Kitabı oku: «Briefe an Ludwig Tieck 3», sayfa 14
XI
Berlin 29t. Jan. 29.
Verehrtester Herr und Freund
Vor einigen Wochen nahm ich mir endlich das Herz, Ihnen, durch meinen Bruder, eine dramatische Arbeit zu überreichen, die, wenn auch nicht viel Gewicht auf sie zu legen ist, doch so gut, wie so vieles Andere der Darstellung auf der Dresdner Bühne werth wäre. Ich dachte, durch Ihre Vermittelung, die Lebendigmachung des Werks und ein übliches Honorar zu erreichen, um so mehr, als ich es nicht versäumte, die für Ihre sämmtlichen Werke von Cotta geforderte Summe bei demselben zu erzielen, die Reise nach Stuttgart, einzig dieser Verhandlung wegen, nicht scheuete, und, als Sie denselben gänzlich ohne Antwort ließen, Reimer aber den Verlag der Werke ankündigte, über die Unannehmlichkeit schwieg, mich kompromittirt zu sehen.
Wohl weiß ich es, mein verehrter Meister, daß Sie Gewichtigeres zu thun haben, als mir Ihr Urtheil über das, was ich zu leisten vermag, aufzuschreiben, oder wohl gar dessen in Ihren öffentlichen Kritiken zu erwähnen. Aber offen will ich es gestehen, daß ich, bei Ihrer Stellung zu dem Dresdner Hoftheater, schon früher erwartete, daß Sie einige meiner Stücke zur Aufführung bringen würden; und ich also um so schmerzlicher berührt bin, da Sie, nachdem ich Ihnen ein Werk, das wenigstens die Eigenschaft der Darstellbarkeit hat, übersendet habe, mich auch nicht einer Zeile Antwort würdigen.
Dieses Ihnen unumwunden zu sagen, gebiethet mir meine redliche Offenherzigkeit, zu welcher mich überdies Ihre frühere günstige Meinung über mich berechtigt. Sollte die dortige Bühne von dem übersendeten Stücke keinen Gebrauch machen, oder Sie es derselben nicht vorschlagen können, so erbitte ich mir das Manuscript durch die fahrende Post zurück, und ersuche Sie diese Zeilen sowohl, als daß ich Ihnen überhaupt lästig fiel zu verzeihen.
Mitvollkommen anerkennender HochachtungIhrganz ergebensterLudwig Robert.Leipzigerstraße Nr. 3.
Rochlitz, Friedrich
Geboren den 12. Februar 1769 zu Leipzig, gestorben daselbst am 16. December 1842.
Durch dreißig Jahre führte er (von 1798 bis 1818) die Redaktion der Allgemeinen musikalischen Zeitung mit Einsicht, Kenntniß, Geschmack und Gerechtigkeit; Eigenschaften, ohne welche er den dreißigjährigen Krieg wider so vielerlei feindselige Mächte unmöglich so lange siegreich bestanden hätte.
Als poetischer Schriftsteller lieferte er:
Denkmale glücklicher Stunden, 2 Bde. (1810, 11.) – Kleine Romane und Erzählungen, 3 Bde. (1807.) – Neue Erzählungen, 2 Bde. (1816.) u. a. m.
I
Leipzig d. 23ten Dec. 1801.
Sie haben in dem Buche, Phantasieen über die Kunst &c. so tief und schön über Musik geschrieben, daß ich mit immer neuem Genuß, und immer herzlicherem Dank gegen Sie, zu seiner Lektüre zurückkehre. Schon längst würde ich Ihnen deshalb geschrieben haben, was ich jetzt schreibe, wenn ich, wie jetzt, den bestimmten Auftrag dazu gehabt hätte. Ich ersuche Sie nehmlich im Namen der Redaktion der musikal. Zeitung, wenn Sie etwas über Musik geschrieben haben oder schreiben, es ihr für ihr Institut gefälligst mitzutheilen. Es bleibt Ihnen der weitere Gebrauch solcher Aufsätze; nur würden Sie dieselben nicht zum Schaden der Zeitung allzuzeitig – wenigstens nicht unter einem Jahre nach dem ersten Abdruck – nochmals herausgeben. Die Redaktion bietet Ihnen für den Bogen des gewöhnlichen Drucks der Zeitung zehn Thaler Honorar, und würde gern mehr bieten, wenn das, denn doch nur ein beschränktes Publikum interessirende Institut irgend einem Mitarbeiter mehr geben könnte.
