Kitabı oku: «Hospiz ist Haltung», sayfa 5

Yazı tipi:

Kapitel II Ehrenamtliche: Zugpferd oder Paradiesvogel?

In diesem Kapitel stehen die Ehrenamtlichen im Mittelpunkt:

Welche Werte haben sie geschaffen?

Welche Ziele haben sie bzw. hatten sie?

Welche Aufgaben sehen sie für sich in der veränderten Hospizlandschaft?

Aber auch, wie werden sie von außen gesehen, insbesondere auch von den Profiteuren der Bewegung: die Betroffenen und Beteiligten und insbesondere, was erwarten die Hauptamtlichen (die bezahlt Tätigen) wie Pflegende und Ärzte von ihnen?

Sie haben die Bewegung gegründet und entwickelt und sie sind verantwortlich für die Hospizbewegung, so wie sie jetzt ist, und sie müssen auch entscheiden, wie und wohin sie sich entwickeln soll – aktiv oder auch passiv. Eine Auseinandersetzung mit Rollen und Werten ist gefragt – wenn sie nicht benutzt werden wollen für Ziele und Zwecke von Trittbrettfahrern.

2.1.„Viel Amt und wenig Ehre“

von N. Nolden, M. Averkamp, U. Estor, C. Storz, K. Wauschkuhn, B. Feldhammer, I. Kunz, G. Graf, M. Müller

2.2.Zugpferd oder Paradiesvogel? Grundsätzliches zum Thema Ehrenamt

von Prof. Dr. Marie-Luise Bödiker

2.3.Hospiz ist Haltung – nicht Ort: Grundsätzliches zum Hospiz

von Prof. Dr. Marie-Luise Bödiker

2.4.Hospizbegleitung zuhause oder anderswo: Ehrenamt im stationären Hospiz

von Ursula Frühauf

2.5.Hospizbegleitung zuhause oder anderswo: Ehrenamt in der ambulanten Hospizarbeit

von Karla Einsele

2.6.Wertschätzung und gleiche Augenhöhe!?

von Dirk Blümke

2.7.Verpflichtung, Arbeitsfelder und Dokumentation

von Anja Olef

2.8.Hospiz schafft Wissen; Ehrenamtliche unter der Lupe der Wissenschaft

von Dr. Julia von Hayek, Dr. Christine Pfeffer, Prof. Dr. Werner Schneider

N. Nolden,

Zentrum für Palliativmedizin, UNIKLINIK KÖLN,

M. Averkamp,

OMEGA und DHPV, Lingen,

U. Estor, C. Storz, K. Wauschkuhn,

Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus Bonn / Rhein-Sieg,

B. Feldhammer,

entwicklung & beratung, Düren,

I. Kunz,

OMEGA, Bocholt,

G. Graf,

Wohnanlage Sophienhof gGmbH, Niederzier,

M. Müller,

ALPA Rheinland, Bonn


2.1Viel Amt und wenig Ehre

Dieses Plakat wurde von N. Nolden, Zentrum für Palliativmedizin, UNIKLINIK KÖLN, M. Averkamp, OMEGA und DHPV, Lingen, U. Estor, C. Storz, K. Wauschkuhn, Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus Bonn / Rhein-Sieg, B. Feldhammer, entwicklung & beratung, Düren, I. Kunz, OMEGA, Bocholt, G. Graf, Wohnanlage Sophienhof gGmbH, Niederzier, M. Müller, ALPA Rheinland, Bonn gemeinsam erarbeitet für den DGP-Kongress 2008.

Auf folgender Doppelseite sind Plakatinhalte wiedergegeben.


