Kitabı oku: «CHANGES», sayfa 4

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In der Gesellschaftsschule

Die konventionellen Formate verhalten sich im Vergleich dazu diskret. Wissenschaftlerinnen wie Isabelle Stengers oder Dorothea von Hantelmann haben in ihren Arbeiten die verborgene Pädagogik der Formate sichtbar gemacht. Sie untersuchen die Rolle des in Institutionen eingelernten Verhaltens bei der Herausbildung des modernen Subjekts. Teil dieser Überlegungen ist die Reflexion des Formats als des eigentlichen Erlebnisraums der Institutionen. Denn die institutionellen Formate bleiben stabil, hingegen sowohl seine Gäste wie auch seine Werke sich ständig ändern. Ausstellungen zum Beispiel können Gemälde und Skulpturen, Environments, Tiere oder Filme zeigen, aber was auch immer in ihnen zur Betrachtung kommt, wird nicht angefasst, nicht angesprochen und wird sich für die Dauer der Ausstellung auch nicht verändern. Jede Ausstellung braucht heute ungefähr die gleichen Bedingungen wie die letzte Ausstellung, zumindest aus Sicht der Leihgeber*innen und Versicherer – 20 Grad Raumtemperatur und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. Denn um jedes Format hat sich ein komplexes System von Hilfsdiensten, Absicherungen und Routinen gebildet, das die schnelle und ununterbrochene „Bedienung“ des Formats sicherstellt. So wird auch im Theater jedes Stück davor geschützt, dass die Besucher*innen auf die Bühne gehen, ihre Meinung kundtun oder anfangen, untereinander zu sprechen, denn es hat sein Publikum an Sicht- und Verhaltensweisen gewöhnt, die der Epoche ihrer Veranstaltungen entsprechen. Und um die Aufführung herum ist ein System aus Aufsichten, Services und diversen Verträgen entstanden. Das Werk an sich könnte ohne Format gar nicht erscheinen, und ohne eine Institution könnte kein Format bewirtschaftet werden.

Das klassische Abendkonzert ist ein Format der Disziplinargesellschaft – Menschen werden eingeladen und terminiert. Für die Dauer der Veranstaltung werden sie eingeschlossen, dürfen nicht an der falschen Stelle klatschen und nur in den Pausen husten. Das klassische Konzert ist eine Zeremonie der Meisterschaft, und der Dirigent hat zwei Leiber, deren einer profan ist und schwitzt und deren anderer heilig ist – an dieser patriarchalen Struktur ändert auch eine Dirigentin am Pult wenig. Es ist die Sprache des Einen an die Vielen und auch der Genuss der Vielen an dem Einen – des Werks, der Spiritualität einer Verbindung, die über die Musik hinausführt und kollektiv erfahren wird. Im Ausstellungsparcours kann ich gehen, wie, wann und wohin ich möchte, aber nichts anfassen. Ich bewege mich in diesem etwas jüngeren Format als Individuum und lerne im Museum die Kunst einer sich selbst für objektiv haltenden Betrachtungsweise. Alles liegt so schön sauber und neutral vor mir, ein Fetisch mit zauberischer Wirkung, ein Ding, das Begehren auslöst und Macht ausübt. Die Öffnungszeiten überlassen es mir, wie lange ich am Ort dieser Nähe zum Begehrten bleibe, aber an jedem Fenster ist der Sensor einer Alarmanlage und in Sichtweite immer Personal. Formate, näher betrachtet, sind, ganz gleich, ob sie von Institutionen bereits adoptiert wurden oder nicht, immer Gesellschaftsschulen, immer freiwillige Trainingsstätten, in denen wir auf die Höhe des Neuen und seiner Sprache, Codes, Freuden und Tücken gelangen.

Formate sind Mittel – sie verbinden den Einzelnen mit der Fülle von Gefühlen und Ideen, die scheinbar in den Werken schlummern, indem sie diese sacht aufwecken und in einen Zusammenhang mit der Architektur eines Gebäudes, der Blickrichtung und Perspektive der Gäste bringen. Formate wollen nie, dass wir nur das Eine sehen. Formate wollen binden und verbinden. Sie wollen, dass wir länger bleiben als nur für die eine Sache, und sie unterscheiden sich vom reinen Theaterrepertoire, das auch eine Fülle von Werken in eine Nachbarschaft bringt, dadurch, dass die Form des Formats eine andere ist als die des Werks, genauer gesagt: Wenn Werke immer die gleiche Form haben, zum Beispiel immer nur in der Guckkastenbühne spielen, dann bildet sich vielleicht ein Spielplan, aber kein Format, das über die Veranstaltungsform hinausweist. Denn nur das Format überschreitet die singuläre Form des Werks und bildet eine eigene Form.

