Kitabı oku: «Gestalttherapie in der klinischen Praxis», sayfa 18
7. Schlussfolgerung
Im Herzen der dialogischen Gestalttherapie und der beziehungszentrierten Forschung liegt der Fokus auf der Ko-Kreation der Beziehung als interaktionelles Ereignis, ein sich fortlaufend entwickelnder ko-konstruierter Beziehungsprozess zu dem KlientIn und TherapeutIn, TeilnehmerIn und ForscherIn gleichermaßen beitragen und sich beständig gegenseitig beeinflussen.
Egal ob man sich mit Forschung oder Psychotherapie befasst: Es bedarf einer sensiblen, beziehungsmäßig eingestimmten Haltung, was bedeutet, nicht länger die Kontrolle zu übernehmen, sondern sich auf das einzulassen, was sich zwischen ForscherIn und TeilnehmerIn entwickelt. Es bedeutet, das Ergebnis nicht vorherzusagen. Es bedeutet auch, nicht in den Verlauf und die Ausrichtung einzugreifen, indem man z. B. starr an den »sechs« Fragen festhält, die für das halbstrukturierte Interview entwickelt worden sind, oder indem man sich so in Sorgen um die Ergebnisse verstrickt, dass man nicht länger vollständig anwesend sein kann. Die beziehungsorientierte Forschung verlangt von der TherapeutIn-ForscherIn, sich in jedem Augenblick mit Bewusstheit dem hinzugeben, was entsteht.7 Darin liegen Herausforderung und Chance der Forschungsbestrebungen. Was bedeutet es für uns als ForscherInnen, wenn wir in der Forschungsbegegnung »vollständig anwesend« sein sollen? Wie erkennen wir ein Misslingen der Inklusion und wie gehen wir damit um? Was könnten die Auswirkungen auf unsere Fähigkeit sein, uns der »Zwischenheit« von starken, unbewussten Prozessen zu widmen, und wie können wir das auf einen durchdachten Forschungsansatz übertragen? Diese Fragen verlangen nach weiterer Reflexion, und wenn es mir gelungen ist, Ihr Interesse an weiterer Forschung zu wecken, möchte ich Sie dazu motivieren, einige oder alle der in diesem Kapitel erwähnten Texte zu lesen.
Kommentar
Leslie Greenberg
Ich war erfreut zu lesen, dass meine Forschungsanstrengungen einen so großen Einfluss auf Evans gehabt haben, und ich stimme mit seinen Ansichten der Forschungspolitik überein – dass aufgrund von Kulturkriegen »praxisbasierte Evidenz« und »Prozess-Forschung« zugunsten von »Ergebnissen« gemieden werden. Ich bin auch Evans’ Meinung, dass der aktuelle Fokus auf randomisierte klinische Studien als einziges Maß evidenzbasierter Behandlung zu vereinfachend ist. Die Forschung zeigt, dass der beste Indikator für erfolgreiche Ergebnisse tatsächlich die Qualität der therapeutischen Beziehung ist. Auch in diesem Punkt kann ich Evans nur beipflichten.
Trotz dieser Übereinstimmungen stelle ich fest, dass ich seine Behauptung, sinnvolle Forschung ließe sich am besten mit einer beziehungszentrierten Vorgehensweise durchführen, nur halbherzig unterstütze. Charakteristisch für diesen Ansatz ist, dass man eine ähnlich sensible, »beziehungsmäßig eingestimmte« Haltung gegenüber der Forschung einnimmt, wie man sie der Therapie gegenüber hat, und zu dieser Haltung gehört es, »nicht länger die Kontrolle zu übernehmen, sondern sich auf das einzulassen, was sich zwischen ForscherIn und TeilnehmerIn entwickelt« (Evans). Ich bin der Meinung, dass sich die Forschung sehr wohl von der Therapie unterscheidet. Meiner Ansicht nach können Konzepte verloren gehen, die für gründliche Forschung vonnöten sind, wenn man Forschungskriterien wie reproduzierbare Regularitäten und konsensuelle Reliabilität über Bord wirft.
