Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil», sayfa 12

Yazı tipi:

ee) Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Abs. 1 Nr. 5)

195Bei dem Qualifikationstatbestand der lebensgefährlichen Behandlung stellt sich die Frage, ob bereits eine abstrakte Gefährdung reicht, also das Verhalten bloß objektiv zu einer Lebensgefährdung geeignet sein muss, oder ob eine konkrete Lebensgefahr erforderlich ist, es also nur vom Zufall abhängen darf, dass der Tod des konkreten Opfers nicht eintritt. Letzteres wird von einer Mindermeinung in der Literatur verlangt,[341] während der BGH und die herrschende Meinung in der Literatur eine abstrakte Lebensgefährlichkeit der Körperverletzungshandlung ausreichen lassen. Die h. M. bezieht allerdings die konkreten Umstände des Tatgeschehens mit ein: Von maßgeblicher Bedeutung seien die »Dauer und Stärke der Einwirkung, die zwar nicht dazu führen muss, dass das Opfer der Körperverletzung tatsächlich in Lebensgefahr gerät, aber abstrakt geeignet sein muss, das Leben des Opfers zu gefährden […].«[342] Das bedeutet, dass es auch nach der Sicht des BGH nicht genügt, dass ein Verhalten – etwa das Würgen am Hals –, theoretisch dazu geeignet ist, einen Menschen in Lebensgefahr zu bringen. Es muss vielmehr auch angesichts der Intensität der Einwirkung, der körperlichen Konstitution des Opfers etc. eine solche Eignung aufweisen. Entsprechend hat der BGH in einem Fall entscheiden, in dem der Geschädigte gezwungen worden war, sich einige Zeit in dem 15 Grad Celsius kalten Wasser der Elbe aufzuhalten, wodurch er eine Unterkühlung erlitt.[343] Diese sei zwar eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB. Konkrete Umstände, die eine abstrakte Lebensgefahr begründen würden, seien jedoch nicht festgestellt worden: »Das Wasser war mit 15 Grad Celsius noch nicht so kalt, dass eine tödliche Unterkühlung zu befürchten war […]. Auch Umstände, die geeignet waren, den Geschädigten in die Gefahr des Ertrinkens zu bringen, sind nicht festgestellt. In dem gleichmäßig und eher langsam fließenden Wasser war eine körperliche Überforderung des Geschädigten nicht zu befürchten. Allein aus dem Umstand, dass der Geschädigte beim Schwimmen wegen der mit Wasser vollgesogenen Kleidung mehr Kraft |92|als erwartet aufwenden musste, kann noch keine abstrakte Lebensgefährdung abgeleitet werden. Als sich der Geschädigte ins Wasser sinken ließ und zu schwimmen begann, konnte er noch gefahrlos stehen. Panikreaktionen oder ein Orientierungsverlust waren mit Rücksicht auf die Ortskunde des Geschädigten und sein beherrschtes Reagieren offenkundig nicht zu befürchten. Andere in der konkreten Situation angelegte, aber letztlich nicht wirksam gewordene Gefahrenquellen […] sind nicht erkennbar.«[344] Auch hier hat der BGH also nicht darauf abgestellt, wie es einem durchschnittlichen Menschen in einer solchen Situation ergehen würde, sondern sich ausschließlich an dem konkreten Opfer orientiert.[345] Angesichts dieser Entwicklung in der Rechtsprechung des BGH[346] wird der Unterschied zu der Mindermeinung, die eine konkrete Gefährdung fordert, zunehmend kleiner.[347]

4. Erfolgsqualifikationen: Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) und Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)

196In den §§ 226, 227 StGB finden sich Erfolgsqualifikationen, die angesichts der angedrohten Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr Verbrechenscharakter haben. Ihre Prüfung im Rahmen einer Studienarbeit folgt weitgehend den allgemeinen Regeln über Erfolgsqualifikationen.[348] Im Folgenden wird daher nur ein systematischer Überblick geboten und auf die spezifischen Definitionen der Tatbestandsmerkmale eingegangen.

a) § 226 StGB

197§ 226 StGB knüpft eine erhöhte Strafandrohung an schwere Folgen der Körperverletzung. Die Absätze 1 und 2 enthalten zwei unterschiedliche Tatbestände. Abs. 1 normiert eine »normale« Erfolgsqualifikation. Danach wird mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bestraft, wer gem. § 18 StGB mindestens fahrlässig die schwere Folge herbeiführt. Abs. 2 ordnet hingegen an, dass eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt werden muss, wenn die schwere Folge wissentlich oder absichtlich herbeigeführt wurde. Normalerweise würde also der Abs. 1 iVm. § 18 StGB (»mindestens fahrlässig«) auch die Herbeiführung der schweren Folge mit Vorsatz ersten oder zweiten Grades erfassen. Wegen der spezielleren Regelung des Abs. 2 fallen jedoch unter den Abs. 1 nur die fahrlässige und die bedingt vorsätzliche Herbeiführung der schweren Folge, während Vorsatz ersten und zweiten Grades unter Abs. 2 zu subsumieren ist.

