Kitabı oku: «Gestaltpädagogik im transnationalen Studium», sayfa 4
3. Die Herrschaft der Vernunft, ihre psychoanalytische Relativierung und die gestalttherapeutische Sicht der Beziehungen zwischen Rationalität und innerer Erfahrung
Der Rationalismus der Aufklärung hat alle Menschen aufgefordert und gestärkt, sich von der „selbstverschuldeten Unmündigkeit" zu befreien und damit zugleich die Entwicklung demokratischer und wirtschaftlich prosperierender Verhältnisse in Europa gefördert. Er hat indirekt Europa und der Welt aber auch den Weg in die Nationalstaaten und ihre neuartigen, totaleren und entritualisierten Territorialkriege geebnet und er hat die Menschen einsam, auf sich gestellt und überanstrengt hinterlassen.
Emanzipation bedeutet stets auch eine Preisgabe, - einen Verlust an Geborgenheit, an geteilter Verantwortung, an Integration in kollektive Vorstellungen und religiöse Weltdeutungen. Die in neuerer Zeit als fortschreitende „Individualisierung" beschriebene Entwicklung stellt schließlich selbst familiäre Strukturen in Frage und lässt den Einzelnen zurück mit unbegrenzter Verantwortung für die Verwirklichung seines Lebensentwurfs in der prinzipiellen Entscheidungsoffenheit seines Daseins.
Das Individuum verantwortet sich selbst - und es wird auch von ihm erwartet, dass es seine Entscheidungen, sein Verhalten, sein Sosein erklären kann und zwar mit guten Gründen. Hieraus resultiert ein besonderer Zwang, sich nicht nur zu zeigen (wie man ist), sondern sich darzustellen und zu rechtfertigen.
An der Schwelle von Außen und Innen, zur Außendarstellung in Rede und Handeln erwarten wir von einander Eindeutigkeit; Zögern gilt als Unentschlossenheit, Ambivalentes, Diffuses, Widersprüchliches gilt als unerwachsen.
Treten wir einander aber als Individuen gegenüber mit gefestigten Ansichten von der Welt und begründeten Meinungen zu dem, was getan werden sollte, mit dogmatischen Wahrheiten oder gar „wissenschaftlich gesicherten" systematischen Theorien, ist „Streit angesagt": wer hat Recht, wer hat die besseren Gründe? - Es geht um Überlegenheit und Minderwertigkeit, um Sieg und Niederlage, um existentielle Angst und sich bedroht fühlende Ich-Identität.
In der „Selbstbehauptung" ringt das Ich um die Anerkennung seiner Einzigartigkeit durch die anderen, von ihm verschiedenen - um den Platz des Besonderen im Allgemeinen. Das nicht öffentlich Anerkannte, das nicht Sprachfähige bleibt ausgegrenzt und bedroht das Ich von Innen. Die doppelte Verteidigungsaufgabe des Ichs - nach Innen und nach Außen -‚ die ich als „Wehrstruktur des Ichs" bezeichnen möchte, wird verstärkt durch den aufklärerischen Rationalitätsanspruch des moderneren Subjekts, den es verinnerlicht hat und gegen sich selbst, seine Träume, Wünsche, Gefühle und Ängste zurückwendet.
Im Bemühen um psychische Gesundheit und um das - dafür erforderliche - Gefühl, sich als aktiv gestaltender Mittelpunkt seiner Welt zu erleben, ist das Ich zu allerlei Einseitigkeiten, spezifischen Akzentuierungen, Wahrnehmungsverweigerungen und interpretierenden Umdeutungen des Wahrgenommenen bereit, um seine Muster des Wahrnehmens und Handelns, seine „Übertragungen" früher Beziehungs-Erfahrungen und seine Art, die Welt zu sehen, zu bewahren - voller spezifischer Chancen und voll allerpersönlichster Gefahren.
Dieses Bild der Welt verteidigt der Mensch - als einzelner oder in Gruppen; seine Art, die Welt zu sehen, ist Teil seiner Identität, die er von den anderen anerkannt und bestätigt sehen möchte. Je mehr er sich bedroht, angegriffen oder auch nur durch die Herausforderung des Fremden in Frage gestellt sieht, desto mehr verhärten sich die Muster seines Handelns, die Selektivität seiner Wahrnehmung und sein Hang, kritische Rationalität und Selbstreflexion durch schützende Rationalisierung beiseite zu drängen.
