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II. Konzentrationswirkung

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Die Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG[202] bedingt, dass die Planfeststellung solche Zulassungstatbestände verdrängt, deren Erteilung eine Kontrolle vorausgeht[203]. Neben dem Planfeststellungsbeschluss sind also andere behördliche Entscheidungen, insbesondere Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen grundsätzlich nicht erforderlich[204]. Die Kompetenz, gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen zu treffen, ist hingegen nicht umfasst[205]. Weiterhin wirkt die Konzentrationswirkung nicht vertikal. Sie umfasst also nicht vor- oder nachgelagerte Verfahren, wie etwa Linienbestimmungen, Raumordnungsverfahren oder Enteignungsverfahren. Die Konzentrationswirkung bedeutet, dass die an sich erforderlichen behördlichen Entscheidungen durch den Planfeststellungsbeschluss ersetzt werden[206].

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Inhalt und Reichweite der Konzentrationswirkung sind im Sinne einer lediglich formellen Konzentration beschränkt. Dies heißt zunächst, dass die Verfahrenszuständigkeit anderer Behörden entfällt und die Planfeststellungsbehörde an deren Stelle alle notwendigen Entscheidungen trifft[207]. Dabei ist die Planfeststellungsbehörde auch nicht an spezielle Verfahrensvorschriften gebunden. Das Verfahren richtet sich allein nach den Regeln über die Planfeststellung[208]. Die Konzentrationswirkung gilt auch unabhängig davon, ob die verdrängte Entscheidung ansonsten von einer Bundes- oder Landesbehörde getroffen würde[209]. Damit kommt es zu einem atypischen Phänomen im bundesstaatlichen Gefüge der Verwaltungs- und Gesetzgebungskompetenzen. Vor allem in den Fällen, in denen der Planfeststellungsbeschluss durch eine Bundesbehörde erteilt wird und Genehmigungen ersetzt, die nach Landesrecht erforderlich wären, nimmt der Bund Verwaltungskompetenzen in einem Bereich wahr, der typischerweise der Verwaltung der Länder obliegt[210]. Demgegenüber kommt der Planfeststellung keine materiell-rechtliche Konzentrationswirkung zu. Die Bindung an bundesrechtlich, wie landesrechtlich geregelte materiell-rechtliche Vorgaben bleibt von der formellen Konzentration der Entscheidung unberührt[211].

III. Gestaltungswirkung

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Aufgrund der Gestaltungswirkung des § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG werden durch den Planfeststellungsbeschluss alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vorhabenträger und den durch den Plan Betroffenen gemäß der Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses neu gestaltet[212]. Die Gestaltungswirkung hat dabei einerseits ein positives Element, indem sie dem Vorhabenträger erlaubt, das Vorhaben auf der Grundlage der Planfeststellung umzusetzen, andererseits aber auch ein negatives Element, da der Träger des Vorhabens auch an den festgestellten Plan gebunden ist[213]. Im Verhältnis zu Betroffenen folgen aus der Gestaltungswirkung die Befugnis zum Eingriff in deren Rechte und der gleichzeitige Ausschluss öffentlich-rechtlicher Abwehransprüche[214].

IV. Duldungs- und Ausschlusswirkung

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In engem Zusammenhang mit der Gestaltungswirkung steht auch die Ausschluss- und Duldungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses. Gemäß § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG sind mit Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Das bedeutet, dass der Betroffene das Vorhaben dem Grunde nach zu dulden hat. Die Ausschlusswirkung gilt sowohl gegenüber Privaten als auch gegenüber Behörden. Neben öffentlich-rechtlichen Ansprüchen[215] umfasst sie auch privatrechtliche Unterlassungs-, Beseitigungs- und Änderungsansprüche[216], soweit diese nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen[217]. Die Planfeststellung ist insoweit privatrechtsgestaltend[218].

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Zusammen mit den Anspruchsgrundlagen für nachträgliche Schutzanordnungen in § 75 Abs. 2 S. 2 bis 4 VwVfG gestaltet die Ausschluss- und Duldungswirkung den Bestandsschutz planfestgestellter Vorhaben aus. Hierbei fällt gegenüber anderen Bereichen des Umweltrechts auf, dass nachträgliche Eingriffe in die Substanz des Vorhabens weitgehend ausgeschlossen sind, auch wenn die allgemeine Regelung des § 49 VwVfG anwendbar bleibt[219]. Damit hebt sich die Regelung des Fachplanungsrechts signifikant etwa von der Regelung immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen ab.

V. Enteignungsrechtliche Vorwirkung

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Der Planfeststellungsbeschluss hat über die Duldungswirkung hinaus keine unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkungen hinsichtlich privater Rechte. Er gestattet zwar im Rahmen der Gestaltungswirkung Einwirkungen auf das Eigentum und auf sonstige Rechtspositionen Dritter und beschränkt aufgrund der Duldungswirkung entsprechende Abwehransprüche. Er begründet aber keine Befugnisse des Vorhabenträgers, private Rechte Dritter in Anspruch zu nehmen[220]. Insbesondere führt er nicht dazu, dass das Eigentum an Grundstücken, die zur Vorhabenrealisierung benötigt werden, auf den Vorhabenträger übergeht, und vermittelt kein Recht zur Benutzung fremder Grundstücke[221]. Insofern bedarf es im Anschluss an die Planfeststellung eines eigenständigen, auch nicht von der Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG umfassten[222] Enteignungsverfahrens.

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Während das VwVfG es hierbei belässt[223], wird der Planfeststellungsbeschluss in den meisten Fachplanungsgesetzen zusätzlich mit der sogenannten enteignungsrechtlichen Vorwirkung ausgestattet[224]. Danach ist der festgestellte Plan dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und bindet die Enteignungsbehörde dahin gehend, dass die grundsätzliche Zulässigkeit einer Enteignung nicht mehr infrage gestellt werden kann. Es steht fest, dass das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG dient und eine Enteignung rechtfertigen kann[225]. Im Enteignungsverfahren wird damit im Wesentlichen nur noch über die Höhe der Entschädigung entschieden.

E. Ausgleichsregelungen

I. Regelungen im Planfeststellungsbeschluss

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§ 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG sieht vor, dass die Planfeststellungsbehörde „dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen [hat], die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind“[226]. Die Regelung stellt eine notwendige Konsequenz aus der Überwindungsfunktion der Planfeststellung dar, die bedingt, dass in der Abwägung Interessen der Allgemeinheit oder Belange Dritter auch zurückgestellt werden können. Zum Teil sind die daraus erwachsenden Nachteile jedoch so gravierend, dass sie nicht mehr ohne Weiteres hinzunehmen sind. Es bedarf eines Ausgleichs, weil anderenfalls die Entscheidung kein gerecht abgewogenes Ergebnis mehr darstellen würde; das Vorhaben könnte nicht verwirklicht werden. In diesen Fällen ist die Anordnung von Schutzauflagen oder eines finanziellen Ausgleichs nach § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG erforderlich, um einen angemessenen Ausgleich der Interessen herzustellen[227]. Damit zeigt sich zugleich, dass die Verpflichtung, Schutzanordnungen zu treffen, auch Ausdruck des allgemeinen Abwägungsgebots ist[228]. Zwar ist § 74 Abs. 2 S. 2 und 3 VwVfG strikt formuliert und der Verzicht auf den Ausgleich unzumutbarer Beeinträchtigungen kann nicht das Ergebnis der Abwägung sein. Der Abwägung werden demgemäß Grenzen gesetzt[229]. Die Erforderlichkeit des Ausgleichs, die den entsprechenden Anspruch auslöst, hängt jedoch ihrerseits von der Abwägung ab, ist dieser also gerade nicht vorgelagert[230].

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Anknüpfungspunkte für Schutzauflagen können Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit und nachteilige Wirkungen auf Rechte Dritter sein. Schwer zu bestimmen ist das Maß der Einwirkung, das die Notwendigkeit einer Schutzauflage auslöst. Abzustellen ist hierbei auf die Erheblichkeit, die sich wiederum aus dem Abwägungsgefüge ergibt. Erheblich in diesem Sinne ist eine Beeinträchtigung, wenn sie sich nicht mehr als das Ergebnis einer gerechten Abwägung darstellen lässt[231]. Die Abhängigkeit von dem Abwägungsgefüge bedingt, dass die erforderlichen Schutzauflagen im Einzelfall zu bestimmen sind. Bei der Beurteilung können Faktoren wie Vorbelastungen zu einer Absenkung des Schutzes führen[232]. Absolute Grenzen ergeben sich jedoch aus normativen Vorgaben, etwa den Grenzwerten der 16. BImSchV oder Grundrechten[233]. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle[234]. Ob eine Schutzauflage erforderlich ist, steht damit nicht im behördlichen Ermessen.

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Ihrer rechtlichen Einordnung nach können Schutzauflagen im Sinne des § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG sein[235], es kann sich aber auch um sachliche Beschränkungen der Vorhabenzulassung handeln[236]. Eine Grenze finden sie jedoch dort, wo durch die Änderung die Identität des Vorhabens nicht mehr gewahrt ist. In diesem Fall muss der Antrag geändert werden[237]. Gegenstand einer Schutzauflage können alle Maßnahmen sein, die geeignet sind, die Auswirkungen des Vorhabens für die Allgemeinheit oder einzelne Betroffene zu verringern[238]. Neben Vorkehrungen am Vorhaben selbst (aktiv) kommt auch die Errichtung von Anlagen in Betracht, die die Auswirkungen des Vorhabens mindern sollen (passiv). Auch betriebsregelnde Maßnahmen sind möglich[239]. Die Bestimmung der Maßnahme steht im Ermessen der Planfeststellungsbehörde[240]. Es sind jedoch spezialgesetzliche Vorgaben wie der Vorrang aktiven Schallschutzes vor passivem Schallschutz nach § 41 BImSchG beim Bau von Verkehrswegen zu beachten[241].

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Sind Maßnahmen zur Vermeidung der nachteiligen Wirkungen nicht möglich, führt dies nicht notwendigerweise zur Unzulässigkeit des Vorhabens. Im Gegenteil sieht § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG als spezielle Form des Ausgleichs eine angemessene Entschädigung in Geld vor. Voraussetzung hierfür ist, dass die Maßnahmen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Untunlichkeit liegt vor allem dann vor, wenn der Aufwand für die Maßnahme unverhältnismäßig erscheint[242]. Unvereinbarkeit ergibt sich dann, wenn die Maßnahme dem Zweck des Vorhabens entgegensteht[243]. Die Regelung zeigt auch, dass der physisch-reale Ausgleich Vorrang vor dem Ausgleich durch eine Geldzahlung genießt. Auch der Betroffene hat kein Wahlrecht[244]. Bei der Entschädigung nach § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG handelt es sich nicht um eine Enteignungsentschädigung. Sie erfordert kein gesondertes Verwaltungsverfahren, sondern wird von der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss festgesetzt[245]. Die Entschädigung muss im Planfeststellungsbeschluss jedoch nicht notwendigerweise schon beziffert werden. Sind die möglichen Schäden noch nicht überschaubar oder bezifferbar, reicht eine Entscheidung dem Grunde nach aus[246].

II. Nachträgliche Ausgleichsregelungen bei nicht vorhersehbaren Auswirkungen

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Die Regelung des § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG scheint zunächst in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG zu stehen. Auch sie sieht vor, dass „der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen [kann], welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen“. Die Funktion der Regelung ist jedoch eine andere. Während § 74 Abs. 2 S. 2 und 3 VwVfG im Kontext der planerischen Abwägung steht, stellt § 75 Abs. 2 S. 2 und 4 VwVfG der Sache nach eine Bestandsschutzregelung dar. Die Regelung ist im Zusammenhang mit der Ausschluss- und Duldungswirkung des § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG zu sehen. Sie verleiht der planfestgestellten Anlage einen Bestandsschutz, der sie im Kern gegen nachträgliche Änderungen immunisiert. Dieser ist im Anbetracht der langen Lebensdauer planfestgestellter Vorhaben und der potenziellen, aber häufig im Zeitpunkt der Planfeststellungsentscheidung noch nicht absehbaren Auswirkungen, sehr weitgehend und nicht ohne kompensierende Einschränkungen vertretbar. Dementsprechend schafft § 75 Abs. 2 und 4 VwVfG eine Rechtsgrundlage für nachträgliche Maßnahmen, mit denen die nicht vorhersehbaren Auswirkungen von Anlagen ausgeglichen werden sollen. Die Beschränkung auf nicht vorhersehbare Auswirkungen ist insofern konsequent, als vorhersehbare Auswirkungen im Planfeststellungsbeschluss zu berücksichtigen und gegebenenfalls zum Gegenstand von Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 S. 2 und 3 VwVfG zu machen sind.

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§ 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG setzt zunächst voraus, dass unvorhersehbare Wirkungen eintreten, nachdem der Planfeststellungsbeschluss für den Betroffenen unanfechtbar geworden ist[247]. Nachträgliche Schutzanordnungen können nur durch nachteilige Wirkungen auf das Recht eines anderen begründet werden. Anders als bei Schutzanordnungen im Planfeststellungsbeschluss selbst reicht eine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls als Anknüpfungspunkt im Rahmen des § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG nicht aus[248]. Die Fachplanungsgesetze können jedoch nachträgliche Anordnungen auch im öffentlichen Interesse ermöglichen[249].

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Probleme bereitet die Anforderung, dass die Auswirkungen vor Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht voraussehbar waren. Für die Annahme der Voraussehbarkeit reicht es aus, dass die Auswirkungen mit hinreichender Zuverlässigkeit prognostiziert werden können[250]. Es kommt darauf an, ob der Betroffene mit den Auswirkungen rechnen konnte oder musste. Für die Beurteilung dieser Frage legt die Rechtsprechung einen rein objektiven Maßstab zugrunde. Es wird nicht auf die Fähigkeiten des einzelnen Betroffenen, sondern auf die eines erfahrenen Fachmannes abgestellt[251]. Dieser Maßstab nimmt jedoch zu wenig Rücksicht auf die subjektive Verfahrensperspektive der möglichen Betroffenen. Von diesen kann nur erwartet werden, dass sie sich gegen Auswirkungen zur Wehr setzen, die für sie erkennbar sind. Es ist Aufgabe der Behörde, die möglichen Auswirkungen zu ermitteln und hierüber zu informieren. Kommt sie dieser Aufgabe nach, erhöht sich damit der Schutz des Vorhabens gegen nachträgliche Schutzanordnungen. Anders als die beschriebene Expertensicht sollte dementsprechend die Perspektive eines Betroffenen mit durchschnittlichen Erkenntnisfähigkeiten zugrunde gelegt werden[252]. Vor allem muss der Betroffene auf die Richtigkeit der Prognosen und Gutachten, die von der Behörde zugrunde gelegt werden, vertrauen dürfen[253]. Beruht die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde auf fehlerhaften Prognosen und Gutachten, sind – entgegen einer restriktiveren Herangehensweise der Rechtsprechung – daraus erwachsende Auswirkungen nicht vorhersehbar[254]. Wie im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG muss sich der Betroffene auch bei einer Schutzanordnung nach § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG auf einen Entschädigungsanspruch verweisen lassen, wenn etwaige Vorkehrungen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind.

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Die rechtliche Einordnung der nachträglichen Anordnung, die gemäß § 75 Abs. 2 S. 3 VwVfG „durch Beschluss“ ergeht, ist nicht abschließend geklärt. Es handelt sich nicht lediglich um eine Auflage im Sinne des § 36 VwVfG. Umstritten ist allerdings, ob es sich um einen einfachen Verwaltungsakt[255] oder um einen Planfeststellungsbeschluss handelt[256]. Für Letzteres spricht, dass die Anordnung inhaltlich eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses darstellt. Relevanz kommt dem insbesondere hinsichtlich des Verfahrens – einfaches Verfahren oder Planfeststellungsverfahren – zu.

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Nachträgliche Schutzanordnungen erfordern gemäß § 75 Abs. 3 VwVfG einen Antrag, sie werden nicht von Amts wegen gewährt[257]. Gemäß § 75 Abs. 3 S. 2 VwVfG kann der Antrag nur innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen positive Kenntnis erhalten hat[258]. Daneben gilt unabhängig von der Kenntniserlangung eine absolute Ausschlussfrist von 30 Jahren nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands. Diese Regelung ist in zweierlei Hinsicht bedenklich. Zum einen gibt es für die Dauer dieser Frist keine sachliche Rechtfertigung. Eine solche wäre die Orientierung an der möglichen Vorhersehbarkeit der Auswirkungen eines Fachplanungsvorhabens. Doch dies ist ersichtlich nicht der Anknüpfungspunkt, da sich Prognosen etwa über die Entwicklung des Verkehrsaufkommens kaum für längere Zeiträume als 15 Jahre verlässlich treffen lassen[259]. Zum anderen überzeugt die auf diese Weise vorgenommene Verteilung des Problembewältigungsrisikos – vor Ablauf der Frist zulasten des Vorhabenträgers, danach zulasten der Drittbetroffenen[260] – auch grundsätzlich nicht. Es stellt einen nicht erklärbaren Wertungswiderspruch zu anderen Bereichen des Umweltrechts dar, dass der Bestandsschutz planfestgestellter Vorhaben mit zunehmender Lebensdauer der Anlage nicht wie üblich ab-, sondern zunimmt[261].