Genauso wie der nie verrinnende Strom neuer Stücke, Bilder, Skulpturen oder Kompositionen stoppt auch nie die Arbeit am Format, in dem sie erscheinen. Genau wie die Produktion der primären Werke ist auch die Entwicklung angemessener Formate eine zeitgenössische Leistung und Aufgabe. Temporäre Formate sind Vorverdauungsapparate dafür, was sich an Institutionen ändern wird – sie bringen die verschiedenen Weltstoffe entsprechend eines abweichenden Interesses oder Themas zusammen, um eine Erfahrung zu vermitteln, und dienen neuen Werken und Ideen, wenn diese aus den bekannten Ritualen hinausführen. Denn Formate, ob die unbemerkbar gewordenen Klassiker oder ihre temporären Begleiter, sind nützliche Vehikel, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit umzuleiten – vom Ritual und allem, was wir schon zu kennen glauben, auf das, was unerhört ist. Da Formate immer eine Gemeinschaft von Werken herstellen, können sie auch Aufmerksamkeit organisieren und von populären Stücken auf Unerwartetes lenken.

Nicht alles, was im Folgenden aufgelistet wird, war im strengen Sinne ein neues Format, manches Festival ist inzwischen selbst schon zur Institution geworden, manches auch eher eine klassische Themenreihe. Aber die vielen „Rahmensetzungen“ in den letzten zehn Jahren, die hier angeführt werden, sind doch mehr als nur Begleitveranstaltungen größerer Einzelveranstaltungen und bearbeiten in ihrer oft sehr spezifischen Struktur immer wieder andere Suchbefehle. Insofern sind diese Festspielformate der letzten zehn Jahre auch eine kurze Geschichte vergänglicher Erfindungen und der Abriss einiger großer Themen des vergangenen Jahrzehnts – Identitätspolitik, Digitalisierungseffekte und die Frage, wie das Weltbild des postfossilen Kapitalismus aussehen könnte. Denn neue Formate sind die Formate des Neuen.

FORMATE 2012–2021

1, 2, 3

10 DAYS OF IRANIAN CINEMA

Mit einem Lang- und Kurzfilmprogramm aus historischen und aktuellen fiktiven und dokumentarischen Filmen richten die Berliner Festspiele mit diesem Online-Filmformat einen Blick auf die iranische Kinolandschaft. Die Reihe wird gerahmt von Gesprächen mit Filmemacher*innen wie Bahram Beyzai und Rakhshan Banietemad. Kuratorin des Programms ist Afsun Moshiry.

10ER AUSWAHL

Zehn bemerkenswerte Inszenierungen werden jedes Jahr von einer unabhängigen Kritiker*innenjury aus rund 400 Theaterarbeiten des deutschsprachigen Raums ausgewählt und im Mai im Haus der Berliner Festspiele und anderen Orten der Stadt gezeigt. Die 10er Auswahl stellt das Zentrum des Festivals dar, eine Einladung zum Theatertreffen ist mit überregionaler Anerkennung verbunden. Mit der Festivalausgabe 2020 führte das Theatertreffen eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent in den Regiepositionen der 10er Auswahl ein.

A

ANTHONY BRAXTON’S SONIC GENOME

Die immersive Durational Performance des Komponisten Anthony Braxton eröffnet mit über 60 Musiker*innen aus den USA, Berlin und Australien das Jazzfest Berlin 2019. Über einen Zeitraum von sechs Stunden beschäftigen sich parallel bis zu 15 Ensembles mit bis zu 300 Kompositionen aus der „Ghost Trance Music“-Epoche von Braxton, wobei sie von Werk zu Werk wechseln und auf das Spiel benachbarter Gruppen reagieren. Wie lebendige Organismen spalten sich die Gruppen auf, bewegen sich durch den Gropius Bau, schließen sich in anderen Besetzungen zusammen, verbinden sich zu kleinen Zellen oder zum dirigierten Großensemble. Auch die Besucher*innen bewegen sich frei im gesamten Raum des Gropius Baus inklusive seiner Ausstellungen und entscheiden selbst, welchen Zusammensetzungen sie zuhören möchten.

ARENA – SPIELRAUM FÜR SPONTANE TANZKUNST!

In einem Dancebattle, konzipiert und moderiert von nutrospektif – urbanes tanztheater kollektiv (Daniela Rodriguez Romero, Bahar Gökten, Yeliz Pazar), treten seit 2015 im Rahmen des Tanztreffens der Jugend jeweils zwei Tänzer*innen der eingeladenen Ensembles gemeinsam in die ARENA. Sie sind aufgefordert, auf unbekannte Musik aus verschiedenen Genres zu improvisieren, Bewegungsaufgaben umzusetzen und ihre kreativen Fähigkeiten in unterschiedlichen Konstellationen zu zeigen.

ARTISTIC CITIZENSHIP

Beim Künstler*innengipfel „Artistic Citizenship“, im Rahmen des Theatertreffens 2016 von Yvonne Büdenhölzer initiiert, begeben sich Alumni von Stückemarkt, Internationalem Forum und TT-Blog auf die Suche nach einer Gesellschaft der Zukunft. In Lectures und Workshops fragen sie nach dem Nutzen der Kunst für neue Sozialformen von „Citizenship“ und danach, wie die Rolle als Bürger*in in einem performativen Akt zu verändern wäre.

B

BE MY GUEST

Im Rahmen des Programms „Be my Guest“ ist in den Jahren 2014 bis 2016 je ein*e Theaterfestivalkurator*in eingeladen, das Theatertreffen zu begleiten und zu reflektieren. Zum Ende des Theatertreffens spricht er*sie einer der ausgewählten Produktionen eine Einladung zum eigenen Festival aus.

BPA AT GROPIUS STUDIOS

In Anknüpfung an die Geschichte des Gropius Baus, der 1881 als Kunstgewerbemuseum und -schule mit zahlreichen Ateliers und Werkstätten eröffnet wurde, ermöglicht ein von Gropius Bau und BPA//Berlin program for artists gemeinsam mit Künstler*innen initiiertes Men- toring-Programm elf Künstler*innen, im Herbst 2020 die Räume des Gropius Baus als Ateliers zu nutzen und zugleich von dort aus ihre Arbeiten einer digitalen Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Grenzen zwischen Arbeits- und Ausstellungsraum werden dabei bewusst verwischt.

BUNDESWETTBEWERBE

Die vier Nachwuchsformate der Berliner Festspiele – Theatertreffen der Jugend, Tanztreffen der Jugend, Treffen junger Autor*innen und Treffen junge Musik-Szene – bilden zusammen die Bundeswettbewerbe. Die Teilnehmer*innen der Treffen zeigen ihre künstlerischen Arbeiten vor Publikum und treten in Workshops und Aufführungsgesprächen in einen produktiven Austausch miteinander. Bis Frühjahr 2021 werden sie von Christina Schulz geleitet, dann übernimmt Susanne Chrudina.

BURNING ISSUES MEETS THEATERTREFFEN

Wie kann die Theaterwelt geschlechtergerecht und diverser gestaltet werden? In einer 2019 von Nicola Bramkamp, Yvonne Büdenhölzer, Lisa Jopt und Maria Nübling initiierten Konferenz forschen Burning Issues und das Theatertreffen zusammen mit 400 Teilnehmer*innen drei Tage lang in Keynotes, Panels, Workshops, Netzwerkveranstaltungen und künstlerischen Interventionen nach Strategien für ein faires und vielfältiges Miteinander.

C

CONNECTED WITHIN THAT LIGHT

In Lese- und Theoriegruppen richtet der Gropius Bau den Blick auf Themen wie intersektionalen Feminismus, Geschlechtsausdruck sowie Agency von Körpern und begleitet das Ausstellungsprogramm des Gropius Baus in den Jahren 2020/21. Die Reihe wird von der Kuratorin, Schriftstellerin und Wissenschaftlerin Kathy-Ann Tan konzipiert und realisiert.