Quelle: Prof. Dr. M. Wissert, D. Pepelka, 2003, Dokumentation der Sterbebegleitung durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen der ambulanten Hospizdienste, FH Ravensburg-Weingarten

Hintergrund

Im zentralen Wertekanon von Hospizarbeit und Pallativmedizin wird der ehrenamtlichen Hilfe und Unterstützung als konstituierendem Merkmal eine herausragende Rolle zugeschrieben und besondere Bedeutung beigemessen. Es ging in der Vergangenheit weniger um einen kostendämpfenden Lösungsansatz für die Herausforderungen im Umgang mit sterbenden Menschen als um den Gedanken, dass ehrenamtliche Mitarbeit ein Zeichen für die Sicherung einer gesamtgesellschaftlich zu leistenden Aufgabe ist. Es gibt nach Schätzungen deutschlandweit derzeit 80 000 Ehrenamtliche, die sehr unterschiedlich organisiert sind. Während es in vielen Regionen bereits ausreichend Angebote mit hohen Qualitätskriterien gibt, werden an anderen Orten immer noch wenig bis keine ehrenamtlichen Mitarbeiter (EA) eingesetzt. In manchen Bereichen stehen ehrenamtliche Helfer in einer Art Arbeitsverhältnis und haben einen Ersatzkräftestatus in restriktiver werdenden Kontextbedingungen erhalten. Es gibt Erfahrungen, die zeigen, dass affektive Nähe und reflexive Distanz im Ehrenamt nicht immer selbstverständlich ausreichend ausbalanciert sind. Der jüngst entstandene gemeinsame (DHPV und DGP) Arbeitskreis „Ehrenamt“ hat sich gegründet, um die Identität des Ehrenamts in der hospizlichen und palliativen Arbeit zu beschreiben und umzusetzen.


Mythen...
...und Fakten
¤EA sitzen nur am Bett ¤EA leben „kleiner Prinz“: Man sieht nur mit dem Herzen gut. ¤Es handelt sich um alte, reiche und gelangweilte Damen. ¤Sie arbeiten frei und unverbindlich und nehmen sich zu wichtig. ¤Sie verhalten sich aufopfernd und selbstlos. ¤Diese Tätigkeit füllen nur Frauen aus. ¤Sie stehen immer im Weg herum. ¤EA bieten lebenspraktische Hilfen an: vom einfachen „Da-Sein“ zu konkreter, zupackender Unterstützung bei der Gestaltung des Lebensalltags im ambulanten und stationären Bereich. ¤EA begleiten mit Kopf, Herz und Hand. ¤EA rekrutieren sich aus vielfältigen sozialen Hintergründen und Altersstufen. ¤EA haben feste Rahmenbedingungen und sind Teil eines Teams. ¤EA erhalten Befähigung und professionelle Begleitung. ¤Die Anzahl der Männer im Bereich des hospizlichen Ehrenamtes steigt. ¤EA erhalten klar umschriebene Aufgabenfelder und füllen diese selbstständig aus.


Qualitätsanforderungen

¤Persönliche Anforderungen Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit den Themen Krankheit, Sterben, Tod sowie Teamfähigkeit

¤Strukturelle Anforderungen Professionelle Ehrenamtskoordination Qualifizierter Befähigungskurs und Fortbildungen Professionelle kontinuierliche Begleitung der Ehrenamtlichen

¤Dokumentation



Begleitungsaufgaben der Ehrenamtlichen

Fazit und Ausblick

Die gesetzliche Verankerung des Ehrenamtes im Gesundheitswesen (§39a SGB V) ist ein wesentlicher Schritt in der Implementierung des Ehrenamts. Darüber hinaus ist für eine flächendeckende Versorgung eine Unterstützung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene unverzichtbar:

Zusammenfassung

¤Hilfestellung beim Aufbau, finanzielle Absicherung der Personal-, Weiterbildungs- und Supervisionskosten für Hospizdienste.

¤Anerkennung der ehrenamtlichen Hospizvereine als gleichberechtigter Partner im örtlichen und regionalen Versorgungssystem.

¤Selbstverständliche Integration des Ehrenamts in gesundheits- und sozialpolitische Veränderungen, v. a. in die Erarbeitung von Rahmenvereinbarungen und Gesetzesvorlagen oder -veränderungen.

Im Hinblick auf die Umsetzung der SAPV §37b SGB V gilt es in Zukunft für eine gute örtliche Vernetzung und Kooperation, an einem gemeinsamen Selbstverständnis von Haupt- und Ehrenamt kontinuierlich weiterzuwirken und dies voranzutreiben. Die Identität des Ehrenamts hat sich den veränderten Rahmenbedingungen entsprechend entwickelt. Beim Aufbau einer flächendeckenden optimalen Versorgung der Patienten und ihrer Angehörigen in Deutschland stellt sie eine nicht mehr wegzudenkende Dimension dar.

