Kitabı oku: «Grundwissen Kommunikation», sayfa 2
Die in Abbildung 2 als Störquelle 1 bezeichnete Problematik greift die Verschlüsselung der Botschaft auf. Schon hier kann eine auch aus Sicht des Senders missglückte Zuordnung von Bedeutung zu Zeichen eine Botschaft ergeben, die der eigentlichen Absicht des Senders entgegensteht und damit zu einer verunglückten Botschaft führt. Jeder Mensch kann auf die Erfahrung zurückblicken, dass innere Empfindungen (Bedeutungen) auf eine verunglückte, ungewollte Art (Zeichen) ausgedrückt wurden. Zum Beispiel ist die Empfindung, einer anderen Person zugeneigt zu sein, etwas, das schwer zu enkodieren ist. Viele Menschen blicken auf die Erfahrung zurück, dass das in dem Moment anders aus ihnen herausgekommen (und damit verschlüsselt worden) ist, als sie es beabsichtigt haben. Im polizeilichen Rahmen kann eine kommunikative Störung im Sinne der Störquelle 1 durch folgenden Satz zu einem Bürger, der gerade Zivilcourage gezeigt hat, entstehen: Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut sollte eigentlich Anerkennung vermitteln, ist aber unglücklich bzw. missverständlich ausgedrückt (= enkodiert) worden und könnte unter Umständen zu einer beleidigten Reaktion des Bürgers führen. Die Konsequenz aus Störquelle 1 ist eine entsprechende Entschlüsselung durch den Empfänger und eine daraus resultierende Rückmeldung.
Unter Störquelle 2 sind äußere Einflüsse zu verstehen (z. B. Lärm, Überlagerung mehrerer Botschaften, etc.), die eine vollständige Übertragung der Botschaft verhindern. Beispiele für diese Störungsart werden im Rahmen polizeilicher Stabsarbeit genannt (Thieme & Hofinger, 2008), da hier besonders viele Faktoren auf die Teamkommunikation Einfluss nehmen (Hofinger, 2005). Konkret gehören Telefone mit lauten Signalen, Lautsprecher, die zum Mithören eingeschaltet sind, Fax-Geräte und Projektoren, die dauerhaft unangenehme Geräusche verursachen, Raucher und auch der Andrang von Besuchern und Beobachtern dazu (Thieme & Hofinger, 2008, S. 285). In zwei in der Öffentlichkeit besonders bekannten Einsatzlagen haben äußere sowie technische Störungen dramatische Auswirkungen gehabt: Bei der Geiselnahme von Gladbeck im Jahr 1988 waren „zeitweise etwa 27 Personen im Lagezentrum anwesend, von denen aber nur etwa 16 Personen unmittelbar mit der Einsatzbewältigung befasst waren“ (Thieme & Hofinger, 2008, S. 285).
Der polizeiliche Bezug des Grundmodells der Kommunikation ist offensichtlich aber auch trivial, weil es eben das Grundverständnis von Kommunikation beschreibt und damit für sämtliche menschliche Interaktionen und damit die meisten Berufe relevant ist. Aus der Vielzahl der Ereignisse, in denen die Kommunikation im polizeilichen Alltag eine besondere Bedeutung aufweist (s. Abschnitt 1), kann für den Transfer der theoretischen Ausführungen auf die polizeiliche Praxis der Aspekt Lautsprecherdurchsagen herausgegriffen werden. Dieses Praxisbeispiel ist auch aus dem Grund besonders relevant, da es sich um eine Einwegkommunikation mit nur sehr geringer Möglichkeit der Rückmeldung handelt. In den kommunikationstheoretischen Hinweisen zur Gestaltung von Lautsprecherdurchsagen (Eggers, 2001) werden die soeben dargestellten Elemente und Störquellen aus dem Grundmodell der Kommunikation aufgegriffen. So werden Absender und Adressat anhand ihrer Merkmale thematisiert und häufige Fehler beschrieben.
Mit Bezug zur Störquelle 2 wird das Anheben der Tonhöhe, ein zu schnell und ein zu lautes Sprechen erwähnt, womit dann die grundlegende Übertragung der Nachricht behindert wird.
