Kitabı oku: «Besonderes Verwaltungsrecht», sayfa 10
cc) Einwendungen
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Bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist können gemäß § 74 Abs. 4 S. 1 VwVfG Einwendungen erhoben werden[91]. Im Falle einer UVP-Pflicht gilt gemäß § 21 Abs. 2 UVPG abweichend eine Monatsfrist. Einwendungsbefugt ist jeder, der in seinen Belangen berührt wird. Zur Abgrenzung ist hierbei auf die Abwägungserheblichkeit abzustellen[92]. Auch Gemeinden müssen Einwendungen erheben, soweit sie private Belange oder ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung geltend machen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie als Behörde auch eine Stellungnahme im Sinne des § 73 Abs. 3a VwVfG abgeben[93]. Vereinigungen geben gemäß § 73 Abs. 4 S. 5 VwVfG Stellungnahmen ab. Im Übrigen gelten jedoch die gleichen Regelungen wie für die Einwendungen Betroffener (§ 73 Abs. 4 S. 6 VwVfG).
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Um das Eintreten der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Präklusionswirkung zu vermeiden, muss eine Einwendung hinreichend substanziiert sein. Das erfordert, dass die Einwendung deutlich erkennen lässt, in welcher Weise bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterzogen werden sollen[94]. Die betroffenen Rechtsgüter sind so konkret wie möglich zu benennen[95]. Dabei kann aber der Erkenntnis- und Erfahrungshorizont eines Laien zugrunde gelegt werden. Besonderer wissenschaftlich-technischer Sachverstand kann nicht verlangt werden[96]. Eine Begründung der Einwendung oder eine rechtliche Einordnung des tatsächlichen Vorbringens ist nicht erforderlich[97]. Jedenfalls nicht hinreichend substanziiert ist die bloße Mitteilung, es würden Einwendungen erhoben, ein bloßes Nein oder ein schlichter Protest[98].
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Mit Ablauf der Einwendungsfrist tritt gemäß § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG eine materielle Präklusion ein[99]. Belange, die nicht durch eine Einwendung im Planfeststellungsverfahren vorgebracht wurden, sind damit auch von einer späteren gerichtlichen Geltendmachung ausgeschlossen[100]. Die Regelung bringt zum Ausdruck, dass dem Recht, sich äußern zu dürfen, eine Mitwirkungspflicht korrespondiert[101]. Sie stellt einen angemessenen Ausgleich des Spannungsverhältnisses zwischen den Interessen der Bürgerbeteiligung, der planerischen Informationsaufbereitung und des effektiven Rechtsschutzes auf der einen Seite und den Zielen der Verfahrensbeschleunigung und der Rechtssicherheit auf der anderen Seite dar[102]. Soweit das Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt, verstößt die materielle Präklusion gegen europäisches Umweltrecht.[103] Hierauf hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 7 Abs. 4 UmwRG reagiert, die entsprechende Rechtsbehelfsverfahren aus dem Anwendungsbereich der Präklusionsregelung ausnimmt.[104]
f) Beteiligung von Vereinigungen
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Das Planfeststellungsrecht kannte bereits seit Längerem die Beteiligung der Naturschutzverbände, die ihre Grundlage in § 63 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG findet. Dabei ist diese Beteiligung im BNatSchG nur rudimentär geregelt[105]. Das Fachplanungsrecht enthielt sich zunächst weitergehender Regelungen. Eine unmittelbare Zuordnung zu den Regelungen entweder der Behördenbeteiligung oder der Öffentlichkeitsbeteiligung wurde von der Rechtsprechung abgelehnt[106]. In der Folge des PlVereinhG ist die Beteiligung der Vereinigungen nunmehr in § 73 VwVfG verankert. Der Gesetzgeber bringt die Vereinigungen damit in eine Linie mit den Umweltschutzvereinigungen, welche seit 2005 Teil der Öffentlichkeit im Sinne des UVPG (§ 2 Abs. 8 und 9 UVPG) sind (siehe dazu oben Rn. 31).
