Kitabı oku: «DAS ALIEN TANZT IM SCHLARAFFENLAND», sayfa 2
»Aber wenn Sie uns etwas Wasser geben könnten …«
Ich starrte die beiden kurz an, dann hatte ich mich wieder unter Kontrolle. Womit hatte ich sie beleidigt? Oder hatte ich sie gar bedroht?
»Ja, Wasser wäre wirklich gut«, sagte Kofi. »Wir haben zu wenig dabei. Oder besser gesagt, wir haben …« Die beiden tauschten schnelle Blicke.
»Wir hatten eine Havarie«, sagte Kofi schließlich.
»Ihr Antrieb?«, fragte ich erleichtert.
Ingrid nickte.
»Das klingt spannend. Wasserstoffantriebe haben wir schon vor hundertzwanzig Jahren verworfen. Irgendwie waren die Systeme nicht stabil zu kriegen. Aber wenn Ihre Spezies diese Technologie gemeistert hat, dann wäre ich froh, einen Blick darauf zu werfen.«
Die beiden schwiegen. Betreten, hatte ich das Gefühl.
»Ich fürchte, wir haben keinen Wasserstoffantrieb. Wir haben ein Flüssigkeitsraketentriebwerk. Irgendwie ist der Druck in der Brennkammer während der Passage durch das Wurmloch zu hoch geworden. Das hat einen Brand ausgelöst. Unser Wasser ist beim Löschen draufgegangen.«
Ich sah die beiden mitleidig an. Das war wirklich dumm gelaufen. Dann sah ich mich selbst mitleidig an. Ich hatte nicht nur zwei zum Glück nicht akut hungrige Aliens im Garten, denen ich nichts zu essen anbieten konnte, sondern es war auch noch so, dass sie nicht nach dem Mittag einfach abfliegen würden. Ich unterdrückte ein Schnapseln. Dann fiel mir auf, dass sie aus irgendeinem Grund Wasser an Bord gehabt hatten und ich musste ein weiteres Schnapseln unterdrücken.
»Wo wollten Sie eigentlich hin?«, fragte ich, um vom Thema abzulenken. Die Sache mit dem Wasser war einfach zu heikel.
»Alpha Centauri«, sagte Kofi.
Ich hatte keine Ahnung, wo das war. »Da waren Sie bei diesem Wurmloch aber ohnehin falsch. Ganz davon abgesehen, dass Sie die Sperrung missachtet haben.« Es war unhöflich, ich weiß, aber ich konnte es mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen. Niemand konnte wollen, dass dies ein weiteres Mal geschah.
»Sperrung?«, fragte Ingrid.
»Das Wurmloch ist bei einer permanenten Raumverschiebung versehentlich in meinen Garten umgeleitet worden. Seitdem ist es gesperrt.«
Ingrids kleine Extremitätenfortsätze wanderten zum Kopfvorderteil und krochen darin herum. Dann bemerkte es, dass ich es ansah, und ließ die Extremität wieder nach unten wandern. »Wie sieht denn so ein Sperrschild aus?«, fragte es.
»Groß, rot und voller Sogfa-Wellen«, sagte ich.
Irgendetwas tat sich in seinem Kopfvorderteil. Das, was ich für einen Mund hielt, wurde schräg, kräuselte sich. Dann entspannte es sich wieder. Der Translator schwieg.
»Es scheint, dass wir die entsprechende Technologie nicht haben«, gab Kofi zu und schob mir das Lexikon entgegen, in dem es während der letzten Minuten interessiert geblättert hatte. »Gibt es alle diese Spezies wirklich?«
»Natürlich«, sagte ich. Ein Lexikon mit ausgedachten Spezies wäre wohl kaum hilfreich. »Woher stammen Sie denn?«
»Von der Erde«, sagte Kofi. »Die ist in einem Planetensystem in der Milchstraße. Gleich hinter Proxima Centauri.«
»Ah ja«, sagte ich höflich. Sie stammten wirklich von irgendwo am Rande des Weltalls. Ich hatte noch nie von der Erde oder einer Milchstraße gehört. Oder von irgendeinem Centauri, sei es nun Alpha oder Proxima.
»Wir sind Menschen«, fügte Ingrid hinzu.
»Dachte ich mir schon«, log ich. Ich wollte sie nicht damit beleidigen, dass ich zugab, noch nie von ihnen gehört zu haben. »Sie sind für Ihre … Kunstwerke berühmt, nicht wahr?«, riet ich aufs Geratewohl. Komplimente waren immer gut. Fast alle Spezies hielten viel auf ihre Kunst. Gleich nach der Kulinarik.
Die beiden sahen einander wieder an. Dann sahen sie zu mir.
»Wir benötigen leider Ihre Hilfe, fürchte ich«, sagte Kofi.
»Unser Antrieb ist kaputt«, fügte Ingrid hinzu.
»Und unser Wasser alle«, schloss Kofi.
»Ich helfe Ihnen gern«, behauptete ich. Und versuchte, nicht daran zu denken, dass ich mich möglicherweise an der Reparatur von Waffensystemen beteiligen musste. Waffen, die sich dann gegen werweißwen richteten.
»Haben Sie denn Ahnung von Raketenantrieben?«
Ich hatte dieses Wort noch nie gehört. »Ich kann es mir ja mal ansehen«, sagte ich diplomatisch.
Die beiden wackelten eifrig mit den Köpfen.
Ihr Raumschiff war eng und muffig, die Spuren des Feuers nicht zu übersehen. Ich kannte so etwas nur aus absurden Filmen. Es war anregend, es einmal real zu sehen. Ein Teil der Einrichtung schien geschmolzen; rußige Streifen zogen sich über die Wände. Ich stupste mit dem Tentakel dagegen und betrachtete die schwarze Substanz. Wirklich interessant! Ich schob mich durch die engen Gänge auf den Antrieb zu und wackelte mit den Tentakeln, um von meiner unwillkürlich gerümpften Nase abzulenken.
Endlich waren wir beim Antrieb angekommen. Es handelte sich offenbar um eine Verbrennungseinheit. Solche Dinger waren noch weit gefährlicher als Wasserstoffantriebe. Unkontrollierbar! Kein Wunder, dass es ein Feuer gegeben hatte. Ich hatte von so etwas gelesen, in irgendeinem Science-Fiction-Roman. Dass jemand wirklich mit etwas Derartigem herumflog, schien mir absurd. Aber als ich den Schraubenschlüssel ansetzte, kam etwas hervor, was mir doch vage bekannt vorkam. Das hier funktionierte irgendwie mit flüssigen Gasen, aber die Art, wie es das Raumschiff antrieb, erinnerte an meinen Rasenmäher.
Es ist peinlich, aber mein Rasenmäher ist uralt. Mein Urahn hat das Ding irgendwo aufgetrieben und es mir feierlich überreicht. »Hält ewig«, versicherte der Ahn und es stimmte: Seit zig Jahren hatte der Rasenmäher mich kein einziges Mal enttäuscht. Immer wieder blätterte ich sehnsüchtig in den Katalogen mit neuen Geräten. Solange der alte noch funktionierte, konnte ich keinen neuen kaufen. Endlich schien meine große Chance gekommen.
»Ich habe da eine Idee«, sagte ich.
Ich quetschte mich nach draußen, holte den Rasenmäher aus dem Geräteschuppen und schleppte ihn in das fremde Raumschiff. Ingrid ging mir begeistert zum Tentakel und kurze Zeit später war die Antriebseinheit wieder funktionstüchtig. Außerdem war die unfallträchtige Verbrennungseinheit durch einen vorsintflutlichen Kristallheber ersetzt. Der nun, glücklicherweise, meinem Rasenmäher fehlte.
»Wow«, sagte Kofi. »Das ist wirklich kompatibel!«
»Hält ewig«, versicherte ich.
»Dann brauchen wir nur noch Wasser!10«
Ich schnapselte unwillkürlich. Laut. Aber die beiden störten sich nicht daran.
»Warum?«, fragte ich vorsichtig, nachdem ich mich etwas beruhigt hatte. Ich weiß, ich hatte vorher geplant, die Jugendlichen zu benetzen, aber ich schwöre, ich hätte keine lebenswichtigen Stellen anvisiert. Ich wollte sie nur etwas … oberflächlich …
»Wir brauchen es zur Kühlung. Und als Löschmittel.«
»Kristallheber bilden keine Brandgefahr«, stellte ich heraus.
»Wir brauchen das Wasser auch zum Trinken«, gab Kofi zu.
»Ihr trinkt …« Ich bemühte mich vergeblich, sie nicht zu fassungslos anzustarren.
»Wir sind eine kohlenstoff- und wasserbasierte Spezies«, erklärte Ingrid.
Kohlenstoff- und wasserbasiert. Ich schluckte. Wer hätte gedacht, dass es so etwas gab. Ich wurde sie lieber los. Sehr schnell.