Prof. Dr. Marie-Luise Bödiker


2.2.Zugpferd oder Paradiesvogel? Grundsätzliches zum Thema Ehrenamt

Definition:

Definition Ehrenamt

Unter EHRENAMT, Freiwilligenarbeit, bürgerschaftlichem Engagement verstehe ich jede selbstgewählte, unbezahlte Tätigkeit für eine Idee, eine Einrichtung, eine Gruppe von Personen; unabhängig davon, ob diese Tätigkeit in sozialen, politischen, ökologischen, sportlichen oder anderen Bereichen angesiedelt ist.1

Ehrenamtliche in der Hospizbewegung sind im Gegensatz z. B. von Hauptamtlichen, Ärzten und Pflege frei von wirtschaftlichem Interesse. Das bedeutet u. a., dass ihre Wahrnehmung in Bezug auf Wünsche und Bedürfnisse der betroffenen Gruppen der sterbenden Menschen und ihrer Angehörigen offener ist. Sie müssen mit ihrem Ehrenamt nicht machen, nicht leisten, mit ihren Aufgaben kein Geld verdienen.

Welche Bedeutung ehrenamtliche Hospizarbeit hat, zeigen Zahlen. Danach sollen sich ca. 90 000 der Deutschen freiwillig und unentgeltlich engagieren, und die Zahl der Ehrenamtlichen in der Hospizbewegung steigt (noch). Die Zahl der Sterbebegleitungen soll 2007 über 19 000 betragen haben, wobei nur ca. 60 % der Hospize bei der Umfrage erfasst wurden.

Das ist viel. Zählt man die Ehrenamtler aus anderen Bereichen hinzu, sind es über 25 Millionen in Deutschland (31 %).

Ein Blick über die Grenzen zeigt allerdings, dass wir im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn durchaus als Entwicklungsland betrachtet werden können:

An der Spitze des bürgerlichen Engagement finden sich die Niederlande mit 38 %, Schweden mit 36 %, Großbritannien mit 34 % Ehrenamtlichkeit.

Hier tauchen natürlich Fragen auf wie:

¤Sind Deutsche selbstsüchtiger?

¤Seltener wird die Frage gestellt:

Gibt es Gründe, die der ehrenamtlichen Arbeit in Deutschland im Wege stehen?

Das Ehrenamt besteht hier seit ca. 150 Jahren. Wilhelm Busch hat sich schon sehr früh literarisch-kritisch mit ihm auseinandergesetzt.

Ehrenamt: Wozu?


Nach dem Motto: Willst du froh und glücklich leben,
lass kein Ehrenamt dir geben...
ohne Amt lebst du so friedlich
und so ruhig und gemütlich
du sparst Kraft und Geld und Zeit
wirst geachtet weit und breit…

Und es ist bekannt, dass viele Größen, neben Wilhelm Busch u. a. auch Tschaikowsky, Ehrenämter rundweg ablehnten...

Beim genauen Hinsehen kann man feststellen, dass freiwilliges Engagement für Mitmenschen oder die Gesellschaft immer dann zustande kommt, wenn

1.entweder Menschen sich mit einem Problem konfrontiert sehen, um das sich weder Staat, Kirche oder andere Institutionen im erforderlichen Maße kümmern – dies ist Ehrenamt „von unten“, also durch Menschen mit Anspruch und Selbstwertgefühl – oder

2.wenn Staat / Gesellschaft freiwillige Arbeit und den Dienst am Nächsten als erstrebenswertes Lebensziel vorgeben und dieses dann ideologisch, materiell und erzieherisch fördern – also Ehrenamt „von oben“.

In Deutschland generell und speziell bei der Hospizarbeit haben wir es mit Freiwilligenarbeit von unten zu tun – der Anstoß der Hospiz-Bewegung ging nicht von Institutionen aus. Nennenswertes Engagement der Kirchen, der Berufsverbände, auch der Krankenhäuser begann erst zu Beginn der 90er Jahre, als die Bewegung schon gut unterwegs war.

