzen. Vielleicht bildeten sie durch die Vermischung der Rassen die Creme de la Creme von beiden? Mit kurzen Worten erklärte Josh seinem Alpha, was vorgefallen war. „Bleibt, wo ihr seid. Wir sind umgehend da. Haltet euch bloß von denen fern. Und ruf Ribbert an. Möglich, dass wir Verstärkung brauchen.“ Nun ja, Josh hätte sagen können, dass die Kinder die Männer schon in die Schranken gewiesen hatten. Hah! Solange Sarah und John hier waren, könnte wahrscheinlich eine ganze Armee dieser seltsam riechenden Gestalten hier auftauchen und diese würden trotzdem handlungsunfähig sein.

Glaubte Josh zumindest. Er wollte es auf keinen Fall testen.

„Euer Vater kommt her. Ich rufe Ribbert an.“ Sarah nickte, ließ die beiden aber keinen Moment aus den Augen. Aus kalten Augen, die jeden Moment Messer und andere scharfen Sachen ausspucken könnten. Ein Schauer durchfuhr Josh, doch er ließ sich nichts anmerken. Hastig tippte er Ribberts Nummer ein, erklärte ihm kurz, was vorgefallen war und war nicht erstaunt, dass der ebenfalls in Kürze eintreffen würde. Schließlich schienen sie dank Sarah und John endlich auf eine Spur gestoßen zu sein, die etwas mit den verschwundenen Gestaltwandlern zu tun hatte. Obwohl, sie waren nicht verschwunden. Sie waren tot. Auf unterschiedliche Arten, aber definitiv tot. Hatte Alan der nächste sein sollen? Sein Anwesen lag nur zehn Minuten entfernt. Oder waren die hinter jemand anderem her gewesen? Hinter ihm? Schließlich war er vorhin kurz davor gewesen, die Radieschen von unten anzusehen. Tod durch Ersticken war wirklich keine angenehme Art aus dem Leben zu scheiden. Nur den Kindern hatte er es zu verdanken, dass er noch atmete. Himmel, sie waren doch erst 12 und 15! Wie stark – und gefährlich – mochten die zwei erst sein, wenn sie erwachsen waren?

Wusste sein Alpha das?

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