|93|aa) Körperverletzung

198Objektiv setzt § 226 StGB eine Körperverletzung voraus, also eine Tat nach den §§ 223, 224, 225 Abs. 1 Var. 2, 3 StGB. Umstritten ist, ob auch § 225 Abs. 1 Var. 1 StGB (Misshandlung Schutzbefohlener durch Quälen) Grundtatbestand des § 226 StGB sein kann. Das hängt davon ab, ob man auch rein seelische Qualen als tatbestandsmäßig ansieht, da dann keine Körperverletzung im Sinne des § 226 StGB vorliegt (vgl. dazu unten Rn. 221).

bb) Schwere Folge

199Zu der Körperverletzung muss eine bestimmte schwere Folge hinzutreten. Gemeinsam haben die in § 226 Abs. 1 StGB abschließend[349] aufgezählten Folgen, dass sie das Opfer nachhaltig oder endgültig prägen und erheblich in seiner Lebensführung einschränken. Das zeitliche Charakteristikum wirft die Frage auf, ob § 226 StGB zu verneinen ist, wenn die schwere Verletzungsfolge durch medizinische Hilfsmittel oder Eingriffe vollständig oder teilweise behoben werden kann. Nach der neueren Rechtsprechung ist der Qualifikationstatbestand jedenfalls ausgeschlossen, wenn eine Heilung eingetreten ist, und zwar auch dann »wenn sie auf [einem] operative[n] Eingriff beruht. Denn nicht die schwere Folge, sondern nur die dauerhafte schwere Folge erfüllt den Tatbestand des § 226 StGB. Dass eine Heilung beachtlich ist, kann letztlich keinem Zweifel unterliegen, weil auch rettende Eingriffe Dritter den Täter begünstigen können.«[350] Dies soll aber nicht gelten, wenn die körperliche Einschränkung nur durch zeitweise wirkende, äußere Hilfsmittel ausgeglichen wird: »Für § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist anerkannt, dass Prothesen den Verlust von Gliedmaßen nicht beseitigen […]. Auch für § 226 Abs. 1 Nr. 1 StGB wird dadurch, dass mittels Brillen und Kontaktlinsen wieder gesehen werden kann, die eingetretene schwere Folge des Verlustes des Sehvermögens nicht aufgehoben. Es werden nur die Auswirkungen des Verlustes gemildert […]. Das Sehvermögen ist in diesen Fällen gerade nicht wiederhergestellt. Der Verletzte muss sich um solche Hilfsmittel laufend kümmern […], sie ersetzen das körperliche Organ nicht.«[351]

200Zumindest operative Eingriffe können folglich dazu führen, dass die schwere Folge behoben und § 226 StGB nicht (mehr) erfüllt ist. Doch wie sind Fälle zu beurteilen, in denen eine Operation zwar möglich ist, der Geschädigte sich einer solchen jedoch nicht unterziehen möchte? Die h. M. verlangt hier eine Prognoseentscheidung des Gerichts: Ist eine erfolgversprechende Operation möglich, ohne dass der Geschädigte ein überdurchschnittliches gesundheitliches Risiko eingehen oder extreme Kosten tragen muss, ist § 226 StGB zu |94|verneinen – unabhängig davon, ob der entsprechende Heileingriff tatsächlich vorgenommen wird oder nicht.[352]

201In Nr. 1 wird der Verlust des Seh-, Hör- und Sprechvermögens sowie der Fortpflanzungsfähigkeit erfasst. Unter den Begriff »Verlust« wird nicht nur die hundertprozentige Minderung der Fähigkeit subsumiert, sondern auch jede Verschlechterung auf wenige Prozent.[353] Beim Sehsinn genügt nach dem Wortlaut der Norm bereits der Verlust der Sehfähigkeit auf einem Auge, wohingegen der Hörsinn auf beiden Ohren verloren sein muss, da die Norm von »dem Gehör« als Ganzem spricht.[354]