Die Leistungen der Ehrenamtlichen dagegen sind beachtlich. Begleitung sterbender Menschen, die nicht allein sein möchten in ihren letzten Stunden, die Forderungen und Durchsetzung von Schmerz- und Symptomkontrolle, der Aufbau ambulanter Hospizstationen, so dass Menschen zuhause in ihrer gewohnten Umgebung sterben konnten, auch die Initiierung eines Netzwerkes von stationären Hospizen in ganz Deutschland, die Stärkung der Selbstbestimmung / der Autonomie von sterbenden Menschen z. B. durch die Patientenverfügung, die 2009 durch die Verabschiedung des Gesetzes über die Patientenverfügung durchgesetzt wurde, die Integration des Hospizwesens in das Gesundheitswesen und damit auch eine Teilfinanzierung der stationären und ambulanten Einrichtungen untermauern die Kraft und die Leistungsfähigkeit dieser Bewegung.

Die Entwicklung der Ehrenamtlichkeit von unten läuft immer nach dem folgenden grob vereinfachten Muster ab – unabhängig davon, ob es sich dabei um eine kurz-, mittel-, oder langfristige Entwicklung handelt wie z. B. Armenfürsorge, Selbsthilfegruppen, Umweltschutz oder auch die Hospizbewegung

1.INNOVATIVE PHASE

Menschen erkennen ein ungelöstes gesellschaftliches, soziales, ökologisches Problem. Sie engagieren sich.

Sie werden Vorstreiter einer neuen Bewegung und gründen Vereine. Dabei werden sie belächelt, kritisiert oder für Wichtigtuer gehalten.


Wie sagte doch Busch: Selbst der Ruf geht dir verloren
Wirst beschmutzt vor Tür und Toren
Und es macht ihn oberfaul
Jedes ungewaschne Maul

Sie schaffen aber eine Öffentlichkeit, eine Lobby, stellen politische Forderungen. Sie werden für den Staat interessant und / oder gefährlich.

Diese Phase hat die Hospizbewegung schon lange hinter sich gelassen. Sie ist bekannt, wird politisch wahrgenommen.

2.KONSOLIDIERUNGSPHASE

Staat, Politik, Institutionen nehmen sich des Themas verantwortlich an und nutzen es für ihre eigene Lobby.

Geld und Strukturen werden bereitgestellt, auf deren Verteilung der Staat und Institutionen Einfluss nehmen, bzw. behalten wollen.

Es werden Menschen für die Tätigkeit ausgebildet und bezahlt, auch Ehrenamtliche werden geschult für ihre Tätigkeiten und „geehrt“ für ihre Leistungen (Ehrennadel, Bundesverdienstkreuz) und besonders auf neue Leistungen hin verpflichtet (Durchsetzung von Interessen der Palliativmedizin, ein mehr an Freizeit zu opfern...)


Wieder Busch: Wie viel Mühe, Sorgen, Plagen
Wie viel Ärger musst du tragen.
Gibst viel Kraft aus, opferst Zeit
Und der Lohn? Undankbarkeit

Die Hospizbewegung hat auch diese zweite Phase hinter sich gebracht, und befindet sich zurzeit in der:

3.REGRESSIONSPHASE

Hier entstehen Spannungsfelder z. B. zwischen Hospiz und Palliativ, zwischen Haupt- und Ehrenamt, zwischen ambulant und stationär. Die Ehrenamtlichen werden zu „Helfern“ der Professionellen „degradiert“.

Sie geben ungewollt die Expertenrolle ab, werden in Nischen abgedrängt, sie fühlen sich als Lückenbüßer, ausgenutzt, ihre Ideen verraten, und die Hauptamtlichen fühlen sich von ihnen bedroht.

Vorschriften, Regelungen, Vorgaben erschweren die Arbeit (Protokolle, Leistungsnachweise, Qualitätskontrollen, Haftungsrecht, Versicherungen...) und machen die Arbeit für Ehrenamtliche unattraktiv.

Der Zweck des Engagements, das gesellschaftliche / politische Ziel ist erreicht – oder zumindest in Sicht. Routine überwiegt im Vergleich zu Kreativität und Spontaneität.

Das Engagement wird geringer – das Klagen über einen Mangel an Einsatz größer und die Ehrenamtlichen setzen sich ab, suchen sich neue Aufgabenfelder, oder ziehen sich zurück ins Private (die Abnahme von Freiwilligenarbeit in den großen Wohlfahrtsorganisationen scheint dies zu bestätigen.)