Das Ziel der wissenschaftlichen Forschung lässt sich in meinen Augen am besten als Prozess beschreiben, der sequenzielle Schritte der Beobachtung/Beschreibung, Messung, Erklärung/Verstehen und Vorhersage umfasst. Das Problem bei der aktuellen Betonung der evidenzbasierten Forschung ist, dass sie sich nur im Bereich der Vorhersage bewegt und diese Art der Forschung als Krone der wissenschaftlichen Methoden betrachtet. Versuchsanordnungen, Randomisierung und Hypothesentests in der Psychotherapieforschung einzusetzen ist so, als würde man versuchen, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Die psychotherapeutische Forschung ist noch nicht so weit, dass sie allein mit adäquater Beschreibung, Spezifikation und Messung ihrer Phänomene und Variablen arbeiten könnte. Obwohl Evans’ Kritik der RCTs und der evidenzbasierten Behandlung stichhaltig ist, wäre es meiner Ansicht nach ein Fehler, zu schnell auf die qualitative Forschung als Rettung zu schließen. Obgleich die Unterscheidung zwischen qualitativer und quantitativer Forschung breite Unterstützung findet und als Alternative zur quantitativen Forschung angepriesen wird, bin ich der Ansicht, dass es sich um eine fehlgeleitete Dichotomie handelt, die das Thema zu sehr vereinfacht. Nicht der Gegensatz von Zahlen versus Bedeutung stellt das Schlüsselproblem dar, sondern die Erkenntnis, dass wir Beschreibung und Messungen brauchen, bevor wir zu Interpretation und Vorhersage übergehen können. ForscherInnen müssen ihre Forschungsziele klarstellen, einen pluralistischen Ansatz anwenden und sich sowohl qualitativer als auch quantitativer Mittel bedienen. Sie müssen sich vor Methodolatrie hüten – vor der Idealisierung einer Form von Methode – und alle Methoden verwenden, die sich für ihre Fragen am besten eignen. Dabei gilt es, sich um Beschreibung, Bedeutung und Messung zu bemühen und Hypothesentests einzusetzen, wenn sie dazu bereit sind. Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass die Bedeutungen und die Erfahrung, die die TeilnehmerInnen durch qualitative Forschungsmethoden gewonnen haben, zwar sehr wichtig sind, aber nicht immer das »Sesam öffne dich!« zu dem bieten, was passiert. Wie Perls sagte, ist die Beschreibung des Offensichtlichen etwas für Genies. Also ist die Beobachtung, die sehr bedeutend für den gestalttherapeutischen Ansatz ist, genauso wichtig wie die Erfahrung der Menschen.
Wie ich anderswo geschrieben habe, ist die Prozessforschung, die sich auf das stützt, was die Menschen in der Therapie tatsächlich machen, notwendig, um die theoretischen Grundlagen und Bestandteile bestimmter Behandlungsmethoden zu erläutern, zu prüfen und zu überarbeiten. Außerdem brauchen wir sie, um ForscherInnen in die Lage zu versetzen, die Aspekte der aktiven Veränderung zu erkennen. Damit die psychotherapeutische Forschung tatsächlich eine angewandte Wissenschaft werden kann, muss man die Veränderungsprozesse spezifizieren, die therapeutische Effekte hervorrufen.
