Kitabı oku: «Das Neue Testament - jüdisch erklärt», sayfa 19
Der Menschensohn
Der Titel Jesu, den Markus am häufigsten verwendet, ist „Der Menschensohn“ (gr. ho hyios tou anthrōpou). Obwohl ursprünglich nur ein Wort, mit dem man jemanden als „Mensch“ bezeichnete (Ez 2,1), machte der Begriff in vorchristlicher Zeit eine bedeutsame Veränderung durch, die sich z.B. in Dan 7,13 zeigt, wo der Engel des Gerichts (vermutlich Michael) als „einer wie ein Menschensohn“ bezeichnet wird, d.h. als jemand, der aussieht wie ein Mensch. In jüdischen apokalyptischen Texten wie äthHen 37-71 wurde „Der Menschensohn“ zu einer Bezeichnung für Gottes endzeitlichen himmlischen Richter. Jesus könnte vom Menschensohn als einer von ihm unterschiedenen Figur gesprochen haben, also einem zukünftigen Richter; der erzählerische Kontext des Markusevangeliums identifiziert diese Gestalt hingegen eindeutig mit Jesus selbst. Markus führt zudem die wichtige Vorstellung ein, dass der Menschensohn leidet und getötet wird; diese Vorstellung wird von Matthäus und Lukas beibehalten. So identifiziert Markus den Gottesknecht aus dem Jesajabuch (Jes 52,13–53,12) und den leidenden Gerechten (Weish 2–5) mit dem Messias und Menschensohn (s. Anm. zu Mk 8,27–33). Soweit wir wissen, geht diese Identifikation usrprünglich auf Markus zurück.
13 Und er ging wieder hinaus an das Meer[*]; und alles Volk kam zu ihm, und er lehrte sie. 14 Und als er vorüberging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach.
15 Und es begab sich, dass er zu Tisch saß in seinem Hause, da setzten sich viele Zöllner und Sünder zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern; denn es waren viele, und sie folgten ihm nach. 16 Und als die Schriftgelehrten unter den Pharisäern sahen, dass er mit den Sündern und Zöllnern aß, sprachen sie zu seinen Jüngern: Mit den Zöllnern und Sündern isst er? 17 Da das Jesus hörte, sprach er zu ihnen: Nicht die Starken bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.
Mk 2,13–17 Zöllner und Sünder (Mt 9,9–13; Lk 5,27–32) 2,14 Folge mir nach, vgl. Anm. zu 1,16–20. 2,15 Zöllner, vgl. „Das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner“. Sünder, vgl. Anm. zu 2,5.
Zöllner und Pharisäer
Zöllner genießen bei Matthäus, Lukas und insbesondere bei Markus einen besonderen, fast bevorzugten Status. Bei Paulus, Johannes und den meisten anderen frühchristlichen Texten sind sie dagegen vollständig abwesend. Da sie weder die direkten römischen Steuern oder die jüdische Tempelsteuer eintrieben noch Sklaven oder bettelarm waren, fungierten die Zöllner der Evangelien als kleinere Amtsleute, die für das Eintreiben der örtlichen Steuern und Zölle verantwortlich waren; in manchen Fällen kontrollierten sie auch örtliche Monopole wie den Salzhandel. Da diese selbständigen Kleinunternehmer alles behalten konnten, was über das hinausging, was sie an die römische Verwaltung abtreten mussten, werden sie (zu Recht oder Unrecht) sowohl in rabbinischen als auch christlichen Texten als Erpresser, moralisch fragwürdig und eher unbußfertig dargestellt (Mt 5,46; 32,31; Lk 3,12–13; mChag 3,6; mNed 3,4; mBQ 10,1–2). Für Markus stellen die Zöllner einen positiven Gegensatz zu den Pharisäern dar, die als besonders gerecht, treu und dem Reichtum abgeneigt galten. S. „Die Pharisäer“.