Es erinnert an Busch: Ohne Amt lebst du so friedlich
und so ruhig und gemütlich
du sparst Kraft und Geld und Zeit
wirst geachtet weit und breit
Drum so rat ich dir im Treuen
willst du Mann und Kind erfreuen
soll dein Kopf dir nicht mehr brummen
lass das Amt doch andr’en Dummen

Heute engagieren sich die Menschen in Deutschland eher projektbezogen und zeitlich befristet. Wichtig fürs Ehrenamt ist also die richtige Sache, zur rechten Zeit am rechten Ort. Und Busch sagt noch etwas anderes: Ehrenamt scheint auch zu seiner Zeit schon vornehmlich eine Sache von Frauen gewesen zu sein – wie bei Hospiz auch. Ehrenamtliche Hospizarbeit kann nicht ein ganzes Leben andauern.

Auch in der Hospizbewegung gibt es Mitarbeiterschwund, der einerseits durch persönliche Situationen bedingt ist – eine veränderte berufliche Situation, Umzug, veränderte familiäre Konstellationen beispielsweise, aber auch durch Sättigung und Unzufriedenheit mit den Bedingungen. Dieser Abgang von Ehrenamtlichen wird Gott sei Dank durch Neuzugänge mehr als ausgeglichen – noch! Aber die Hospize beklagen auch schon ein anwachsendes Missverhältnis zwischen aktiven und passiven Mitgliedern. Da nach den vorliegenden Forschungsergebnissen die Spanne der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ehrenamt zwischen 1 und 7 Jahren liegt, muss die Bewegung sich auch in Zukunft darauf einrichten, regelmäßig Hospizhelfer zu befähigen, wenn noch Ehrenamt in diesem Bereich gewollt wird.

Das Ideal von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Hospizarbeit versucht sich natürlich an die Grundprinzipien zu halten bzw. sich dahin zu entwickeln. Wie aber werden die ehrenamtlichen Mitarbeiter von außen gesehen?

Fremdbild

Fremdbild des Ehrenamtes

Menschen, die hospizliche Grundwerte stützen und die dazugehörigen Regeln beachten, müssen aus bestimmtem Holz geschnitzt sein – jedenfalls in der Augen anderer Menschen.

Es könnte interessant sein, sich einige Fremdbilder über das Ehrenamt in der Hospizarbeit anzusehen:

¤Da ist zum einen das Bild der TRÄGER, die glauben und verkünden, dass Hospizmitarbeiter sich auszeichnen sollten durch Zartheit, Sanftheit, Demut, Wärme, Mitleid, Liebe, Geborgenheit gebend, Behutsamkeit und Demut; aber sie gleichzeitig auch als Mitstreiter von Professionellen sehen, die ihnen bei einer schwierigen Aufgabe zur Seite stehen. Sie gehen davon aus, dass Sterben in einem bestimmten Rahmen abläuft, bzw. ablaufen sollte, dass Hilfe, Arbeit, Leistung quantifizierbar und qualifizierbar ist, und dass es schon gut geht, wenn Frauen es nur gut genug machen – denn das frau es macht, ist für sie keine Frage, wenn sie nur von Männern ausreichend angeleitet wird.

¤BERUFSFREMDE glauben und verkünden, dass Menschen die Sterbebegleitung machen, morbide sein müssten – immer nur über Sterben, Tod und Trauer zu sprechen, kann ja nicht gesund sein. Ihnen sei gesagt, dass Sterbende nicht eindimensional sind und leben; sie beziehen ihre Identität in der Regel nicht nur aus dem Abschied vom Leben. Sie sind auch Mann / Frau, Vater / Mutter, Sohn / Tochter, mit beruflicher und politischer Orientierung, mit bestimmten Hobbys, Vorlieben beim Essen, mit liebenswürdigen Seiten und schlechten Angewohnheiten. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Ehrenamtlichen mit einem hohen Zufriedenheitsgrad in der Hospizbewegung diejenigen sind, die ein zweites Hobby intensiv pflegen, überdurchschnittlich gut integriert sind und sich auch vorstellen können, dieses Ehrenamt in einem gewissen Zeitraum gegen ein anderes einzutauschen.