Probleme beim Dekodieren (Störquelle 3) der Nachricht für die Betroffenen ergeben sich durch ungeeignete Formulierungen bei der Lautsprecherdurchsage. In dem Zusammenhang wird empfohlen auf sogenannntes Amtsdeutsch und auf polizeiliche Fachsprache und Formalismen zu verzichten. So sehr Sätze wie die CVPO-Schnittstelle überträgt die Datensätze aus ComVor nach POLAS und nach Abschluss der Verfahrensbearbeitung zur PKS für den Insider zu verstehen sind, so müssen sie doch als nicht allgemeinverständlich und damit auch als nicht adressatengerecht angesehen werden.
Um die Dekodierung der Nachricht bei Lautsprecherdurchsagen zu vereinfachen, besteht die grundsätzliche Anforderung darin, den Satzbau einfach, übersichtlich und kurz zu gestalten und auf eine einfache und klare Wortwahl in der Sprache der Adressaten zu achten.
Mit dieser wichtigen aber doch vordergründigen Betrachtung menschlicher Kommunikation sind begriffliche und inhaltliche Grundlagen gelegt und mögliche Störungen erklärt worden. Das Sender-Empfänger-Modell allein beinhaltet allerdings ein zu kurz gefasstes Verständnis der Kommunikation zwischen Menschen (s. Kritik am klassischen Kommunikationsmodell in Herrmann, 1992). Dieses wird durch die fünf Axiome menschlicher Kommunikation nach Watzlawick et al. (2007, s. Abschnitt 3) erweitert und durch die vier Seiten einer Nachricht von Schulz von Thun (2008, s. Abschnitt 4) weiter differenziert.
3 Menschliche Kommunikation nach Watzlawick, Beavon und Jackson
Die reine Übertragung des nachrichtentechnischen Modells von Shannon und Weaver (1949) auf die menschliche Kommunikation befindet sich noch in einer einseitigen Sender-Empfänger-Logik und damit einer linearen Ursache-Wirkungs-Denkweise. Das Grundmodell der Kommunikation übernimmt zwar die Terminologie, berücksichtigt aber bereits die Rückkopplung, die eine zentrale Rolle in dem Werk Menschliche Kommunikation von Watzlawick et al. (2007) spielt. Hier werden die Kreisförmigkeit und Wechselwirkungen der Kommunikationsabläufe ohne Anfang und Ende im Sinne eines systemischen Denkens ebenso betont wie die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren oder die Bedeutung der Metakommunikation als das Kommunizieren über Kommunikation. Im Folgenden sollen die Denkansätze der Gruppe um Paul Watzlawick zur Kommunikation anhand seiner berühmt gewordenen fünf metakommunikativen Axiome (s. Schaukasten 1) dargelegt werden, die er selber vielleicht noch treffender als Lehrsätze oder Grundeigenschaften der Kommunikation bezeichnet.
Schaukasten 1
Die fünf metakommunikativen Axiome menschlicher Kommunikation
1. Man kann nicht nicht kommunizieren.
2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist.
3. Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt.
4. Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten.
5. Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.
Die Bedeutung der als vorläufig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Endgültigkeit bezeichneten fünf Prinzipien wird unter anderem in ihrer praktischen Nützlichkeit gesehen: Entscheidend für eine erfolgreiche Kommunikation ist die Berücksichtigung der Axiome im Sinne einer Reflektion über eben diese Eigenschaften der Kommunikation. Dabei ist festzuhalten, dass unter bestimmten Bedingungen im Rahmen der fünf Prinzipien die Kommunikation gestört werden kann, was als pathologische oder gestörte Kommunikation bezeichnet wird (Watzlawick et al., 2007). Aus diesem Grund wird in diesem Abschnitt zunächst das jeweilige Axiom beschrieben, dann gelingende und gestörte Kommunikation erläutert, um daraus die Ableitung für polizeiliches Handeln zu ziehen.
1. Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren
Mit dem 1. Axiom, man kann nicht nicht kommunizieren, ist eine bestimmte Vorstellung des Begriffs Kommunikation verbunden. Es geht dabei nicht um einen konkreten kommunikativen Akt im Sinne einer Mitteilung, die selbstverständlich unterlassen werden kann, z. B. in dem nicht geantwortet bzw. reagiert wird. Hinter der Feststellung, dass es nicht gelingen kann, nicht zu kommunizieren, verbirgt sich die Gleichsetzung von Kommunikation und Verhalten. Da jedes Verhalten, also auch die Verweigerung einer einzelnen Kommunikationssequenz (z. B. eine Reaktion), eine Botschaft beinhaltet und damit einen kommunikativen Charakter hat und es kein Gegenteil von Verhalten gibt, ist es eben nicht möglich, nicht zu kommunizieren. Mit anderen Worten: Egal, wie sich eine Person auch verhält, sie sendet stets Botschaften (verbal, nonverbal, paraverbal) aus und betreibt auf diese Weise immer Kommunikation. Eine Interaktion mit dem Partner in einer Situation gelingt dann eher, wenn es den einzelnen Personen bewusst ist, dass sie mit ihrem Verhalten stets eine Rückmeldung geben. Daraus sollte dann der Schluss gezogen werden, Kommunikation bewusst zu betreiben und entsprechend der eigenen Absicht zu gestalten.
Im Gespräch mit dem polizeilichen Gegenüber besteht die Ausgangssituation bei vielen Anlässen (Zeugenvernehmung, Aufnahme eines Verkehrsunfalls, etc.) darin, dass es sich für die Bürgerin bzw. den Bürger um ein einmaliges und emotional anspannendes Erlebnis handelt, während die Polizeibeamtin bzw. der Polizeibeamte dabei eine häufig auftretende Routinesituation bearbeitet. Daher ist es für die Beschäftigten der Polizei wichtig sich zu verdeutlichen, dass bestimmte Botschaften (geringe Anteilnahme, Bemerkungen wie: „Nicht auch noch vor Dienstschluss“) als mangelnde Wertschätzung in der für den Bürger bzw. die Bürgerin besonderen Situation empfunden wird, ohne dass dahinter eine bewusste negative Absicht steht. Hier könnte es allen Beteiligten helfen, wenn die Polizistinnen und Polizisten die ihnen bekannte Technik des Aktiven Zuhörens (Schwäbisch & Siems, 1997) in ihren drei Phasen (1) Verständnisvolles Zuhören, (2) Paraphrasieren und (3) Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte anwenden würden (s. Kap. Aktives Zuhören von Hallenberger in diesem Band).
In einem Experiment kann die Bedeutung des 1. Axioms und des Verständnisvollen Zuhörens verdeutlicht werden (s. Schaukasten 2).
Schaukasten 2
Experiment zur Wirkung kommunikativer Verhaltensweisen
Einer Gruppe von Personen wird der Auftrag erteilt, eine emotional bedeutsame Episode aus ihrem Leben zu erzählen.
Dieser Gruppe von Erzählenden werden drei unterschiedliche Typen von Zuhörenden zugespielt, ohne dass der einzelne Erzählende davon unterrichtet ist:
• Zuhörende A: Verhält sich im Sinne des Verständnisvollen Zuhörens; sendet Signale des Interesses
• Zuhörende B: Sendet Signale des Desinteresses: Wegschauen, SMS-checken, etc.
• Zuhörende C: Versucht, keinerlei Reaktion zu zeigen
Der einzelne Erzählende versucht nun, seine persönlich bedeutsame reale Episode aus seinem Leben dem Zuhörenden zu erzählen und trifft dabei entweder auf die Reaktion des Zuhörenden A, B oder C.
Im Anschluss an die ca. 5 Minuten dauernde Erzählung, werden die Erzählenden gebeten zu beschreiben, wie sie sich während des Erzählens gefühlt haben.
Grundsätzlich führt das Verhalten der Zuhörenden A (Verständnisvolles Zuhören) zu einer positiven Bewertung durch die Erzählenden, während sowohl die eindeutige Abweisung als auch die Nicht-Reaktion zu sehr negativen Bewertungen führen. Insbesondere die (Nicht-) Reaktion der Zuhörenden C führt zu einer starken Verunsicherung, die auch als Entwertung (Watzlawick et al., 2007) bezeichnet wird.