Die vielfach zum Rationalismus verkürzte Aufklärung hat insofern einen ungewollten Beitrag dazu geleistet, das Trennende zwischen den Menschen zu betonen durch rationale Begründung von Nationen, Rassen oder den zwei Geschlechtern der Menschheit und deren Wesensformen und Zielbestimmungen, durch das Tabuisieren von Ambivalenzen und Ambiguitäten sowie durch den gefolgerten Zwang, alles und jedes durch einen (möglichst monokausalen) Ursache-Wirkungs-Zusammenhang erklären zu können.
Die Psychoanalyse hat dann die Selbstüberschätzung der Vernunft bloßgestellt, indem sie die konterkarierende Wirkungsweise nicht bewusstseinsfähiger bzw. nicht zum Bewussten zugelassener Wünsche, Ängste und Handlungsantrieb offen gelegt hat. Sie war zunächst aber noch zu sehr auf die Vernunft und deren Entlarvung sowie auf naturwissenschaftlich-technische Modellvorstellungen über innerpsychische Vorgänge fixiert, als dass sie unmittelbar der inneren Bilderwelt des Menschen, seinen Gefühlen, Wünschen, seinen Phantasien und seinen Träumen, seiner gespürten Leiblichkeit eine konstruktive, Leben gestaltende und Vernunft korrigierende Bedeutung und Wirkungsweise zuerkennen konnte.
Psychoanalytisch fundierte Bildungsvorstellungen zielten folglich zunächst ab auf eine Stärkung der kritischen Ich-Funktionen im Verbund mit einer Anerkennung der labilen, triebbestimmten Basis der menschlichen Persönlichkeit.
Darüber hinaus betonten bereits früh undogmatische Analytiker (Zulliger, Winnicott, Erikson) und vehement dann auch die Begründer der Gestalttherapie die Bedeutung der kreativen Funktionen des Unbewussten als Ressource: Phantasie, Spiel, kreative Gestaltung und improvisierte Bewegung werden nicht länger als ein Sektor regressiver Infantilität betrachtet, sondern als Funktionen des „Selbst", die in leiblich fundierter Spontaneität der gefühlten Wahrheit des Subjekts Ausdruck verleihen können. Sie werden einer rationalistisch verdünnten Auffassung des Ich, das durch Abgrenzung bestimmt ist, als Ganzheitlichkeit und Verbindung stiftende Persönlichkeitsfunktionen nachdrücklich gegenübergestellt.
4. Gestaltpädagogische Prinzipien und Methoden als Weg zu komplexer Begegnung mit dem Fremden
Seit Ende der 70er Jahre haben Pädagogen auf der Basis eigener gestalttherapeutischer Erfahrungen den Ansatz der Gestaltpädagogik entwickelt. In diesem haben sich folgende vier Schwerpunkte als Kern einer auf personale Kompetenzentwicklung für Lehrer gerichteten Fortbildung herausgebildet:
• biografische Selbsterfahrung und Selbstreflexion mit dem Ziel, das eigene Gewordensein besser zu verstehen und ein versöhntes Verhältnis zu sich selbst zu gewinnen (Arbeit in Richtung Integration und Reife);
• Aktivierung von Phantasie, Kreativität und nichtsprachlichen Symbolisierungen - aus der Erfahrung heraus, dass der Reichtum menschlicher Ausdrucks- und Erfahrungsmöglichkeiten in traditionellen Bildungsprozessen zumeist eher unterdrückt als gefördert wird;
• Kultivierung und Differenzierung der Wahrnehmungsfähigkeit, d. h. eines offenen Gewahrseins (awareness); nach außen als nicht zielorientiert beobachtende, sondern eher frei schwebende Aufmerksamkeit, nach innen als Spürbereitschaft für Befindlichkeiten, Gefühle, spontane Impulse und Resonanzen auf Personen und Situationen;
• Erfahrung von eigenen Handlungsschwellen und Widerständen sowie Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit Lernhemmungen, Verweigerungen, Kontaktschwierigkeiten und all dem, was daran hindert, sich auf Erfahrungen und das Aufgeben von Vorurteilssicherheit einzulassen.
Die biografische Arbeit wurde auf sehr unterschiedliche Weise mit Erlebnis aktivierenden Zugängen und unter Einbeziehung nichtsprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten (Pantomime, Malen, Dingsymbolik) behutsam angeregt. Neben familiären Erfahrungen wurden besonders auch die Erfahrungen in Bildungsinstitutionen als Kinder und Jugendliche in ihrer emotionalen Qualität und Bedeutung für den individuellen Entwicklungsweg zum Gegenstand der gemeinsamen Arbeit.