¤Andere, eher BERUFSNAHE sehen in ihnen Eiferer, bestenfalls Idealisten, Menschen, die unausgelastet sind, die ein Helfersyndrom haben, denen es aber an Professionalität mangelt. Ihnen sei gesagt, dass sich selbstverständlich viele nicht engagieren würden, wenn sie nicht die Zeit, Kraft und Lust hätten. Ihnen sei aber auch gesagt, dass sie bitte ihre Probleme nicht auf Ehrenamtliche projizieren sollten, und dass viele aus dieser kritisierenden Gruppe sich des ehrenamtlichen Helfersystems erstaunlich häufig bedient haben und bedienen, vielleicht aber in Zukunft nicht mehr davon profitieren werden, wenn nämlich die freiwillige Arbeit in Deutschland weiter zurückgehen wird, und es sei ihnen auch gesagt, dass sie ihr Bild vom Ehrenamt überprüfen sollten, da es doch reichlich antiquiert erscheint.

¤Die BETROFFENEN und BETEILIGTEN selbst haben in der Regel kaum Zeit, sich ein festes Vorurteil zu verschaffen, dafür sind sie zu dicht am Problem, mit sich selbst beschäftigt und hilfebedürftig, und vorher haben sie sich über Hospiz selten Gedanken gemacht. Aber auch entwickeln Glaubenssätze, z. B. dass sie

¤Sterbende „rübersprechen“ könnten,

¤wenn sie umsonst arbeiten, doch öfter kommen sollten,

¤Fensterputzen eine sinnvolle und handfeste Aufgabe bei der Sterbebegleitung sein kann oder

¤dass Sterbebegleitung sich erschöpft in Duftkerzen anzünden, Rosenkranz beten, Vorlesen oder mit dem Sterbenden über den Sinn des Lebens parlieren, u. a. m.

Ihnen sei gesagt, dass es mindestens noch 379 weitere Möglichkeiten gibt, etwas für Sterbende und deren Angehörigen zu tun. Und dass das Tun und Lassen aufgrund einer vertraglichen Absprache geschieht; die vornehmste Aufgabe ist jedoch das Da-Sein für die Betroffenen und nicht das Ersatz-Tun für Betreuer.

¤Zum Schluss möchte ich auf die HAUPTAMTLICHEN (die Professionellen wie Pflege, Ärzte) und ihre Beziehung zu den Ehrenamtlichen eingehen.

Dieses Verhältnis wird in der Ehrenamtsforschung immer wieder problematisiert, positiv umgedeutet oder verschämt ausgelassen.

Aus der Untersuchung von Baldas2 möchte ich vier Punkte aufgreifen:

1.nur 50 % der Hauptamtlichen sehen die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen positiv

2.die Bewertung dabei sieht folgendermaßen aus:

70 % sehen sie als wichtige Ergänzung hauptberuflicher Tätigkeit

69 % sehen in der Tätigkeit eine Helferfunktion

25 % sehen sie als gleichberechtigte Partner

3 % sehen in Ehrenamtlichen professionelle Helfer

3.auf die Frage „können Ehrenamtliche ihrer Aufgabe gerecht werden“?, antworteten:

44 % mit ja

56 % haben daran Zweifel und letztlich

4.20 % der Profis befürchten, dass ein Teil der Hauptamtlichen in Zukunft durch Ehrenamtliche ersetzt werden könnten.3

Ich persönlich habe sehr kompetente Hauptberufliche in diesem Arbeitsfeld kennen und schätzen gelernt – aber auch andere – wie es sicher umgekehrt ja auch der Fall ist.

Während die Ehrenamtlichen in der Regel wenig Berührungsängste gegenüber Profis haben, zeichnen sich umgekehrt die Profis dadurch aus, dass sie Ehrenamtlichen gegenüber verunsichert sind.

Warum?

