Kitabı oku: «Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten», sayfa 8

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Georg BeselerBeseler, Georg (1809–1888)

(1809–1888)


Geb. am 2.11.1809 in Rödemis bei Husum. 1827–1831 Studium der Rechte in Kiel und München (1829/30, dort Einflüsse von G.L. Maurer, → F.J. StahlStahl, Friedrich Julius (1802–1861) und Schelling). Staatsexamen 1831 in Kiel. Den Plan, in Kiel Advokat zu werden, kann B. nicht verwirklichen, da er wegen Verweigerung des Homagialeides für den dänischen König nicht zur Anwaltschaft zugelassen wird. Eröffnung von Repetitorien und Promotion 1833 mit einer Arbeit „De iuramento partium cum consacramentalibus in Slesvico-Holsatia abrogato“, im selben Jahr Habilitation; jedoch erfolgt die für die Habilitation erforderliche Bestätigung des Doktordiploms durch den dänischen König nicht, und B.s im Sommersemester 1833 bereits eröffnete Vorlesung über schleswigholsteinisches Privatrecht wird amtlich geschlossen. B. siedelt daher nach Göttingen über, wo er 1833/34 germanistische Studien treibt (Bekanntschaft mit den Brüdern → GrimmGrimm, Jacob (1785–1863)GrimmGrimm, Wilhelm (1786–1859); Germanist, Bruder J. Grimms, Dahlmann und Albrecht). 1834 Promotion in Göttingen und Habilitation in Heidelberg. Sommer 1835 Beginn der Vorlesungen in Heidelberg, dann außerordentlicher, später ordentlicher Professor in Basel. 1837 Übernahme einer Professur in Rostock. Eintreten für die sieben amtsenthobenen Göttinger Professoren („Zur |56|Ver teidigung der Göttinger Sieben“, 1838), das ihn beinahe seine Stellung gekostet hätte. 1842 Annahme eines Rufs nach Greifswald. 1846/47 maßgebliche Teilnahme an den Germanistenversammlungen in Frankfurt a.M. und Lübeck. 1848/49 Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung (Mitglied der rechtsliberalen „Casino“-Partei, Angehöriger der Kaiserdeputation). 1849–1852 (dann wieder 1860) auch Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses sowie 1850 des Erfurter Parlaments. 1859 Berufung B.s nach Berlin, wo er bis zu seinem Tode gelehrt hat. 1874–1881 Mitglied des Reichstags als nationalliberaler Abgeordneter, ab 1875 auch des Preußischen Herrenhauses, dessen Vizepräsident er von 1882 bis 1887 war. B. ist am 28.8.1888 in Bad Harzburg gestorben.

In B.s „Volksrecht und Juristenrecht“ gipfelte der Rezeptionsstreit des 19. Jahrhunderts zwischen Romanisten und Germanisten; das Buch hat daher für die äußere Wissenschaftsgeschichte fast die gleiche Bedeutung wie → SavignysSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) Schrift „Vom Beruf unserer Zeit“. Sachlich ist es ein Versuch, die Rechtslehre → SavignysSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861), als deren Anhänger B. sich an sich immer bekannte, auf nationaler Grundlage neu aufzubauen. Daher greift B. vor allem diejenigen Lehren → SavignysSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) an, welche die Bedeutung des Volksrechts einschränken: Die Theorie von der allmählich nachlassenden rechtsschöpferischen Kraft des Volkes und von der „Repräsentierung“ des Volkes durch die Juristen bei der Rechtsschöpfung. Nach B. ist das Volk auch in späteren Zeiten noch rechtsschöpferisch tätig (für die Gegenwart verweist er u.a. auf die Beispiele des Genossenschafts- und Familienrechts); gleichzeitig entstehendes Juristenrecht kann dem Volksrecht dann unter Umständen feindlich gegenübertreten. Die dadurch aufgeworfene Frage nach dem Geltungsgrund dieses nicht durch den „Volksgeist“ legitimierten Juristenrechts beantwortet B. mit dem Hinweis auf die Macht des Juristenstandes, die das von ihm als Recht Erkannte allmählich zur Gewohnheit werden läßt. Gegenüber diesem Juristenrecht, das „nur äußeren, zufälligen Umständen seine Existenz verdankt“, möchte B. nun wieder das Volksrecht zur Geltung bringen, das ihm „viel bedeutender und achtungswerter“ erscheint, da es „von Haus aus auf der breiten, natürlichen Basis des Volkslebens erwachsen ist“. Die Rezeption des römischen Rechts hält er für ein „Nationalunglück“, das zur Herrschaft eines unvolkstümlichen Juristenrechts geführt habe. Er sieht das Hilfsmittel in einer verstärkten wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem deutschen Recht, das, soweit möglich, „nach Art eines Naturforschers“ im Volk beobachtet werden soll, in volkstümlicher Gesetzgebung (deren politische Schwierigkeiten |57|er nicht verkennt), in Prozeßreformen (Mündlichkeit, Öffentlichkeit, Anklageprinzip im Strafprozeß) und in einer Laienbeteiligung an der Rechtspflege, wobei er das Schöffensystem auch im Strafverfahren dem Geschworenensystem vorzieht.