D

DAU FREIHEIT

Für den Filmzyklus DAU lässt der Regisseur Ilya Khrzhanovsky in Charkiw (Ukraine) auf einem 12.000 m2 großen Areal ein Institut bauen, das historische Elemente mit fiktiven fusioniert und eine artifizielle Parallelwelt erschafft. Zwischen 2009 und 2011 leben dort bis zu 400 Menschen. Aus rund 700 Stunden Filmmaterial entsteht eine Vielzahl von Filmen und mehrere Serien. Im Sommer 2018 arbeiten die Berliner Festspiele als Veranstalter an der Präsentation von DAU als Stadtraumprojekt in Berlin-Mitte. Das Projekt, das die Besucher*innen dicht an die Erfahrungswelt der Bewohner*innen des Instituts heranführen soll und die temporäre Installation einer Replik der Berliner Mauer im historischen Stadtkern zwischen Humboldt Forum und Staatsoper Unter den Linden Berlin beinhalten soll, kann nicht umgesetzt werden. Im Frühjahr 2019 findet die Weltpremiere des DAU-Projekts in Paris statt.

DIGITAL ARTISTS IN RESIDENCE

Angelehnt an das seit 2018 bestehende Programm „In House: Artist in Residence“ etabliert der Gropius Bau 2021 ein digitales Residency-Programm. Erste Künstlerin in diesem neuen Format ist Ana Prvački, die eine Reihe von Interventionen entwickelt, in denen sich übergeordnete programmatische Themen des Gropius Baus materialisieren: Gastfreundschaft, natürliche Strukturen und Ökologie.

DOWN TO EARTH

Die Ausstellung im Gropius Bau 2020 verbindet sich mit einem künstlerischen Unplugged-Programm mit täglich wechselnden Live-Angeboten, das der Frage nachgeht, auf welche Art und Weise die Agenda einer klimapolitischen Wende unser eigenes „Betriebssystem“ tangiert. Wie können wir den Modus, in dem wir arbeiten, uns ernähren, reisen oder Ausstellungen machen, nachhaltig verändern? „Down to Earth“ wird kuratiert von Julia Badaljan, Thomas Oberender, Anja Predeick, Tino Sehgal und Jeroen Versteele und verzichtet auf Strom.

E

EDITIONEN

Das von den Programmen und Festivals der Berliner Festspiele unabhängige Publikationsformat wird von Christina Tilmann und Thomas Oberender entwickelt. Ab 2012 werden über 30 Hefte veröffentlicht, in denen seltene oder exklusive wegweisende literarische und journalistische Texte autonomen Positionen aus der bildenden Kunst begegnen. Das Erscheinungsbild der Editionen bleibt stets das gleiche: Der rote Rahmen, der als Logo der Berliner Festspiele ab 2012 dient und vom Designer Christian Riis Ruggaber stammt, ist auf dem Cover aus grauer Pappe abgebildet.

ES GEHT AUCH ANDERS!

Initiiert von Christina Tilmann und Thomas Oberender, finden 2013 in der Kassenhalle im Haus der Berliner Festspiele vier kulturpolitische Montags- Diskussionen über inspirierende, bisweilen auch erschreckende Vorkommnisse aus unseren Nachbarländern statt. Das Format ist als Anregung für Kulturpolitiker*innen, Intendanten*innen, Förderinstitutionen und Künstler*innen und Produzent*innen gedacht. Die Themen sind: „Produzenten*innenförderung“ am Beispiel Belgien, „Partizipative Kulturformate“ am Beispiel Finnland, „Nach der Sparwelle“ am Beispiel Großbritannien, „Wandel statt Krise“ am Beispiel Deutschland.

EVERYTHING IS JUST FOR A WHILE

Für die von Thomas Oberender und Jeroen Versteele konzipierte Ausstellung anlässlich des 70. Jubiläums der Berliner Festspiele werden ca. 1000 Stunden Filmmaterial aus öffentlichen und privaten Archiven gesichtet, daraus über fünf Stunden in Bild und Ton restauriert und von Thilo Fischer und David von der Stein zu drei Videoinstallationen verdichtet, die journalistische Beiträge, Diskurs und Kunst aus 70 Jahren zeigen. Darunter ist eine 3-Kanal-Videoinstallation, die sich Kunstpositionen aus allen Festivalbereichen widmet und chronologisch durch die Geschichte der Berliner Festspiele reist.

F

FOCUS

Unter der Leitung von Yvonne Büdenhölzer etabliert das Theatertreffen die Reihe „Focus“ und setzt damit künstlerische und diskursive Schwerpunkte innerhalb des Festivalprogramms. In den Jahren 2014 bis 2016 entstehen: Focus Dimiter Gotscheff, Focus Fassbinder, Focus Skulptur, Performances, Schauspiel. 2021 wird die Reihe mit einer Rückschau auf die Arbeit der New Yorker Gruppe Living Theatre neu aufgelegt.

FOREIGN

AFFAIRS

Das internationale Performing Arts Festival der Berliner Festspiele wird 2012 gegründet. Die belgische Festivalmacherin Frie Leysen ist für die erste Edition verantwortlich, danach ist Matthias von Hartz bis zur Auflösung des Festivals im Jahr 2016 künstlerischer Leiter. Das Festivalformat präsentiert außergewöhnliche Produktionen an der Grenze von Performance und Theater, bildender Kunst, Tanz und Videokunst. Künstler*innen wie William Kentridge bespielen sowohl das Haus der Berliner Festspiele als auch den Martin-Gropius-Bau.

FORUM ÖKOLOGISCHE NACHHALTIGKEIT IM THEATER

In Zusammenarbeit mit dem Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien und koordiniert von Yvonne Büdenhölzer und Katharina Fritzsche findet das Pilotprojekt erstmalig im Rahmen des Theatertreffens 2021 statt. Ziel ist die Entwicklung eines langfristigen Netzwerks für Nachhaltigkeitsthemen im deutschsprachigen Theater. Vertreter*innen der für die 10er Auswahl des Festivals nominierten Theater und Produktionshäuser kommen als Green Ambassadors zusammen und entwickeln Strategien für eine ökologisch nachhaltige Kulturproduktion.

G

GROPIUS BAU FRIENDS

Die Gropius Bau Friends verbringen viele Stunden in den Ausstellungsräumen, Eingangsbereichen, Fluren und etlichen anderen Orten im Gropius Bau. Dort sprechen sie mit Besucher*innen über deren Fragen und Eindrücke und geben Tipps rund um den Besuch des Hauses. Was erleben sie bei dieser Arbeit? Was bleibt in Erinnerung? Worauf freuen sie sich gerade besonders? In der Kolumne „Die Friends empfehlen“ geben sie etwa ein Mal monatlich Einblick in ihre persönlichen Ausstellungshöhepunkte.

GROPIUS BAU JOURNAL

Das Gropius Bau Journal ist eine Online- Plattform, auf der miteinander verwobene Zukünfte und Wege des gemeinsamen Denkens und Lebens erkundet werden. Die übergreifenden Themen des Ausstellungsprogramms dienen dabei als Ausgangspunkt für einen Blick in die weitere Welt. Mit der Veröffentlichung neuer Beiträge von Künstler*innen, Schriftsteller*innen und Denker*innen werden unterschiedliche Disziplinen verknüpft und die Rolle der Kunstinstitution im 21. Jahrhundert betrachtet.

H

HAUS OF JAZZ

Die Eröffnung des Jazzfestes Berlin 2018 bespielt mit zehn Acts auf fünf Bühnen über sieben Stunden das gesamte Haus der Berliner Festspiele: von der großen Bühne und der Seitenbühne über das Foyer und die Kassenhalle bis zur selten für das Publikum geöffneten Unterbühne, auf der das KIM Collective mit einem musikalischen Echo auf das oberirdische Geschehen reagiert. Zwei Performances bilden den Anfangs- und Endpunkt des Abends auf der großen Bühne, dazwischen bewegt sich das Publikum frei zwischen den parallel stattfindenden Programmen im gesamten Festspielhaus.

I

IMMERSION

In dieser Programmreihe präsentieren die Berliner Festspiele unter der künstlerischen Leitung von Thomas Oberender und mit wechselnden kuratorischen Teams seit 2016 Arbeiten von Künstler*innen, die die gewohnte Gegenüberstellung von Werk und Besucher*in, Bühne und Saal, Objekt und Betrachter*in auflösen. Im Zentrum der ersten Programmphase steht die Verräumlichung der zeitbasierten Kunst des Theaters. Der zweite Schwerpunkt des Programms widmet sich der Verzeitlichung des klassischen Ausstellungsformats. Im dritten Jahr der Projektreihe wendet sich der Begriff ins Gesellschaftliche: Was bedeutet es, wenn politische Grenzen verschwinden, wie können wir künstlerisch andere Formen von Gesellschaft erschließen?

IN HOUSE: ARTIST IN RESIDENCE

Das Residency-Programm des Gropius Baus unter der Leitung von Stephanie Rosenthal bringt Künstler*innen und ihre kreativen Prozesse zurück ins Haus: Anknüpfend an die Geschichte des Gebäudes als ursprüngliches Kunstgewerbemuseum mit zahlreichen Ateliers und Werkstätten wird der Gropius Bau wieder zu einem Ort der künstlerischen Kreation und Produktion und lädt Künstler*innen ein, aus institutionellen Formaten auszubrechen und das Ausstellungshaus für das 21. Jahrhundert neu zu denken. Residents sind Wu Tsang (2018), Otobong Nkanga (2019), Zheng Bo (2020) und SERAFINE1369 (2021).

INTERNATIONALES FORUM

1965 als „Begegnung junger Bühnenangehöriger“ gegründet, versammelt das Internationale Forum im Rahmen des Theatertreffens jährlich junge professionelle Theatermacher*innen in Berlin. War der Teilnehmer*innenkreis zunächst auf den deutschsprachigen Raum begrenzt, dehnt ihn die 1980 begonnene Kooperation mit dem Goethe-Institut auf die ganze Welt aus. Seit 2015 öffnet sich das Internationale Forum in Workshops und Diskursveranstaltungen verstärkt für globalgesellschaftliche Dynamiken und befragt Theater als Raum politischer Öffentlichkeit. Nach Uwe Gössel (2006–2014) und Daniel Richter (2015–2017) wird das Internationale Forum seit 2018 von Necati Öziri geleitet.

INTO WORLDS. DAS HANDWERK DER ENTGRENZUNG

An drei Tagen im Januar 2018 blickt die Konferenz im durch Eva Veronica Born gestalteten Lichthof des Martin-Gropius- Baus aus drei Perspektiven auf den Vorgang der Immersion: in handwerklichen Körpertechniken, spektakulären Unterhaltungsformaten und spirituellen Mentalpraktiken. Er zeigt sich dabei als ambivalente Bewegung, steht einerseits für Selbst- oder Medienvergessenheit, ist jedoch andererseits Anlass für Distanznahme und kritische Reflexion.

J

JAZZFEST BERLIN

Als „Berliner Jazztage“ 1964 gegründet, zählt das Jazzfest Berlin zu Europas ältesten und renommiertesten Festivals seiner Art. Während die ersten beiden Festival-Dekaden geprägt waren von den stilbildenden und populären Jazzgrößen aus den USA, hat sich das Spektrum inzwischen global geweitet, mit einem Schwerpunkt auf dem gegenwärtigen Jazz europäischer Provenienz. Nach Bert Noglik (2012–2014) und Richard Williams (2015–2017) liegt die künstlerische Verantwortung ab 2018 bei Nadin Deventer, die in ihrem Programm verstärkt auf musikalische Grenzgänger*innen und starke Festivalnarration setzt und auch immer wieder experimentelle, interdisziplinäre Formate entwickelt. 2021 wird das Jazzfest Berlin vom Europe Jazz Network mit dem Award for Adventurous Programming ausgezeichnet.

JAZZFEST BERLIN – NEW YORK

Als die COVID-19-Pandemie Konzertreisen zeitweise nahezu unmöglich macht, wagt das Jazzfest Berlin 2020 einen internationalen Brückenschlag zwischen zwei Avantgarde-Szenen und präsentiert in Kooperation mit ARTE Concert und dem Institut für Bewegtbild einen zweitägigen Konzertmarathon mit zwölf Projekten in sechs transatlantischen Tandems: je ein Set als Livestream aus der Betonhalle des silent green in Berlin und ein Set als Livestream aus dem Roulette in New York. Auch 2021 setzt das Jazzfest wegen der andauernden pandemischen Situation auf digitale Ver- schaltungsprojekte, dieses Mal mit lokalen Partner*innen und Musiker*innen in Johannesburg, Kairo und São Paulo.

JAZZFEST BERLIN OFF STAGE

Ebenfalls in Reaktion auf die Corona- Krise und ihre gravierenden Auswirkungen auf den Live-Musik-Sektor entwickelt das Jazzfest Berlin 2020 nicht nur ein umfassendes Live- und Streaming- Konzertangebot, im Format „Jazzfest Berlin Off Stage“ beauftragt es darüber hinaus Künstler*innen mit Videoarbeiten und audiovisuellen Statements. So erweitert sich das Festival in Raum und Zeit, schlägt kreative Brücken in die Stadt und über den Atlantik und lässt die Bühne hinter sich, um nach den Dissonanzen in der Welt „da draußen“ zu horchen.

JAZZFEST BERLIN RADIO EDITION

Das Jazzfest Berlin expandiert im Pande- miejahr 2020 in Kooperation mit der ARD und Deutschlandfunk Kultur in sieben deutsche Bundesländer und präsentiert erstmals Studio-Konzerte regionaler Künstler*innen in acht Funkhäusern der Landesrundfunkanstalten. Im Jahr 2021 wird die Radio Edition neu aufgelegt.

JUGROBA – JUNGER GROPIUS BAU

JuGroBa schlägt Brücken zwischen dem Gropius Bau und jungen Menschen und bietet eine Plattform für ihre vielfältigen Reflexionen über das Programm des Ausstellungshauses.

K

KIM COLLECTIVE @ JAZZFEST BERLIN

Eine außergewöhnliche Allianz entspinnt sich von 2018–2020 zwischen dem Jazzfest Berlin unter der Leitung von Nadin Deventer und dem neunköpfigen KIM Collective. Für die Festivalausgabe 2018 zieht sich das KIM Collective für die Dauer des Festivals auf die Unterbühne des Festspielhauses zurück und reagiert mit Erschaffung ihres UN(TER)ORTS und simultanen musikalischen Performance-Echos auf die Konzerte, die zeitgleich auf der Hauptbühne stattfinden. 2019 steigt das Kollektiv als selbsternanntes Pilzgeflecht des Jazzfestes Berlin aus der Unterwelt empor und breitet seine Wurzeln im Foyer des Festspielhauses zu der zweitägigen, sich ständig weiterentwickelnden Installation Garden of Hyphae aus, um schließlich zum Festivalabschluss mit der ‚Fungus Opera‘ The Mass of Hyphae selbst die Hauptbühne des Festspielhauses zu bespielen. Im Pandemie-Jahr 2020 inszeniert das KIM Collective bereits im ersten Lockdown betroffene Orte und entwickelt drei Videoarbeiten, die die Grundlage für die Festivalabschlussproduktion De-Isolation bilden.

KINDER KURATIEREN_TAKEOVER

Mitbestimmen, Selbermachen, neue Ausdrucksformen finden und Teamarbeit stehen bei „Kinder kuratieren_Take- over“ im Vordergrund: Das Kooperationsprojekt des Gropius Baus und der Stiftung Brandenburger Tor ermöglicht Berliner Grundschüler*innen, den Weg von der Kunstproduktion bis zur eigenständig konzipierten Ausstellung selbst zu erleben und zu gestalten. Mit dabei sind die Carl-Humann-Grundschule, die Grundschule im Blumenviertel, die Heinrich-von-Stephan- Gemeinschaftsschule und die Picasso Grundschule.

L

LANDSCAPES OF UNCERTAINTY

Das Symposium findet unter der Leitung von Carolin Hochleichter, Maria Rössler und Matthias von Hartz 2016 im Rahmen von Foreign Affairs auf der Seitenbühne im Haus der Berliner Festspiele statt. Der Ausgangspunkt für die Erforschung des Themenfelds „Uncertainty“ ist die Zusammenarbeit mit dem Künstler William Kentridge: Fortwährende Transformation zieht sich vor dem Hintergrund südafrikanischer Geschichte und Gegenwart durch dessen Werk. Ergänzend zum künstlerischen Programm werden Künstler*innen und Wissenschaftler*innen eingeladen, Perspektiven und Strategien für den Umgang mit Ungewissheiten vorzustellen.

LATE NIGHT LAB

Etablierte Bands im Jazz bilden zwar eigenständige Gemeinschaften, aber erst in der Improvisationskultur konnten sich zahlreiche Musiker*innen zu einer globalen Community zusammenfinden und Klang als Lingua franca entdecken. Das Format der „Late Night Labs“ beim Jazzfest 2019 präsentiert an zwei aufeinanderfolgenden Abenden Begegnungen von je drei bestehenden, eigenständigen Trios. Die Musiker*innen bespielen in stets wechselnden Formationen die eigens für diese Festivalausgabe gestaltete Arenabühne. Während jede der Gruppen ihre jeweils eigene, unverwechselbare Identität mitbringt, kommt es zu musikalischen Kollisionen und Überschneidungen.

LIMITS OF KNOWING

Im Sommer 2017 erkundet „Limits of Knowing“ die äußersten Grenzen rationalen Wissens. Inspiriert von der Agnoseologie, der „Lehre der Unerkennbarkeit“, lädt ein interdisziplinäres Programm zum Gleiten zwischen Vernunft und Vorstellung ein. In der Wissensgesellschaft wenig verbreitete Kompetenzen wie Ahnung, Befremden und Verblüffung führen die Besucher*innen in Tiefen künstlerischer, wissenschaftlicher und philosophischer Fragen. Das Format wird kuratiert von Joanna Petkiewicz.

LIQUID ROOM

Mit diesem Format des belgischen Ensembles Ictus eröffnet Berno Odo Polzer 2015 MaerzMusik als neu konzipiertes „Festival für Zeitfragen“. Ein Raum, vier Bühnen, zwei Ensembles – in diesem Setting präsentieren Ictus und ensemble mosaik im Verlauf eines Abends über zwanzig Stücke von ebenso vielen Komponist*innen mit ganz unterschiedlichen musikalischen Hintergründen. Ohne feste Sitzplätze, mit tragbaren Hockern und einer Bar, die auch während der Konzerte geöffnet bleibt, kann sich das Publikum frei bewegen.

THE LONG NOW

Mit einer Dauer von 30 Stunden ist „The Long Now“ konzipiert als eine Zeitblase, in der sich die Besucher*innen verlieren und von der getakteten Chronometrie der Gegenwart lösen können. Initiiert von Berno Odo Polzer und kuratiert in Zusammenarbeit mit Laurens von Oswald und Harry Glass, bildet „The Long Now“ ab 2015 den Abschluss von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen. In der monumentalen Kulisse des Kraftwerks Berlin sind Konzerte, Performances und elektronische Live-Acts mit Filmpräsentationen, Licht-, Klang- und Videoinstallationen zu einer großformatigen Komposition in Zeit und Raum versammelt. Das musikalische Spektrum reicht von Alter Musik über Kompositionen der Avantgarde und Improvisation bis hin zu experimenteller Elektronik, Ambient Music oder Noise. Das Publikum ist eingeladen, den gesamten Zeitraum von „The Long Now“ im Kraftwerk Berlin zu verbringen, dort auf bereitgestellten Betten zu übernachten oder mehrmals wiederzukommen.

M

MAERZMUSIK

MaerzMusik, gegründet 2001, ist das Nachfolgefestival der Musik-Biennale Berlin. Diese war ursprünglich Bestandteil der Berliner Festtage der DDR. Als einziges Format des renommierten Ostberliner Pendants zu den Westberliner Festspielen bleibt das Format nach der Wiedervereinigung 1990 bestehen. 2001 wandelt Matthias Osterwold die Musik-Biennale zu „MaerzMusik – Festival für aktuelle Musik“ um, bevor Berno Odo Polzer das Format ab 2015 als „Festival für Zeitfragen“ neu konzipiert.

MUSIKFEST BERLIN

Das Orchesterfestival der Berliner Festspiele – veranstaltet in Kooperation mit der Stiftung Berliner Philharmoniker – bildet jeweils im Spätsommer den Auftakt der Berliner Konzertsaison. Internationale Spitzenorchester, Instrumental- und Vokalensembles präsentieren gemeinsam mit den großen Symphonieorchestern der Stadt Berlin ein Programm mit jeweils wechselnden thematischen Schwerpunkten. Das rund dreiwöchige Festival widmet sich nicht nur dem symphonischen Repertoire, sondern insbesondere den bedeutenden, raren, vergessenen, ungewöhnlichen und neuen Werken aus Geschichte und Gegenwart. Künstlerischer Leiter ist seit 2006 Winrich Hopp.

N

NACHBARSCHAFTS-AUSTAUSCH

Eine Besonderheit des Gropius Baus ist seine Lage. Das Ausstellungshaus ist angesiedelt zwischen historischen Schauplätzen, Gebäuden der aktuellen politischen Arbeit, touristischen Angeboten und Büroetagen. Ein gewöhnlicher „Kiez“ mit alltäglichem, nachbarschaftlichem Leben ist diese Umgebung nicht. Der Austausch mit der Nachbarschaft des Gropius Baus reicht daher in Kreuzberger Wohngegenden hinaus – mit dem Ziel, die verschiedenen Facetten des Lebens in dieser Gegend in das Haus einzubringen. Gestaltet wird diese Vermittlungsarbeit grundlegend gemeinschaftlich, in Kollaborationen mit interkulturellen, generationenübergreifenden und queeren Nachbarschafts-initiativen.

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Yaş sınırı:
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Hacim:
561 s. 169 illüstrasyon
ISBN:
9783957494023
Telif hakkı:
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