g) Erörterung
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§ 73 Abs. 6 VwVfG regelt den Erörterungstermin. Der Erörterungstermin ist ein zentraler und charakteristischer Bestandteil des Anhörungsverfahrens[107]. Vor allem wird ihm eine akzeptanzsteigernde und streitbefriedende Funktion zuerkannt. Es kann allerdings bezweifelt werden, ob der Erörterungstermin diese Funktion noch erfüllen kann. Dagegen spricht zum einen der späte Zeitpunkt im Verfahren, an dem der Erörterungstermin erfolgt. In diesem Stadium ist die Planung nur noch sehr eingeschränkt für Veränderungen offen. Dies kann zu dem Eindruck führen, die Planung werde im Erörterungstermin verteidigt. Zum anderen kommt es im Erörterungstermin seit der Einführung umfassender Präklusionen von Einwendungen und Stellungnahmen nur noch zur Verhandlung bereits bekannter Aspekte. Die Informationsbasis der Planung kann nur noch sehr eingeschränkt verbreitert werden. Rechtspolitisch erschiene es wünschenswert, die im Erörterungstermin angelegten kommunikativen Elemente in einer früheren Verfahrensphase einzusetzen[108]. Einen anderen Weg gehen die Fachgesetze, die in der Folge des IPBeschlG den Erörterungstermin in das Ermessen der Behörde stellen[109]. Dies ist kritisch zu sehen. Gerade in solchen Verfahren, in denen die Durchführung des Erörterungstermins sehr aufwendig erscheint, zugleich aber die beschriebenen Ziele von vornherein kaum zu erreichen sind, dürfte der Verzicht auf den Erörterungstermin den Widerstand gegen ein Vorhaben noch erhöhen. Die Potenziale einer partizipativen Verfahrensgestaltung werden demgegenüber nicht genutzt.
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Gemäß § 73 Abs. 6 S. 2–5 VwVfG ist der Erörterungstermin mindestens eine Woche vorher bekannt zu machen. Teilnahmeberechtigt sind gemäß § 73 Abs. 6 S. 1 VwVfG der Vorhabenträger, die in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Behörden, die Betroffenen und diejenigen, die Einwendungen oder Stellungnahmen abgegeben haben. Letzteres schließt gegebenenfalls Vereinigungen mit ein.
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Das Ziel des Erörterungstermins, die Akzeptanz gegenüber dem Vorhaben zu steigern und möglichst eine einvernehmliche Lösung der aufgeworfenen Konflikte herbeizuführen, sollte auch den äußeren Ablauf und die Gestaltung des Erörterungstermins bestimmen. Erforderlich ist die Möglichkeit, das Für und Wider mit den Beteiligten sachlich und ohne Zeitdruck zu erörtern, Argumente auszutauschen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen[110]. Dieser Prozess ist durch den Verhandlungsleiter im Wege einer unparteiischen Leitung der Verhandlung zu fördern[111]. Die konkrete Gestaltung des – grundsätzlich nicht öffentlichen[112] – Erörterungstermins steht im Ermessen der Anhörungsbehörde. Zulässig ist es, Fragen abzuschichten und den zu erörternden Stoff in einzelne Themenkomplexe zu gliedern und auf verschiedene Termine zu verteilen[113].
h) Änderungen vor Planfeststellung
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Der Zweck des Anhörungsverfahrens liegt auch darin, zusätzliche Informationen und Erkenntnisse über das Vorhaben und seine Auswirkungen zu gewinnen. Es liegt auf der Hand, dass dies zu Änderungen des Plans führen kann.[114] Das Verfahrensrecht muss demgemäß eine Antwort darauf geben, wie mit solchen Änderungen umzugehen ist. Bei grundsätzlichen Modifizierungen, die sich insgesamt als neues Vorhaben darstellen, kann die Konsequenz nur sein, dass dies einen neuen Antrag und ein neues Anhörungsverfahren nach sich zieht. Diese Folge wäre aber bei bloßen Änderungen des Vorhabens kontraproduktiv. Der Anreiz, infolge neu gewonnener Erkenntnisse wünschenswerte Änderungen des Vorhabens in den Plan aufzunehmen, wäre gering. Auf dieses Dilemma gibt § 73 Abs. 8 VwVfG eine Antwort. Sein Zweck liegt auch darin, die Aufnahme wünschenswerter Modifizierungen des Vorhabens in den Plan zu unterstützen, indem der negative Anreiz, der von der vollständigen Wiederholung aufwendiger Verfahrensschritte ausginge, abgemildert wird[115].