18 Und die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten viel. Und es kamen etliche, die sprachen zu ihm: Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, aber deine Jünger fasten nicht? 19 Und Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. 20 Es werden aber Tage kommen, da der Bräutigam von ihnen genommen ist; dann werden sie fasten, an jenem Tage.
21 Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Lappen vom alten ab und der Riss wird ärger. 22 Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der Wein die Schläuche, und der Wein ist verloren und die Schläuche auch; sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche.
Mk 2,18–22 Fasten (Mt 9,14–17; Lk 5,33–39). Die Anhängerschaft von Jesus und Johannes dem Täufer vereinigte sich nie vollständig (Mt 11,18–19). Die Mandäer sind eine kleine Gruppe von Menschen, die heute zum größten Teil an der Grenze zwischen dem Iran und Irak lebt. Sie führen ihre Entstehung auf Johannes den Täufer zurück. Die Hebräische Bibel erwähnt Fasten in Zusammenhang mit Buße, bei Trauer (eingeschlossen der Trauer über die Zerstörung des Tempels: Sach 7,3. Der Prophet deutet in 8,19 an, dass diese Praxis in der Zukunft aufgehoben werden wird) und bei Bittgesuchen (Joel 1,14; Est 4,16; Esra 8,21). In der Zeit des Zweiten Tempels erscheinen erstmals festgesetzte Fastentage (vgl. Sach 7,3; 8,19). Auf jüdischer Seite, etwa unter den Pharisäern oder Johannes dem Täufer und seinen Jünger, sowie unter den Jesusgläubigen wurde gefastet (Mt 6,16–18; Did 8,1), aber hier und in Lk 7,33–34 wird das Fasten abgelehnt, solange der Bräutigam, der eschatologische Menschensohn, anwesend ist.
23 Und es begab sich, dass er am Sabbat durch die Kornfelder ging, und seine Jünger fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen. 24 Und die Pharisäer sprachen zu ihm: Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist? 25 Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, da er Mangel hatte und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren: 26 wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren? 27 Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. 28 So ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.
Mk 2,23–28 Ährenraufen am Sabbat (Mt 12,1–8; Lk 6,1–5) Wie viele andere Streitgespräche beinhaltet dieser Bericht eine rechtliche Herausforderung an Jesus, die als kleinlich und bösartig charakterisiert wird, sowie eine prägnante Erwiderung, die dringlichere menschliche Bedürfnisse anspricht (V. 27). Die Argumentationsstruktur, die sowohl aus griechisch-philosophischen als auch aus rabbinischen Rechtstexten bekannt ist, schließt vom Kleineren auf das Größere: Wenn David das Recht aufheben konnte, um menschliche Grundbedürfnisse zu befriedigen (1Sam 21,1–6), können das auch die Jünger Jesu (V. 25–26; vgl. auch Mk 7,6–13; 10,3–8; 12,26–27). Markus zitiert den biblischen Text nicht genau, eine Tatsache, die die Frage „Habt ihr nie gelesen?“ unbeabsichtigt ironisch werden lässt. Die Erzählung von Samuel wird hier auf verschiedene Arten modifiziert: In 1Sam 21 wird nicht ausdrücklich erwähnt, dass David aus Hunger handelt, und er betritt auch das Haus Gottes nicht, um die Schaubrote zu essen; der Priester war Ahimelech, nicht Abjatar. Diese Erzählung wurde, wie auch die anderen Streitgespräche der Evangelien, vermutlich geschaffen, um die Identitäten der Gefolgschaft Jesu und ihrer Opponenten abzugrenzen. Die Darstellung der Pharisäer, die auf dem Feld das Verhalten anderer beobachten, ist wahrscheinlich historisch nicht korrekt, sondern wurde erst als Teil dieser abgrenzenden Charakterisierung entworfen. 2,27–28 Im rabbinischen Recht sollten Einschränkungen am Sabbat außer Kraft gesetzt werden, wenn ein Leben in Gefahr war. Jesus tritt für eine ähnliche Ausnahme am Sabbat ein (tSchab 16,12; vgl. auch Mk 3,1–6). Da Menschensohn schlicht „Person“ bedeuten könnte (vgl. „Der Menschensohn“), ist es möglich, dass der Ausspruch ursprünglich nur meinte, dass jeder Mensch Herr auch über den Sabbat ist – im Sinne, dass man den Tag genießen anstatt sich durch die Sabbatgesetze belastet fühlen sollte (bJom 85b überliefert: „Er [der Sabbat] ist euch anvertraut, nicht aber ihr ihm“).
Markus 3
1 Und er ging abermals in die Synagoge. Und es war da ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand. 2 Und sie gaben acht, ob er ihn am Sabbat heilen würde, damit sie ihn verklagen könnten. 3 Und er sprach zu dem Menschen mit der verdorrten Hand: Steh auf und tritt in die Mitte! 4 Und er sprach zu ihnen: Was ist am Sabbat erlaubt: Gutes tun oder Böses tun, Leben retten oder töten? Sie aber schwiegen still. 5 Und er sah sie ringsum an mit Zorn, betrübt über ihr erstarrtes Herz, und sprach zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus; und seine Hand wurde wieder gesund. 6 Und die Pharisäer gingen hinaus und hielten alsbald Rat über ihn mit den Anhängern des Herodes, dass sie ihn umbrächten.
Mk 2,1–3,6 Eine Sammlung von brisanten Erzählungen Obwohl Jesu erster „Tag“ der Wunder positiv angenommen wurde, trifft er nun in fünf Konflikten auf Widerstand. Wie auch die Rabbinen untereinander hinsichtlich bestimmter Praktiken stritten, so waren sich auch Jesus und andere Juden uneins.
Mk 3,1–6 Heilung am Sabbat (Mt 12,9–14; Lk 6,6–11). Jesus reagiert auf eine weitere Ausnahme des Sabbats, die sich auch in rabbinischer Tradition findet: „Jede Lebensgefahr bricht den Sabbat“ (mJom 8,6). Die Damaskusschrift, die zu den Schriften des Toten Meeres gehört, zeigt sich weniger nachgiebig, wenn es um das Retten von Menschenleben am Sabbat geht (CD 11,16–17). 3,4 Obwohl Jesus die Heilung mit den Begriffen Gutes oder Böses tun, Leben zu retten oder töten bezeichnet, ist der Zustand des Mannes nicht lebensbedrohlich, weshalb diese Heilung vielleicht auch metaphorisch für ein gerettetes Lebens steht. 3,5 Erstarrtes Herz, erinnert an dieser Stelle an die Verstockung des Herzens des Pharaos. In Ex 4,21 verstockt Gott das Herz des Pharaos, während dieser in Ex 8,15.28 sein eigenes Herz verhärtet. In Mk 4,12 wird Jes 6,10–11 auf eine Weise zitiert, die andeutet, dass Gott die Verstockung lenkt. Wurde wieder gesund, das Passiv könnte andeuten, dass Jesus nichts tut, was als „Arbeit“ angesehen werden konnte. 3,6 Nur hier spricht Markus davon, dass die Pharisäer versuchten, Jesus umzubringen. In den Evangelien sind es meist die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten, die nach seiner Hinrichtung trachten (Mk 14,1–2) und dies auch nur im Zusammenhang mit der Passionserzählung (Mk 8,31). Anhänger des Herodes, Unterstützer von Herodes Antipas, dem Klientelherrscher Roms in Galiläa (Mk 6,17–29).
7 Aber Jesus entwich mit seinen Jüngern an das Meer, und eine große Menge aus Galiläa folgte ihm; auch aus Judäa 8 und Jerusalem, aus Idumäa und von jenseits des Jordans und aus der Umgebung von Tyrus und Sidon kam eine große Menge zu ihm, da sie von seinen Taten hörten. 9 Und er sagte zu seinen Jüngern, sie sollten ihm ein Boot bereithalten, damit das Volk ihn nicht bedränge. 10 Denn er heilte viele, sodass sie über ihn herfielen, damit ihn anrührten alle, die geplagt waren. 11 Und wenn ihn die unreinen Geister sahen, fielen sie vor ihm nieder und schrien: Du bist Gottes Sohn! 12 Und er bedrohte sie hart, dass sie ihn nicht offenbar machten.
Mk 3,7–12 Zusammenfassung von Jesu Erfolg (Mt 12,15–21; Lk 4,41; 6,17–19). In Jes 2,1–4 wird die Sammlung Israels und der Zustrom der Völker nach Jerusalem prophezeit; hier wird dieser Vorgang auf Jesus fokussiert und nicht auf Jerusalem. Der Verweis scheint sich hauptsächlich (wenn nicht sogar exklusiv) auf das Diasporajudentum zu beziehen. 3,11–12 Unreine Geister, vgl. Anm. zu 1,22–24. Bei antiken Exorzismen sprach normalerweise der Exorzist und nicht die Dämonen (vgl. Mk 1,24–25). Jesus muss mit Gewalt auf die Dämonen reagieren, indem er sie zum Schweigen bringt, was vermutlich mit dem Motiv des Messiasgeheimnisses zusammenhängt (zum Messiasgeheimnis vgl. Einleitung.). Gottessohn, vgl. Anm. zu 1,9–11.
13 Und er ging auf einen Berg und rief zu sich, welche er wollte, und die gingen hin zu ihm. 14 Und er setzte zwölf ein, die er auch Apostel nannte, dass sie bei ihm sein sollten und dass er sie aussendete zu predigen 15 und dass sie Vollmacht hätten, die Dämonen auszutreiben. 16 Und er setzte die Zwölf ein: Simon – ihm gab er den Namen Petrus – 17 und Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, den Bruder des Jakobus – ihnen gab er den Namen Boanerges, das heißt: Donnersöhne – 18 und Andreas und Philippus und Bartholomäus und Matthäus und Thomas und Jakobus, den Sohn des Alphäus, und Thaddäus und Simon Kananäus 19 und Judas Iskariot, der ihn dann verriet.
Mk 3,13–19a Die Ernennung der Zwölf (Mt 10,1–4; Lk 6,12–16) 3,14 Zwölf, die Zahl deutet auf die zwölf Stämme Israels hin, eine symbolische Zahl, die das gesamte Volk Gottes repräsentiert. Die Zwölf sind Jünger (gr. mathētai, was ursprünglich die „Lernenden, Schüler“ bezeichnete, die sich um einen Lehrer sammelten); Sie werden hier Apostel genannt (gr. apostolos, übers. „ein Ausgesandter“, als Repräsentant oder um einen Auftrag zu erfüllen). Im NT wird nur eine Frau, Tabita in Apg 9,36, ausdrücklich als Jüngerin bezeichnet, obwohl Jesus auch weibliche Anhängerinnen hatte (Mk 15,40; 16,1). Paulus beanspruchte den Status eines Apostels (Gal 1–2). Der Hebräische Begriff limmud, übers. „ein Unterrichteter“, könnte sich auf Jünger beziehen. Elisa, einer der Prophetenjünger (z.B. 2Kön 2,3), wird als Jünger Elias dargestellt, der als sein „Vater“ bezeichnet wird (vgl. auch Jes 8,16; 50,4; 54,13).
20 Und er ging in ein Haus. Und da kam abermals das Volk zusammen, sodass sie nicht einmal essen konnten. 21 Und als es die Seinen hörten, machten sie sich auf und wollten ihn ergreifen; denn sie sprachen: Er ist von Sinnen.
22 Die Schriftgelehrten aber, die von Jerusalem herabgekommen waren, sprachen: Er hat den Beelzebul, und: Durch den Obersten der Dämonen treibt er die Dämonen aus. 23 Und er rief sie zu sich und sprach zu ihnen in Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben? 24 Wenn ein Reich mit sich selbst uneins wird, kann es nicht bestehen. 25 Und wenn ein Haus mit sich selbst uneins wird, kann es nicht bestehen. 26 Erhebt sich nun der Satan gegen sich selbst und ist mit sich selbst uneins, so kann er nicht bestehen, sondern es ist aus mit ihm. 27 Niemand aber kann in das Haus des Starken eindringen und seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuvor den Starken fesselt; und dann wird er sein Haus ausrauben.
28 Wahrlich, ich sage euch: Alles wird den Menschenkindern vergeben werden, die Sünden und die Lästerungen, so viel sie auch lästern mögen; 29 wer aber den Heiligen Geist lästert, der hat keine Vergebung in Ewigkeit, sondern ist ewiger Sünde schuldig. 30 Denn sie hatten gesagt: Er hat einen unreinen Geist.
31 Und es kamen seine Mutter und seine Brüder und standen draußen, schickten zu ihm und ließen ihn rufen. 32 Und das Volk saß um ihn. Und sie sprachen zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen fragen nach dir. 33 Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder? 34 Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! 35 Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.
Mk 3,19b–35 Beelzebul und Satan (Mt 12,22–32.46–50; Lk 8,19–21; 11,14–23; 12,10) 3,21 Die Seinen […] wollten ihn ergreifen, so werden Jesu Verwandte in den Evangelien dargestellt: Sie missverstehen ihn oder sind gegen sein Wirken (Mt 12,46–50; Lk 8,19–21). 3,22 Beelzebul, ein Name Satans, abgeleitet vom kanaanäischen obersten Himmelsgott Baal; die Bezeichnung bedeutet vielleicht „Baal, der Prinz“ (in 2Kön 1,2.3 wird der Name als baal-sevuv, übers. „Herr der Fliegen“, also als beleidigende Parodie wiedergegeben). Dieser Abschnitt zeigt, wie sich Zaubereivorwürfe entwickeln: Was von einer Gruppe als Wunder wahrgenommen wird, wird von einer anderen dämonischen Kräften zugeschrieben. 3,23–27 Die Gleichnisse widerlegen die Anklage dämonischer Kraft, indem sie eine Analogie zu einem menschlichen Königreich ziehen, in dem gegenläufige Kräfte wirken. Daraufhin stellt Jesus eine weitere Analogie her: Jemand, der einen Starken fesselt, damit dessen Hausrat geraubt werden kann, ist wie Jesus, der die dämonische Welt vernichtet, indem er Satan besiegt. 3,28–30 Heiligkeit wurde in Israel mit Gott und dem Tempel, mit Engeln und gelegentlich mit dem ganzen Volk (Ex 19,6) oder den Propheten assoziiert; vgl. 2Kön 4,9; Mk 6,20. An dieser Stelle scheint der Heilige Geist mit Prophetie unter den Anhängern Jesu in Verbindung gebracht zu werden und wird noch nicht als Teil der Trinität verstanden; dieses Dogma wurde erst später entwickelt (vgl. aber Mt 28,19). Vgl. Anm. zu 1,40–45. In manchen jüdischen Apokalypsen (äthHen 38,2) ist der Heilige Geist die göttliche Macht, die die neue Gemeinschaft ins Leben ruft. In rabbinischen Texten sind Sünden gegen Gott und die Heiligkeit der Gemeinschaft von unentschuldbarer Art (mAv 3,11: „Rabbi Eleazar aus Modiim sagt: Wer die heiligen Dinge entheiligt, wer die Halbfeiertage verachtet, wer seinen Nächsten öffentlich beschämt, wer den Bund Abrahams, unseres Vaters, bricht, oder wer vor der Tora sein Gesicht nicht der Halaḵa entsprechend entblößt, der hat keinen Anteil an der zukünftigen Welt, auch wenn er Tora[kenntnis] und gute Taten aufzuweisen hat“). 3,28 Wahrlich, das hebr. amen wurde im Griechischen beibehalten; vgl. Anm. zu 1,15. Jesus verwendet Amen nicht auf die typisch biblische, bzw. jüdische Weise, um dem Gebet eines anderen beizupflichten, sondern als feierliche Bekräftigung dessen, was er zu sagen im Begriff ist (vgl. 1Kön 1,36 und Jer 28,6, wo der Prophet am Beginn seiner Rede „Amen“ verwendet, um sich – vermutlich ironisch – auf die vorherige Rede des Propheten Hananja zu beziehen). 3,31–35 In neuen religiösen Bewegungen wurden die Angehörigen oft als „Brüder und […] Schwestern“ bezeichnet, um sich als neue Familie zu verstehen; vgl. Anm. zu 10,29–30.
Markus 4
1 Und er fing abermals an, am Meer zu lehren. Und es versammelte sich eine so große Menge bei ihm, dass er in ein Boot stieg, das im Wasser lag, und er setzte sich; und alles Volk stand auf dem Lande am Meer. 2 Und er lehrte sie vieles in Gleichnissen; und in seiner Predigt sprach er zu ihnen:
3 Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. 4 Und es begab sich, indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen‘s auf. 5 Anderes fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. 6 Da nun die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. 7 Und anderes fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten‘s, und es brachte keine Frucht. 8 Und all das Übrige fiel auf das gute Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach. 9 Und er sprach: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
10 Und als er allein war, fragten ihn, die um ihn waren, samt den Zwölfen nach den Gleichnissen. 11 Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen draußen aber widerfährt es alles in Gleichnissen, 12 auf dass sie mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.
13 Und er sprach zu ihnen: Versteht ihr dies Gleichnis nicht, wie wollt ihr dann die andern alle verstehen? 14 Der Sämann sät das Wort. 15 Diese aber sind es, die an dem Wege sind: Wo das Wort gesät wird und sie es gehört haben, kommt alsbald der Satan und nimmt das Wort weg, das in sie gesät war. 16 Und diese sind es, die auf felsigen Boden gesät sind: Wenn sie das Wort gehört haben, nehmen sie es sogleich mit Freuden auf, 17 aber sie haben keine Wurzel in sich, sondern sind wetterwendisch; wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung um des Wortes willen erhebt, so kommen sie alsbald zu Fall. 18 Und andere sind es, die unter die Dornen gesät sind: Die haben das Wort gehört, 19 und die Sorgen der Welt und der trügerische Reichtum und die Begierden nach allem andern dringen ein und ersticken das Wort, und es bleibt ohne Frucht. 20 Und jene sind es, die auf das gute Land gesät sind: Die hören das Wort und nehmen‘s an und bringen Frucht, einige dreißigfach und einige sechzigfach und einige hundertfach.
21 Und er sprach zu ihnen: Zündet man denn ein Licht an, um es unter den Scheffel oder unter die Bank zu setzen? Und nicht, um es auf den Leuchter zu setzen? 22 Denn es ist nichts verborgen, das nicht offenbar werden soll, und ist nichts geheim, das nicht an den Tag kommen soll. 23 Wer Ohren hat zu hören, der höre!
24 Und er sprach zu ihnen: Seht zu, was ihr hört! Mit welchem Maß ihr messt, wird man euch zumessen, und man wird euch noch dazugeben. 25 Denn wer da hat, dem wird gegeben; und wer nicht hat, dem wird man auch das nehmen, was er hat.
26 Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft 27 und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. 28 Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. 29 Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.
30 Und er sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden? 31 Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist‘s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; 32 und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.
33 Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, wie sie es hören konnten. 34 Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.
Mk 4,1–34 Gleichnisse und das Reich Gottes (Mt 13; Lk 8,4–18; 13,18–19) Das Kapitel der Gleichnisse ist das Zentrum der Lehre im MkEv (vgl. „Midrasch und Gleichnisse“). 4,1 Bezüglich der späteren rabbinischen Vorstellung, dass Prophetie in Wassernähe stattfindet, vgl. MechJ Bo 1,42–76. 4,10–12 Geheimnis des Reiches Gottes, wird durch Gleichnisse vermittelt, die den Eingeweihten erklärt werden. Markus deutet damit an, dass die Gleichnisse ohne Erklärung unverständlich sind und für das Verständnis eine Aufschlüsselung notwendig ist. Jesus spricht in Gleichnissen, auf dass die Außenstehenden sie nicht verstehen und nicht nach Vergebung trachten – damit der schwierige Jesajatext (Jes 6,9–10) erfüllt würde –, gibt aber gleichzeitig den Anwesenden einen Schlüssel mit (dieser harte Kurs wird in Mt 13,13 aufgeweicht, vgl. Anm. zu Mk 3,5). Unklar ist, ob das Königreich bereits angebrochen oder zukünftig ist – oder beides. 4,26–29 Dieses Gleichnis ähnelt dem vorherigen über den Sämann, ist aber wenig komplex, da nur ein Same gesät wird und die Pointe in der Überraschung des Wachsens der Pflanze liegt. 4,27 Er weiß nicht wie, in vielen Gleichnissen sind wundersames Auftreten und unerklärliches Wachstum Metaphern für das Königreich. 4,31–32 Große Bäume, üblicherweise Zedern, waren Symbole für Reichtum (Ez 17,22–23; Dan 4,17–19), aber Senfpflanzen wuchsen nur wenige Meter hoch. Wie viele andere Gleichnisse ist auch dieses eine humorvolle Satire: Das Königreich ist wie ein struppiger, invasiver Strauch! Das Gleichnis deutet an, dass das Königreich von unauffälligen Anfängen ausgeht, aber wie durch ein Wunder wächst.
35 Und am Abend desselben Tages sprach er zu ihnen: Lasst uns ans andre Ufer fahren. 36 Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere Boote bei ihm. 37 Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass das Boot schon voll wurde. 38 Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir umkommen? 39 Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme! Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille. 40 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben? 41 Und sie fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!
Mk 4,35–41 Die Stillung des Sturmes (Mt 8,23–27; Lk 8,22–25) Wie Jona schläft auch Jesus inmitten eines Unwetters; anders als Jona (Jon 1,4–6) kann Jesus den Sturm beruhigen. 4,35 Anderes Ufer, Jesus verlässt den überwiegend jüdischen Teil Galiläas zum ersten Mal, um sich nach Osten, zur vorwiegend nichtjüdischen Uferregion, zu begeben. 4,38–40 Hier und an anderer Stelle beschreibt Markus die Jünger als unverständig, willensschwach und feige (Mk 4,13.38.40; 5,31; 6,52; 7,18; 8,17). Markus könnte damit anzeigen, dass sie die Autorität, die sie in den frühen Gemeinschaften der Jesusanhänger genossen, gar nicht verdienen. Andererseits konnten sich die Hörerinnen und Hörer auch mit den Schwächen der Jünger identifizieren und so ermutigt werden, treu nachzufolgen. Diese Perikope erinnert an das wiederkehrende Motiv des murrenden Volkes in den Wüstenepisoden in Exodus und Numeri. Das Boot ist vielleicht als Metapher für die kleine hin- und hergeworfene Gemeinschaft gedacht – so wurde es zumindest später in der christlichen Kunst interpretiert. 4,39 [Er] bedrohte den Wind [und das] Meer, im Hintergrund steht das antik-nahöstliche und israelitische Bild des Gottes, der das Meer bezwingt (z.B. Ps 65,7; 89,9; 107,29).