2. Die Inhalts- und Beziehungsaspekte der Kommunikation
In einer einfachen Nachricht von einem Sender an einen Empfänger wird stets ein Inhalt übermittelt: Der Sachinhalt oder auch das Was der Botschaft. Die scheinbare Eindeutigkeit dieses Inhalts wird durch einen weiteren Aspekt der Botschaft jedoch aufgehoben, die Beziehungsebene. Dahinter verbirgt sich, wie der Sender sein Verhältnis zu dem Empfänger definiert (z. B. vertraut, freundschaftlich, neutral, feindselig, unter- oder übergeordnet) und damit auch, wie der Empfänger den Sachinhalt der Botschaft verstanden haben möchte. Insofern lautet das 2. Axiom: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist. In einer Analogie zu Elektrorechnern wird das 2. Axiom veranschaulicht: „Der Inhaltsaspekt vermittelt die Daten, der Beziehungsaspekt weist an, wie diese Daten aufzufassen sind“ (Watzlawick et al, 2007, S. 55).
Es kann an Erfahrungen aus dem Alltag eines Jeden demonstriert werden, dass die Beziehung zwischen Kommunikationspartnern das gegenseitige Verständnis der angeblich eindeutigen Sachinformation erheblich beeinflusst. Dazu ist nur zu erinnern, wann dieselbe Aussage mit dem identischen Wortlaut zu einem völlig unterschiedlichen Verständnis und damit auch zu einer abweichenden Reaktion geführt hat. Es ist offensichtlich, dass eine lockere Bemerkung zu einer langjährig vertrauten Person anders ankommt als zu einem Geschäftspartner, mit dem es nur sporadisch Kontakt gibt. So hat beispielsweise der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel nach dem TV-Duell zwischen Peer Steinbrück (SPD) und Angela Merkel (CDU) zu seinem Parteigenossen den Satz Du bist eine coole Sau gesagt, der von vielen als Beleidigung aufgefasst worden wäre, auf Grund der Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern aber als Anerkennung zu verstehen ist.
Aus der Differenzierung von Inhalts- und Beziehungsebene ergeben sich verschiedene Varianten (Watzlawick et al., 2007), die entweder zu einer gelingenden oder gestörten Kommunikation führen. Zusammenfassend kann festgehalten werden (Sticher, 2012, S. 35), dass Kommunikation dann erfolgreich ist,
• wenn auf beiden Ebenen (Inhalt ihrer Kommunikationen und Definition ihrer Beziehung) Einigkeit herrscht (Idealfall der Kommunikation)
• oder eine Uneinigkeit auf der Inhaltsebene die Beziehungsebene nicht beeinträchtigt, was Watzlawick et al. (2007) als die menschlich reifste Form der Auseinandersetzung mit Unstimmigkeiten bezeichnet.
Es kann zusätzlich erwähnt werden, dass es ein Zeichen für eine gute Beziehung zwischen Kommunikationspartnern ist, dass die Definition der Beziehung hinter der Inhaltsebene zurücksteht.
Störungen nach dem 2. Axiom entstehen (Sticher, 2012, S. 35), (a) wenn Konflikte einer negativen Beziehung auf der Inhaltsebene ausgetragen werden, (b) wenn die Uneinigkeit auf der Inhaltsebene auf die Beziehungsebene übertragen wird, (c) wenn die Beziehung negativ ist, (d) wenn Unklarheit über die Beziehung besteht (Konfusionen) oder (e) wenn man versucht, den Beziehungsaspekt aus der Kommunikation herauszuhalten. Ein Beispiel für Letzteres zeigt sich in Führungssituationen in Behörden oder Betrieben. Hier wird seitens der verantwortlichen Führungskraft oftmals fehlerhaft mit dem Argument sachlich bleiben zu wollen, bei der Einsatznachbesprechung die Beziehungsebene ausgeblendet. Gerade diese zwischenmenschliche Komponente stellt allerdings den Knackpunkt dar, weshalb der konkrete Einsatz nicht erfolgreich war. Zukünftige Einsätze z. B. bei Demonstrationen werden dann ebenfalls unterhalb des möglichen Erfolgs bleiben, da ungeklärte Beziehungsprobleme ebenfalls in der Einsatzvorbesprechung nicht thematisiert werden und sich auf die Einsatzhandlungen negativ auswirken.