So haben zum Beispiel intensive Beobachtungsanalysen des Veränderungsprozesses der KlientIn im Leerer-Stuhl-Dialog zur Entwicklung der wesentlichen Komponenten der Auflösung von offenen Gestalten mit einem/einer signifikanten Anderen geführt (Greenberg / Rice / Elliott 1993; Greenberg / Foerster 1996). Im Prozess der Auflösung ließ sich beobachten, wie sich die Person vom Ausdruck sekundärer Schuldzuweisung, Klage und Verletzung zu Erregung und Ausdruck der primären ungelösten Emotion und schließlich zur Mobilisierung des zuvor unerfüllten interpersonellen Bedürfnisses vorarbeitete. Eine ausreichende emotionale Verarbeitung und das Auftauchen eines neuen Gefühls führen zu einer veränderten Wahrnehmung des/der Anderen. Die Auflösung ist daran erkennbar, dass die KlientIn eine selbstbewusstere Haltung einnimmt, den/die Andere versteht, ihm/ ihr vergibt oder ihn/sie zur Rechenschaft zieht. Greenberg und Malcolm (2002) haben gezeigt, dass die KlientInnen, die in der Therapie ganz in diesen Veränderungsprozessen eingebunden waren, stärker profitiert haben als diejenigen, die es nicht waren, und stärker als diejenigen, die die allgemeineren Effekte eines guten therapeutischen Bündnisses erlebten.
7. Die Kombination von Gestalttherapie und psychiatrischer Behandlung
Jan Roubal und Elena Křivková
1. Einleitung
Der Einsatz von Psychopharmaka stellt seit 60 Jahren einen Teil der Behandlung psychischer Probleme dar. In ihrer Praxis begegnen GestalttherapeutInnen relativ häufig PatientInnen, die psychiatrische Medikamente einnehmen. Trotzdem wird das Thema der Psychopharmakotherapie und ihrer Kombination mit Psychotherapie in der gestalttherapeutischen Literatur ausgeblendet oder nur kurz in Verbindung mit anderen Aspekten der gestalttherapeutischen Arbeit erwähnt (z. B. bei Stratford / Brallier 1979; Harris 1992a, 1992b; Aviram / Levine Bar-Yoseph 1995; Resnikoff 1995; Philippson 1999; Sabar 2000; Miller 2001; Brownell 2011a und anderen). Es ist keine leichte Aufgabe, die kombinierte Anwendung von Gestalttherapie und Psychopharmakotherapie zu beschreiben, da beide Ansätze in einem anderen Paradigma begründet sind und einem anderen Verständnis von Gesundheit und Krankheit entstammen. Wir gehen trotzdem davon aus, dass ein gewisses Grundwissen um psychiatrische Medikamente auch zur verantwortungsvollen Arbeit einer GestalttherapeutIn gehört, ebenso wie das Bemühen, zu einer Einstellung zur Verwendung von Medikamenten zu kommen, die mit dem gestalttherapeutischen Ansatz übereinstimmt.
In diesem Kapitel nutzen wir unsere praktische Erfahrung als PsychiaterInnen, die als GestalttherapeutInnen arbeiten und auch mit der pharmakologischen Behandlung vertraut sind. Wir wollen versuchen, eine Einstellung zu Psychopharmaka darzustellen, ohne dabei die Individualität jeder PatientIn und die dialogische Essenz der psychotherapeutischen Begegnung aus den Augen zu verlieren. Wir schildern Ihnen unsere Bemühungen, Wege zu finden, die dichotomische Denkweise von »Psychotherapie versus Medikamente« zu überwinden.
Wenn eine PatientIn Medikamente nimmt, könnte die TherapeutIn versucht sein, den Ich-Es-Ansatz zu übernehmen (Buber 1996), als sei die PatientIn ein zu behandelndes Objekt. Doch die TherapeutIn begegnet einem Menschen mit einer einzigartigen Geschichte, einer einzigartigen Art und Weise, in Kontakt zu treten, einem einzigartigen Weg der kreativen Anpassung. Die Medikamente sind ein Teil dieser Geschichte, zum In-Kontakt-Treten und zur kreativen Anpassung. Eine TherapeutIn öffnet sich für eine menschliche Ich-Du-Begegnung im Hier und Jetzt mit dieser PatientIn und deren Lebenskontext, zu dem auch die Medikamente gehören.
Die PatientIn betritt die therapeutische Situation und wird von mehreren Faktoren beeinflusst: Vielleicht hatte sie eine schlaflose Nacht oder hat ein köstliches Mittagessen genossen oder vielleicht hat sie morgens Prozac (Fluoxetin) genommen. Die TherapeutIn betritt die therapeutische Situation ebenfalls beeinflusst von externen Faktoren: Sie hat gerade eine Tasse starken Kaffee getrunken oder hat sich in der Nacht zuvor mit ihrem Ehemann gestritten oder hat gerade eine anstrengende Sitzung hinter sich. Zwei Menschen begegnen sich und die psychiatrischen Medikamente stellen ein Steinchen in dem Mosaik der gesamten komplexen Situation ihrer Begegnung dar.
Als wir dieses Kapitel verfassten, hatten wir die grundlegende Bedeutung der menschlichen Begegnung und die Komplexität der therapeutischen Situation vor Augen, die sich nicht vereinfachen lässt (s. a. Krisch 1992b; Hanika 1992). Trotzdem verengen wir etwas später im Text absichtlich unseren Fokus auf die Einnahme von Medikamenten, um die Bewusstheit zu stärken, die mit diesem Teilaspekt des Feldes verbunden ist.
2. Die medikamentöse Behandlung als Teil der therapeutischen Situation
Wenn eine PatientIn psychiatrische Medikamente nimmt, beeinflusst dieser Umstand die gesamte therapeutische Situation. Die Medikation verändert den Verlauf der Therapie und wirkt sich auf die therapeutische Beziehung und die Ergebnisse der Therapie aus. Sie stellt einen erheblichen externen Einfluss dar, der normalerweise unabhängig von der Psychotherapie und der TherapeutIn besteht. Dies kann eine schwierige Situation für eine TherapeutIn sein, doch keine Außergewöhnliche. Es gibt viele unabhängige Einflüsse in der Psychotherapie1 und die Medikation ist nur einer von ihnen.
Die Medikamente können signifikante Veränderungen im Verhalten und in der Art hervorrufen, wie eine PatientIn sich selbst und ihre Umwelt erlebt. Dies ist in ihrer Art, in der therapeutischen Situation zu sein, präsent. So kann z. B. ein Antidepressivum einer PatientIn helfen, Energie zu mobilisieren, was möglicherweise einen signifikanten Einfluss auf den Verlauf der psychotherapeutischen Sitzungen hat. Wir können uns vorstellen, dass in diesem Fall die Medikamente einen ähnlichen Effekt auf die PatientIn haben, als sei sie verliebt. Auch das Verliebt-Sein verleiht der PatientIn Energie und umgeht ihre Achtsamkeit und ihre Kontrolle. Das Verliebt-Sein als Einfluss ohne direkte Verbindung zur Psychotherapie hätte einen signifikanten Einfluss auf den Verlauf der Psychotherapie. Plötzlich stehen der PatientIn Möglichkeiten offen, die in der Psychotherapie zuvor nicht zugänglich waren. Sie spürt das Einströmen von Energie, glaubt an ihre Fähigkeiten und plant Veränderungen in ihrem Leben. Diese Möglichkeiten haben sich ohne eine direkte Verbindung zum Prozess der Psychotherapie aufgetan. Verliebt zu sein öffnet Wege zu persönlichem Potenzial, das man sich nie erträumt hat, doch wenn das Gefühl wieder verschwindet, kann der Effekt verblassen. Die Auswirkungen mancher Medikamente können ähnlich sein, auch wenn sie keine so dramatische Form annehmen. Andere Medikamente können unterschiedliche Auswirkungen zeigen, so können sie z. B. dabei helfen, Emotionen zu regulieren und Erfahrungen zu integrieren. Es ist wichtig für die TherapeutIn, ihre Einstellung zu solchen von unabhängigen externen Faktoren stammenden Einflüssen auf die therapeutische Situation, genau zu untersuchen und sich ihrer bewusst zu werden.