Durch solche prägenden Erfahrungen wurde das Verständnis der Teilnehmer füreinander vertieft und ein Gefühl von Gemeinsamkeit bei aller Verschiedenartigkeit der Lebenswege entwickelt. Dabei entstanden zahlreiche kleine Texte und Bilder, die von den Teilnehmern mitunter auch in ihre Berichte aufgenommen wurden.
Die Arbeit mit kreativen Medien erwies sich als besonders produktiv. Dieser methodische Zugang half, die Barrieren sprachlicher Verständigung zu umgehen, da er besonders geeignet ist, Erfahrung von Verbundenheit entstehen zu lassen und den Wunsch nach Verständigung zu stärken.
Tanz und Pantomime, Malen, Dichten, Tonarbeiten sowie Körper- und Bewegungsübungen förderten die Bereitschaft zum kreativen Ausdruck und die Freude daran und schärften die Wahrnehmung von nonverbalem Ausdruck. Das gemeinsame Lernen und Singen traditioneller wie internationaler Lieder, das gemeinsame Aufgreifen und Erproben von Kinderspielen und Abzählreimen führte zugleich auf einer elementaren Ebene in kulturelle Traditionen ein, auf der kulturelle Differenzen erlebt und zugleich gemeinsame Grundmuster erfahrbar wurden.
Die Kultivierung und Differenzierung der Wahrnehmungsfähigkeit war im Wesentlichen ein mitlaufender Prozess, der gestützt wurde durch den hohen Anteil nonverbaler Verständigungsbemühungen wie der Versuche, das Gesehene, Erlebte und Miterlebte zu verbalisieren und dabei zugleich auf Nuancen zu achten.
Die Bedeutung dieser Ebene für die Moderation sozialer Prozesse konnte am Beispiel der Leiter anschaulich erlebt werden, die ihre Wahrnehmungen und Selbstwahrnehmungen der Gruppe immer wieder offen und präzise mitteilten. Die Bereitschaft, innere und äußere Wahrnehmungen auszusprechen, erwies sich in deutlicher Weise als kulturspezifisch unterschiedlich ausgeprägt bzw. entwickelt. Dies führte zu Gesprächen über historische Erfahrungen und Bedingungen für Offenheit bzw. Selbstzurücknahme. Wie wichtig eine solche vielschichtige Wahrnehmungssensibilisierung für die tägliche Lehrerarbeit ist, wurde von vielen Teilnehmern erstmals erkannt und nachdrücklich bestätigt.
Auch die Ebene der Erfahrung von Widerstand und der Entwicklung von Verhaltensweisen gegenüber dem Widerstand anderer war in den gemischtnationalen Gruppen beständig präsent. Sie wurde von Zeit zu Zeit explizit zum Thema von Reflexionen und kleinen Experimenten, z. B. zu Nähe und Distanz, Abgrenzen und Nein sagen können, zu Spielraum geben und eigene Wege finden lassen.
Die Erfahrung an der Grenze und mit der Grenze konnten so in ihrer Ambivalenz von Sicherheit und Selbsteinschränkung versus Wagnis und Entwicklungsmöglichkeit bzw. von Stabilität und Veränderung erlebt und gemeinsam reflektiert werden. Widerstand wurde als Phänomen erkannt, das in sozialen Situationen dann in Erscheinung tritt, wenn die Angst vor Verlust größer ist als die Hoffnung auf Bereicherung. Dieses gilt sowohl für die Begegnung mit dem Fremden wie auch für alle Arten schulischen Lernens
Grundvoraussetzung für einen produktiven Umgang mit den vielfältigen Formen von Widerstand ist - gerade vor diesem Hintergrund - eine Haltung von Achtung und Respekt, die darauf gerichtet ist, das Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit zu stärken und unter Verzicht auf jeglichen Druck oder Kritik dazu einlädt, die Situation des Widerstands zum Gegenstand gemeinsamer Neugier und eines gemeinsamen Erkenntnisinteresses werden zu lassen.