Im Kontext polizeilichen Handelns soll aus der Vielzahl an Varianten eine herausgegriffen werden, um das 2. Axiom zu veranschaulichen.
Die zuletzt genannte Störung (e) kann dann gravierende Auswirkungen für Betroffene haben, wenn die Beziehungsebene in der Kommunikation in der psychologischen Krisenintervention (Hallenberger, 2009) ausgeblendet wird. Hier ist neben einer korrekten Informationsübermittlung auf der Inhaltsebene die Beziehungsebene der entscheidende Aspekt, um beispielsweise einer (weiteren) Traumatisierung bei einer Krise (schwerer Verkehrsunfall, Schusswaffengebrauch, Naturkatastrophe, schwere Familientragödie) vorzubeugen. Eine rein sachliche Kommunikation würde zu negativen Konsequenzen führen, da die wichtigen Beziehungsbotschaften wie ich bin für Dich da oder ich nehme mir die Zeit und höre Dir zu fehlen würden.
3. Die Interpunktion von Ereignisfolgen
Das 3. Axiom besagt, dass die Natur einer Beziehung durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt ist. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich das Bestreben der Kommunikationspartner, der stattfindenden Interaktion eine Struktur zu geben. Dazu setzen sie jeweils subjektiv den Beginn der Kommunikation fest und verbinden das mit einem Ursache-Wirkungs-Denken. Obwohl das Organisieren der Kommunikation und damit des gesamten Verhaltens ein zentrales menschliches Bedürfnis im Sinne des Gewinns von Kontrolle (Rotter, 1954, 1966, zitiert nach Herkner, 1991) ist, wird mit der Interpunktion von Ereignisfolgen der eingangs erwähnten Kreisförmigkeit der Kommunikationsabläufe und den daraus resultierenden Wechselwirkungen ohne Anfang und Ende widersprochen. Es liegt auf der Hand, dass Beziehungskonflikte entstehen, wenn Ursache und Wirkung bzw. der Beginn eines Ereignisses zwischen Kommunikationspartnern unterschiedlich wahrgenommen und festgesetzt werden. Zwei polizeiliche Beispiele sollen die daraus resultierenden Kommunikationsstörungen verdeutlichen (s. Abb. 4).
In der polizeilichen Außenperspektive (äußerer Kreislauf: Polizei und polizeiliches Gegenüber) zeigt sich, dass sich die Aggressionen bei einer Großveranstaltung wie beispielsweise einer Versammlung aufschaukeln. Das geschieht dadurch, dass jede Partei ihr Verhalten durch das Verhalten der anderen Partei begründet, also die Ursache für das eigene Verhalten in dem Auftreten des Anderen gesehen wird. Subjektiv setzt jede Partei einen anderen Anfang der Kommunikation (Interpunktion). Somit kommt es sowohl zu mehr Widerstand seitens der Versammlungsteilnehmer als auch zu verschärften Maßnahmen der Polizei.
Im inneren Teil von Abbildung 4 soll ein vergleichbarer Prozess im polizeilichen Innenverhältnis dargestellt werden. Im Kontext der Mitarbeiter-Vorgesetzten-Beziehung und demnach der Mitarbeiterführung wird das eigene Handeln ebenfalls mit dem Handeln des jeweils Anderen begründet, dessen Kommunikation subjektiv als eigentliche Ursache gesehen wird. Die Führungskraft kritisiert den mangelnden Einsatz des Mitarbeiters, der seinerseits weniger Einsatz zeigt, weil er kritisiert wird.
Der Ausweg aus diesem Teufelskreis und damit die Grundlage für eine erfolgreiche Beziehung und Kommunikation besteht darin, die linear-deterministische Ursache-Wirkungs-Vorstellung zu überwinden. Damit entfällt die Suche nach dem Auslöser eines Konflikts, da Kommunikation als Regelkreis begriffen wird, der keinen Anfang und kein Ende hat. Eine weitere Möglichkeit, mit Problemen der dargestellten Art umzugehen, ist eine Einigung über den Beginn bzw. über Ursache und Wirkung zwischen den Kommunikationspartnern.
Abbildung 4
4. Digitale und analoge Kommunikation
In dem 4. Axiom, menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten (…), verweisen Watzlawick et al. (2007) darauf, dass es grundsätzlich zwei Möglichkeiten gibt, sich auszudrücken.
Die digitale Kommunikationsform benennt ein Objekt, ohne dass es einen ursprünglichen Zusammenhang zwischen dem Namen des Gegenstands und dem Gegenstand selbst gibt. Es besteht eine Übereinkunft für die Beziehung zwischen Wort und Gegenstand, aber „die Zahl fünf [hat] nichts besonderes Fünfartiges an sich und das Wort ‚Tisch’ nichts besonders Tischähnliches“ (Bateson & Jackson, 1964, zitiert nach Watzlawick et al., 2007). Durch die genaue Bezeichnung in Wort oder Schrift ist die abstrakte digitale Kommunikation besonders geeignet, die Inhaltsebene in der Botschaft zu transportieren.
Im Gegensatz zur digitalen Kodierung besteht bei der analogen Modalität ein direkter Zusammenhang zwischen dem, was beschrieben werden soll und dem, wie es dargestellt wird. Durch die nonverbalen (Gestik, Mimik, Körperhaltung) und paraverbalen (Stimmlage, Lautstärke, Tempo, Seufzen) analogen Elemente einer Nachricht wird vermittelt, wie etwas zu verstehen ist (s. Kap. Nonverbale Kommunikation von Lorei & Litzcke in diesem Band). Damit ist der analoge Teil einer Botschaft derjenige, der die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern definiert.
Ein im polizeilichen Einsatz bei Demonstrationen anzutreffender Slogan, der von den Demonstrationsteilnehmern in Richtung der polizeilichen Einsatzkräfte skandiert wird, lautet: Wir sind friedlich, was seid ihr!? Bei kongruenter Botschaft, also bei Übereinstimmung von digitaler und analoger Kodierung, geht mit dem friedlichen digitalen Appell ein Tonfall und eine Körperhaltung einher, die zur Deeskalation beitragen und damit als gelingende Kommunikation bezeichnet werden kann. Wird bei gleicher digitaler Modalität allerdings ein aggressiver Tonfall gewählt und die erwünschte Distanz zwischen Demonstrationsteilnehmer und Polizeikräften nicht eingehalten, muss eine mangelnde Übereinstimmung von digital und analog und damit eine gestörte Kommunikation konstatiert werden.
Wenn Übereinstimmung und Eindeutigkeit der einzelnen Kommunikationsformen verantwortlich für eine gelingende Kommunikation sind, dann liegen unter der gegenteiligen Bedingung Störungen vor. So wie bei dem Demonstrationsbeispiel digitale und analoge Modalität nicht kongruent sind und zu einer gestörten Kommunikation führen, so kann vor allem eine mehrdeutige analoge Kommunikation vom Empfänger anders als vom Sender beabsichtigt interpretiert werden. Obwohl der analoge Teil einer Botschaft anfälliger für Fehlinterpretationen ist, sind digitale Elemente ebenfalls nicht notwendigerweise eindeutig.
5. Symmetrische und komplementäre Interaktionen
Die Beziehungen zwischen Menschen und die jeweiligen Rollen, in denen sie sich befinden, haben einen Einfluss auf die Art und Weise, wie sie miteinander kommunizieren. So kann ein Austausch auf Augenhöhe stattfinden, wie z. B. zwischen zwei gleichgestellten Kolleginnen (Gleichheit = symmetrisch), oder die Interaktion zeichnet sich durch die Dominanz eines Gesprächspartners aus, wie beispielsweise häufig in der Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehung (Unterschiedlichkeit = komplementär). Diesen Umstand beschreiben Watzlawick et al. (2007, S. 70) in ihrem fünften Lehrsatz folgendermaßen:
Lehrsatz
„Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.“
In Bezug auf das 5. Axiom kann gelingende Kommunikation dann beobachtet werden, wenn das Streben nach Gleichheit bzw. die Verringerung von Ungleichheiten (Symmetrie) bzw. die sich gegenseitig ergänzenden Unterschiedlichkeiten des Partners (Komplementarität) jeweils akzeptiert werden.