Als Rechtspolitiker, der B. immer auch war, hat er sich tatkräftig um die Verwirklichung dieser Vorstellungen bemüht: der Grundrechtsabschnitt der Frankfurter Verfassung von 1849, an dem B. maßgeblich mitgearbeitet hat, enthält eine Reihe seiner Forderungen – die freilich zum Teil schon seit fast einem halben Jahrhundert erhoben worden waren – nämlich in den §§ 178 (Mündlichkeit und Öffentlichkeit des Prozesses), 179 (Anklageprinzip, Schwurgerichte) und 180 (Beteiligung sachkundiger Laien in der Zivilgerichtsbarkeit). Auch B.s Gesetzgebungsprogramm findet sich in der Verfassung (§ 64: Auftrag an die Reichsgewalt, durch Erlassung allgemeiner Gesetze im Bürgerlichen, Straf-, Handels- und Prozeßrecht „die Rechtseinheit im deutschen Volke zu begründen“). Ein Schritt auf diesem Weg zur Rechtseinheit war das – später zur Grundlage für das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 gewordene – preußische Strafgesetzbuch von 1851, an dessen Ausarbeitung B. selbst (er war Vorsitzender der von der zweiten Kammer zur Beratung des Ministerialentwurfs eingesetzten Kommission) mitgewirkt hat.

B.s politische Aktivität hat dazu geführt, daß man die Bedeutung von „Volksrecht und Juristenrecht“ vor allem in seiner rechtspolitischen Wirkung gesehen hat. Dazu mag die vernichtende Kritik des Buches durch die Romanisten (vor allem → PuchtaPuchta, Wolfgang Heinrich (1769–1845); Justizamtmann, später Landrichter, auch → MommsenMommsen, Theodor (1817–1903) und Wächter), die B. allenthalben theoretische Widersprüche vorwarfen, beigetragen haben. Tatsächlich hatte aber auch B.s, gegenüber seinen rechtspolitischen Vorschlägen relativ unterentwickeltes, Wissenschaftsprogramm erheblichen Einfluß u.a. auf die spätere Begründung einer soziologischen Rechtswissenschaft, von deren Theoretikern → Eugen EhrlichEhrlich, Eugen (1862–1922) an B.s „gewaltige Anregung“ erinnert hat, das Recht im Volksleben selbst zu erforschen.

Unter B.s Arbeiten zum deutschen Recht haben „Die Lehre von den Erbverträgen“ und das „System des gemeinen deutschen Privatrechts“ besondere Bedeutung. Die „Lehre von den Erbverträgen“ hat → Otto v. GierkeOtto (1815–1867); bayer. Prinz, König v. Griechenland als „epochemachende Leistung“ bezeichnet und als die neben Wilhelm Eduard Albrechts Buch über die „Gewere“ bedeutendste unter den älteren germanistischen Monographien. B. weist hier – wobei er erstmalig auch Urkunden heranzieht – nach, daß im deutschen Recht immer an dem Satz, der menschliche Wille könne keinen Erben schaffen, festgehalten worden ist, die Ausbildung des „mißlungenen |58|Instituts“ der Erbverträge also ganz als das Ergebnis eines romanistisch orientierten Juristenrechts angesehen werden muß. – Das „System des gemeinen deutschen Privatrechts“ war das führende deutschrechtliche Lehrbuch seiner Zeit. In seiner Methodik bleibt es allerdings weitgehend von der pandektistischen Begriffsjurisprudenz (→ PuchtaPuchta, Wolfgang Heinrich (1769–1845); Justizamtmann, später Landrichter) abhängig, es hat sich wie diese auch von den ursprünglichen Vorstellungen der historischen Rechtsschule – hier: von → EichhornsEichhorn, Karl Friedrich (1781–1854) Theorie des deutschen Privatrechts – fast ganz gelöst. Immerhin gelingt es B., „ganze Provinzen, die bisher vorbehaltlos den Romanisten überlassen worden waren … der germanistischen Betrachtungsweise zurück“ zu erobern (O. v. Gierke), ein Erfolg, der freilich nur aus der etwas begrenzten Sicht zeitgenössischer germanistischer Habgier, weniger aus der eines Gesamtfortschritts der Privatrechtswissenschaft bemerkenswert erscheint. Sachlich hat vor allem der von B. (auch bereits in „Volksrecht und Juristenrecht“) erstmals fixierte Begriff der „Genossenschaft“ großen Einfluß gehabt. „Genossenschaften“ sind für B. z.B. die Deich- und Sielverbände, die kirchlichen Sekten, die Bergbaugesellschaften, die religiösen, wissenschaftlichen und künstlerischen Vereinigungen, die Reedereien, Aktien- und Versicherungsgesellschaften, in gewissem Sinne sogar die Gemeinden und der Deutsche Bund. Soziologisch erklärt er das Institut aus dem „Assoziationsgeist“ der Deutschen, dogmatisch weist er ihm eine Mittelstellung zwischen den römischen Formen der „universitas“ (reine juristische Person) und der „societas“ bzw. „communio“ (reine Personenvereinigung ohne eigene Rechtsfähigkeit) zu. → O. v. GierkeGierke, Otto v. (1841–1921) hat diese Genossenschaftstheorie weiter ausgebaut und historisch begründet.

Hauptwerke: Über die Stellung des römischen Rechts zu dem nationalen Recht der germanischen Völker (Rede), 1836 (auch in: Erlebtes, s.u. und in: K.H. Scheidler [Hrsg.]: Deutscher Juristenspiegel, 1842, 142ff.) – Die Lehre von den Erbverträgen, 3 Bde. 1835–1840. – Volksrecht und Juristenrecht, 1843, Ndr. 2011. – Commentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, 1851, Ndr. 1991. – System des gemeinen deutschen Privatrechts, 3 Bde., 1847–1855, 41885, Ndr. 2009. – Zur Geschichte der deutschen Ständerechte, 1860. – Erlebtes und Erstrebtes, 1884 (Selbstbiographie, Ndr. 2011). Bibliographie bei B.-R. Kern: Georg Beseler. Leben und Werk, 1982, 558–562.