Doch als GestalttherapeutInnen betrachten wir keinen Faktor als unabhängig, wir sehen die Situation auf ganzheitliche Weise. Wir können die Medikamente als besten Weg begreifen, der der PatientIn im Moment hilft, mit einer schwierigen Situation umzugehen. Die Medikamente einzunehmen steht in Verbindung mit dem aktuellen Bedürfnis der PatientIn, das innerhalb des gesamten Feldes nicht nur von gegenwärtigen und vergangenen Beziehungen zur Außenwelt, sondern auch von der Beziehung zu sich selbst entsteht. Die Medikamente interagieren auf verschiedene Weise mit anderen Elementen des Feldes: Oft übernehmen sie eine unterstützende Funktion, doch sie können auch stigmatisieren und Einschränkungen hervorheben, sie können verwendet werden, um die Außenwelt zu manipulieren, und sie können andere Aufgaben erfüllen, von denen wir manche im folgenden Text beschreiben werden. Es ist wichtig, auf phänomenologische Weise bewusst zu machen, wie die Medikamente die therapeutische Situation beeinflussen.
3. Die Kombination von Psychotherapie und Pharmakotherapie
Die Ansichten über die Kombination2 von Psychotherapie und Pharmakotherapie haben sich mit der Zeit verändert, seit in den 1950ern die ersten Psychopharmaka auf den Markt kamen. Manche PsychotherapeutInnen lehnten die Kombination erst ab, aus Angst, dass die Medikamente wichtige Gefühle und Konflikte überdecken, die Gegenstand der psychotherapeutischen Arbeit sind (Holub 2010). Dies veränderte sich, als immer mehr Menschen mit schweren psychischen Störungen psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nahmen, z. B. PatientInnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder mit Psychosen. In diesen Fällen war die Pharmakotherapie kein Nachteil, sondern ermöglichte den PatientInnen vielmehr vom psychotherapeutischen Prozess zu profitieren.
In den letzten zwei Jahrzehnten sind die Entwicklungen im Bereich der Psychopharmaka schnell vorangeschritten. Inzwischen sind Psychopharmaka mit nur geringen Nebenwirkungen auf dem Markt. Diese Medikamente können nicht nur von PsychiaterInnen verschrieben werden, sondern auch von ÄrztInnen für Allgemeinmedizin und anderen SpezialistInnen. Die Medikamente werden für ein breiteres Spektrum von psychischen Zuständen und eine niedrigere Intensität von Problemen verordnet.
Infolgedessen nimmt der Einsatz von psychiatrischen Medikamenten immer mehr und mehr zu und ersetzt oft die Psychotherapie, sogar in Fällen, bei denen sie üblicherweise Methode der ersten Wahl war. Da die Medikamente für ein rasches Nachlassen der Symptome und somit schnell für schnelle Erleichterung sorgen, kann es passieren, dass PatientInnen die Psychotherapie als zu wenig effektiv, zu langsam oder zu teuer wahrnehmen.
Wenn wir uns jedoch von dem dichotomen Denken lösen (Medikamente versus Psychotherapie), können wir sehen, dass sich diese beiden Ansätze für das Wohl unserer PatientInnen kombinieren lassen, sie können einander gut ergänzen. Die Kombination von Psychotherapie und Pharmakotherapie stellt eine weit verbreitet klinische Praxis dar. Viele Studien beweisen, dass diese Kombination einen größeren therapeutischen Effekt hat als jede Methode einzeln anzuwenden (Wright / Hollifield 2006). Allerdings ist nicht geklärt, in welchem Ausmaß diese Ergebnisse generalisiert werden können. Außerdem treffen sie nur auf PatientInnen mit einer psychiatrischen Diagnose in psychotherapeutischer Behandlung zu.3
Psychopharmaka können den psychotherapeutischen Prozess erheblich unterstützen, indem sie exzessive, lähmende Angst und depressives Erleben reduzieren. Sie können auch hilfreich dabei sein, Unterbrechungen in der Psychotherapie zu überbrücken. Andererseits kann auch die Psychotherapie die Pharmakotherapie unterstützen, da es der PatientIn ihre Einstellung zu Medikamenten und zu der Erfahrung, diese einzunehmen, bewusst macht. Ein einschränkender Faktor (wenngleich nicht immer unerwünscht) in der kombinierten Therapie ist, dass die Medikamente PatientInnen in einer passiveren Haltung verharren lassen und ihnen erlauben können, keine Verantwortung für ihren Zustand und den psychotherapeutischen Prozess zu übernehmen (Holub 2010). Medikamente sind für manche PatientInnen notwendig, doch ihre Verwendung ist eingeschränkt durch das Risiko einer Abhängigkeit und einer möglichen Verringerung der Motivation der PatientInnen, psychotherapeutische Arbeit zu leisten und ihre Fähigkeit auszubilden, eigene Fertigkeiten für die Bewältigung von Problemen zu erlernen (Williams / Levitt 2007).
