Kitabı oku: «Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag», sayfa 3
So setzt sich der Bundestag zusammen
Die Bundestagswahl 2017 führte zu einer stark veränderten Zusammensetzung des Bundestages. Gegenüber der 18. Wahlperiode verlor die CDU 55 Sitze und kam auf 200 Mandate, die CSU verlor zehn Sitze und hat nun 46 Abgeordnete, 40 Sitze verlor die SPD, die mit 153 Abgeordneten in den Bundestag einzog. Nach dem Austritt eines SPD-Abgeordneten, der dem Parlament weiter als fraktionsloses Mitglied angehört, besteht die SPD-Fraktion aus 152 Mitgliedern. Alle anderen Fraktionen lagen im Plus: Die Linke kletterte um fünf auf 69 Mandate, Bündnis 90/Die Grünen um vier auf 67 Mandate. Nach einer Pause von vier Jahren kam die FDP mit 80 Abgeordneten wieder in den Bundestag. Die AfD gewann bei ihrem ersten Einzug in den Bundestag 94 Sitze; allerdings verlor die Fraktion durch Austritt und Ausschluss bis Ende 2020 sechs Mitglieder. Sie werden nun als fraktionslos verzeichnet.
Der Bundestagspräsident strahlt zudem weit über seine innerparlamentarische Rolle hinaus. Er ist protokollarisch zweiter Mann im Staat.
Der Bundestag hat sich durch die Wahl sehr stark erneuert. Für 276 Abgeordnete ist es die erste Wahlperiode, das sind fast 40 Prozent. Man erkennt sie in den nachfolgenden Biografien daran, dass ein Stern ihrem Namen vorangestellt ist. Für weitere 169 Abgeordnete hat erst die zweite Legislatur begonnen. Bei ihnen sind es zwei Sterne. Zieht man diese beiden Gruppen zusammen, so kommen wir auf über 60 Prozent der Abgeordneten, die man noch nicht als „alte Hasen“ des Parlamentsgeschehens bezeichnen kann. Einer ragt weit heraus: Für den CDU-Politiker Dr. Wolfgang Schäuble ist es bereits die 13. Wahlperiode. Der mit Abstand erfahrenste Abgeordnete ist nun also auch der „Chef“. Ihm kommt zugute, dass er das parlamentarische Geschehen aus unterschiedlichster Perspektive kennt. Er war Teil der Mehrheit wie Teil der Minderheit, er gehörte selbst der Regierung an und führte die Opposition an. Wenn der Bundestag nach dem Wahlergebnis nun vor größeren Herausforderungen steht, wenn es um die Würde des Hohen Hauses, um Debattenkultur und Minderheitenrechte geht, kann es nicht schaden, wenn an der Spitze so viel Erfahrung in einer Person angesiedelt ist.
Der Bundestagspräsident strahlt weit über seine innerparlamentarische Rolle hinaus. Er ist protokollarisch zweiter Mann im Staat. Auch außerhalb des Bundestages hat sein Wort somit Gewicht.
24 Sterne kommen durch die weiteren Mitglieder des Bundestagspräsidiums, den Vizepräsidenten, zusammen. Sie unterstützen den Bundestagspräsidenten und leiten mit ihm im Wechsel die Plenardebatten. Hans-Peter Friedrich von der CSU ist bereits seit 1998 im Bundestag und hat ebenfalls Erfahrungen sowohl in der Opposition als auch als Minister in der Regierung. Wolfgang Kubicki von der FDP hat vor allem jahrzehntelange Parlamentserfahrung im schleswig-holsteinischen Landtag und war zuvor bereits von 1990 bis 1992 und kurz 2002 im Bundestag. Das dienstälteste Präsidiumsmitglied ist Petra Pau von der Fraktion Die Linke. Sie gehört dem Bundestag seit 1998 und dem Präsidium seit 2006 an. Und auch Claudia Roth von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kam erstmals im Jahr 1998 in den Bundestag. Dagmar Ziegler von der SPD sammelte in Brandenburg Erfahrungen in Parlament und Regierung und gehört dem Bundestag seit 2009 an. Sie folgte im November 2020 auf den überraschend verstorbenen SPD-Politiker Thomas Oppermann (66). Der Bundestagspräsident würdigte ihn als „Vollblut-Parlamentarier“. Er habe sich in seiner Zeit als Parlamentarischer Geschäftsführer und Fraktionsvorsitzender genauso auf den leidenschaftlich geführten Schlagabtausch verstanden, wie er in seinem Amt als Vizepräsident auf die Wahrung der Würde des Hauses bedacht gewesen sei. Der Bundestag verliere mit ihm „einen besonnenen Kollegen von hohem juristischen Sachverstand und großer politischer Erfahrung“, erklärte Schäuble. In der Konstituierenden Sitzung beschloss der Bundestag, dass auch die AfD einen Vizepräsidenten vorschlagen kann; bis Ende 2020 gab es für die jeweils nominierten Personen jedoch in mehreren Anläufen nicht die erforderliche Mehrheit.
Vor allem die parlamentarische Erfahrung und weniger das Lebensalter zählt – anders als der Name vermuten lässt – bei der Zusammensetzung des Ältestenrates. Dieser besteht aus dem Präsidium und weiteren Abgeordneten aller Fraktionen und unterstützt ebenfalls den Bundestagspräsidenten. Hier geht es um die Arbeitsabläufe im Parlament vor und hinter den Kulissen, etwa auch um die Klärung von Konflikten und besonderen Vorkommnissen während der Debatten. Der Ältestenrat legt mittelwie kurzfristig die Themen für die Beratungen im Plenum fest und setzt eine Reihe von Kommissionen ein, die sich intensiv zum Beispiel mit dem Einsatz der Informationstechnik im Bundestag oder mit den Belangen der Mitarbeiter auseinandersetzen.
Verändert hat sich auch das Geschlechterverhältnis im Bundestag. Nach einem zuletzt gestiegenen Frauenanteil ging er nun von 37,3 auf 30,9 Prozent zurück. Die einzelnen Fraktionen trugen sehr unterschiedlich dazu bei. Die Fraktion von Bündnis 90 /Die Grünen besteht zu 58 Prozent aus Frauen, bei der Fraktion Die Linke aus 54 Prozent. 33 Prozent sind es bei der SPD, 24 bei der FDP, 16 bei der Union und elf bei der AfD. Zum Vergleich: Das Statistische Bundesamt zählt insgesamt 35,8 Millionen deutsche Männer und 37,5 Millionen deutsche Frauen im Land. Hier liegt der Frauenanteil also bei über 51 Prozent. Allerdings hatte der Bundeswahlleiter darauf hingewiesen, dass unter den 4828 Personen, die zur Bundestagswahl 2017 in Wahlkreisen und auf Landeslisten für den Bundestag kandidierten, der Frauenanteil ebenfalls lediglich 29 Prozent betrug.
Wie Gesetze wirklich entstehen
Es gibt eine dreifache Annäherung an den Kern der Arbeit des Bundestages als Gesetzgeber. Da ist zum ersten die Gewaltenteilungslehre, wie wir sie an den Schulen lernen. Danach macht die Legislative, also der Bundestag, die Gesetze, führt die Exekutive, also die Regierung, sie aus, und wendet die Judikative, also die Gerichte, sie an. Wir ahnen, dass dies formal richtig dargestellt ist, es in der Praxis aber anders läuft.
Aus der Praxis wird oft die Vorstellung verbreitet, dass tatsächlich die Regierung die Gesetze macht, der Bundestag sie durchwinkt, und sie in Kraft treten, wenn der Bundesrat das nicht verhindert. Dafür scheint es auch immer wieder Belege zu geben. Etwa wenn gemeldet wird, dass die Regierung dieses oder jenes Gesetz „beschlossen“ habe. So weit verbreitet diese zweite Darstellung auch sein mag – auch sie trifft nicht zu. Darauf zu bestehen, dass die Regierung kein „Gesetz“ beschlossen habe, sondern lediglich einen „Gesetzentwurf“, wäre der erste Schritt zu einem besseren Verständnis.
Das vielsagende „Struck’sche Gesetz“
Die dritte Variante ist besser: das genauere Betrachten der Abläufe – einschließlich eines Blicks hinter die Kulissen. Aus denen dringt das häufig zitierte „Struck’sche Gesetz“ heraus und lässt ahnen, dass die Rolle der Abgeordneten möglicherweise größer ist als vielfach angenommen. Dieses „Gesetz“ besteht aus einem einfachen Satz: „Kein Gesetz kommt aus dem Bundestag so heraus, wie es eingebracht worden ist.“ So betonte es der inzwischen verstorbene seinerzeitige SPD-Fraktionschef Peter Struck mehrfach in einer Zeit, in der seine Partei wohlgemerkt die Regierung stellte. Es war also eine klare Ansage an seine eigenen Parteifreunde in der Regierung, die Rolle des Bundestages nicht gering zu schätzen.
Die meisten Gesetze entstehen tatsächlich in den Ministerien. Hier gibt es entsprechenden großen fachlichen und juristischen Sachverstand. Wenn umweltrechtliche Vorgaben nicht zu den erhofften Ergebnissen führen und eine Nachbesserung nötig machen, sitzen im Umweltministerium diejenigen, die sich zusammen mit den Anwendern in anderen Behörden und Unternehmen am besten damit auskennen. Also liegt es nahe, dass sie auch die Vorschläge für eine Novelle erarbeiten und zusammen mit Fachleuten aus anderen Abteilungen und anderen Ministerien beurteilen, welche Vorteile, Nachteile und Nebenwirkungen eine neue haben würde. Zudem führt der Koalitionsvertrag zu einem Arbeitsplan der neuen Bundesregierung: Welche der vereinbarten Gesetze sollen in welcher Reihenfolge in Angriff genommen werden, welches Ministerium übernimmt dabei die Federführung, welches wird in welchem Umfang mit beteiligt? Auch deshalb liegt die Initiative vielfach bei der Regierung.
Also ist das Entwerfen von Paragrafen bei ihr im Prinzip gut aufgehoben. Daneben hat der Bundestag selbst natürlich auch das Recht, Gesetze zu schreiben. Auch der Bundesrat kann Gesetzentwürfe auf den Weg bringen. Doch alle müssen erst einmal in den Bundestag eingebracht und dort grundsätzlich und allgemein in der sogenannten Ersten Lesung beraten wird. Am Ende wird noch nichts beschlossen. Vielmehr geht es dann zur Detailberatung in die Fachausschüsse. Einer übernimmt stets die Federführung. Hat das Gesetz Auswirkungen auch auf Politikbereiche, auf die andere Fachausschüsse spezialisiert sind, werden auch diese zur Mitberatung herangezogen.
Alles wird auf Herz und Nieren geprüft
In den Ausschüssen wird das geplante Gesetz auf Herz und Nieren geprüft. Manchmal liegen zum selben Themenkomplex auch unterschiedliche Entwürfe vor, in denen Koalition und Oppositionsfraktionen ihre gegensätzlichen Vorstellungen unterbreiten. Zumeist holt sich das Parlament auch externen Sachverstand ins Haus. Dann werden auf Vorschlag der einzelnen Fraktionen verschiedene Experten eingeladen, die das Meinungsspektrum in Praxis und Wissenschaft zum jeweiligen Beratungsgegenstand abdecken. Sie belassen es in der Regel nicht bei allgemeinen Einschätzungen, sondern tragen konkrete Änderungs- und Verbesserungsvorschläge vor. Der federführende Ausschuss bildet sich daraufhin eine Mehrheitsmeinung, stimmt auch über Änderungen ab und reicht den meist in Einzelpunkten korrigierten Entwurf in einer neuen Ausschussfassung an das Plenum zurück. In dem Bericht werden auch die Stellungnahmen anderer mitberatender Ausschüsse und die Einschätzungen der einzelnen Fraktionen festgehalten. Sodann geht es in eine neue allgemeine Aussprache, die auch die Veränderungen durch die Mehrheit im Ausschuss berücksichtigt (Zweite Lesung). In der zumeist unmittelbar folgenden Dritten Lesung erfolgt die Schlussabstimmung.
Dann folgt erst der Durchgang durch den Bundesrat. Bei Regelungen, die nicht in die Rechte der Bundesländer eingreifen, kann der Bundesrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder Einspruch erheben. Diesen Einspruch kann die entsprechende Mehrheit des Bundestages wiederum überstimmen. Dann steht der letzten Prüfung und Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten mit nachfolgender Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt nichts mehr im Wege. Greift das Gesetz jedoch in Rechte der Länder ein, ist die aktive Zustimmung einer Mehrheit im Bundesrat zwingend erforderlich. Bleibt die aus, können Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen.
Vermittlungsausschuss ohne Regierung
Das Vermittlungsverfahren bei besonders umstrittenen Gesetzesvorhaben läuft dann ohne Bundesregierung. Denn in diesem gemeinsamen Ausschuss von Bundesrat und Bundestag sitzen lediglich Mitglieder dieser beiden Verfassungsorgane. Auch bei den weiteren Verfahren ist die Regierung raus. Ganz gleich, ob nach der Einschaltung des Vermittlungsausschusses der Bundesrat sich noch mal mit dem ursprünglich vom Bundestag beschlossenen Gesetz befasst, ob im Vermittlungsausschuss Veränderungen verabredet werden und die dann erneut sowohl durch den Bundestag als auch durch den Bundesrat gehen, oder aber das Vorhaben scheitert. Auch daraus lässt sich etwas über die Stellung des Bundestages herauslesen.
Erst recht gilt das, wenn wir die Praxis beleuchten. Die Vorstellung, dass der auf einen Fachbereich spezialisierte Abgeordnete erst etwas von einem Gesetzesvorhaben erfährt, wenn die Bundesregierung den Entwurf beschlossen und dem Bundestag zugeleitet hat, entspricht zwar den formalen Abläufen, aber nicht dem richtigen Leben. Jedes Ministerium, das am Ende nicht blamiert dastehen will, tut natürlich gut daran, diejenigen frühzeitig mit einzubeziehen, die anschließend die Mehrheit ihrer Kollegen in den Fraktionen von der Richtigkeit der gewählten Regelung überzeugen sollen. Die so genannten „Berichterstatter“, die über einzelne Gesetzesvorhaben sowohl den jeweiligen Ausschuss als auch ihre Fraktionen auf dem Laufenden halten, wirken im Hintergrund informell durchaus schon an mancher Gesetzesentstehung mit, wenn der Bundestag formal noch nicht eingeschaltet ist.
Dieser Aspekt bezieht sich naturgemäß vor allem auf die Koalitionsfraktionen. Aber je nach Mehrheitsverhältnissen und Materie können auch die Experten der Opposition eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Natürlich ebenfalls eher informell. Aber für den weiteren Gang des Verfahrens ist es insbesondere bei umstrittenen Zustimmungsgesetzen, bei denen eine gewisse Eile geboten ist, wichtig, auch Stimmen von denjenigen Ländervertretern zu bekommen, deren Parteien in einzelnen Bundesländern in der Regierung sitzen, auch wenn sie im Bundestag „nur“ die Rolle der Opposition haben. Sie wirken dann in der innerparteilichen Meinungsbildung mit bei der Frage, wie ein Gesetz formuliert sein muss, damit die Chancen steigen, auch im Bundesrat dafür eine Mehrheit zu bekommen. Die Rolle „des“ Bundestages bei der Gesetzgebung ist also bei genauer Betrachtung differenzierter zu gewichten als es herkömmlichen Pauschalurteilen entspricht.
Ausschüsse und weitere Gremien
Die Fachausschüsse sind unerlässlich, wenn es um das Abwägen jeder einzelnen beabsichtigten Regelung in einem kurzen oder umfangreichen Gesetzesvorhaben geht. Nur hier, und nicht im Plenum, lassen sich die Details im Austausch mit Sachverständigen erörtern, können die jeweiligen Berichterstatter zur Not stundenlang nachbohren, können Abordnungen auch damit beauftragt werden, sich Beispiele in anderen Ländern oder besonders betroffene Situationen vor Ort anzuschauen. Generell orientiert sich der Bundestag, wie oben geschildert, bei der Gründung von Fachausschüssen am Bauplan der Bundesregierung. Aber der Bundestag ist daneben völlig frei, bestimmten Fachthemen eine besondere Aufmerksam durch einen eigenen Ausschuss zukommen zu lassen. So etwa durch den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, den Sportausschuss, den Tourismusausschuss oder den Ausschuss für Kultur und Medien. Die Bedeutung des Budgetrechts ist für das Parlament so herausragend, dass sich eigene Gremien einerseits um die Ausgabeplanung im Haushaltsausschuss und andererseits um die Einnahme-Grundlagen in Form von Steuern im Finanzausschuss kümmern.
Ausschüsse mit Verfassungsrang
Eine Reihe von Ausschüssen können allerdings nicht verändert oder weggelassen werden, da sie verfassungsrechtlich vorgeschrieben sind. Da ist etwa der Verteidigungsausschuss, der die Identifikation der Bundeswehr als Parlamentsarmee unter anderem dadurch unterstreicht, dass er sich jederzeit in einen Untersuchungsausschuss verwandeln kann, um Missständen in der Truppe oder Verfehlungen im Verteidigungsministerium auf den Grund zu gehen. Zur Unterstützung seiner parlamentarischen Kontrolle und als eine Art Ombudsmann für die Soldatinnen und Soldaten wählt der Bundestag zudem den Wehrbeauftragten mit einem eigenen Arbeitsstab.
Seine Unabhängigkeit wird dadurch verstärkt, dass er mit Kanzlermehrheit gewählt werden muss und sein Amt fünf Jahre, also über das Ende einer Wahlperiode und deren Mehrheiten hinaus, wahrnimmt. Für ihn ist im Plenarsaal stets ein einzelner Sitz zwischen dem Pult des Bundestagspräsidenten und der Bundesratsbank reserviert.
Der Petitionsausschuss wird häufig als Seismograf des Parlaments erlebt.
Verfassungsrang haben daneben drei weitere Ausschüsse. Im Fall des Auswärtigen Ausschusses kommt die Bedeutung des Bundestages ganz besonders zum Ausdruck, ist die Außenpolitik doch klassischerweise eine Domäne der Regierung. Doch wie sie mit den Hoheitsrechten Deutschlands umgeht, hat die Regierung fortwährend mit dem Parlament rückzukoppeln. Und die schon zitierten Bundeswehreinsätze im Ausland werden nicht von der Regierung beschlossen. Sie werden federführend im Auswärtigen Ausschuss beraten. Die Festschreibung dieses Gremiums im Grundgesetz führt denn auch zu einer Parlamentarisierung der Außenpolitik. Vielfach können Außenpolitik-Experten in Konfliktfällen auch dezent im Kontakt mit Parlamentskollegen die Arbeit von Diplomaten ergänzen und unterstützen.
Der im Grundgesetz gleichfalls verankerte Petitionsausschuss wird häufig als Seismograf des Parlamentes erlebt. Wo immer gesetzliche Regelungen in der Anwendung klemmen, wann immer etwas schiefläuft, die Bürger sich ungerecht behandelt fühlen oder gute Verbesserungsvorschläge haben – hier ist ihre Anlaufstelle.
Mit der fortschreitenden europäischen Integration ist zudem der in der Verfassung vorgeschriebene Europaausschuss immer wichtiger geworden. Die Verzahnung zwischen nationaler und europäischer Ebene schlägt sich hier auch darin nieder, dass Mitglieder des Europaparlamentes an der Ausschussarbeit mitwirken. Eine weitere Besonderheit dieses Gremiums besteht auch darin, dass er nicht nur Beschlussempfehlungen an das Plenum formulieren, sondern bei ausgesuchten Vorgängen auch stellvertretend für den gesamten Bundestag entscheiden kann.
Wichtige parlamentarische Kontrolle
Jederzeit kann ein Viertel der Bundestagsabgeordneten einen Untersuchungsausschuss durchsetzen, der sich auf der Grundlage klarer Vorgaben darum kümmert, bestimmte Aspekte des Regierungshandelns eingehend nachzuvollziehen. Mitunter rollen dann Hunderte von Aktenordnern mit der Beschreibung von Vorgängen, Handlungen und Kommunikation in den jeweiligen Sitzungssaal. Ein Untersuchungsausschuss hört die Beteiligten als Zeugen an und legt dem Plenum am Ende wiederum einen Bericht vor. Nicht immer können sich die Fraktionen auf eine gemeinsame Bewertung verständigen. Dann gibt es mehrere Berichte. In der Regel ist das ein Instrument insbesondere für die oppositionelle Kontrolle. Aber auch die Fraktionen der Regierungskoalition mischen bei der Aufklärung mit.
Mehrfach gestärkt wurde das in der Regel geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium. Es hat weitgehende Auskunftsrechte gegenüber der Bundesregierung in Sachen nachrichtendienstlicher Arbeit und kann in wichtige Vorgänge beim Bundesamt für Verfassungsschutz, beim Bundesnachrichtendienst und beim Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst Einsicht in die Akten verlangen und Mitarbeiter befragen. Für besondere Vorgänge kann das Gremium einen Sachverständigen beauftragen. Zudem hat es nun auch einen ständigen Bevollmächtigten an der Seite.Mehr Transparenz ist möglich, indem das Gremium öffentliche Bewertungen beschließen und zum Beispiel die Chefs der drei Dienste in öffentlicher Sitzung befragen kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die G10-Kommission des Bundestages, die jeden einzelnen Eingriff in das Grundrecht auf Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 genehmigen muss oder verhindern kann.
Typische Abläufe einer Sitzungswoche
Der Bundestag ist nach einer Wahl neu konstituiert, auch die Ausschüsse haben sich gebildet, es kann also mit Volldampf losgehen. Wie erlebt ein Abgeordneter eine solche Sitzungswoche? Es geht für einige schon vor dem eigentlichen Wochenstart los: Sonntags abends Eintreffen in Berlin, falls die ersten Sitzungen bereits für den Montagmorgen angesetzt sind. Bei Abgeordneten, die auch den Vorständen ihrer Partei angehören, ist das regelmäßig der Fall. In besonderen Lagen tagen kleine Zirkel von Entscheidungsträgern auch schon mal am Sonntagnachmittag. Parlamentarische Geschäftsführer und Ältestenrat haben die Themen für die einzelnen Plenarsitzungen bereits in der zurückliegenden Sitzungswoche festgelegt, am Montag treten dann die Vorstände der Bundestagsfraktionen zur Feinplanung zusammen. Bei welchen Tagesordnungspunkten wird es kritisch? Welche ganz frisch diskutierten Themen eignen sich für Aktuelle Stunden? Die bringen den Bundestag regelmäßig parallel zur Gesetzesberatungs-Routine an den Puls der Zeit. Abwechslung ist auch hier der Anspruch: Mal thematisiert die Mehrheit, mal die Minderheit, was ihr aktuell als besonders brisant erscheint. Ist es mit so viel Diskussionsbedarf verbunden, dass eine Stunde nicht ausreicht, kann daraus auch leicht eine längere Debatte werden. Der Montagabend wird auch zu Landesgruppensitzungen genutzt. Denn jede Fraktion organisiert sich nicht nur nach fachlichen Arbeitskreisen, soziologischen Gruppen oder politischen Strömungen, sondern auch nach der regionalen Herkunft der Abgeordneten. So verfolgen die Parlamentarier aus jedem Bundesland, wo es um die Interessen ihrer Heimat geht und wie sie hier aktiv werden sollen.
30 Sekunden sind sie grün, danach 30 gelb, und dann springen sie auf Rot.
Der Dienstag ist einerseits den Sitzungen sämtlicher Arbeitsgruppen und Arbeitskreise vorbehalten. Andererseits treffen sich an diesem Tag regelmäßig die Fraktionen zu Vollversammlungen. Am Anfang geht es zumeist um die aktuelle politische Lage aus der Sicht des Chefs oder der Chefin, worauf sich eine Aussprache anschließt. Das ist der Ort und der Zeitpunkt für wichtige Weichenstellungen. Daraus nehmen Regierungsmitglieder ein umfassendes Stimmungsbild mit, aus dem sich ersehen lässt, welche Projekte ohne Probleme „durch“ gehen, bei welchen noch Korrekturen oder Überzeugungsarbeit nötig sind. Vor allem wird in der Fraktion Zustimmung oder Ablehnung geklärt und wer wozu reden soll.
Spätestens am Mittwoch startet das Plenarsaalgeschehen. Hat am Vormittag das Bundeskabinett getagt, berichtet ein Regierungsmitglied von den Beschlüssen und steht zu weiteren Fragen zur Verfügung. Diese Regierungsbefragung soll möglichst ohne lange Monologe und so abwechslungsreich wie möglich laufen. Deshalb leuchten an den Wänden Lichtzeichen auf: 30 Sekunden sind sie grün, danach 30 gelb, und dann springen sie auf Rot, und der Sitzungspräsident drängt zum Ende. Auch die Fragestunde läuft nach diesem Muster, nur dass für den Einstieg zwei Minuten gestoppt werden. Der Mittwoch ist insbesondere in den Vormittagsstunden als Ausschusstag vorgesehen. Sämtliche Fachausschüsse beraten Gesetze und weitere Vorgänge aus ihrem jeweiligen Bereich.
Der Donnerstag ist der klassische Sitzungstag des Plenums. Am Vormittag werden die wichtigsten Debatten der Woche in einer so genannten „Kernzeit“ aufgesetzt. Gewöhnlich geht es danach mit Gesetzesberatungen bis in den späten Abend, manchmal sogar bis zum frühen Morgen weiter. Wenn es viel zu spät zu werden droht, können im Einvernehmen zwischen den Fraktionen einzelne Beiträge oder ganze Debattenrunden auch zu Protokoll gegeben werden. Nachdem im Herbst 2019 zwei Abgeordnete gesundheitliche Probleme bekommen hatten, verständigten sich die Fraktionen darauf, die Debatten donnerstags möglichst nicht über Mitternacht hinaus zu planen, sondern verschiedene Themen der Woche auf den Mittwoch vorzuziehen. Wichtig für den Verlauf der Sitzungen ist die Abwechslung zwischen den einzelnen Fraktionen, denen im Verhältnis zu ihrer Größe auch entsprechend mehr oder weniger Redezeit zusteht. Im 19. Bundestag teilt sich das so auf, dass die Union von einer Stunde 20 Minuten erhält, die SPD 13, die AfD acht, die FDP sieben und für Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stehen jeweils sechs Minuten zur Verfügung. In kürzeren Runden gibt es ein reduziertes Redebudget. Natürlich kann jede Fraktion ihr eigenes Zeitbudget auch unter mehreren Rednerinnen und Rednern aufteilen.
Am Freitag sind in Sitzungswochen regelmäßig weitere Debatten im Plenum angesetzt. Kommen die bis zum frühen Nachmittag durch, erleichtert dies den Abgeordneten, rechtzeitig zu lokalen oder regionalen Sitzungen in ihrer Heimat zu kommen, auch Orts- und Kreisparteitage sind häufig am Freitagabend wahrzunehmen. Doch manchmal wird das auch knapp.
Die wenigsten Abgeordneten leisten sich dann ein erholsames Wochenende. Es wird in Situationen mit höher schlagenden politischen Wellen viel telefoniert. Und der Wähler vor Ort verlangt natürlich auch danach, seinem Abgeordneten nicht nur zu Wahlkampfzeiten zu begegnen. Vor allem in größeren Flächenwahlkreisen kommen so im Jahr viele tausend Kilometer zusammen, die der Abgeordnete auf dem Weg zu Volksfesten, Versammlungen, Gedenkstunden, Konzerten, Jubiläumsfeiern, Gewerkschaftstagen und vielen Anlässen mehr zurücklegt.