Der Buchhändler Herr Härtel (Breitkopf und Härtel) hat die Auszahlung. Verstattet es die Sache selbst, so werden Sie wie wir Alle, die wir an diesem Institut Theil nehmen, bei der Form Ihrer zu hoffenden Beiträge daran denken, daß bei weitem der größte Theil der Musiker und Musikliebhaber wohl Menschen von Geist und Sinn seyn mögen, aber nicht Menschen von tiefer, wissenschaftlicher Bildung; auch daran, daß ein seiner Länge wegen in mehrere Stücke zu theilender Aufsatz, durch solches Zerstückeln verlieren muß.
Ich sage Ihnen das alles so gerade hin, weil ich jedem Manne, den ich nicht kenne, mit Offenheit und Vertrauen entgegen gehe; wie viel mehr Ihnen, von dem ich so viel Vortreffliches weiß.
Lassen Sie mich noch diese Gelegenheit benutzen, Sie von meiner aufrichtigen Hochachtung zu versichern, und Ihnen für die wahre Herzensfreude zu danken, die Sie auch mir durch Ihre Arbeiten, – auch kürzlich erst durch verschiedene Ihrer Gedichte im Musenalmanach bei Cotta, – gemacht haben, und noch gar oft machen werden. Kann ich Ihnen auch nichts seyn, als ein Punkt in der langen, leider schwankenden Linie, die man das Publikum nennt, so besteht doch eine Linie aus Punkten.
Friedr. Rochlitz.
II
Leipzig, den 16ten März 1821.
Verehrter Herr und Freund!
Ich wünschte, Sie könnten sich meine Freude über den schönen Beweis der Fortdauer Ihres wohlwollenden Antheils an mir recht lebhaft vorstellen, und damit sie gewissermassen theilen. Aber dazu müßten Sie vollständig wissen, wie so etwas eben auf mich wirkt. Da das nun nicht seyn kann, so sage ich hier gar nichts, als ein einfaches: Ich danke – für Brief und Geschenk! Daß ich die Genovefa nun aus Ihren Händen besitze, wird allerdings dem erneuerten Genuß an ihr noch einen besondern, und gewiß nicht störenden Reiz zusetzen. Dieses Genusses nach allen meinen Fähigkeiten theilhaftig zu werden, spare ich ihn mir für die schönsten und ungestörtesten Frühlingstage auf; und daß ich dann laut lese, wenn auch mir selbst nur, brauche ich wohl nicht erst zu versichern.
Zur Ostermesse Sie hier zu sehen, und endlich von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen: darauf freue ich mich sehr. Ja, vielleicht finde ich im Laufe des Sommers Gelegenheit, Ihnen, – wenn Sie es nehmlich nicht ungern sehen, – noch näher zu treten, als es in jenen Tagen der Unruhe und des vielfältigen Treibens möglich ist: ich werde den Monat Julius im Schandauer Bade zubringen, und hoffe dann den August in Dresden zu verleben.
Erwarten Sie von mir, außer der innigen Hochachtung und Erkenntlichkeit gegen den Dichter, wie sie mir seit meinen Jünglingsjahren (und das ist lange her) unverändert innewohnt, nur noch eine freudige Hinneigung zu jedem bedeutenden und edlen Menschen: von anderm aber, was dem Umgange Gewicht oder Reiz giebt, gar nichts; – dann werden Sie sich über mich nicht irren. Hiermit lassen Sie mich
Ihnenin freundschaftlicher Ergebenheitempfohlen seynRochlitz.
III
Dresden, d. 11ten Jun. 27.
Ich bin gestern ohne Dank, ja ohne Alles, von Ihnen gegangen. Dichtung und Vortrag hatten mich so ergriffen, so an- und ausgefüllt, daß ich’s so machen mußte. Auch wollte ich den Eindruck gar zu gern ganz ungestört mit nach Hause nehmen. Da hab’ ich denn bis lange nach Mitternacht still dagesessen; so gut ich konnte, jedes Einzelne wieder an mir vorübergehen, nun Alles sich wieder vereinigen, vereinigt auf mich wirken, und so die ganze Musik endlich nach und nach in mir ausklingen lassen.
Auch heute will ich nur das sagen: Jener köstliche Heinrich war mir freilich von A bis Z bekannt und auch erinnerlich; aber wenn nun Alles und Jedes in ihm, scharf umrissen und vollendet ausgemalt, vor mir und in mir lebt, so verdanke ich das Ihnen. Und wenn ich nun weiß, wie sich das Vorlesen überhaupt, hoch, bis zu einer selbstständigen Kunst steigern läßt, so verdanke ich das Ihnen auch.
Wie könnte ich da anders, als meine Bitte wiederholen: Lassen Sie mich wissen, wenn Sie wieder vorlesen. Für mich, wie ich nun eben bin, enthält Dresden nichts Genußreicheres, und für Sie macht ein Zuhörer keinen Unterschied. Dankbar
IhrRochlitz.
IV
v. H. d. 17ten Octob. 28.
Niemand weiß besser als ich, daß man einem verehrten Manne kaum einen geringeren Erweis seiner dankbaren Gesinnung und treuen Anhänglichkeit darbringen kann, als wenn man ihm ein selbstverfaßtes Buch giebt. Kaum einen geringeren; und doch auch kaum einen gültigeren. Jedes Andere unerwähnt: ist doch ein mit Liebe und Fleiß geschriebenes Buch das Beste, was ein Autor hat, und gewissermaßen, was er ist. Thut er doch mit der Zusendung seine Ueberzeugung dar, der Andere werde Eindringlichkeit, Nachsicht, freundliches Wohlwollen an dem Buche üben, und eben weil er diese daran geübt hat, ihm geneigt seyn, – und dem Autor auch. Darum und dazu nehmen Sie, bitt’ ich, dieses mein Buch hin; zumal da es, wenigstens in dieser Gattung, zuverlässig mein letztes bleiben soll. Sollte es aber auch blos Sie zuweilen wieder an mich erinnern, so bin ich schon zufrieden.
Hiermit empfehle ich mich Ihnen, so gut ich kann.
IhrRochlitz.
Rückert, Friedrich
Geb. am 16. Mai 1789 zu Schweinfurt. – Lebt seitdem er (1849) seine Stellung in Berlin aufgegeben, auf seinem Gute Neuseß in der Nähe von Coburg.
Als Freimund Reimar hat er zuerst seine ersten Kampf-, Zorn- und Spottlieder gegen Deutschlands Erbfeind erschallen lassen, und hat sich seit fünfzig Jahren mit einer noch nie und nirgend erlebten Fülle poetischer Gaben und Schätze; mit einer unübertroffenen Herrschaft in Form und Sprache; mit einem ganzen Frühling und Sommer voll Blüthen so tief in dieses Deutschlands Leben und Weben hineingesungen, daß deutsche Dichtung und Friedrich Rückert für ewig unzertrennlich bleiben. Das hat Friedrich Wilhelm der IVte erkannt, und hat ihn nach Berlin berufen, den großen Poeten, der auch für dieses Königs Mutter, für Königin Luise, den Kranz von immer blühenden weißen Rosen wand, der in den „Geharnischten Sonetten“ den Ahnherrn, den alten Fritz, heraufbeschwor!
Daß Rückert in Berlin nicht heimisch werden könne, war vorauszusehen. Nach 1848 wurd’ es unmöglich. Und daß der verstorbene König diese Unmöglichkeit begriff, macht seinem Verstande, daß er dem Dichter die Möglichkeit gönnte, sich in den Frieden ländlicher Stille aus dem Geräusch der großen aufgeregten Stadt zu flüchten, macht seinem Herzen Ehre.
Deshalb auch begegnen wie den innigen Worten, die in nachstehenden Zeilen dem königlichen Gönner gelten, mit aufrichtiger Freude.
Berlin d. 11. Okt. 41.
Hochverehrter Meister!
Hier stellt sich mein armenischer König vor Ihren Richterstuhl. Sehen Sie die Arbeit so an, wie ich mündlich sie Ihnen zu zeigen versuchte, als eine erste Einübung der mir neuen Kunstform, und zwar als ersten rapiden Hinwurf ohne Durchsicht und Feile. Ich sagte Ihnen schon, daß noch einige dergl. Uebungstücke folgen sollen, eh ich an meinen eigentlichen Vorsatz, vaterländische Stücke (aus der brandenburgischen Geschichte) gehen werde. Wäre das Stück nicht zu unvollendet und nicht zu lang, so könnt’ ich ihm nichts besseres wünschen, als es durch Sie selbst unsrem König vorgeführt, von dessen Begeisterung in mir es die erste Eingebung ist. Wenigstens möcht’ ich Sie bitten, Ihm bei guten Gelegenheiten von meinen Intentionen zu sagen, was ich selbst mündlich thun möchte, aber er hat mich bis jetzt noch nicht zu sehen verlangt, da ich ihn zu sehen nicht verlange, sondern brenne. Der gnädigen Gräfin empfehl’ ich mich unterthänig. In vollster Hochachtung
der IhrigeRückert.
Ueber den Zauber Ihrer Vorlesung möcht ich noch einmal mich mündlich gegen Sie aussprechen. Ganz besonders hat mich Malvoglio befriedigt, der beim Lesen immer als ungebührlich mishandelt mir wehe that. Aber Ihre Stimme macht ihn so dick und derb, daß man kein Mitleid mehr mit ihm fühlt.
Rühs, Christian Friedrich
Geb. in Greifswalde 1779, gestorben 1820 in Florenz.
Er wurde 1801 Privatdocent in Göttingen, 1802 in Greifswalde, 1808 Professor der Philosophie, 1810 Professor der Geschichte in Berlin, 1817 königl. preuß. Historiograph und Bibliothekar.
Versuch einer Geschichte der Religion &c. der alten Skandinavier (1801.) – Unterhaltungen für Freunde altdeutscher und altnordischer Litteratur (1803.) – Pommersche Denkwürdigkeiten (1803.) – Finnland und seine Bewohner (1804.) – Entwurf einer Propädeutik des historischen Studiums (1811.) – Die Edda (1812.) – Zeitschrift für die neueste Geschichte, Staaten- und Völkerkunde, 4 Bde. (1814–15.) – Historische Entwickelung des Einflusses Frankreichs &c. (1815.) – Handbuch der Geschichte des Mittelalters (1817.) – und noch viel Anderes.
Dürfen wir von der Handschrift dieses Briefes auf jene in den Manuskripten seiner zahlreichen Werke schließen, dann mögen die Setzer bei ihrer Arbeit manchen Seufzer ausgestoßen, vielleicht auch manchen Fluch losgelassen haben. An ersteren wenigstens haben wir es nicht fehlen lassen.
Berlin, d. 14. Jul. 16.
Mein hochgeschätzter und verehrter Freund!
Den Babingtonschen Catalog hab’ ich Ihnen nicht gesandt, auch Reimer nicht, aber mit Vergnügen hab’ ich Ihre Aufträge an Hrn. Spiker befördert, der bis zum October in London bleibt. Sein Aufenthalt ist für die Königl. Bibliothek sehr vortheilhaft gewesen: schon haben wir 3 große Kisten mit englischen und einigen spanischen und portugiesischen Büchern erhalten. Wir haben bereits alle alten Hauptchroniken von England und von Schottland bekommen: ferner in der schönen Literatur jetzt 2 Ausgaben der old plays und die sämmtlichen neuen Commentatoren über Shakespear, auch Hawkins, Massinger Works u. dgl. Sobald alle diese Sachen, die mehrere hundert Volumina ausmachen, geordnet sind, zweifle ich nicht, daß Sie dieselben zu Ihrem Gebrauch werden bekommen können. Besonders wünschte ich, daß Sie einige Zeit hier bleiben könnten, um genauer mit diesen Schätzen bekannt zu werden. Nun bitte ich Sie, wenn Sie noch einige ältere für die Geschichte der Sprache und Literatur wichtige Werke wissen, die eine Bibliothek, die die Ehre haben will, die erste eines großen Staats zu seyn, haben muß, mich darauf aufmerksam zu machen: ich werde dann sorgen, daß sie angeschafft werden. Ich hoffe, daß die Bereicherungen, die unmittelbar durch meinen Betrieb der Bibliothek zugewachsen sind, noch in der Folge schöne Früchte tragen werden. Ich habe den ganzen Vorrath selbst nur erst flüchtig durchgesehn. Zwei Kisten kommen noch. Das Parlament hat uns ein Geschenk mit allen den Sachen gemacht, die auf Veranstaltung desselben gedruckt sind und darunter sind wichtig der Catalog der Bodleyanischen und Coltonianischen Handschriften: diese Sachen sind aber noch nicht hier: wir erwarten sie aber noch mit der ersten Gelegenheit. Unsre Bibliothek ist durch diese Erwerbungen wirklich sehr bereichert und wir brauchen nun nicht mehr so sehnsüchtig nach den Fleischtöpfen Aegyptens, der Göttinger Büchersammlung auszuschauen. Hr. Reuß verlangt nun die Bücher zurück, die Sie haben, und ich muß Sie bitten sie ihm wiederzuschicken. Hawkins ist hier und Sie können ihn wieder bekommen, vermuthlich auch was Sie sonst haben: melden Sie es mir nur bald, ich will dann schon suchen, Ihnen die Bücher zu schaffen. Es ist natürlich von hier aus leichter als aus Göttingen Sendungen zu machen. Kennen Sie schon das neue angelsächsische Gedicht, das Thorkelin herausgegeben hat? Es ist gewiß sehr merkwürdig, aber über die Maßen schwer zu verstehn, ich kann gar nicht damit aus der Stelle kommen. Schon früher hat die Bibliothek auch viele recht interessante Bücher zur spanischen Literatur erhalten: nicht nur alte Chroniken, auch poetische Werke, alte Schauspiele u. s. w., sie sind theils aus der Graf Palmschen Auction in Regensburg, theils aus Hamburg gekommen.
Wie sehr wünschte ich, daß Sie etwas näher wären: um Ihnen auch manches nordische mitzutheilen. Ich habe mir jetzt alle Werke von Bellmann verschaft, auch die alten schwedischen Volkslieder mit Melodien, worüber ich gar zu gern Ihr Urtheil hören möchte. Ich bin in sehr nüchternen Arbeiten begriffen: ich lese 3 Collegia, das ist völlig so gut als Holz hacken: ein neues über die Politik, das mir viele Zeit kostet, weil ich selbst noch nicht recht viel davon wußte, ich habe es aber gethan, um dem Schlendrian und den gemeinen Ansichten, die gerade hier wieder recht die Tagesordnung werden sollen, die Stirn zu bieten. Mein Mittelalter ist noch immer nicht fertig, obgleich schon 43 Bogen gedruckt sind. Man denkt jetzt ernsthaft an die Ordnung der hiesigen Kunstsammlungen, wozu eine eigne Comißion ernannt ist: mir ist auch mein Theil nemlich die Menge des Mittelalters angewiesen. Es hat sich bei dieser Gelegenheit das ganze herrliche Stoschsche Cabinett von geschnittenen Steinen wiedergefunden, das selbst nach gedruckten Nachrichten ganz zerstreut seyn sollte.
Herr Garlieb Merkel hat sich wieder eingefunden, um den alten Freimüthigen herauszugeben: mich erinnert seine Ankündigung an den Gastwirth in Hamburg, der anfangs sein Schild vertauscht hatte und da nun ein andrer sich seines alten bediente, unter sein neues (es hieß zum Prinzen von Hessen) setzen ließ: das ist der rechte goldne Esel. Reimer hatte den boshaften Einfall, gleich nach Merkel’s Ankunft, in alle hiesigen Zeitungen einrücken zu lassen: es wären jetzt von der Schrift Testimonia autorum de Merkelio wieder Exemplare vorräthig. —
Leben Sie wohl, mein verehrtester Freund! und vergessen Sie nicht Ihres
ergebenstenFr. Rühs.
Rumohr, Karl Friedrich Ludwig Felix von
Geb. am 6. Januar 1785, gestorben zu Dresden am 25. Juli 1843.
Italienische Forschungen, 3 Bde. (1827–31.) – Drei Reisen nach Italien (1832.) – Deutsche Denkwürdigkeiten, 4 Bde. (1832.) – Der Freiherr und sein Neffe (?) – Novellen, 2 Bde. (1833–35.) – Schule der Höflichkeit, 2 Bde. (1834–35.). – Im Jahre 1828 edirte er einen, unter dem Namen seines Küchenmeister’s „König“ verfaßten: Geist der Kochkunst, dessen Lehren eine Zeitlang manche Befolger und Nachahmer fanden.
Aus den von ihm an Tieck gerichteten Briefen hätte sich noch Mancherlei mittheilen lassen, wenn nicht diese Blätter gerade theils zerrissen, theils mit verloschener Tinte beschrieben, fast unlesbar geworden wären. Auch für einen korrekten Abdruck der fünf nachfolgenden vermögen wir nicht zu bürgen.
I
Hamburg, den 14. Julii 1807.
Welches Vergnügen Sie mir gemacht haben, mich endlich statt ein Paar längst ersehnter Zeilen einen langen, freundlichen, gütigen Brief empfangen zu lassen, könnten Sie sich nur vorstellen, wenn Sie wüßten, wie sehr ich Sie liebe. Durch die Gemüthskrankheit der pr. Posten sind Sie bei mir völlig entschuldigt, und ich bitte um Verzeihung der halben Aeußerung wegen, die Sie gekränkt hat. Wie sehr erfreuet mich sonst noch Ihr gütiger Antheil an allem Verdruß und Schmerz den ich erlitten. Die gute Mutter starb an den Folgen eines tiefen Schmerzes über das, was sie für unerhört hielt, und wovon Sie sich nicht eingestehn wollte, daß die nächste Welt vor uns durch Indifferenz so vieles verschuldet hat. Die besten Menschen unsrer Tage können so oft die Betrachtung des Schmerzlichen nicht ertragen, die doch durchgeführt noch immer die Freiheit des Staates und der Religion erretten mögte. Was mich betrifft, so wahr ich nichts Besseres erwartet, als geschehn, so wenig kann ich die besten Hoffnungen auf das Leben darum aufgeben, weil meiner Freunde und meine bürgerliche Lage ins Schwanken gerathen ist. Ich studiere jetzt fleißig die Geschichten alter Zeiten, und da ein Buch Anlaß giebt mehrere nachzuschlagen, und ich mit Ernst angefangen über antique Kunstkenntniß zu sammeln, hat sich’s gefügt, daß ich mich mit manchen Dingen näher bekannt gemacht und Lust zur geschichtlichen Forschung und Quellenkenntniß, mehr als jemals, erhalten. Zugleich macht mir die Verwaltung oder vielmehr Wiedereinrichtung meiner bürgerlichen Lage um so mehr zu schaffen, da ich eigentlich anfange zum Haupt eines Theiles unsrer weiblichen Familie zu gedeihn. So viel erlaubt mir der Ort von meiner zeitlichen Beschäftigung zu melden. Mehreres, wenn wir uns wieder sehn, was hoffentlich bald sich ereignet. Berlin wäre kein ungeschickter Ort zum Zusammentreffen, wenn Geschäfte oder Umstände uns nicht erlauben sollten, die ganze Reise zu Ihnen, oder zu mir zurückzulegen. Jetzt habe ich den einzigen offnen Augenblick ergriffen, um auf etwa vier Wochen ins Reich zu gehn, wozu ich mannigfaltige Veranlassungen habe. Bei meiner Rückkehr treffe ich Steffens mit seiner schönen Frau in meinem Hause, die ein früher gethanes Versprechen jetzt bald erfüllen wollen. Steffens hat mich schon ein Mahl besucht, und wir haben uns einander herzlich lieb gewonnen. Es ist ein edler, herrlicher Mensch; seiner Wissenschaft liegt eine religiöse Innbrunst zum Grunde, die mir sehr das Rechte scheint. Ueber Vieles verstehn wir uns recht genau, was mir zur großen Erquickung gereicht. Ich fange überall auf meine rechten Freunde zu rechnen an, und mache andere Forderungen wie sonst. Leeres Nachschwatzen und Anhängerei wird mich nicht wieder veranlassen, Gesinnung zu suchen, wo deren nicht ist. Auf der andern Seite habe ich das Glück gehabt, indem ich verschiedne Menschen kennen gelernt, die sich von den öffentlichen Blättern abhängig gemacht, und von Vielem gewiß recht schiefe Ansichten gefaßt hatten, durch geduldiges Ertragen dieser Mängel allmählig dieselben zu erschüttern, und auf der andern Seite ein reiches, herrliches Pfund von gutem edlem Muthe, Notiz und Schulkenntniß auszugraben, das mir in diesen Handelsstädten, von deren Verkrüppelung Sie keine Vorstellung haben, da Sie nur das tüchtige Hamburg kennen, recht guten und lehrreichen Umgang zubereitet. – Wir warten schon so lange auf das Lied der Niebelungen; allerhand Jungen machen sich daran und schreien es ins Publicum, und verkünden Ausgaben, die nichts taugen werden. Sie sind es Ihren Freunden, Ihrem Volke schuldig, Ihre kritische Arbeit darüber, noch früher als die Geschichte der Poesie herauszugeben, auf die ich jedoch nicht weniger sehnlich warte. Ich bitte um Abschrift der Gedichte von der Musik. Sie haben sie den R. gegeben, so werden Sie mir dieselben nicht abschlagen. Sie haben keinen größeren Fehler als daß Sie dieser Welt des Privatinteresses zu edel, zu fromm, zu bürgerlich sind; das entzieht, fürchte ich, dem Volke die schönen Veranlassungen des Besten durch ihren Genius. Sonst erwiedre ich alle die gütigen Grüße und Wünsche Burgsdorfs und Ihrer verehrten Gattin, und wünsche Ihnen Allen Muth, Trost, Hoffnung und alle Güter, die in diesen Tagen die dauerhaftesten und besten sind.
Ihr ganz treu ergebenerC. F. Rumohr.