Es ist wichtig für GestalttherapeutInnen, sich nicht nur der oben erwähnten Vorteile und Einschränkungen dieser Kombination bewusst zu sein, sondern auch einen Weg zu finden, diese im Dialog mit der PatientIn zu untersuchen und sie im Kontext der gesamten psychotherapeutischen Situation zu betrachten.
4. Beziehungen zu den Medikamenten
Neben anderen externen Einflüssen auf die PatientIn, wie z. B. ihr Beruf oder ihre psychische Krankheit, sind die Medikamente Teil des größeren Feldes der therapeutischen Situation. Das Medikament ist eine Komponente des Feldes, die wie jede andere Komponente im Therapieprozess potenziell von Bedeutung ist. Wenn die PatientIn zum Beispiel aufgrund der Medikamente weniger angespannt oder müde ist, verändert das die ganze therapeutische Situation, die Medikamente beeinflussen den Therapieprozess und auch die Erfahrung, die die TherapeutIn mit der KlientIn hat. Die Medikamente sind also Teil der aktuellen Organisation des Beziehungsfeldes. Ihr Einfluss besteht in dem unmittelbaren pharmakologischen Effekt, den sie auf die PatientIn haben, sowie in ihrer psychologischen Wirkung auf die PatientIn und die TherapeutIn. In dem folgenden Text werden wir zahlreiche mögliche Beziehungen in der Triade aus TherapeutIn, PatientIn und Medikamenten untersuchen.
4.1 Wie die Medikamente die PatientIn und den Psychotherapieprozess beeinflussen können
Psychopharmaka verändern die Funktionsweise des Organismus auf biologischer Ebene und bewirken dadurch eine Veränderung der psychischen Funktionen. Abgesehen davon wirken Medikamente (genauso wie Psychotherapie) durch den Placeboeffekt.4 Weiter unten im Text werden wir genauer auf die biologische Wirkung von Psychopharmaka eingehen. GestalttherapeutInnen können ihre Fertigkeit zur phänomenologischen Beobachtung nutzen, um den Einfluss der Medikation auf die PatientIn und ihre Art, in Kontakt zu treten, sowie auf die gesamte psychotherapeutische Situation zu beschreiben. Zu diesem Zweck können TherapeutInnen Modelle von Kontaktstilen (Retroflexion, Projektion, etc.) oder die Kontaktsequenz nutzen (Rückzug > Erkennen > Mobilisierung > Handlung > Kontakt > Integration > Rückzug >). So kann man beobachten, wie die Medikamente die verschiedenen Phasen des psychotherapeutischen Prozesses beeinflussen.
Gemessen am Effekt auf das Erleben der PatientIn können wir die häufigsten Medikamente5 in zwei Gruppen einteilen:
1. schnell und vorübergehend wirksam (Benzodiazepine-Anxiolytika)
2. langsam und langfristig (Antidepressiva, Antipsychotika, Phasenprophylaktika/ Stimmungsstabilisierer)