Ein Beispiel für das Streben nach Gleichheit ist das Anstreben einer gleichen Aufgabenverteilung zwischen Kollegen durch folgenden Dialog:
Beispiel
Kollege: „Willst Du dem Chef den Vorschlag zur Urlaubsplanung der Dienstgruppe vorstellen?“
Kollegin: „Klar. Du hast ja gestern schon den Bericht im Ausschuss vorgetragen. Machen wir nachher die Fortbildungsliste für die Kollegen zusammen fertig?
Beide: „So machen wir das“.
Ein weiteres Beispiel drückt dann eine akzeptierte Ungleichheit aus:
Beispiel
Vorgesetzte: „Bitte seien Sie so nett und liefern Sie mir die Urlaubsplanung und die Fortbildungsliste noch bis morgen 15 Uhr ab.“
Mitarbeiter: „In Ordnung. Möchten Sie eine gedruckte Version zusätzlich haben oder reicht es Ihnen per Mail?“
Vorgesetzte: „Ich hätte gerne beides und den Ausdruck dann auch doppelt.“
Interessanterweise zeichnen sich tragfähige Beziehungen durch ein Wechselspiel beider Formen aus, häufig in Abhängigkeit von bestimmten Sachverhalten bzw. Themen der Beziehung. In diesem Zusammenhang wird von einem gegenseitigen Stabilisieren der Beziehung durch den flexiblen Wechsel zwischen symmetrischer und komplementärer Kommunikation gesprochen.
Aus dem Letztgenannten ergibt sich zwangsläufig eine mögliche kommunikative Störung, die als starre Komplementarität bezeichnet wird. Dahinter verbirgt sich der Aspekt, dass in der Beziehung zwischen zwei Menschen die primäre und sekundäre Position fixiert wird und somit keine Entwicklung erlaubt ist.
Eine weitere Störung kann in der Eskalation der komplementären oder symmetrischen Beziehung gesehen werden. In der auf Unterschiedlichkeit beruhenden Kommunikation kann sich das jeweilige Dominanz-Unterwerfungs-Verhalten immer weiter aufschaukeln und damit eine stabile Kommunikationsbeziehung verhindern. Bei der symmetrischen Eskalation wird die Position verlassen, in der sich die Gleichheit durch gegenseitigen Respekt und Vertrauen auszeichnet. Vielmehr führt die Tendenz zur Gleichheit zu einem sich gegenseitigem Überbieten und verlässt damit ebenfalls eine stabile kommunikative Beziehung.
Das Aufschaukeln des Dominanz-Unterwerfungs-Verhaltens kann an folgendem Beispiel als Variante zu oben illustriert werden:
Beispiel
Vorgesetzte: „Seien Sie so nett und liefern Sie mir die Urlaubsplanung und die Fortbildungsliste noch bis morgen 15 Uhr ab.“
Mitarbeiter: „In Ordnung.“
Vorgesetzte: „Und dann bitte noch die Zielvereinbarungen mit den Kollegen aus den Mitarbeitergesprächen. Die müssten Sie dann aber noch aus der Verwaltung besorgen.“
Mitarbeiter: „Ich weiß nicht, ob ich da so schnell herankomme und das sind auch ganz schön viele Unterlagen. Ich kann es ja versuchen.“
Vorgesetzte: „Das werden Sie ja wohl bis morgen hinbekommen.“
Mitarbeiter: „Selbstverständlich.“
Ein weiteres Beispiel zeigt eine instabile Gleichheit durch ein sich gegenseitiges Überbieten:
Beispiel
Kollege: „Ich werde bei der nächsten Dienstreise auf den großen Abteilungswagen zurückgreifen.“
Kollegin: „Wenn Du Dir den nimmst, dann melde ich bei der Chefin jetzt schon mal an, dass ich zur Austauschgruppe nur mit der 1. Klasse fahre.“
Kollege: „Wer weiß, welche Vorteile Du noch rausschlägst.“
Kollegin: „Musst Du gerade sagen. Mir steht schließlich die gleiche Pauschale zu.“
Abbildung 5
Eine letzte Problematik hinsichtlich dieses Prinzips besteht darin, dass eine Person die Beziehung als symmetrisch definiert, während die andere sie als komplementär betrachtet (Sticher, 2012, S. 36). Es liegt auf der Hand, dass sowohl im polizeilichen Außenverhältnis, aber vor allem in der Innenperspektive hier Probleme entstehen können. In einem Kompetenzgerangel, in der verschiedene Gruppen um die Zuständigkeit kämpfen, wird sich die Auseinandersetzung über den Vorrang bei der Aufgabenbearbeitung im 5. Axiom wiederfinden. In den jeweiligen Botschaften zwischen den Kommunikationspartnern wird sich eine nicht zueinander passende Symmetrie und Komplementarität zeigen.