5. Resümee
Die Ergebnisse solch einer Arbeit lassen sich nur schwer als „Produkte" nachweisen und vermitteln, da der Schwerpunkt der Bemühungen auf die Qualität der Prozesse einer Verständigung durch Begegnung gelegt wird sowie auf die Erfahrungen und reflexiven Erkenntnisse der einzelnen Teilnehmer als Gelenkstück für einen Transfer in ihre jeweilige berufliche Praxis. Von außen betrachtet lässt sich feststellen:
• alle Teilnehmer sind dageblieben; sie haben ernsthaft und engagiert durchgehend in ihren Gruppen mitgearbeitet;
• alle Teilnehmer haben sich um die Verständigung und die gemeinsame Aufgabe bemüht, niemand ist ausgegrenzt worden oder hat sich zurückgezogen;
• es hat keine unauflösbaren Konflikte zwischen den Teilnehmern gegeben, keine Beleidigungen oder Verletzungen;
• alle Teilnehmer waren gerne an den so unterschiedlichen Seminarorten gewesen; obwohl es ihre Urlaubszeit war und sie eigene finanzielle Aufwendungen tragen mussten, war der Aufenthalt „ein Gewinn"; es sind viele Freundschaften entstanden; Briefwechsel, Besuche und familiäre Kontakte folgten;
• alle haben eine positive Beziehung zur Region des Seminars wie zu denen Ländern der anderen Teilnehmer gewonnen;
• viele haben ihre Fremdsprachenkenntnisse weiterentwickelt und einige wollen beginnen, eine neue Sprache zu lernen.
Die gestaltpädagogische Arbeit mit den oben genannten vier Schwerpunkten hat die wichtigste Zielsetzung, die Erfahrung von Fremdheit durch vertiefte Begegnung in Neugier an den Menschen und ihrer Kultur umzuwandeln, für uns überzeugend erreicht. Darüber hinaus kann die pädagogische Substanz der gestaltpädagogischen Erfahrungen verallgemeinernd beschrieben werden als:
• Arbeit an der eigenen Persönlichkeit und an der für weiteres Lernen förderlichen Bereitschaft, sich mit seinen Ängsten, Sehnsüchten und Unzulänglichkeiten zu zeigen,
• Vertiefung des Verstehens von (eigenen und fremden) Entwicklungsaufgaben und -krisen von Kindern und Jugendlichen,
• Vervielfältigung der Zugänge zur Individualisierung des Lehrens und Lernens,
• Förderung des Verständnisses für Gruppenprozesse und Erweiterung des Repertoires für Gemeinschaft stiftende Aktivitäten,
• verstärktes Bewusstwerden der vielfältigen motivationalen Voraussetzungen und Hindernisse für sachbezogene Lernprozesse,
• Erhöhung der Bereitschaft und der Fähigkeit zu kreativer und situativer Methodenentwicklung,
• Erkenntnis der Bedeutung von Gefühlen und leiblichen Wahrnehmungen für Motivation und Nachhaltigkeit von Lernprozessen.
Viele Teilnehmer schreiben in ihren Berichten davon, dass sie große Lust haben, Impulse, Ideen und methodische Elemente aus den gemeinsamen Seminaren in ihrem Unterricht umzusetzen. Manche haben bereits konkrete Beispiele ausgearbeitet und z. T. in ihren Texten dokumentiert. Einige teilten bereits positive Erfahrungen mit solchen Experimenten mit. Die Beispiele lassen erkennen, dass es sich dabei nicht um bloße Übertragungen methodischer Elemente handelt, sondern dass einige Teilnehmer für ihre Schulklassen und ihren Fachunterricht eigene kreative Gestaltungsideen entwickelt und etwas von der Freude am Erfinden und Experimentieren mit nach Hause genommen haben.
Die meisten Teilnehmer äußerten den Wunsch, ihre Erfahrungen mit der Gestaltpädagogik zu vertiefen. Sie halten Gestaltpädagogik für geeignet, Lernen intensiver und mit mehr innerer Beteiligung der Schüler gestalten zu können. Dabei richtet sich ein besonderes Interesse auf Fragen der didaktischen Planung und methodischen Umsetzung im Fachunterricht wie auf die theoretischen Hintergründe dieses Ansatzes.