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§ 73 Abs. 8 VwVfG regelt den Fall der Änderung des Plans – und analog auch den Fall der Ergänzung der Planunterlagen ohne Änderung des Vorhabens[116] – nach der Auslegung, aber noch vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Für Änderungen nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses kommt hingegen § 76 VwVfG zum Tragen (siehe dazu Rn. 48 ff.). Für Änderungen des Plans vor der Auslegung bedarf es keiner gesonderten Regelung. Bei der Durchführung eines neuen Anhörungsverfahrens gehen keine bereits durchgeführten „aufwendigen“ Verfahrensschritte verloren.
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Zu beantworten ist die Frage, wann eine Abweichung von dem ursprünglichen Plan noch eine Änderung darstellt und wann es sich bereits um ein neues Vorhaben handelt. Um nachträgliche Verbesserungen der Planung nicht zu sehr zu erschweren, sollten jedenfalls die Grenzen der Änderung nicht zu eng gesteckt werden[117]. Dies hängt davon ab, ob die Identität der ursprünglichen Anlage gewahrt bleibt, das heißt keine „nach Gegenstand, Art und Betriebsweise im Wesentlichen andersartige Anlage“ entsteht[118]. Anhaltspunkte für die Beurteilung können die Größe, die Betriebsweise und der Grad der Eigenständigkeit der Änderung liefern[119].
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Liegt eine Änderung vor, müssen Behörden und Vereinigungen, deren Aufgabenbereich, oder Dritte, deren Belange durch die Änderung erstmals oder stärker berührt werden, erneut beteiligt werden. Eine Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit sieht das VwVfG – außer in den Fällen des § 73 Abs. 8 S. 2 VwVfG – selbst nicht vor, sie kann jedoch auf die Änderung beschränkt gemäß § 22 UVPG erforderlich sein, wenn von der Änderung zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen ausgehen. Den zu beteiligenden Behörden, Vereinigungen und Dritten sind die Änderungen mitzuteilen. Die Frist für Stellungnahmen und Einwendungen beträgt zwei Wochen. Gemäß § 73 Abs. 8 S. 1 Hs. 2 VwVfG finden die Präklusionsregelungen entsprechende Anwendung.
i) Stellungnahme der Anhörungsbehörde
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Gemäß § 73 Abs. 9 VwVfG gibt die Anhörungsbehörde nach Beendigung des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens ab und leitet diese zusammen mit dem Plan einschließlich aller Unterlagen, den Stellungnahmen der Behörden und Vereinigungen sowie den nicht erledigten Einwendungen der Planfeststellungsbehörde zu. Dies ist erforderlich, um der Planfeststellungsbehörde, die, soweit sie nicht mit der Anhörungsbehörde identisch ist, nicht unmittelbar am Anhörungsverfahren beteiligt sein muss, einen Eindruck von diesem zu vermitteln.
3. Feststellungsverfahren
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Die formellen Anforderungen an das Feststellungsverfahren bestehen im Wesentlichen aus besonderen Anforderungen an die Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses, die in § 74 Abs. 4 und 5 VwVfG geregelt sind. Diese stehen in einem engen Zusammenhang mit der umfassenden Gestaltungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses, die aus § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG folgt. Der Planfeststellungsbeschluss gestaltet die öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen im Verhältnis zu allen Betroffenen, wobei diese nicht bekannt sein müssen. Dementsprechend ist abweichend von § 41 VwVfG eine Form der Bekanntgabe zu wählen, die alle möglichen Betroffenen erreichen kann. Zugleich gebietet die Rechtssicherheit, dass der Planfeststellungsbeschluss allen Betroffenen gegenüber zumindest als bekannt gegeben gilt. Andererseits muss möglichst weitgehend sichergestellt sein, dass die Betroffenen tatsächlich Kenntnis vom Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erlangen, um gegebenenfalls Rechtsschutz suchen zu können. Die Bekanntgabe muss also auch eine Informations- und Anstoßwirkung erzeugen[120]. § 74 Abs. 4 S. 1 VwVfG sieht zunächst die Individualzustellung an den Vorhabenträger, die bekannten Betroffenen sowie diejenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, vor. Der daneben erforderliche öffentliche Teil der Bekanntgabe erfolgt gemäß § 74 Abs. 4 S. 2 VwVfG durch die Auslegung des Plans für die Dauer von zwei Wochen. Diese Auslegung ist vor ihrem Beginn ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegung greift die Zustellungsfiktion des § 74 Abs. 4 S. 3 VwVfG. Im Fall eines „Massenverfahrens“, in dem außer an den Vorhabenträger mehr als 50 Zustellungen vorzunehmen wären, können diese Zustellungen gemäß § 74 Abs. 5 S. 1 VwVfG durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Handelt es sich um ein UVP-pflichtiges Vorhaben, ist die Entscheidung gemäß § 27 UVPG in jedem Fall öffentlich bekannt zu machen. Hinzu kommt die Zugänglichmachung über ein Internetportal nach § 20 UVPG.
II. Planänderungen nach Feststellung des Plans
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Auch nach der Feststellung des Plans kann es noch zu Änderungen an dem Vorhaben kommen. Hierbei sind zwei Konstellationen, die Änderung vor Fertigstellung des Vorhabens und die Änderung nach der Fertigstellung, zu unterscheiden. Für letztere Fallgruppe gelten die allgemeinen Regelungen. Das heißt, grundsätzlich ist ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wobei allerdings die Möglichkeiten der Erteilung einer Plangenehmigung nach § 74 Abs. 6 VwVfG oder des Entfallens von Planfeststellung und Plangenehmigung nach § 74 Abs. 7 VwVfG in Betracht kommen.
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Für Änderungen in dem Zeitraum nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bis zur Fertigstellung hat der Gesetzgeber in § 76 VwVfG hingegen einer speziellen Regelung unterworfen und damit ein gegenüber den allgemeinen Regelungen vereinfachtes Änderungsverfahren ermöglicht. Zeitlich schließt er damit an die Regelung des § 73 Abs. 8 VwVfG für Änderungen vor der Feststellung des Plans an. Grundsätzlich bedarf die Änderung des festgestellten Plans wiederum eines neuen Planfeststellungsverfahrens (§ 76 Abs. 1 VwVfG). Gerade in der Bauphase kann es jedoch vorkommen, dass die Notwendigkeit von Änderungen sichtbar wird[121]. Gleichzeitig sind Änderungen zu diesem Zeitpunkt häufig noch leichter zu realisieren als nach Fertigstellung des Vorhabens. Es liefe dem Interesse an einer optimierten Planung entgegen, wenn Änderungen in diesem Stadium durch hohe Verfahrensanforderungen behindert würden. § 76 VwVfG schafft ein Instrumentarium, solche Änderungen mit gegenüber dem Standardverfahren abgeschwächten Verfahrensaufwand zu verwirklichen.
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Für die Anwendung des § 76 VwVfG kommt es zunächst darauf an, dass die Grenzen einer bloßen Änderung des Vorhabens nicht überschritten werden. Hier können letztlich die gleichen Kriterien angelegt werden wie im Rahmen des § 73 Abs. 8 VwVfG (siehe oben Rn. 44). Voraussetzung ist weiterhin, dass der Planfeststellungsbeschluss erlassen wurde. Auf die Unanfechtbarkeit kommt es hingegen nicht an[122]. Fertiggestellt ist ein Vorhaben, wenn die Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses verwirklicht wurden und die Anlage dauerhaft in Betrieb genommen wurde[123].