Dafür gibt es sicher mehrere Gründe:

Selbst auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, werde ich einige benennen:

Eifersucht

a)Eifersucht

¤Ehrenamtliche machen in der Sterbebegleitung häufig die Dinge, die nicht „notwendig“ sind, die nicht zu den Grundbedürfnissen gehören, aber die Betroffenen und Beteiligten psychisch stark entlasten. Dafür sind diese dankbar. Die Arbeit der Profis gilt als bezahlte Dienstleistung – sie wird als selbstverständlich angesehen. Das kränkt und schmerzt und das hört sich dann so an: „Ihr kommt, wenn die Arbeit getan ist, sitzt am Bett und haltet Händchen, und seid die Lieben, während wir...“

Konkurrenz und Kontrolle

b)Konkurrenz und Kontrolle

¤Sie haben auch Berührungsängste, weil Ehrenamtliche eben keine Laien sind. Da kommt Konkurrenzdruck auf.4

¤Sie sind häufig besser auf das Sterben und den Tod vorbereitet, haben weniger Ängste und Vorurteile, schätzen Situationen oftmals richtig ein, sie sind Experten im positiven Sinne. Sie sind gut geschult, haben mindestens 100 Stunden5 Ausbildung / Befähigung mit einem zusätzlichem Praktikum. Sie treffen nicht selten auf Hauptamtliche, die weniger wissen als sie.

¤Sie haben häufig Wissen über Schmerztherapien, Betreuungsbedarf, mehr Infos über Homecare und Hilfsquellen und manchmal auch über Krankheitsverläufe, als Mediziner und Pflegepersonal. Das sehen Profis nicht immer gern.

¤Sie haben gelernt, im Angesicht von Sterben und Tod auszuhalten; etwas, das viele Krankenschwestern und Ärzte noch nicht können. Auch in stationären Hospizen und Palliativeinrichtungen gibt es Pflegepersonal, das sich in der Toilette einschließt, wenn es ans Sterben geht, weil sie es nicht ertragen können. Es gibt Ärzte, auch Palliativärzte, die, wenn es ans Sterben geht, fluchtartig das Haus bzw. die Wohnung verlassen, denn wie lange können Arzt bzw. Pflege am Sterbebett sitzen ohne den Zwang des „Tun müssens“?

Ehrenamtliche „kennen“ die Sterbenden besser. Sie haben sich länger und intensiver mit ihnen und ihren Angehörigen beschäftigt. Sie kennen Wünsche, Bedürfnisse und Ängste der Betroffenen genauer, wissen auch mehr aus der Biografie – kurz, sie haben eher eine ganzheitliche Sicht auf Betroffene und Beteiligte als Pflege und Arzt. Sie haben aber auch eine eher ressourcenorientierte Sicht auf die Gesamtsituation – etwas, das Pflege und Arzt noch zu lernen haben.

Diese erleben dann Ehrenamtliche als Vorwurf, als Kontrollinstanz, als Herausforderung, die ihnen ein schlechtes Gewissen macht.

verändertes Selbsbewusstsein

Und da ist drittens die Sache

c)mit dem Selbstwertgefühl, dem Selbstbewusstsein Zu Beginn der Bewegung hatten viele Ehrenamtliche das Bedürfnis, Profis in deren Arbeit zu bestärken – ihnen immer wieder nachdrücklich zu versichern, dass sie keine Konkurrenz sind, dass sie ihnen keine Arbeit wegnehmen wollen – sie haben zu ihnen aufgesehen – manchmal! Heute, mit einem veränderten Selbstbewusstsein, sehen sie einiges anders. Sie wissen, was sie wert sind – auch wenn sie sich nicht immer wertgeschätzt fühlen – sie kennen ihre Aufgaben und wissen, wo und wie sie sich von den Berufsbildern der Hauptamtlichen unterscheiden. Sie können sich abgrenzen – sie kennen ihre Kompetenzen – nicht alle, aber die meisten.

¤Ehrenamt wird z. Z. in der Gesellschaft aufgewertet, von der Politik hofiert, während die Berufe im medizinischen Bereich eine Abwertung erfahren haben oder die darin Tätigen es zumindest so erleben.

Ehrenamtliche machen ihre Arbeit nicht als Broterwerb,

¤sie haben in der Regel eine adäquate Ausbildung für ihren Job,

¤sie sind nicht ausgebrannt,

¤sie erfahren in der Regel mehr Unterstützung durch Supervision und Fort- und Weiterbildung

¤sie werden anerkannt in der Öffentlichkeit und fühlen sich geschätzt von den Betroffenen,

¤sie müssen nicht in dem Sinne „leisten“.