Wiktor Żłobicki (PL)
Auf der Suche nach den philosophischen Inspirationen der Gestaltpädagogik
Keiner der pädagogischen Trends ist von philosophischen Annahmen losgelöst, weil dem Wesen der Bildung die Suche nach Antworten auf eine grundlegende Frage entspringt: Was ist der Mensch? Gerald Gutek (2003, S. 15) zeigt die Abhängigkeit der spezifischen Bildungsansätze von den philosophischen Annahmen über die Natur des Universums, die menschliche Existenz, die Gesellschaft, das gute Leben. Traditionell werden die Wurzeln der europäischen Bildungs tradition in der antiken Philosophie gesehen, aber immer häufiger erscheint die Hypothese, dass die moderne Welt viel von der Integration der östlichen Philosophie und Mystik mit den kulturellen Quellen der westlichen Zivilisation und Errungenschaften der modernen Wissenschaft gewinnt, einen neuen Bereich der kulturellen Transformation und den Bau einer neuen Vision der Welt schaffend.
Überzeugt davon war auch C.G. Jung (1989, S. 77), der darauf hinweist, dass die westliche Philosophie und Psychologie aufgrund ihres geographischen und geschichtlichen Hintergrundes nur einen Teil des menschlichen Geistes darstellt. Daher sollte das Zurückgreifen auf die östliche Philosophie als ein wichtiger Schritt zum Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis für alle Menschen der Welt werden. Der bekannte polnische Philosoph Leszek Kolakowski (2006, S. 12-15) sieht im östlichen mystischen Denken ein großes Potenzial für die geistliche Erneuerung der modernen Welt voller Chaos. Er schreibt: "Der Buddhismus ist eine der schönsten und klügsten Religionen, die die Menschheit geschaffen hat."
Ich werde mich im Folgenden auf die Darstellung einer östlichen Quelle – den Buddhismus – und einer westlichen – den Existentialismus beschränken, da mir diese Einflüsse besonders wichtig erscheinen.
Der Buddhismus als Inspiration für die geistige und spirituelle Entwicklung des Menschen
Unter den vielen philosophischen Inspirationen, aus denen die moderne Pädagogik schöpfen kann, sollte der Buddhismus besonders erwähnt werden. Die Angabe der Kernbotschaften dieser philosophisch-ethischen Strömung scheint kognitiv wertvoll zu sein. Nun, Buddha bedeutet in Sanskrit „erweckt“, „der den Dharma, d.h. den zur Erleuchtung führenden Weg, entdeckt hat“.
Der Zweck des Dharma ist, den Menschen von Samsara zu befreien - von dem scheinbar objektiven Blick auf die Welt, in der wir leben, da sie voller Chaos, Unfälle, Kriminalität etc. ist, d.h. Ereignissen, auf die wir keinen Einfluss ausüben können. Samsara ist eine subjektiv wahrgenommene Quelle des menschlichen Leidens, und die Botschaft des Buddhismus ist es, dieses Leiden zu überwinden. Dies bedeutet nicht, dass es um eine vollständige Beseitigung des Schmerzes als eines Gefühls geht, denn es bleibt - wie die Freude - immer ein Teil des Lebens. Es geht mehr um die Überwindung des Leidens, um die Befreiung von seinem überwältigenden Einfluss. Der Zweck des Dharma ist in keiner Weise, Leiden zu entfernen, sondern durch spirituelle Praxis die Befreiung von Unwissenheit, die die Quelle dieses Leidens bildet, zu erlangen. Auf der Suche nach dem Pfad zur Erleuchtung haben Buddhisten die so genannten „Vier edlen Wahrheiten“ als wesentlich erkannt:
• Alle Wesen sind Dukkha unterworfen ( Das Leiden ist Teil des Lebens)
• Dukkha entsteht aus Verlangen und Begehren; (Dieses Leiden hat seine Ursache)
• Dukkha kann durch die Aufhebung von Verlangen und Begehren überwunden werden. (Die Ursache können beseitigt werden)
• Es gibt einen Weg, der aus Dukkha hinausführt, nämlich der „Edle achtfache Pfad“. (Der Weg, der zur Beseitigung der Ursache des Leidens führt, ist ein spiritueller Weg zur Erleuchtung).