»Ich kann euch etwas Wasser geben«, sagte ich tonlos. Und hoffte, dass ich keinen gravierenden Fehler beging.
Als sie das Wasser in ihren Tank gepumpt hatten, sah das Essen, das ich so sorgfältig angerichtet hatte, schon etwas welk aus. Ich nahm einen Happen, einfach weil es schade war, es verkommen zu lassen. Gedankenverloren kaute ich. Korrekterweise war das ein Fall für eine Erstkontakteinheit. Eine Erstkontakteinheit, die das Raumschiff untersuchte. Die durch meinen Garten trampelte. Die jede Menge Proben nahm und meinen Pflanzen zusetze. Und mir. Ich vertrage Aufregung nicht gut. Deshalb bin ich auch nur Gärtner.
Ich würde höflich und freundlich sein. Und sie so bald wie möglich loswerden, ohne dass jemand wusste, dass sie hier gewesen waren. Das Gute an gesperrten Wurmlöchern ist, dass sie keinerlei Überwachung unterliegen. Ein positiver Nachteil sozusagen. Die fremden Wesen würden sicher bald auf jemanden treffen, der sie besser erstkontakten konnte als ich.
Ich hörte ihre Schritte auf mich zu tapsen und steckte mir rasch eine weitere Portion Upsen in den Mund.
»Wir sind dann soweit«, sagte Kofi.
»Das freut mich«, entgegnete ich und fragte mich, ob ich sie einladen musste, zum Abendessen zu bleiben.
»Wir haben Ihnen etwas mitgebracht«, sagte Ingrid und hielt mir ein zylindrisches Metallobjekt hin. An den geschlossenen Enden glänzten konzentrische Kreise. Ich nahm es vorsichtig und betrachtete die kryptischen Zeichen und das Bild auf den gekrümmten Seiten. Es zeigte eine Art Teller, in dem eine merkwürdige Pampe schwamm. Mit rundlichen Objekten darin.
»Das ist unser Essen«, erklärte Kofi. »Bohnen mit Speck!«
»Vielen Dank, es ist mir eine große Ehre!«, erwiderte ich. Ich musste das loswerden. Bald. Vielleicht konnte ich es in ihr Schiff schmuggeln, bevor sie abreisten. Ich konnte es mir nicht leisten, einen Beweis ihres Hierseins aufzubewahren.
Gemeinsam bewegten wir uns auf ihr Schiff zu. Am unteren Ende der Rampe blieben die beiden stehen. Sie wirkten irgendwie verloren. Etwas unglücklich. Ich streckte einen Tentakel aus und strich Kofi tröstend über die Seite.
»Wir hätten da noch eine Frage«, sagte es.
Oh nein! »Ja, bitte?«
»Wissen Sie, wie wir nach Alpha Centauri kommen?«
»Natürlich«, behauptete ich voll ausgesuchter Höflichkeit. »Durch das Wurmloch und dann links halten.« So falsch konnte es nicht sein. Rechts war nur Leere.
»Danke. Auf Wiedersehen!«
Hoffentlich nicht! »Auf Wiedersehen!«, sagte ich freundlich.
Die beiden stiegen die Rampe hinauf, ohne dass ich eine Möglichkeit hatte, das zylindrische Objekt hineinzuschmuggeln. Die Öffnung schloss sich, das Schiff vibrierte, die Beinchen fuhren ein. Ich trat etwas zur Seite und sah zu, wie es sich langsam in Bewegung setzte. Wenn ich den richtigen Moment abpasste … ich holte aus und starrte auf den Punkt, an dem sich in Kürze das Wurmloch öffnen würde. Mit einem schmatzenden Geräusch erschien es, faltete sich langsam auf und saugte das Raumschiff ein. Blitzschnell warf ich das Objekt hinterher. Das Wurmloch schloss sich flonkend. Erleichtert sah ich in den Himmel. Dann fiel mein Blick auf den verwüsteten Rasen. Eine Menge Arbeit lag vor mir.
Bohnen mit Speck (driftend im Weltall)
Dose aufmachen. Schauen, ob sich der Inhalt bewegt. Wenn er das nicht tut: Speckbohnen in einen Topf geben und unter Rühren erhitzen. Aufessen.
Anmerkungen
1 Bei diesem Dokument handelt es sich um eine offizielle Übersetzung des Universaltranslators 3/10/x2. Sie wurde vom Ministerium für Erstkontakt und interplanetare Kommunikation überprüft und entspricht wahrscheinlich weitgehend den Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Überprüfung.
2 Emotionsausdruck der Sch'kod'malxaner, der mindestens sechs Tentakel und einen Mund erfordert. Kann am ehesten mit einem erstaunten Nachluftschnappen übersetzt werden, kombiniert mit einem beschämten Erröten.
3 Beliebte Nahrungspflanze, strauchartig. Gegessen werden die frischen Triebe im zweiten Jahr.
4 Pilzartiges Gewächs, das (für Sch'kod'malxaner) schmackhafte Knollen bildet.
5 Gewürzpflanze, schmeckt wie . nichts, was auf der Erde bekannt ist.
6 Frucht, die wie eine Mischung aus Apfel und Schraubenschlüssel aussieht, Geschmack leicht säuerlich mit bitterer Note.
7 Salatähnliche Pflanze mit langen orangefarbenen Blättern.
8 Das Muffalen dient der Bekömmlichkeit und neutralisiert die Dornen.
9 Registre Schwingungen intensivieren den Geschmack, wobei darauf zu achten ist, einen hochwertigen Schwingungserzeuger zu verwenden. Außerdem wird das in den Pflanzen möglicherweise enthaltene Restwasser so verträglich.
10 Da die Benetzung mit Wasser bei einer großen Zahl an Spezies zu schwerwiegenden Verätzungen führt, ist dessen Verwendung außerhalb landwirtschaftlicher Bereiche auf Sch'kod'malxan streng reglementiert .
Andreas Fieberg: Durch den Magen
Die beiden Schiffe lagen längsseits, aber obwohl der Käpt’n den Funkspruch auf wechselnden Frequenzen wiederholen ließ, blieben die Aliens eine Antwort schuldig. Sie redeten einfach nicht mit den Menschen.
»Was sagen Sie dazu?«, fragte der Käpt’n den Exosemiologen Zarthek, den er für die erste Kontaktaufnahme auf die Brücke geholt hatte. Zarthek kaute auf seinem Schnurrbart und fixierte nachdenklich den Schiffsmonitor, der das stumme Alienschiff in seiner ganzen Pracht zeigte. Es sah aus wie eine gigantische Spreewaldgurke, und Zarthek fragte sich unwillkürlich, wie damit interstellare Reisen möglich sein sollten. Aber was wusste er schon? Schließlich war er Semiologe, kein Raketentechniker.
»Zwei Möglichkeiten«, hob er bedächtig an. »Entweder sind die Aliens taub« – er machte eine Kunstpause – »oder stumm.«
Der Käpt’n schnaufte. »Großartig! Es ist immer gut, einen Experten an Bord zu haben, der einem die Welt erklärt …«
Zarthek zog die Augenbrauen zusammen. »Es ist nicht so simpel, wie es sich anhört. Vermutlich benutzen sie eine völlig andersartige Kommunikationsform. Etwas so Fremdes, dass wir es gar nicht als Sprache erkennen.« Er funkelte den Käpt’n verärgert an. »Dann sind wir es, die taub sind. Und stumm.«
Aber der Käpt’n hatte gar kein Ohr mehr für seine Replik. Er hob witternd den Kopf. »Riechen Sie das?«
Wie aufs Stichwort war der Duft von Pellkartoffeln durch den Kommandostand gezogen.
Der Käpt’n schaltete das Interkom ein, auf dem Display erschien das Gesicht der Köchin, Spitzname Madame Bocuse. Sie strich sich gerade eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Was gibt’s, Käpt’n?«
»Küchengerüche auf der Brücke!«
»Ich verstehe nicht.«
»Vielleicht irgendeine Fehlfunktion in der Umluftanlage? Es riecht hier plötzlich nach …« Er atmete tief ein. »… nach gedünstetem Kohl.«
Während der Käpt’n noch mit der Kombüse den Speiseplan erörterte, um der Geruchsquelle auf die Spur zu kommen, hatte sich Zarthek der Funkanlage genähert. Er verharrte einige Augenblicke, schnüffelte und wandte sich dann kopfschüttelnd um. Der Duftstrom trug jetzt eine Note von Cumarin, es roch wie eine frisch gemähte Wiese.
»Der Geruch stammt nicht von Bord. Ich weiß nicht, wie sie es gemacht haben, aber …« Zarthek zögerte. »Offenbar haben die Aliens uns eine olfaktorische Nachricht geschickt!«
»Schauen Sie nur!« rief der Käpt’n und wies auf den Breitwandmonitor. Dort tat sich etwas. Nach einer Weile der Starre schien das Alienschiff aus seinem Dornröschenschlaf zu erwachen. Eine Luke öffnete sich und senkte sich als Rampe herab. Zwei kleine graue Figuren tauchten auf der Plattform auf. Sie waren von zylindrischer Gestalt und bewegten sich auf Tentakeln. Mit den Gliedmaßen, die frei waren, boten sie etwas dar, was entfernt an ein Konditoreiprodukt erinnerte.
»Statt vieler Worte eine Torte«, murmelte Zarthek vor sich hin.
»Wie bitte?«, sagte der Käpt’n.
»Äh … das, das sieht aus wie … wie eine Einladung zum Essen«, sagte Zarthek aufs Geratewohl. Es war die einzige Erklärung, die ihm spontan einfiel.
»Wenn das so ist!« Der Käpt’n lachte erleichtert auf. »Vielleicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Liebe geht immerhin auch durch den Magen!«
Die Delegation der Menschen, bestehend aus dem Käpt’n, Zarthek und zwei weiteren Crewmitgliedern, wurde von den beiden Aliens, deren Tentakel beständig durch die Luft ruderten, in eine Art Empfangsraum geleitet. Als wüsste man bereits, mit wem man es zu tun hatte, war dort alles zur Annehmlichkeit der menschlichen Gäste vorbereitet. An der Tafel, die den Großteil des Raums einnahm, gab es sogar Stühle, die auch für die menschliche Anatomie bequem waren. Der Käpt’n ließ sich ächzend auf einem davon nieder, seine Galauniform spannte etwas an den Knöpfen.
»Ich hab gehört, diese Aliens haben doch immer eine überlegene Technik, oder?«, tuschelte er Zarthek zu. »Da gibt es doch bestimmt so was wie einen Telepathikus, einen Universalübersetzer oder einen Babelfisch fürs Ohr, richtig?«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen. Wahrscheinlicher ist, dass wir uns ohne Hilfsmittel auf ihre Sprache einstellen müssen.«
Der Käpt’n klopfte Zarthek auf die Schulter. »Sie machen das schon …«
Aber das Aufzeichnungsgerät, das Zarthek für die Sprachstudien mitgebracht hatte, erwies sich rasch als überflüssig. Die Aliens waren stumm und blieben es auch. Wie sich zeigte, konnten sie gar nicht sprechen, jedenfalls nicht per akustischer Signale, denn dazu fehlten ihnen passende Organe, mit denen sie Laute hätten erzeugen können. Sie besaßen nicht einmal annähernd humanoide Gesichter. Auf ihren zylindrischen Körpern thronte ein einziges, großes Facettenauge, das ihnen offenbar einen Rundumblick erlaubte und in dem sich die winzigen Abbilder ihrer Gäste kaleidoskopartig spiegelten.
Auf der Tafel zwischen der menschlichen Abordnung und den fremden Gastgebern drängte sich eine unüberschaubare Ansammlung aus Schälchen, angefüllt mit breiartigen, dickflüssigen und pulverförmigen Substanzen.
Niemand rührte sich, die Aliens schienen auf etwas zu warten. Endlich öffnete sich eine Tür in der hinteren Wand, und ein drittes Alien, etwas größer als die anderen und im Gegensatz zu ihnen mit einem rosigen Schimmer überhaucht, schwebte herein und platzierte sich zwischen den beiden anderen, die sogleich damit begannen, einzelne Schälchen herüberzuschieben.
Wie zur Aufforderung tunkten sie selber ihre Tentakel in die Soßen und beschmierten damit die große Membran, die sich unterhalb des Facettenauges befand. Die Speisen wurden von den Membranen osmotisch aufgenommen, sie versickerten in Sekundenschnelle.
Da fackelte der Käpt’n nicht lange. Gierig griff er zu und probierte von den angebotenen Speisen. Der Wissenschaftsoffizier füllte eine Probe in ein Reagenzglas, das er in einen Analysator steckte, während der Erste Offizier damit beschäftigt war, die Begegnung mit einer kleinen Kamera aufzuzeichnen.
»Vielleicht sollten Sie ein wenig vorsichtiger …«, setzte Zarthek an, aber der Käpt’n hielt ihm schon den ersten Napf hin und sagte mit vollem Mund: »Stellen Sie sich nicht so an! Das schmeckt köstlich.«
»Soweit ich das sagen kann: unbedenklich«, meldete der Bordchemiker.
»Sehen Sie! Na, los doch, wir dürfen unsere Gastgeber nicht brüskieren.«
Zarthek beugte sich seiner Pflicht und schloss sich dem Käpt’n an. Unbedenklichkeit hin oder her, bald brannte Zartheks Gaumen von den vielen exotischen Gewürzen, die das ganze Repertoire der Geschmacksrichtungen bereithielten, süß, sauer, bitter, salzig – und noch einige mehr, denen er noch nie in seinem Leben begegnet war. Zarthek musste aufstoßen. Zurück in seiner Kabine, würde er eine Handvoll Kaisernatron benötigen, um des Aufruhrs in seinem Magen Herr zu werden.
Unterdessen ließ der Käpt’n alle Hemmungen fallen und fuhr unverdrossen fort, die kleinen Snacks zu vertilgen.
»Dieser Eintopf ist ein Gedicht!«, verkündete er und streckte die Hand mit der leeren Schüssel aus. »Ich hätte gern noch eine Strophe!«
Ein Tentakel schnellte vor und nahm die Schüssel entgegen – Nachschlag gab es allerdings nicht. Offenkundig waren die Aliens gar nicht zufrieden damit, wie die Gäste sich über die Kulinarien hermachten, und geboten der Beköstigung Einhalt. Plötzlich lag eine atmosphärische Spannung über der Zusammenkunft. Zarthek geriet ins Schwitzen. Erwarteten die Aliens eine bestimmte Reaktion? Falls ja, mußten sie enttäuscht werden. Selbst wenn der Käpt’n und sein Gefolge so etwas wie eine Restaurantkritik gebracht hätten, wäre die nicht auf offene – oder auch nur verständige – Ohren gestoßen. Denn die gab es nicht. Ehe man sich’s versah, war die Tafel abgeräumt.
»Ich bin noch nicht fertig!«, protestierte der Käpt’n. Aus dem Gewölbe hinter der straffen Galauniform ertönte ein hungriges Knurren. Es wurde nicht erhört.
»Das ist ja gründlich schiefgegangen. Irgendwelche Vorschläge?« Der Käpt’n trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. Er hatte die Mitglieder der Delegation zu einer Krisensitzung zusammengerufen. Seit Tagen herrschte wieder Funkstille zwischen der Besatzung des Alienschiffes und den Menschen. Der Versuch eines Erstkontakts musste vorerst als gescheitert gelten.
Zarthek meldete sich. »Ich habe mir die Aufzeichnungen nochmals genau angesehen. Fangen wir an mit dem Begrüßungskomitee …«
Auf dem Bildschirm erschienen die zwei Aliens, wie sie mit der Einladungstorte auf der Rampe standen. »Die Aufforderung, an Bord zu kommen, haben wir wohl richtig verstanden«, sagte Zarthek. »Aber niemand hat auf die Gürtel geachtet, die sie umgeschnallt hatten.«
Der Käpt’n und die anderen beugten sie vor. »Sieht aus wie ein Patronengürtel. Mit kleinen, gefüllten Fläschchen, als wären die zwei auf dem Weg zu einem Barbecue.«
Zarthek nickte eifrig. »Und jetzt passen Sie mal auf!« Er schaltete die Aufnahme um in Zeitlupe. Man sah, wie die Aliens die Tentakelspitzen in die Fläschchen tunkten und ihrem Begleiter damit an die Seite tippten, mehrfach und aus wechselnden Quellen. Zarthek hielt den Film an. Der Käpt’n war ratlos.
»Was schließen Sie daraus?«, fragte der Erste Offizier.
Zarthek lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Was wir da sehen, ist Kommunikation. Die Aliens kommunizieren miteinander.«
»Ich wüsste nicht …«
»…, und zwar, indem sie sich aromatisierte Substanzen auf die kleineren Membranen tupfen, von denen sich auch welche an der Körperseite befinden.«
Dem Käpt’n ging ein Licht auf. »Dann waren die Schälchen, die uns angeboten wurden, so etwas wie eine Botschaft.« Er hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. »Und wir haben sie nicht verstanden!«
Zarthek seufzte. »Kein Wunder, dass die Zusammenkunft so schnell beendet war.«
»Dann wissen Sie ja, was zu tun ist«, brummte der Käpt’n. »Entschlüsseln Sie ihre Sprache und setzen Sie eine Rede auf, die ich den Aliens vortragen werde!«
»Ich bin Semiologe, kein Koch«, maulte Zarthek.
»Dann tun Sie sich gefälligst mit Madama Bocuse zusammen, die soll Ihnen bei der Zubereitung zur Hand gehen. Außerdem weiß sie am besten, wie wir an die passenden Zutaten kommen. Ich erwarte schnelle Ergebnisse!«
Zarthek kraulte sich den Bart. »Das könnte aber dauern. Eine fremde Sprache von null an zu dechiffrieren ist komplex. Außerdem sind wir auf die Kooperation der Aliens angewiesen, die sie uns beibringen müssen.«
Tage später fing der Käpt’n den Exosemiologen an der Luftschleuse ab, als der gerade vom Alienschiff zurückkehrte.
»Zarthek, wo treiben Sie sich rum!«, rief er. »Hab’ Sie ewig nicht mehr zu Gesicht bekommen.«
»Sprachstudien«, entgegnete Zarthek zerstreut. Kochdünste umwaberten ihn. »Ich muss den einzelnen Geschmacksrichtungen die korrekte Bedeutung zuweisen. Es kommt nicht nur auf die jeweilige Speise selbst an, sondern auch auf das richtige Mischungsverhältnis der Zutaten. Knifflige Sache!«
»Schon klar. Aber denken Sie an meine Rede.«
Zarthek schwenkte eine eselsohrige, vor Fettflecken strotzende Kladde. »Bald sind wir soweit!«, sagte er vollmundig. Und er hatte keineswegs zu viel versprochen. Das entschlüsselte Vokabular war schließlich so umfangreich, dass es für eine kleine Ansprache reichen würde. Aber noch war man nicht am Ziel, es galt, eine weitere Hürde zu meistern. Zuvor musste Zarthek den Käpt’n in die Sprache einführen, ihn in dem korrekten Gebrauch der Grammatik unterweisen und mit rhetorischen Besonderheiten vertraut machen. Sie übten in der Kombüse. Der Käpt’n stand vor einer Auswahl von Schälchen und räusperte sich.
»Also gut, womit fange ich an?«
»Nehmen Sie zuerst das Honigmöhrenpüree.«
Der Käpt’n tat wie geheißen, wählte dann ein Schälchen mit Avocadocreme – und geriet ins Stocken. »Jetzt diese hier?«
»Nein, es muss die Lachspaste sein.«
»Natürlich, wie dumm von mir.«
»Denken Sie auch an eine persönliche Ansprache, ganz wichtig! Hier haben wir die Namen der Aliens, die sich um den diplomatischen Kontakt kümmern. Das ist die Botschafterin, Leiterin der Delegation.« Zarthek wies auf ein Buttercremetörtchen mit Heringsaroma. »Und hier haben wir ihre beiden Begleiter, zwei männliche Vertreter: ein Bananensmoothie und ein Kiwismoothie. Höflichkeitsfloskeln ergänzen Sie, indem sie diese oder diese Kräutermischungen hinzufügen.«
»Gut zu wissen! Und weiter im Text.« Der Käpt’n hantierte mit Lauchzwiebelmus und Karamellsoße, wollte zur nächsten Schale greifen, als Zarthek unterbrach: »Obacht, Käpt’n, Sie dürfen auf keinen Fall Subjekt und Objekt eines Satzes verwechseln.« Er schob die Schale mit Tandurri-Blumenkohl nach links und das Gaspacho nach rechts. »Und Passivkonstruktionen lassen wir fürs Erste ganz weg. Wir beschränken uns auf reines Aktiv.« Er stellte ein Schälchen mit Zuckerrübenraspeln an die Seite. »Gefährlich sind auch doppelte Verneinungen. Führt nur zu Missverständnissen.« Er schüttelte den Kopf. »Fahren Sie fort!«
So kämpften sie sich durch die einzelnen Sätze, bis die Rede halbwegs saß. Jetzt konnten sie den Fremden erneut gegenübertreten. Ein menschliches Empfangskomitee erwartete die Alienabordnung schon bald zum Gegenbesuch in der Schiffsmesse.
»Hoffentlich macht der Käpt’n nichts verkehrt. Am Ende erklärt er ihnen noch aus Versehen den Krieg, und wir werden angegriffen.«
»Dann schießen wir eben mit der Gulaschkanone zurück.«
»Sehr witzig …«
»Ruhe, sie kommen!«
Das Trio, das sie schon vom ersten Treffen kannten, rauschte in die Messe, wiederum angeführt von der rosig überhauchten Botschafterin. Der Käpt’n wies ihnen die Plätze zu und trat an die zusammengeschobenen Tische, die sich unter der Last der Speisen bogen.
Atemlos verfolgte die Crew, wie ihr Käpt’n selbstgewiss wie ein aldebaranischer Hütchenspieler auf einer intergalaktischen Kirmes die Schälchen hin- und herschob. Nach anfänglichem Zögern waren die Aliens ganz bei der Sache, sie fraßen ihm förmlich die Worte aus der Hand. Er präsentierte ihnen die Speisen in der festgelegten Reihenfolge, und Tentakel sausten herab, wurden eingetunkt und zur Membran geführt und die Delikatessen wurden unter Schmatzen und Schlürfen absorbiert.
Alles schien nach Plan zu laufen, bis plötzlich die Botschafterin zur Salzsäule erstarrte und ihre Tentakel zitternd auf dem Tisch ruhen ließ. Sie hatte die Nahrungsaufnahme ohne erkennbaren Grund unterbrochen, und bei Zarthek schrillten alle Alarmglocken. In den Facetten ihres optischen Organs spiegelte sich nur noch ein Bild – das des Käpt’ns, der munter und blind für seine Umgebung die Rede hielt.
Nachdem seine Ansprache zu Ende war, drehte sich der Käpt’n grinsend zu seinen Leuten um. »Na, wie war ich?«
Doch bevor er eine Antwort erhielt, machte eins der Aliens einen Satz über die gedeckten Tische und schnellte auf ihn zu. Blitzschnell stülpte es ein energetisches Gitter, das aussah wie ein Einkaufsnetz aus Glühfäden, über den Käpt’n. Mit dem Bündel im Schlepp hasteten die Aliens tentakelwedelnd zur Luftschleuse. Der Lichtblitz ihres Hyperraumantriebs war das Letzte, was die menschliche Crew, die ihnen bis zum Dock gefolgt war, von ihnen zu sehen bekam.
Zarthek war blass geworden. »Was haben Sie in die Chimichurri getan?«, blaffte er Madame Bocuse an.
»Drei Blatt Koriander?«, entgegnete die Schiffsköchin unsicher. Zarthek schlug sich an die Stirn.
»Um Himmels willen, es hätte Petersilie sein müssen. Das verfälscht die Aussage total!«
»Ich bin Köchin, keine Sprachwissenschaftlerin!«, vermeldete Bocuse spitz.
»Wunderbar, das haben Sie prima hingekriegt. Einmal mit Profis!«
»Und was bedeutete das Ganze denn nun in Wirklichkeit? Welche Botschaft haben die Aliens vom Käpt’n erhalten?«, wollte der erste Offizier wissen.
»Der genaue Wortlaut? Augenblick …« Zarthek zog die fleckenübersäte Kladde zurate. Endlich fand er, was er suchte.
»Ich will Sie heiraten und den Rest meines Lebens mit Ihnen auf Ihrem Heimatplaneten verbringen!«, zitierte er.
»Er hat der Botschafterin einen Heiratsantrag gemacht?«
Zarthek zuckte die Schultern. »Sieht so aus. Und was wir eben gesehen haben, gehörte wohl zum Hochzeitsritual der Aliens.«
Der erste Offizier war sprachlos. Endlich fand er seine Worte wieder.
»Wir müssen ihnen nach, den Käpt’n retten!«, schrie er.
Zarthek winkte ab. »Vergessen Sie’s, die fliegen mit Überlichtgeschwindigkeit. Die holen wir nie mehr ein.«
»Da ist der Käpt’n aber ganz schön ins Fettnäpfchen getreten …«
»Er wird schon noch auf den Geschmack kommen …«
»Ich habe eure Kalauer so satt!«
Die Crew schaute betroffen zu Boden, Schweigen machte sich breit.
»Warum riecht es hier plötzlich nach Frikadellen?«, fragte einer.
»Verschonen Sie mich!«, stöhnte die Schiffsköchin. Ihr Gesicht war so käsig, als wollte sie sich gleich übergeben.
»Nein, wirklich …«
Zarthek bückte sich und hob ein Blatt Papier auf. Er schnüffelte daran und reichte es dem ersten Offizier.
»Was ist das?«
»Ein letzter Gruß unserer Besucher.«
»Und der wäre?«
»Die Quittung für den Käpt’n«, sagte Zarthek.