¤Sie können sich Auszeiten nehmen oder aussteigen bzw. umsteigen ohne dass sie dadurch (wirtschaftliche) Nachteile erfahren.

Von daher können dann auch die Abgrenzungsversuche Hauptamtlicher verstanden werden, Ehrenamtlichen z. B. Aufgaben zuzuteilen – ihren Einsatz zu planen, sie als Dienstleister für bestimmte Arbeiten einzusetzen, um sich selbst damit aufzuwerten und abzugrenzen: Blumen-, Bodenpflege und Küchenarbeiten, Zeitungen zusammenlegen....

Ehrenamtliche haben aber in der Regel kein Bedürfnis nach Unterforderung – die meisten erleben das in ihrem Privatleben ohnehin häufig, aber sie wollen auch nicht überfordert oder gar missbraucht werden.

Sie wollen gleichberechtigte PartnerInnen sein, als Experten ihres Gebietes mit Hauptamtlichen auf Augenhöhe und anerkannt.

Wenn sie PROFIS fragen würden, wie sie Ehrenamtler einschätzen, bekämen sie sicher ein Bild, das im Groben den BREMER STADTMUSIKANTEN ähnelt: Sie sehen den ESEL, DAS LASTTIER, dem man alles zumuten kann, nach dem Motto: auf dich bauen wir, du bist eine Säule, wichtig für uns, wie sähe unsere Teeküche ohne dich aus, was würde aus unseren Blumen, der Atmosphäre im Haus / auf der Station, unseren Sitzwachen und dem Nachtdienst insbesondere an Wochenenden, Festtagen und zu Ferienzeiten – wenn wir dich nicht hätten, – allzeit bereit, gut zu gebrauchen, aber nicht besonders geachtet – „die Reservearmee“ – aber auch unangenehm, weil man denken könnte, dass sie billiger sind als Hauptamtliche und eigentlich einen Teil von diesen ersetzen könnten.

Da ist der HUND, von dem Hauptamtliche fürchten, dass er sie aus ihrem Revier verbeißt, oder als Wachhund die Arbeit kontrolliert, der sich als Ombudsmann / frau für Betroffene aufspielt.

Die KATZE, die die Profis umschmeichelt, um MILCH = ZUWENDUNG zu bekommen, sich ansonsten aber relativ anspruchslos gebärdet, sie ist immer da und hütet das Haus – und wer hat nicht gern ein Haustier?

Ihr Nachteil ist, sie schleicht herum, kommt in alle Ecken, kann auch im Dunkeln sehen, und wenn sie gegen den Strich gebürstet wird, dann faucht sie und zeigt ihre Krallen

Und zum Schluss der HAHN, der obenauf steht, sein Gefieder putzt, kräht, glaubt, den Überblick zu haben, weil er „das Wetter ansagen“ kann, von jedem wichtig genommen wird und natürlich meint, alles wäre auf seinem Mist gewachsen.

Selbstbild

Wer sind sie – die Ehrenamtlichen?

Selbstbild der EA

In der Regel sind es Frauen jenseits der 50 Jahre, die aus zwei unterschiedlichen Gründen die Fortbildung zum befähigten Hospizhelfer erwägen. Zum einen, weil es Sterbe- und Trauererlebnisse gibt, die noch nicht vollkommen abgeschlossen, bzw. verarbeitet wurden, oder sie stellen sich dem Thema aus einem Dankbarkeitsakt dem Leben gegenüber, da, wo Familienphasen abgeschlossen wurden und rückblickend ein gutes Gelingen festgestellt wird (siehe hierzu auch „Hospiz schafft Wissen“ zu den Ergebnissen „Wer leistet ambulante Hospizarbeit“).

Ost – West:

1Im Osten gab es eine andere Tradition:

Es gab Ehrenamt während der Dienstzeit, aber mehr noch freiwillig erzwungenes gesellschaftliches Engagement war dort die Regel. Feierabendbrigaden nannte man das, und das war nicht immer freiwillig.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

₺1.070,68

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
360 s. 85 illüstrasyon
ISBN:
9783941251618
Yayıncı:
Telif hakkı:
Автор
İndirme biçimi: