Kitabı oku: «Besonderes Verwaltungsrecht», sayfa 18

Yazı tipi:

b) Rechtsform und Rechtswirkungen

35

Die Anreicherung der Funktionen des Flächennutzungsplans, insbesondere die Erhöhung der Steuerungswirkung gegenüber Außenbereichsvorhaben durch Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB hat zu Unsicherheiten bei der rechtlichen Einordnung des Flächennutzungsplans geführt. Diese betrafen die Fragen nach der Rechtsform und den Rechtswirkungen des Flächennutzungsplans sowie nach dem möglichen Rechtsschutz gegen den Flächennutzungsplan[122]. In einer Reihe von Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht dabei eine Neubewertung des Instrumentariums vorgenommen. Ausgangspunkt kann allerdings nach wie vor die Feststellung sein, dass der Flächennutzungsplan in keiner der im Verwaltungsrecht bekannten Handlungsformen, namentlich nicht als Rechtsnorm oder als Verwaltungsakt ergeht. Es handelt sich nach dem herrschenden Verständnis um eine hoheitliche Maßnahme eigener Art[123]. Insbesondere der Standpunkt, dass es sich nicht um eine Rechtsnorm handelt, hat – entgegen einer auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Position[124] – durch das Bundesverwaltungsgericht Bestätigung erfahren[125]. Die fehlende Möglichkeit an eine näher umrissene Handlungsform anzuknüpfen, macht es jedoch erforderlich, die Rechtswirkungen des Flächennutzungsplans für jeden möglichen Inhalt gesondert zu bestimmen. Die Feststellung, der Flächennutzungsplan werde nicht als Satzung bekannt gemacht und sei auch nach seinem materiellen Gehalt nicht als Rechtsnorm anzusehen[126], dürfte jedenfalls insofern keine uneingeschränkte Gültigkeit mehr beanspruchen können, als damit die mangelnde Außenrechtswirkung der Darstellungen gemeint ist.

36

Nach wie vor gilt, dass den Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich keine Rechtsverbindlichkeit außerhalb des verwaltungsinternen Bereichs zukommt. Die primäre, im Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB zum Ausdruck kommende Aufgabe des Flächennutzungsplans besteht in der verwaltungsinternen Vorbereitung der außenrechtsverbindlichen Entscheidungen der Bauleitplanung, die in Form des Bebauungsplans ergehen.[127] Weitere verwaltungsinterne Wirkungen ergeben sich etwa aus § 7 BauGB. Mangels Außenrechtswirksamkeit werden durch die Darstellungen des Flächennutzungsplans keine Rechtspositionen der Bürger berührt, insbesondere nimmt die Gemeinde noch keine Ausgestaltung von Eigentumspositionen vor[128]. Die zum Teil recht weittragenden wirtschaftlichen Folgen werden bei dieser Betrachtungsweise – nicht völlig unproblematisch – ausgeklammert[129]. Daraus folgt auch, dass Darstellungen im Flächennutzungsplan in der Regel nicht dem Rechtsschutz seitens der Bürger zugänglich sind[130].

37

Etwas anderes gilt jedoch für Darstellungen in Flächennutzungsplänen, die die Rechtswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entfalten. Dieser sieht unter anderem vor, dass einem gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben öffentliche Belange regelmäßig entgegenstehen, wenn der Flächennutzungsplan diese Vorhaben einer anderen Fläche zuweist. Dies führt zur Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB. Um dies zu bewirken, können die Gemeinden auch Teilflächennutzungspläne nach § 5 Abs. 2b BauGB aufstellen. Die entsprechenden Darstellungen entfalten rechtliche Außenwirkung dergestalt, dass die Errichtung solcher Vorhaben – in der Praxis spielt dies etwa für Windkraftanlagen eine erhebliche Rolle[131] – außerhalb[132] der dargestellten Konzentrationsflächen in der Regel unzulässig ist[133]. Durch die Regelung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erhält der Flächennutzungsplan eine dem Bebauungsplan vergleichbare Steuerungswirkung. Die Darstellungen erhalten damit den Charakter von Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und sie unterliegen den gleichen Bindungen wie entsprechende Festsetzungen des Bebauungsplans[134]. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend anerkannt, dass gegen Darstellungen mit den Wirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB Rechtsschutz in analoger Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO eröffnet ist[135].

2. Bebauungsplan

a) Charakter

38

Der Bebauungsplan bildet die zweite Stufe im zweistufigen System der Bauleitplanung. Ihm kommt die Aufgabe zu, die im Flächennutzungsplan vorbereitete Planung der Bodennutzung verbindlich zu konkretisieren (§ 1 Abs. 2 BauGB). Dieser Funktion entsprechend bezieht sich der Bebauungsplan meist auf Teile des Gemeindegebiets und damit des Plangebiets des Flächennutzungsplans. Er enthält parzellenscharfe Festsetzungen in einem wesentlich größeren Maßstab als der Flächennutzungsplan[136]. Der Bebauungsplan enthält gemäß § 8 Abs. 1 BauGB „die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung“. Anders als der Flächennutzungsplan entfaltet der Bebauungsplan in jedem Fall Außenverbindlichkeit. Er regelt mit Wirkung für jedermann, wie die Grundstücke innerhalb seines Geltungsbereichs genutzt werden dürfen. Damit wird er, was in § 30 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck kommt, zum zentralen Instrument der Steuerung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben mittels kommunaler Planung[137].

b) Entwicklungsgebot

39

Das Konzept der Zweistufigkeit der Bauleitplanung wird am deutlichsten durch § 8 Abs. 2 BauGB zum Ausdruck gebracht, der in Form des Entwicklungsgebots das inhaltliche Verhältnis der beiden Bauleitpläne zueinander definiert. Dabei ist die Entwicklung nicht als bloßer Vollzug zu verstehen[138]. Schon der Zeithorizont des Flächennutzungsplans, der prognostisch in die Zukunft gerichtet ist und dementsprechend ein geringeres Maß an Verlässlichkeit bietet, erfordert einen Gestaltungsspielraum auf der Ebene des Bebauungsplans. „Entwickeln“ im Sinne des § 8 Abs. 2 BauGB bedeutet nicht, dass die Gemeinde das grobe Raster des Flächennutzungsplans lediglich mit entsprechenden Festsetzungen im Bebauungsplan fortsetzt oder ausfüllt. Die Planung erfolgt vielmehr eigenständig innerhalb des durch den Flächennutzungsplan vorgegebenen Rahmens[139]. Sofern im Bebauungsplan von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abgewichen wird, muss nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Abweichung die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans unberührt lassen[140]. Daneben müssen sich Abweichungen aus dem „Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe“ rechtfertigen[141]. Diese Voraussetzungen lassen sich im Zweifelsfall nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles beurteilen[142]. Dabei ist zu beachten, dass eine weniger detaillierte Darstellung im Flächennutzungsplan die Freiheit der Gemeinde bei der Aufstellung des Bebauungsplans erhöht, weil ihr ein größerer Spielraum zur Feinabstimmung bleibt[143]. Verletzt ein Bebauungsplan das Entwicklungsgebot, ist dieser Fehler gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB unbeachtlich, wenn die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende städtebauliche Ordnung nicht verletzt wird[144].

40

Das Gesetz kennt einige Modifikationen und Ausnahmen vom Entwicklungsgebot. § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB regelt den Fall des sogenannten selbstständigen Bebauungsplans. Danach ist es möglich, auf den Flächennutzungsplan zu verzichten, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen[145], es deshalb also insgesamt keines Flächennutzungsplans bedarf[146]. Dies kommt vor allem in kleinen Gemeinden mit abgeschlossener oder allenfalls geringer Siedlungstätigkeit in Betracht. Die praktische Relevanz der Regelung ist damit gering[147]. Hierbei handelt es sich um eine echte Ausnahme vom Prinzip der Zweistufigkeit[148].

41

Dies gilt hingegen nicht für das in § 8 Abs. 3 BauGB vorgesehene Parallelverfahren. Hiernach ist es möglich, Bebauungsplan und Flächennutzungsplan gleichzeitig aufzustellen, wobei das Kriterium der Gleichzeitigkeit nicht streng zu verstehen ist, wie auch § 8 Abs. 3 S. 2 BauGB zeigt[149]. Das Prinzip der Zweistufigkeit ist hier jedenfalls insofern gewahrt, als das Verfahren zu einem Bebauungsplan führen muss, der sich, wenn die Inhalte der abgeschlossenen Planwerke betrachtet werden, als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt darstellt. Inhaltlich ist damit dem Entwicklungsgebot insofern Genüge getan, als der Bebauungsplan sich in eine im Flächennutzungsplan dargestellte städtebauliche Gesamtkonzeption einfügen muss. Betrachtet man hingegen den planerischen Prozess, stellt sich dies anders dar. Der Anstoß für ein Parallelverfahren geht in vielen Fällen von einem konkreten städtebaulichen Projekt aus, das einer planungsrechtlichen Grundlage in Form eines Bebauungsplans bedarf. Die Änderung des Flächennutzungsplans ergibt sich in dieser Konstellation lediglich als weiterer Anpassungsbedarf[150]. Die inhaltliche Komponente des Entwicklungsgebots wird gegenüber den prozeduralen Elementen betont.[151] Letztlich sind dieses Vorgehen und die faktische Durchbrechung des Entwicklungsgebots jedoch insofern legitim, als das Konzept der zweistufigen Bauleitplanung mit dem Entwicklungsgebot als dem zentralen Element der Verknüpfung der städtebaulichen Realität nur eingeschränkt entspricht. In der Stadtentwicklung treten immer wieder akute Probleme in Teilbereichen auf, die nicht vorhersehbar waren und in dem im Flächennutzungsplan verkörperten Gesamtkonzept nicht berücksichtigt werden konnten[152]. In diesen Fällen ist es erforderlich, eine Balance zwischen dem Erfordernis einer geordneten gesamtstädtischen Entwicklung und lokalem Veränderungsdruck herzustellen. Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 3 BauGB kann gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB unbeachtlich sein[153].

42

Demgegenüber stellt der vorzeitige Bebauungsplan nach § 8 Abs. 4 BauGB wiederum – auch inhaltlich – eine echte Ausnahme vom Entwicklungsgebot dar[154]. In Betracht kommt ein vorzeitiger Bebauungsplan allein in dem Fall, dass ein Flächennutzungsplan – etwa in Folge der Unwirksamkeit des bestehenden Plans – gänzlich fehlt. Anderenfalls entfaltet der Flächennutzungsplan seine Steuerungswirkung[155]. Soll diese möglichst kurzfristig durchbrochen werden, bleibt – abgesehen von den Fällen des § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB – nur der Weg über § 8 Abs. 3 BauGB. Weiterhin ist ein zwingender Grund für die Durchbrechung des Entwicklungsgebots erforderlich. Die Entscheidung hierüber trägt Züge einer Abwägung. Auf der einen Seite steht das Risiko einer städtebaulichen Fehlentwicklung durch die Planung ohne ein in einem Flächennutzungsplan festgeschriebenes städtebauliches Gesamtkonzept. Dem steht das Risiko einer fehlgeleiteten Entwicklung gegenüber, etwa durch die Realisierung unverträglicher Projekte auf der Grundlage der §§ 34 oder 35 BauGB, bevor die Gemeinde planend eingreifen kann. Nur im Fall des Überwiegens des letztgenannten Risikos sind dringende Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB anzunehmen, die den vorzeitigen Bebauungsplan rechtfertigen[156]. Fehler bei der Beurteilung des Vorliegens von dergestalt zu bestimmenden dringenden Gründen sind gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich. Überdies verlangt § 8 Abs. 4 BauGB, dass „der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird“. Erforderlich ist also ein hinreichend konkretes, beispielsweise in dem Entwurf eines Flächennutzungsplans oder einem informellen Plan zum Ausdruck kommendes Entwicklungskonzept, in das sich der Bebauungsplan einfügt[157]. Liegt ein solches nicht vor, kommt ein vorzeitiger Bebauungsplan nicht in Betracht, da die Gefahr einer zusammenhangslosen Ad-hoc-Planung zu groß wäre. Zugleich fehlte die Grundlage, auf der die Gemeinde städtebauliche Gründe geltend machen könnte.

43

Eine besonders gravierende Abweichung vom Entwicklungsgebot enthält der 2007 ins Gesetz aufgenommene § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB für die sogenannten Bebauungspläne der Innenentwicklung sowie die Bebauungspläne nach § 13b BauGB, für die zugleich das beschleunigte Verfahren geschaffen wurde. Bei allen Lockerungen des Entwicklungsgebots galt stets, dass die gesetzlich vorgesehene Abfolge der Planungsstufen nicht in dem Sinne verkehrt werden darf, dass es zu einer faktischen Bindung des Flächennutzungsplans an den Bebauungsplan kommt[158]. Genau dies geschieht, wenn aufgrund der genannten Regelung mit dem Bebauungsplan von den Vorgaben des Flächennutzungsplans abgewichen werden kann und der Flächennutzungsplan lediglich im Wege der Berichtigung angepasst wird. In diesem Bereich verliert der Flächennutzungsplan seine Steuerungswirkung[159]. Das Gesetz verlangt zwar als einschränkende Voraussetzung, dass „die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets nicht beeinträchtigt werden“ darf. Dies wäre jedoch grundsätzlich auf der Grundlage der Darstellungen des Flächennutzungsplans zu beurteilen[160]. Der Umstand, dass die Berichtigung des Flächennutzungsplans überdies lediglich ein redaktioneller Vorgang sein soll, der auch keines Bauleitplanverfahrens bedarf[161], wirft überdies die Frage auf, wie die Kohärenz des Flächennutzungsplans, insbesondere im Hinblick auf das zugrunde liegende Abwägungsgefüge gewahrt werden soll. Der Einwand, der Flächennutzungsplan leide nach einer derartigen Berichtigung an einem Abwägungsfehler, liegt jedenfalls nahe. Zu Recht wird verlangt, dass die in dem Bebauungsplan enthaltene „Änderung“ des Flächennutzungsplans auch als solche planbar sein müsste[162]. Das setzt aber eine abwägende Auseinandersetzung mit dem planerischen Konzept des Flächennutzungsplans voraus, was wiederum dem Zweck des beschleunigten Verfahrens zuwiderläuft und dieses überfrachten dürfte. Es bleibt zu konstatieren, dass der Gesetzgeber sich mit der Regelung des § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB für die gemäß § 13a Abs. 1 und § 13b BauGB infrage kommenden Bereiche von dem Prinzip der Zweistufigkeit der Bauleitplanung verabschiedet[163]. Dies erscheint umso bedenklicher, als der Bebauungsplan der Innenentwicklung in der Praxis intensiv eingesetzt wird[164]. Dies geschieht ohne Not. Die mit dem Verfahren des § 13a BauGB intendierte Beschleunigung ließe sich wohl ohne allzu große Abstriche auch über die Regelung des § 8 Abs. 3 BauGB erreichen. Der Gesetzgeber folgt mit der Regelung des § 13a BauGB hingegen dem Leitbild einer projektorientierten Einzelfallplanung (siehe dazu oben Rn. 8).

c) Inhalt
aa) Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Abs. 1 BauGB

44

Der mögliche Inhalt der Bebauungspläne ergibt sich im Wesentlichen aus § 9 BauGB. Im Mittelpunkt steht hierbei der Katalog möglicher Festsetzungen in § 9 Abs. 1 BauGB. Dieser Katalog ist – vorbehaltlich weiterer gesetzlich vorgesehener Festsetzungsmöglichkeiten – abschließend. Damit schafft § 9 Abs. 1 BauGB die im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Dies ist wegen der Außenrechtswirkung des Bebauungsplans, der in die Grundrechte eingreift, notwendig[165]. Noch deutlicher als der Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB bringt § 9 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck, dass die Bauleitplanung inhaltlich weit über die eigentliche Bautätigkeit hinausgreift. In einer groben Kategorisierung können unterschieden werden: Festsetzungsmöglichkeiten, die sich primär mit der baulichen Nutzung von Grundstücken beschäftigen (Nrn. 1–9); solche, die Infrastruktur- und ähnliche Einrichtungen im weiteren Sinne betreffen (Nrn. 11–17, 21, 22, 26); Festsetzungen, die die „nichtbauliche“ Freiraumnutzung regeln (Nrn. 10, 18–20, 25); und Festsetzungsmöglichkeiten, die im weiteren Sinne dem Immissionsschutz dienen (Nrn. 23, 24).