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§ 76 Abs. 1 VwVfG formuliert zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass auch die hier einbezogenen Planänderungen ein erneutes Planfeststellungsverfahren erforderlich machen. Die für Änderungen typischen Verfahrenserleichterungen ergeben sich aus § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG. Gemäß § 76 Abs. 2 VwVfG kann von einem Planfeststellungsverfahren abgesehen und die Änderung in einem formlosen Verfahren bewerkstelligt werden. Die Rechtsfolge, dass es in diesem Fall nicht zu einer planerischen Abwägung kommt, ist auch für die Bestimmung der Voraussetzungen maßgeblich. § 76 Abs. 2 VwVfG verlangt das Vorliegen lediglich einer unwesentlichen Änderung. Die Unwesentlichkeit ist also dann zu verneinen, wenn es zu einer Änderung des Abwägungsgefüges kommt, die eine erneute Abwägung erforderlich machen würde[124]. Bei der Beurteilung der Unwesentlichkeit ist auch eine etwaige UVP-Pflichtigkeit der Änderung mit einzubeziehen, da das Verfahren des § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG den Anforderungen an eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht gerecht wird. Schließlich verlangt § 76 Abs. 2 VwVfG, dass Belange anderer nicht berührt werden oder die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben.
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Gemäß § 76 Abs. 3 VwVfG steht es der Behörde in den Fällen des § 76 Abs. 2 VwVfG auch offen, ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen. In diesen Fällen kann sie jedoch von einem Anhörungsverfahren und der öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses absehen. Damit kann insbesondere die Beteiligung der Öffentlichkeit entfallen. Dies ist im Übrigen anders als in § 76 Abs. 2 VwVfG auch möglich, wenn Belange Dritter berührt werden und eine entsprechende Zustimmung nicht vorliegt. Die Beteiligung ist hier nach allgemeinen Vorschriften sicherzustellen[125].
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§ 76 VwVfG wirft die Frage nach der Abgrenzung zur Regelung der Plangenehmigung und des Entfallens von Planfeststellung und Plangenehmigung in § 74 Abs. 6 und 7 VwVfG auf. Zwischen den beiden Regelungskomplexen sind deutliche Parallelen zu erkennen. Ebenso wie bei § 76 VwVfG steht dort ein vereinfachtes (Plangenehmigungs-) Verfahren und der Verzicht auf ein zu einer planerischen Abwägung führendes Verfahren zur Auswahl. Der Behörde dürfte in der Regel ein Ermessen zukommen, statt der Regelung des § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG auch auf die Instrumente des § 74 Abs. 6 und 7 VwVfG zurückzugreifen[126].
C. Materiell-rechtliche Anforderungen an die Planfeststellung
I. Überblick der materiell-rechtlichen Grenzen des planerischen Gestaltungsspielraums
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Raumplanungsentscheidungen schaffen mehrpolige – auch polygonale – Verwaltungsrechtsverhältnisse, innerhalb derer eine Vielzahl miteinander im Konflikt stehender Belange und Interessen in einen Ausgleich gebracht werden muss. Dazu gehört auch, dass einzelne Interessen und Belange um anderer willen überwunden werden können. Das Ergebnis dieses Ausgleichs ist gar nicht oder nur in geringem Maß gesetzlich determiniert. Damit kommt den planenden Behörden notwendigerweise ein planerischer Gestaltungsspielraum zu. Die planerische Gestaltungsfreiheit ist jedoch nicht schrankenlos. Im Rechtsstaat ist jede hoheitliche Planung Bindungen unterworfen, deren Einhaltung von den Verwaltungsgerichten kontrolliert werden kann[127]. Das System der Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit ist vom Bundesverwaltungsgericht zunächst für das Bauplanungsrecht entwickelt[128] und später auf das Fachplanungsrecht übertragen worden[129]. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Anforderungen, die unabhängig von ihrer gesetzlichen Anordnung zum Tragen kommen und in den Fachplanungsgesetzen und dem VwVfG nur teilweise und unvollständig Ausdruck finden. Ausgehend von der grundlegenden B42-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts[130] werden heute die folgenden materiell-rechtlichen Bindungen der Planfeststellung formuliert: das Erfordernis der Planrechtfertigung, die Bindung an Vorentscheidungen in vorausgegangenen und höherstufigen Planungsverfahren, die Bindung an zwingende Vorschriften des materiellen Rechts („Planungsleitsätze“) und die Anforderungen des Abwägungsgebotes.