Literatur: G. Dilcher u. B.-R. Kern: Die juristische Germanistik des 19. Jh.s und die Fachtradition der Deutschen Rechtsgeschichte, in: ZRG (GA) 101 (1984), 1–46. – S. Gagnér: Die Wissenschaft des gemeinen Rechts und der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jh., hrsg. von H. Coing und W. Wilhelm, I, 1974, 1–118 (82–85). – O. v. Gierke: Georg Beseler, |59|in: ZRG (GA) 10 (1889), 1–24. – E. Heymann: Hundert Jahre Berliner Juristenfakultät, in: DJZ 1910, 1103ff. (1141–1143). – T. Holm: Georg Beseler als Politiker 1848–1850, Diss. Tübingen, 1935. – H.H. Jakobs: Wissenschaft und Gesetzgebung im bürgerlichen Recht, 1983, 79ff. – B.-R. Kern: Georg Beseler (s.o.). – B.-R. Kern: Georg Beseler – ein Leben für das deutsche Recht, in: JuS 1988, 598–601. – B.-R. Kern: Germanisten versus Romanisten, in: J. Lege (Hrsg.): Greifswald – Spiegel der deutschen Rechtswiss., 2009, 113–127. – J.-D. Kühne: Die Reichsverfassung der Paulskirche, 1985. – O. Pöppelmann: Georg Beseler und seine Tätigkeit für die Grundrechte des deutschen Volkes im Jahre 1848, 1907. – Jan Schröder: Zur älteren Genossenschaftstheorie, in: Quad. Fior. 11/12 (1982–1983), 399–459. – Jan Schröder: Savignys Spezialistendogma und die „soziologische“ Jurisprudenz, in: Rechtstheorie 7 (1976), 23–52 (28ff.). – Stintzing-Landsberg: GDtRW III 2, 507–519. – Wieacker: PRG, 408–410. – ADB 46 (1902), 445–472 (R. Hübner). – HRG2 I (2008), 545–547 (B.-R. Kern). – Jur., 82f. (M. Stolleis). – Jur.Univ. III, 235–237 (I. Núñez Paz). – NDB 2 (1955), 174f. (D. Lang-Hinrichsen). Bibliographie bei B.-R. Kern: Georg Beseler (s.o.), 567–570.

S.

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Christoph BesoldBesold, Christoph (1577–1638)

(1577–1638)


Geb. 22.9.1577 in Tübingen, aus lutherischer Familie; Vater: Hofgerichtsadvokat in Tübingen; ab 1591 Studium in Tübingen, zunächst in der philosophischen Fakultät, 1593 Magister; dann Studium der Rechte; aus der Studienzeit rührt seine Freundschaft mit Johannes Kepler (dessen Mutter durch ein wahrscheinlich auf B. zurückgehendes Gutachten der Tübinger Juristenfakultät vor dem Feuertod wegen „Zauberei“ gerettet wurde); 23.8.1598 Promotion, Betätigung als Advokat am Hofgericht; 1600 Vermählung mit Barbara Breitschwert, der Tochter eines vermögenden badischen Beamten; 1610 Professor Pandectarum in Tübingen; 1614 bis 1635 siebenmal Rektor der Universität; 1622 und 1626 Inquisitionsverfahren gegen B., Vorwürfe: Fanatismus, Neigung zum Katholizismus 1628 und 1629 verfaßt B. zwei im Ergebnis gegensätzliche Gutachten zur Frage, |60|ob die württembergischen Klöster der katholischen Kirche zurückerstattet werden müssen oder ob sie beim Herzogtum Württemberg bleiben sollen, B.s Meinungsänderung ist zu erklären durch das dazwischen ergangene Restitutionsedikt von 1629; 1630 wird B., nach bis dahin kinderloser Ehe, eine Tochter geboren; er tritt daraufhin, einem Gelöbnis entsprechend, zum Katholizismus über. Öffentlich bekannt macht er diesen Schritt aber erst 1635 nach Eintritt in die österreichisch-württembergische Regierung (Württemberg war nach der Schlacht v. Nördlingen 1634 an Österreich gefallen); B.s Festhalten an der Forderung nach Rückgabe der Klöster an die Kirche macht ihn nun bei Österreich unbeliebt, da das klösterliche Gebiet ein Drittel des Herzogtums Württemberg ausmacht und Österreich einen solchen Verlust nicht will; 1636 nimmt B. einen Ruf an die Universität in Ingolstadt als Professor des Codex und des Jus publicum an; zu seinem Titel eines kurbayerischen Rats kommt 1638 noch der eines kaiserlichen Rats hinzu; Angebote des Kaisers und des Papstes (Ruf an die Universität Bologna) kann B. wegen Krankheit nicht mehr annehmen; er ist am 15.9.1638 in Ingolstadt gestorben.

B.s Übertritt zum Katholizismus ist weit über seinen Tod hinaus zu einem Streitpunkt geworden: Handelte er als Opportunist oder als tiefgläubiger Mystiker, dem die lutherische Orthodoxie nicht genügend Möglichkeit zur Versenkung in den Glauben bot? Die Uneinigkeit hierüber geht so weit, daß man seinen offiziellen Übertritt zu verschiedenen Zeitpunkten ansetzt. Immerhin kann man B.s Verhalten während seiner Tätigkeit für die österreichisch-württembergische Regierung zu seiner Verteidigung anführen. Die durch das Restitutionsedikt geänderte Rechtslage brachte ihn 1629 dazu, die Rückgabe der Klöster an die Kirche zu fordern. Und an dieser für das württembergische Gebiet ungünstigen Ansicht hielt B. fest, auch als sie den Interessen Österreichs zuwiderlief und ihn in Mißkredit brachte.

B., der zu den angesehensten Gelehrten seiner Zeit gehörte, hat in weniger als drei Jahrzehnten über 90 Werke veröffentlicht. Neben juristischen finden sich auch bedeutende volkswirtschaftliche – Roscher nennt B. „den wohl größten Staatsgelehrten, den Deutschland in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besessen“ habe – und historische sowie theologische Arbeiten. Unter dieser großen Materialfülle mußte die wissenschaftliche Durchdringung im einzelnen leiden. Dieser Vorwurf ist oft erhoben worden, meistens verbunden mit dem Hinweis darauf, daß B. seine Werke teilweise von Studenten ausarbeiten ließ, die er in seinem Haus aufgenommen hatte.

|61|Größte Berühmtheit hat sein „Thesaurus practicus“ erlangt, der übrigens auch von einem seiner Schüler zusammengestellt wurde. Es handelt sich dabei um ein Reallexikon für die juristische Praxis, das neben Begriffserklärungen auch eine Reihe staatsrechtlicher, geschichtlicher und sprachwissenschaftlicher Abhandlungen enthält.

In seinen staatsrechtlichen Werken vertritt B. die Lehre von der doppelten Souveränität. Aus der Gesellschaft (societas), die auf naturgegebenem Zusammenschluß einzelner Individuen beruht, entsteht durch die Bildung eines Gemeinwillens (maiestas realis) der Staat. Er hat die Aufgabe, das Gemeinwohl der Bürger zu sichern. Diese so weit an die Volkssouveränitätslehre (→ AlthusiusAlthusius, Johannes (1557–1638)) angelehnte Auffassung steht jedoch im Widerspruch zu der nun folgenden Theorie von der maiestas personalis. Sie wird bei B. nämlich aufgefaßt als endgültig dem Herrscher übertragen, und zwar nicht durch einen Wahlakt, sondern direkt von Gott (hier klingt die Herrschersouveränitätslehre Bodins an). Eine Monarchie liegt nach B. vor, wenn die maiestas personalis nur einer Person, eine Polyarchie (Aristo- oder Demokratie), wenn sie mehreren Personen zusteht. Das deutsche Reich kann – wie B. als einer der ersten erkennt – keinem dieser Begriffe ausschließlich zugeordnet werden, es hat vielmehr einen aus monarchischen (Kaiser) und aristokratischen Elementen (Reichsstände) bestehenden „status mixtus“.

Auch das bis dahin in der staatsrechtlichen Literatur kaum beachtete Problem der „vertikalen“ Machtverteilung im Reich wird von B. sehr deutlich gesehen. Er versucht es durch Einführung des neuen Begriffs „subalterner Staat“ zu lösen: Es könne Staaten geben, die nach unten absolute Gewalt haben, nach oben in ihrer maiestas personalis durch ein übergeordnetes Staatswesen beschränkt sind. Solche subalternen Imperien seien z.B. die Herrschaften der deutschen Reichsstände (Fürsten, Herzöge, Grafen, Freie und Reichsstädte) im Hinblick auf die übergeordnete Reichsgewalt; das Reich sei eine „respublica composita“ aus Subalternstaaten. So deutet B. die Territorialgewalt (sachlich angemessen) als eine eigenartige Form der Staatlichkeit und gibt einen wesentlichen Anstoß für die Ausformung der Lehre von den Staatenverbindungen, wie sie sich z.B. bei Ludolf HugoHugo, Ludolf (1630–1704) und → PütterPütter, Johann Stephan (1725–1807), der den Bundesstaatsbegriff vorweggenommen hat, findet.

Hauptwerke: Synopsis politicae doctrinae, 1623, 51643 (= Extrakt aus einer Reihe politisch-staatsrechtlicher Arbeiten B.s, meist Sammlungen von Disputationen und Dissertationen, seit 1614; unter ihnen besonders: Politicorum libri II, 1618, 1620). Dt. Übers. der Ausg. von 1637: Synopse der Politik, hrsg. von L. Boehm, 2000. – |62|Delibata juris, 2 Bde. 1627/29, 3 Bde. 1632 (Pandektenkommentar). – Thesaurus practicus, continens explicationem terminorum atque clausularum in aulis et dicasteriis Romano-Germanici lmperii usitatorum, 1629, 1643 bearb. v. J.J. Speidel, weit. Ausg. 1659, 1666, 1679, 1697 hrsg. v. C.L. Dietherr, letzte Aufl. 1740. – Consiliorum Tubingensium sive illustrium juris responsorum et consultationum Pars I–IV, 1628, 21634, 31659–1661 (P. I–VI). Bibliographie: K. Neumaier: Ius publicum. Studien zur barocken Rechtsgelehrsamkeit an der Universität Ingolstadt, 1974, 261–268 (Versuch einer Sachbibliographie); Jugler: Beiträge zur juristischen Biographie I, 1773, 85–124; Friedel Walter Meyer: Christoph Besold als Staatsrechtler, Diss. jur. Erlangen, 1957 (masch.).

Literatur: L. Boehm: Christoph Besold und die universitäre Politikwissenschaft seiner Zeit, in: Synopse (s.o.), 291–332. – R. v. Friedeburg: Between Scylla and Charybdis? Evidence on the conversion of Christoph Besold from his letters and his legal and political thought, in: J. de Landtsheer u.a. (Hrsg.): Between Scylla and Charybdis, Leiden 2011, 409–426. – Herm. Lange: Ius commune und Statutarrecht in Christoph Besolds Consilia Tubingensia, in: FS f. M. Kaser, 1976, 637–655. – F.W. Meyer (s.o.). – K. Neumaier (s.o.), bes. 63–68, 209–215. – E. Niethammer: Christoph Besold, in: Schwäbische Lebensbilder 11, 1941, 11–34. – M. Philipp: Christoph Besold und die Soiuveränität, in ders. (Hrsg.): Debatten um die Souveränität, 2016, 123–159. – W. Roscher: Geschichte der deutschen Nationalökonomie, 21924, 195–205. – R. Frhr. v. Schönberg: Das Recht der Reichslehen im 18. Jh., 1977, 48ff. – L.T. Spittler: Über Christoph Besolds Religionsveränderung, in: Patriot. Arch. f. Deutschland (hrsg. v. F.C. v. Moser) 8, 1788, 433–472 (auch in ders.: Sämtl. Werke 12, 283ff.). – Stintzing-Landsberg: GDtRW 1, 692–696. – H. de Wall: Politik, Recht und ‘Maiestas’ – zur Staatslehre Christoph Besolds, in: U. Köpf (Hrsg.): Die Universität Tübingen zwischen Reformation und Dreißgjährigem Krieg, 2010, 223–234. – B. Zeller-Lorenz: Christoph Besold (1577–1638) und die Klosterfrage, Diss. jur. Tübingen, 1986. – B. Zeller-Lorenz/W. Zeller: Christoph Besold, 1577–1638, in: Lebensbilder zur Geschichte der Tübinger Juristenfakultät, hrsg. v. F. Elsener, 1977, 9–18. – ADB 2 (1875), 556–558 (T. Muther). – HRG2 I (2008), 551f. (Jan Schröder). – Jur., 83f. (M. Stolleis). – Jur.Univ. II, 327–329 (J.M. Rodríguez de Santiago). – NDB 2 (1955), 178f. (E. Niethammer)

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