45

In welchem Umfang die Gemeinde von den Festsetzungsmöglichkeiten Gebrauch macht, ist ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit überlassen. Im Mittelpunkt stehen – schon aufgrund der Anforderungen an einen qualifizierten Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB – die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB zu Art und Maß der baulichen Nutzung sowie Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche und Stellung der baulichen Anlage. Zusammen mit den Festsetzungen über die Verkehrsflächen (Nr. 11) bestimmen sie die Struktur und das Gepräge des jeweiligen Gebiets. Aber auch Bebauungspläne, die selbst hinter der Vorgabe des § 30 Abs. 1 BauGB zurückbleiben und lediglich einzelne Festsetzungen treffen, sind möglich.

bb) BauNVO

46

Die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB werden dabei durch die Vorschriften der BauNVO weiter konkretisiert. Die auf der Grundlage des § 9a Nr. 1 und 2 BauGB erlassene Verordnung dient der Vereinheitlichung der Festsetzungen in den Bauleitplänen – die BauNVO findet auch auf Flächennutzungspläne Anwendung – im Bundesgebiet. Zusammen mit der auf § 9a Nr. 4 BauGB beruhenden PlanzV gewährleistet sie eine verbesserte Lesbarkeit der Pläne durch die Setzung einheitlicher Standards. Zugleich hat dieses System den Nachteil einer gewissen Starrheit. Die planerisch zu steuernden Lebenssachverhalte sind sehr vielgestaltig und entziehen sich in vielen Fällen einer typisierenden Betrachtungsweise. Die Stadtplanung benötigt dementsprechend ein hohes Maß an Flexibilität. Diese kann durch ein abstraktes Regelwerk wie die BauNVO nicht ohne Weiteres gesichert werden. Um die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, sieht die BauNVO eine Vielzahl von Öffnungs- und Abweichungsmöglichkeiten vor, mit denen auf die Besonderheiten des Einzelfalls reagiert werden kann. Nachteil dieser Öffnungsmöglichkeiten ist wiederum eine nicht unerhebliche Verkomplizierung des Regelwerks.

47

Die BauNVO gliedert sich in drei Abschnitte. Der erste (§§ 1–15 BauNVO) beschäftigt sich mit der Art der baulichen Nutzung. In § 1 Abs. 1 und 2 BauNVO werden zunächst die möglichen Bauflächen und die Baugebiete abschließend aufgezählt. Das Herzstück des ersten Abschnitts bilden die Regelungen der §§ 2 bis 9 BauNVO. Hier werden die zulässigen Nutzungen für die einzelnen Baugebietstypen vorgegeben, wobei die Regelungen einem einheitlichen Muster folgen. Auf die allgemeine Bestimmung des Zwecks des Baugebiets in Abs. 1 folgt eine Aufzählung der regelmäßig zulässigen Nutzungen in Abs. 2 sowie der ausnahmsweise im Sinne des § 31 Abs. 1 BauGB zulässigen Nutzungen in Abs. 3. Zu beachten ist, dass die Wirkung der allgemeinen Zweckbestimmung des Gebiets (Abs. 1) über eine erläuternde Charakterisierung hinausgeht. Gegenüber der Aufzählung der Regel- und Ausnahmenutzungen hat die jeweilige allgemeine Zweckbestimmung begrenzende Wirkung. Dies folgt aus dem ungeschriebenen Erfordernis der Gebietsverträglichkeit. Gebietsunverträglich sind danach solche Vorhaben, die aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirken[166]. Es bedarf also einer typisierenden Betrachtungsweise, die die Frage stellt, „ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, die [dem Gebietscharakter entsprechende Nutzung des Gebiets] zu stören“[167]. Das Kriterium der Gebietsverträglichkeit ist insbesondere abzugrenzen von dem einzelfallbezogenen Korrektiv des § 15 Abs. 1 BauNVO[168].