II. Planrechtfertigung
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Planfeststellungen greifen in der Regel in Rechte Dritter ein. Dabei kann es sich um unmittelbare Zugriffe etwa auf das Eigentum im Wege der Enteignung, aber auch um sonstige unmittelbare und mittelbare Beeinträchtigungen handeln[131]. Im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Wirkungen auf Rechte Dritter trägt die Planfeststellung – wie hoheitliche Planungen insgesamt – ihre Rechtfertigung nicht schon in sich selbst[132]. Sie bedarf vielmehr der Rechtfertigung durch die der Planung zugrunde liegenden Zwecke. Dies kommt in dem Erfordernis der Planrechtfertigung[133] zum Ausdruck. Es handelt sich damit um die Konkretisierung des aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abzuleitenden Prinzips der Erforderlichkeit[134]. Die Schranke der Planrechtfertigung wurde vom Bundesverwaltungsgericht zunächst für die Bauleitplanung formuliert[135] und später auf das Fachplanungsrecht übertragen[136]. Während die Planrechtfertigung im Bauplanungsrecht in § 1 Abs. 3 BauGB jedoch gesetzlich verankert ist, fehlen im Fachplanungsrecht in der Regel entsprechende Vorschriften. Das Vorliegen der Planrechtfertigung ist gerichtlich voll überprüfbar[137]. Lediglich hinsichtlich Bedarfsprognosen wird den Behörden ein Beurteilungsspielraum zuerkannt[138].
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Das Erfordernis der Planrechtfertigung verlangt – auch bei privatnützigen Vorhaben[139] –, dass das Vorhaben gemessen an den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes vernünftigerweise geboten ist. Es muss nicht unausweichlich sein[140]. Da ausdrückliche Zielfestlegungen in Fachplanungsgesetzen selten sind, müssen die Ziele in der Regel durch Auslegung ermittelt werden. Dabei erschöpfen sich die möglichen Zielsetzungen nicht nur in den primären Zwecken der Fachplanungsgesetze wie etwa der Schaffung einer ausreichenden Verkehrsinfrastruktur[141]. Insgesamt ist festzuhalten, dass es bei der Planrechtfertigung um eine Plausibilitätskontrolle geht, weshalb auch kaum ein Vorhaben an diesem Prüfungspunkt scheitert[142].
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Die Planrechtfertigung kann aus einer gesetzlichen Bedarfsplanung abgeleitet werden. Bedarfsgesetze stellen etwa das Bundesschienenwegeausbaugesetz, das Fernstraßenausbaugesetz oder das Energieleitungsausbaugesetz dar. Ist ein Vorhaben in den jeweiligen Bedarfsplan aufgenommen, ist der Bedarf für das Vorhaben verbindlich festgestellt, woraus sich zugleich die Planrechtfertigung ergibt[143]. Mit der gesetzlichen Bedarfsplanung wird eine politische Entscheidung getroffen[144], die gerichtlich im Wesentlichen nur auf ihre Plausibilität überprüft werden kann. Zu beachten ist allerdings, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung die Prüfung der weiteren Voraussetzungen, vor allem die Einhaltung des Abwägungsgebots nicht entbehrlich macht[145]. Die gleiche Wirkung wie der gesetzlichen Bedarfsplanung wird auch den auf Art. 170 ff. AEUV beruhenden gemeinschaftlichen Leitlinien für den Aufbau transeuropäischer Netze zuerkannt[146].