Das oben erwähnte Leiden bedeutet nicht notwendigerweise Qual, es ist auch keine Quelle des pessimistischen Denkens über die menschliche Existenz, sondern eine Art des Schicksals, bei dem zum Beispiel berücksichtigt wird, dass jeder - vom Moment der Geburt an - zwangsläufig altert und dass auf uns unabwendbar das Ende des Lebens wartet. Buddhisten sagen, dass die Ursache des Leidens Unwissenheit ist. Aber das kann sicherlich nicht mit Dummheit gleichgesetzt werden. Die Unwissenheit ist eher ein Zustand der Illusion, der die Menschen unterliegen, wenn sie nach dem Glück streben, und sich tatsächlich geradewegs zum Leiden hinwenden. Die Sehnsucht nach dem Glück wird oft durch Mangel an Wissen, wie es erreicht werden kann, begleitet. Dies geschieht unter anderem immer dann, wenn wir Glück mit Vergnügen identifizieren, mit Intensität der Empfindungen. Dies ist vergleichbar mit einem Lauf zum Regenbogen, um sich darin zu kleiden. Doch Glück ist eine Art des Daseins, das aus innerer Freiheit, nicht aus der Empfindung der Freude entsteht. Aber von dem Schmerz kann man sich durch kontemplative spirituelle Praxis befreien - durch den Weg zur Erleuchtung, der die Überwindung des Leidens ermöglicht. Wie die Buddhisten behaupten, ist ihr philosophisch-ethisches System eine Lehre vom Zustand des Geistes, die den Weg zu Güte, Demut und zu guten Beziehungen mit allen Lebewesen bestimmt.
In diesem Sinne ist die spirituelle Praxis des Buddhismus nicht so sehr eine Reihe religiöser Praktiken nach einer bestimmten Doktrin, sondern eine Art der Beteiligung an dem Weg spirituellen Suchens. Der Buddhismus ist eine Philosophie, eine Art von Weisheit, und nicht eine Religion, er fordert keinen blinden Glauben an seine Prinzipien oder die Bereitschaft, sie anderen aufzuzwingen. Er zeigt hingegen den Weg zur Umwandlung der menschlichen Seele. Daher beschreibt das Konzept der buddhistischen Lehre einen Zustand des Geistes, seine Erleuchtung und das Erreichen des inneren Friedens. Wie K. Jaspers (2000, S. 66), betonte, im Buddhismus “gab es nie eine Kluft zwischen Philosophie und Theologie, Freiheit des Verstandes und der religiösen Autorität." Nach Glück begehrend und Leiden vermeiden wollend unterliegen die Menschen der Illusion, dass Glück und Leid von der Außenwelt kommen. Es ist so, wie wenn man in den Spiegel blickend versuchte, den Spiegel sauber zu wischen, statt das Gesicht. Nach der buddhistischen Philosophie hängt alles von dem Zustand des menschlichen Geistes ab, und weil der Mensch sich dessen oft nicht bewusst ist, irrt er sich. Wenn ihm bewusst wird, dass die Quelle sowohl des Glückes als auch des Leidens sein Geist ist, dann - die Erleuchtung erreichend - befreit er sich von den negativen Einstellungen. Dann versteht er, dass die Quelle aller Unruhe sein Geist ist und dass paradoxerweise der größte Feind des Menschen nicht die andere Person ist, sondern die innere Unruhe in sich selbst. Man kann also einen wesentlichen Unterschied zwischen der befreienden Erkenntnis des Buddhismus und dem auf den sensorischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Forschungen basierenden Wissen nachweisen Wie z. B. K. Jaspers (2000, S. 41-42) behauptet, sei die Quelle der befreienden Erkenntnis überhaupt nicht durch logische Folgerungen und sensorische Wahrnehmung unterstütztes Wissen, sondern das Erfahren des Wechselns von Bewusstsein und der Ebenen der Meditation. Auf dem Weg zur Erleuchtung werden Werkzeuge benötigt, dank derer dieser Zustand zu erreichen ist. Eines der wichtigsten Werkzeuge ist die Meditation, deren Ziel es ist, den Geist zu beruhigen. Der menschliche Geist lässt sich metaphorisch beschreiben als die Oberfläche des Sees bei stürmischem Wind, die es schwierig macht, seinen Boden zu sehen. Der stille See zeigt ein klares Bild davon, was im Inneren und auf seinem Boden ist. So ist es z. B. kein Zufall, dass die sieben Jahre lang tibetische Medizin studierenden Ärzte sich ein Jahr nur der Meditation widmen. Später, nach dem Beginn der selbstständigen Praxis, meditieren sie einen Monat im Jahr. Buddhistische Lehren sind daher ein Teil ihrer beruflichen Kompetenz. Dann wird ein Kontakt eines Arztes mit einem Patienten gleichzeitig zu einem Akt der Meditation und des Mitgefühls.