4 Die Anatomie einer Nachricht:
Das kommunikationspsychologische Modell von Schulz von Thun
Mit seinen Ausführungen zur allgemeinen Psychologie der Kommunikation verfolgt Schulz von Thun (2008) das Ziel, nebeneinander bestehende Ansätze der (Kommunikations-) Psychologie zu integrieren, um praktische Kommunikationsprobleme bearbeiten zu können. Daher verwundert es nicht, dass sich sowohl Elemente des Grundmodells der Kommunikation als auch der Axiome von Watzlawick et al. (2007) in dem Quadrat der vier Seiten einer Nachricht (s. Abb. 5) wiederfinden. So werden die vier Seiten einer Nachricht in das Sender-Empfänger-Modell zur Differenzierung der übersendeten Nachricht eingefügt. Des Weiteren entspricht der Sachinhalt dem Inhaltsaspekt von Watzlawick et al., während die zweite, dritte und vierte Seite der Nachricht eine Unterscheidung des Beziehungsaspekts darstellen (Sticher, 2012, S. 37).
Mit dem Quadrat als Herzstück des Modells sind mehrere Erkenntnisse verbunden, die bei der „Analyse konkreter Mitteilungen und zur Aufdeckung einer Vielzahl von Kommunikationsstörungen“ (Schulz von Thun, 2008, S. 15) helfen können: Kommunikation ist nicht eindeutig, sondern vierdimensional. Dadurch, dass in einer Nachricht viele Botschaften gleichzeitig enthalten sind, ist die Dekodierung für den Empfänger eine anspruchsvolle und häufig überfordernde Aufgabe, die wiederum zu einer missverständlichen Reaktion führen kann. Neben diesen Aspekten sollen die gleichlang dargestellten Seiten versinnbildlichen, dass alle vier Aspekte tatsächlich eine gleich starke Bedeutung haben.
Bevor das Modell der vier Seiten entwickelt wurde, war noch ungeklärt, wie viele unterschiedliche Aspekte das Gelingen oder Misslingen der menschlichen Kommunikation beeinflussen. Bei der eingehenden Beschäftigung mit dem Themengebiet konnten die vier genannten Problembereiche identifiziert werden (Schulz von Thun, 2008, S. 13-14, 26-30; s. Schaukasten 3).
Schaukasten 3
Die vier Seiten einer Nachricht
• Der Sachinhalt oder „Worüber ich informiere“ Problem: Wie kann ich Sachverhalte klar und verständlich mitteilen?
• Die Beziehung oder „Was ich von Dir halte (Du-Botschaft) und wie wir zueinander stehen (Wir-Botschaft)“ Problem: Wie behandle ich Mitmenschen durch die Art meiner Kommunikation (akzeptierend und vollwertig – herabsetzend, bevormundend oder nicht ernst genommen)?
• Die Selbstoffenbarung oder „Was ich von mir selbst – bewusst oder unbewusst – kundgebe (Ich-Botschaft)“ – gewollte Selbstdarstellung als auch unfreiwillige Selbstenthüllung