48

Durch die Zuordnung der Nutzungen zu bestimmten Baugebietstypen erhält ihre Verteilung über das Gemeindegebiet eine gewisse Ordnung. In einem Baugebietstyp sind jeweils solche Nutzungen zusammengefasst, die miteinander verträglich sind. Dadurch sollen gegenseitige Beeinträchtigungen vermieden werden. Die Baugebietstypen der BauNVO zielen damit auf die Bereitstellung von Leitbildern einer vernünftigen Bauleitplanung[169] und führen zu einem „schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik“[170]. Erkennbar ist dieses Leitbild durch den sogenannten Trennungsgrundsatz geprägt[171].

49

Die Regelungen der §§ 2–9 BauNVO weisen ein breites Spektrum an Nutzungen jeweils einem oder mehreren Gebietstypen zu. Dieses System wird jedoch den Anforderungen der Planung dann nicht mehr vollständig gerecht, wenn das Ziel der Planung die Festsetzung spezieller Nutzungen ist, die besondere planerisch zu bewältigende Konflikte auslösen und sich in das Spektrum der in den §§ 2–9 BauNVO vorgesehenen Nutzungen nicht mehr einfügen lassen. Hierauf regiert der Verordnungsgeber mit der Möglichkeit, Sondergebiete auszuweisen. Dabei enthält § 10 BauNVO zunächst Regelungen für der Erholung dienende Sondergebiete, während § 11 BauNVO dann die Möglichkeit eröffnet, immer dann Sondergebiete festzusetzen, wenn sich das zu planende Gebiet wesentlich von den Gebietstypen der §§ 2–10 BauGB unterscheidet[172]. Das Erfordernis des wesentlichen Unterschieds sichert die Einhaltung des Typenzwangs der BauNVO. § 11 Abs. 2 BauNVO enthält dabei einen Katalog möglicher Sondergebiete, ohne dass dieser Katalog abschließend wäre. § 11 Abs. 3 BauNVO erweitert diesen Katalog noch um einzelhandelsorientierte Sondergebiete und enthält darüber hinaus auch eine Reihe von Regelungen, die die planerische Einordnung von Einzelhandelsbetrieben betreffen[173]. Die §§ 12–14 BauNVO enthalten dann schließlich eine Reihe von gebietstypübergreifenden Regelungen in Bezug auf Stellplätze und Garagen, die Nutzung von Räumen durch bestimmte Berufe und Nebenanlagen.

50

§ 1 Abs. 3 BauNVO sieht vor, dass die in § 1 Abs. 2 BauNVO genannten Gebiete in Bebauungsplänen festgesetzt werden können[174]. Während der Wortlaut den Eindruck erweckt, es stehe im Ermessen der Gemeinden von den genannten Gebietstypen abzuweichen, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Gemeinden an die Festsetzung von Baugebieten entsprechend der BauNVO gebunden sind[175]. Durch die Festsetzung der dementsprechend verbindlichen Baugebiete werden gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauNVO die Regelungen der §§ 2–14 BauNVO Inhalt der Bebauungspläne. Hierbei handelt es sich um eine statische Verweisung. Es kommt jeweils die zum Zeitpunkt des Erlasses des Plans geltende Fassung der BauNVO zum Tragen[176].

51

Wie bereits erwähnt verfolgt die BauNVO das Ziel einer Standardisierung. Andererseits kann sie die Vielfalt der planerischen Situationen nicht vorwegnehmen, weswegen die BauNVO Öffnungsmöglichkeiten bereithält. Zunächst sind hier die komplexen Regelungen des § 1 Abs. 4–10 BauNVO zu nennen.[177] Diese Regelungen erlauben eine horizontale (Abs. 4)[178] und vertikale (Abs. 7) Gliederung der Baugebiete[179]. Des Weiteren können einzelne nach §§ 2, 4–9 und 13 BauNVO allgemein zulässige Nutzungen „herabgestuft“ werden, dergestalt, dass sie entweder nur als Ausnahme im Sinne des § 31 Abs. 1 BauGB oder gar nicht zulässig sind (Abs. 5). Ebenso können die gemäß §§ 2–9 BauNVO als Ausnahmen zulässigen Nutzungen „herauf“ oder „herabgestuft“ werden. Sie können demgemäß als allgemein zulässige Nutzung oder gar nicht vorgesehen werden (Abs. 6). Die Grenze bildet hier jeweils die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets[180]. Die beschriebenen Gliederungs- und Differenzierungsmöglichkeiten sind dabei nicht darauf beschränkt, jeweils ganze Nutzungskategorien zu steuern. Die planerische Feinsteuerung kann noch stärker nach der Art der Betriebe und Anlagen differenzieren (Abs. 4 S. 1 Nr. 2; Abs. 9)[181], gleichsam also nach „Unterarten von Nutzungen“[182]. Weiterhin werden die Beschränkung auf Teile von Baugebieten (Abs. 8) und teilweise auch die Verknüpfung mehrerer Baugebiete eines Typs innerhalb einer Gemeinde ermöglicht (Abs. 4 S. 2). Im Übrigen enthält § 1 Abs. 10 BauNVO noch eine Ergänzung für die Änderung von überplanten Anlagen, die gemäß dem Bebauungsplan in dem Baugebiet unzulässig wären. Sie dient der Standortsicherung und führt zu einer Erhöhung der Planungs- und Investitionssicherheit[183]. Ein einzelfallbezogenes Korrektiv, das erst bei der Prüfung der Zulässigkeit des konkreten Vorhabens zum Tragen kommt, ergibt sich aus § 15 Abs. 1 BauNVO.

52

Der zweite Abschnitt der BauNVO (§§ 16–21a) konkretisiert die Festsetzungsmöglichkeiten für das Maß der baulichen Nutzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Hierfür wird in § 16 Abs. 2 BauNVO ein abschließender Katalog an verwendbaren relativen, auf die Größe des Baugrundstücks bezogenen (Grundflächen-, Geschossflächen- und Baumassenzahl[184]), und absoluten Maßfaktoren (Größe der Grundfläche, Größe der Geschossfläche, Baumasse, Zahl der Vollgeschosse, Höhe der baulichen Anlage) vorgegeben[185]. Inwieweit das Maß der baulichen Nutzung in einem Bebauungsplan überhaupt festzusetzen ist, bestimmt sich nach den städtebaulichen Erfordernissen des § 1 Abs. 3 BauGB. Ein qualifizierter Bebauungsplan muss gemäß § 30 Abs. 1 BauGB solche Festsetzungen enthalten. Soweit der Bebauungsplan Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung enthält, sind die Mindestanforderungen des § 16 Abs. 3 BauNVO einzuhalten[186]. Während die meisten Regelungen des zweiten Abschnitts darauf beschränkt sind, das Instrumentarium für die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung bereitzustellen, enthält § 17 BauNVO ähnlich wie die Regelungen über die zulässigen Nutzungen in den Baugebietstypen nach §§ 2–9 BauNVO eine planerische Leitvorstellung. In § 17 Abs. 1 BauNVO werden bezogen auf die Gebietstypen der §§ 2–11 BauNVO Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung festgelegt und § 17 Abs. 2 BauNVO enthält eine Öffnungsmöglichkeit, die den planerischen Bedürfnissen im Einzelfall gerecht werden soll und somit die gleiche Funktion erfüllt wie § 1 Abs. 4–10 BauNVO.[187]

53

Der dritte Abschnitt der BauNVO (§§ 22 und 23) enthält schließlich Festsetzungsmöglichkeiten für die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche und konkretisiert damit § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Mit diesen Festsetzungen haben die Gemeinden die Möglichkeit, die Lage der Gebäude auf den Grundstücken zu bestimmen. Die in § 22 BauNVO geregelte Bauweise legt dabei den Abstand zu den seitlichen Grundstücksgrenzen fest[188]. Die überbaubare Grundstücksfläche schließlich ist die Fläche auf dem Grundstück, die bebaut werden darf[189]. Sie kann gemäß § 23 BauNVO durch Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen festgelegt werden. Den Festsetzungsmöglichkeiten der §§ 22 und 23 BauGB kommt erhebliche Bedeutung für die Stadtgestaltung zu[190].

₺10.742,25