So meditiert der Mensch, um die wahre Natur des eigenen Geistes zu erkennen. Güte und Mitgefühl allen Wesen gegenüber sind die notwendigen Werkzeuge für die Meditation. Paradoxerweise ist es eine Abkehr von der Fokussierung auf sich selbst, um die Aufmerksamkeit auf alle Lebewesen herum zu richten. Der durchschnittliche Mensch kann eine oberflächliche Kenntnis des Wesens der Meditation besitzen.
Solch ein unvollständiges Wissen basiert auf der Überzeugung, dass der meditierende Mensch in Abgeschiedenheit, glücklich, entspannt, frei von jeglichen Gedanken sitzt. Während dessen soll die Meditation der Beruhigung des Geistes dienen und fördern, dass bewusst werden kann, was im Kopf passiert. Es erscheint dann, dass unser Geist ständig Gedanken in die Vergangenheit oder die Zukunft schafft. Man kann sie mit den Schmetterlingen vergleichen, die ankommen, sich hinsetzen und wegfliegen. Regelmäßige, tägliche Praxis der Meditation, auch nur für kurze Zeit, soll der Beruhigung des Geistes, einem subjektiven Gefühl von Frieden und der Stärkung des Selbstvertrauens dienen. Beispielsweise unterstreicht D.T. Suzuki (1991, S. 68-69), dass die Praxis der Meditation (Zazen) mit keinem religiösen Bekenntnis in Konflikt steht, da sie nicht das Lernen über Zen-Buddhismus ist, sondern das Kennenlernen seiner Selbst.
Können die jahrhundertealten Erfahrungen der buddhistischen spirituellen Praktiken einen erheblichen Einfluss auf das menschliche Leben nehmen? Diese Frage stellten sich Wissenschaftler der University of Wisconsin-Madison. Eine Forschergruppe, von Richard Davidson geleitet, hat mit Hilfe der Enzephalographie, CT und Kernspintomographie Forschungen über die Neurophysiologie der buddhistischen Mönche durchgeführt, um zu sehen, ob die fortgeschrittene Praxis des Kontemplativen wesentlich die Biologie des Gehirns verändert. (siehe U. Kraft - 2005). An der Studie nahmen acht durch den Dalai-Lama vermittelte buddhistische Mönche teil, die mindestens 1000 Stunden der Meditationserfahrungen hinter sich hatten. Einer der Erforschten, Mathieu Ricard - ein buddhistischer Mönch aus dem Kloster in Kathmandu Shechen, war ein ehemaliger Wissenschaftler aus Europa. Die Kontrollgruppe bestand aus 150 Menschen, die über keine Erfahrung mit der Praxis der buddhistischen Meditation verfügten. Die Ergebnisse dieser Studien haben unter anderem eine extrem hohe Aktivität in den Frontallappen von Mönchen gezeigt. Erwähnenswert sind die Gamma Gehirnwellen - die neueste Entdeckung von Neurologen - die Rhythmen mit einer Frequenz von etwa 30 Hz bis sogar wahrscheinlich 200 Hz aufweisen. So hohe Frequenzen wurden bei den Mönchen während der Meditation beobachtet. Und noch mehr, im Vergleich zur Kontrollgruppe war die Gehirn-Gamma-Wellen-Aktivität bei den teilnehmenden Mönchen deutlich stärker. Die Wissenschaftler nehmen daher an, dass diese Wellen vor allem im Zustand starker Erregung und gleichzeitiger maximaler Konzentration zu beobachten sind, d. h. während der Meditation, aber auch zum Beispiel bei der Arbeit mit einem außergewöhnlichen Engagement an etwas, was uns seit langer Zeit fasziniert und wo wir gerade spüren, auf eine geniale Lösung getroffen zu sein. Dieser Zustand wurde als Phänomen des Flusses (Flow) beschrieben. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe wurden in der Struktur des Gehirns der erforschten buddhistischen Mönche solche Veränderungen entdeckt, die davon zeugten, dass die langfristige Meditationspraxis buchstäblich eine Person umgestalten kann. So ist das Erlangen der Erleuchtung, das so genannte Dharma keineswegs nur eine spektakuläre Form der religiösen Praxis, sondern ein sehr realer Zustand, den jeder dank des Einblicks in den Stand seines eigenen Geistes erreichen kann.
Daher scheint der kreative Einsatz von philosophischen und ethischen Prinzipien des Buddhismus und seine Übertragung auf den Boden der Beziehungen mit Bildungscharakter ein sehr interessanter Weg zu sein.