F. Planerhaltung

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Die Planerhaltung gehört zu den Elementen des Planungsrechts, die als das Planungsrecht insgesamt überspannendes Prinzip gelten können. So finden sich entsprechende Regelungen sowohl für die Bauleitplanung als auch für die Raumordnungspläne[262]. Die Planerhaltung betrifft die Frage, welche Folgen die Fehler eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung haben. Die Vorschriften über die Planerhaltung dienen dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung. Schon in dem Begriff der Planerhaltung kommt zum Ausdruck, dass der Erhaltung des Plans ein Vorrang vor dessen Aufhebung eingeräumt wird. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Planfeststellungen komplexe Entscheidungen darstellen, die aufgrund des aufwendigen Verfahrens und der Vielzahl der zu beachtenden Belange sehr fehleranfällig sind. Es soll vermieden werden, dass aufgrund von Fehlern, die für das Entscheidungsergebnis nicht von Bedeutung sind oder die relativ einfach behoben werden können, der gesamte Planfeststellungsbeschluss aufgehoben werden muss und ein neues umfangreiches und zeitaufwendiges Planfeststellungsverfahren erforderlich wird[263].

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Wie auch in der Bauleitplanung sind die Folgen formeller und materieller Fehler zu unterscheiden, wobei die jeweiligen Regelungen im Fachplanungsrecht in unterschiedlichen Kontexten angesiedelt sind. Hinsichtlich der formellen Fehler unterliegen Planfeststellungsbeschlüsse den allgemeinen Regelungen der §§ 45 f. VwVfG. Dabei ist zum einen auf die Nachholungsfrist des § 45 Abs. 2 VwVfG kritisch hinzuweisen. Die Bedeutung einer Verfahrenshandlung, wie etwa der Beteiligung eines Betroffenen, wird deutlich abgewertet, wenn sie auch nach dem Erlass der Entscheidung noch nachgeholt werden kann. Betrachtet man das Planfeststellungsverfahren auch als einen Aushandlungsprozess zwischen betroffenen Belangen, ist offensichtlich, dass nach abgeschlossener Entscheidungsbildung die Beteiligung keinen Einfluss mehr ausüben kann. Die „dienende Rolle“ von Verfahrensrechten[264] kommt weiterhin in § 46 VwVfG zum Ausdruck, der seine volle Wirkung in Verbindung mit § 44a VwGO entfaltet. Hiernach führen Verfahrensfehler dann nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn offensichtlich ist, dass sie die Entscheidung nicht beeinflusst haben[265].

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Für materiell-rechtliche Fehler enthält das Fachplanungsrecht in § 75 Abs. 1a VwVfG eine eigene Regelung, die deutliche Parallelen zur Regelung des § 214 BauGB aufweist. Danach sind Mängel bei der Abwägung nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Hier gelten die gleichen Grundsätze wie bei § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB.

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Der Vorrang der Planerhaltung kommt besonders deutlich in der Regelung des § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG zum Ausdruck[266], der zur Behebung von Abwägungsfehlern[267] und der Heilung von Verletzungen von Verfahrens- uns Formvorschriften einerseits die Planergänzung und andererseits das ergänzende Verfahren vorsieht. Die Planergänzung ist die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine inhaltliche Regelung. Sie hat ihren Hauptanwendungsbereich in den Fällen fehlender Schutzauflagen[268]. Das ergänzende Verfahren ist demgegenüber die Heilung von Fehlern durch Nach- oder Wiederholung unterbliebener oder fehlerhafter Verfahrensschritte[269].

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