202In Nr. 2 wird der Verlust eines wichtigen Glieds des Körpers oder die dauernde Unbrauchbarkeit eines wichtigen Glieds des Körpers als schwere Folge normiert. »Glied des Körpers ist ein nach außen in Erscheinung tretender Körperteil, der mit dem Körper oder einem anderen Körperteil verbunden ist.«[355]Organe als innere Körperteile fallen folglich nicht unter diesen Begriff.[356] Umstritten ist, ob das Wort Glied voraussetzt, dass der entsprechende Körperteil durch ein Gelenk mit dem Körper verbunden ist.[357] Bejaht man dies, fallen nur bewegliche Teile wie Arme, Beine und Finger unter § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Gegenauffassung will stattdessen darunter alle Körperteile fassen, die in sich abgeschlossen sind und eine besondere Funktion für den Gesamtorganismus erfüllen.[358] Dagegen spricht jedoch, dass dies den Wortlaut der Norm überschreitet und die sonstigen Begehungsvarianten, insbesondere die dauerhafte Entstellung, überflüssig machen würde.[359]

203Ein Glied im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist wichtig, »wenn es für den Gesamtorganismus eine besondere Funktion erfüllt.«[360] Aber aus welcher Perspektive ist dies zu entscheiden? Eine objektiv-generelle Bestimmung, wie sie das Reichsgericht in seiner Rechtsprechung vorgenommen hat, würde bedeuten, dass man unabhängig vom konkret betroffenen Körper sagen könnte, welche Körperteile wichtig im Sinne des § 226 StGB sind.[361] Es kommt aber auch eine soziale Betrachtung in Frage, die miteinbezieht, wie die konkrete Person ihren Körper nutzt.[362] Danach würde es einen Unterschied machen, ob jemand das verlorene Körperteil zur Ausübung seines Berufs braucht oder nicht. Der BGH hat sich zu Recht für die Einbeziehung individueller Eigenschaften des Betroffenen entschieden: »§ 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist ein konkretes |95|Verletzungsdelikt, dessen Erfolg auch von der jeweiligen körperlichen Beschaffenheit des Tatopfers abhängt. So hat ein Finger der linken Hand naturgemäß für einen Linkshänder eine größere Bedeutung als für einen Rechtshänder. Für einen Menschen ohne Hände, etwa infolge einer körperlichen Behinderung, der gelernt hat, seine Zehen als Fingerersatz einzusetzen, sind diese Zehen für das Hantieren ebenso wichtig wie die Finger für einen nicht behinderten Menschen […]. Solche dauerhaften körperlichen Besonderheiten eines Tatopfers bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Wichtigkeit eines Körperglieds […] gänzlich außer Acht zu lassen, widerspräche dem heutigen Verständnis eines gleichberechtigten Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher körperlicher Beschaffenheit.«[363]

204Ob ein Glied durch die Tat dauerhaft unbrauchbar geworden ist, hängt davon ab, »ob als Folge der vorsätzlichen Körperverletzung so viele Funktionen ausgefallen sind, dass das Körperglied weitgehend unbrauchbar geworden ist und von daher die wesentlichen faktischen Wirkungen denjenigen eines physischen Verlustes entsprechen«.[364]

205In Nr. 3 des Abs. 1 findet sich ein Auffangtatbestand, der weniger konkret als die NRn. 1 und 2 als schwere Folge anerkennt, wenn das Körperverletzungsopfer »in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt«. Der Unrechtsgehalt gerade bei der dauerhaften Entstellung muss den in Nr. 1 und 2 erfassten Folgen entsprechen. Um »die Anwendung des Strafrahmens des § 226 Abs. 1 StGB [zu] rechtfertigen […], dürfen nur solche Verunstaltungen des Gesamterscheinungsbildes des Verletzten als tatbestandsmäßig eingestuft werden, die im Maß ihrer beeinträchtigenden Wirkung zumindest der in ihrem Gewicht geringsten der übrigen in § 226 Abs. 1 StGB genannten Folgen (z.B. Verlust des Sehvermögens, des Sprechvermögens, Siechtum, Lähmung, geistige Krankheit, Behinderung) in etwa gleichkommen […].«[365]

b) § 227 StGB

206Die Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 StGB ist eine Erfolgsqualifikation, so dass auch hier § 18 StGB zur Anwendung kommt. Danach muss die schwere Folge – hier der Tod – mindestens fahrlässig herbeigeführt werden. Da die Fälle der vorsätzlichen Herbeiführung des Todes unter die §§ 211ff. StGB fallen, erfasst § 227 StGB faktisch nur Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen. In Hinblick auf den Grundtatbestand stellt sich bezüglich § 225 Abs. 1 Alt. 1 StGB (Quälen) dieselbe Frage wie bei § 226 StGB (vgl. oben Rn. 198).

207Im Zusammenhang mit dem tatbestandsspezifischen Gefahrzusammenhang, der bei Erfolgsqualifikationen stets zur Kausalität hinzutreten muss, besteht bei § 227 StGB ein Streit darüber, ob der Tod Folge der Körperverletzungshandlung |96|(so die Rechtsprechung) oder des Körperverletzungserfolges (so viele Stimmen in der Literatur) sein muss.[366] Grundlegende Ausführungen zu seiner »Handlungslösung« machte der BGH anhand des folgenden Falles (»Gubener Hetzjagd«): Eine Gruppe Rechtsradikaler trifft, als sie des nachts mit drei Autos eine Straße in der brandenburgischen Stadt Guben entlang fährt, auf mehrere männliche Personen, die sie als Ausländer identifizieren. Die Rechtsradikalen schneiden ihnen den Weg ab, springen aus den Wagen und rennen laut schreiend auf diese Personen zu. Die angegriffenen Männer flüchten. Dabei tritt einer von ihnen voller Panik eine Glasscheibe in einer Haustür ein, um in dem Haus Schutz zu suchen. Dabei verletzt er sich an einer Schlagader am Bein und verblutet binnen kürzester Zeit. Der BGH bejahte eine Strafbarkeit der Verfolger wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge: § 227 StGB setzt unter anderem voraus, dass der Tod der verletzten Person »durch die Körperverletzung (§ 223 bis § 226)« verursacht worden ist […]. Dabei reicht es nicht aus, dass zwischen der Körperverletzungshandlung und dem Todeserfolg überhaupt ein ursächlicher Zusammenhang besteht, die Körperverletzung also nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass damit zugleich der Tod des Verletzten entfiele. § 227 StGB soll allein der mit der Körperverletzung verbundenen Gefahr des Eintritts der qualifizierenden Todesfolge entgegenwirken. Die genannte Vorschrift erfasst deshalb nur solche Körperverletzungen, denen die spezifische Gefahr anhaftet, zum Tode des Opfers zu führen; gerade diese Gefahr muss sich im tödlichen Ausgang niedergeschlagen haben […]. Eine solche deliktsspezifische Gefahr kann auch schon von der bloßen Körperverletzungshandlung ausgehen […]. Der Wortlaut der Bestimmung steht einer solchen Auslegung nicht entgegen […]. Auch der Gesetzgeber ist dieser Rechtsprechung nicht entgegengetreten. Vielmehr hat er § 227 I StGB durch den Zusatz »(§ 223 bis § 226)« ergänzt […], ohne […] die in §§ 223, 224, 225 StGB enthaltenen versuchten Körperverletzungsdelikte (jeweils Abs. 2) vom Anwendungsbereich des § 227 StGB auszunehmen […]. Mithin ist der Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge auch in Form eines »erfolgsqualifizierten Versuchs« möglich.«[367] Der BGH schließt also aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber auch versuchte Körperverletzungen für »qualifikationsfähig« im Sinne des § 227 StGB hält, dass es nicht auf den Körperverletzungserfolg ankommen könne (den gibt es beim Versuch noch nicht). Es müsse sich die Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung in der schweren Folge realisieren.

208Der Letalitätstheorie genannte Standpunkt aus der Literatur hält dem BGH entgegen, dass der Wortlaut des § 227 StGB eindeutig für seine Ansicht spreche: »Die Körperverletzung« müsse den Tod »der verletzten Person« verursachen und damit könne sprachlich nur der Körperverletzungserfolg gemeint sein. Dieser müsse sich zu der besonders schweren Folge, dem Tod, »weiterentwickeln«, |97|gewissermaßen vertiefen, denn nur dann sei der spezifische Gefahrenzusammenhang, der die erheblich erhöhte Strafandrohung rechtfertige, gegeben. [368]

209In der Klausur sind wie so oft beide Ansätze gut vertretbar. Es kommt darauf an, zu erkennen, ob sie überhaupt zu verschiedenen Ergebnissen führen und (nur) dann zu argumentieren, weshalb man sich für einen der beiden Ansätze entscheidet.

210Tab. 5: Prüfungsaufbau §§ 226, 227 StGB


5. Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)

211In § 229 StGB ist geregelt, dass auch das fahrlässige Verursachen einer Körperverletzung gem. § 223 StGB strafbar ist. Objektiv sind die Tatbestände der §§ 223, 229 StGB also im Ausgangspunkt identisch, sie unterscheiden sich nur durch die jeweiligen Anforderungen an die subjektive Tatseite und das Erfordernis objektiver Sorgfaltspflichtwidrigkeit.[369]

212Obwohl § 228 StGB als besonderer Rechtfertigungsgrund an die vorsätzlichen Körperverletzungsdelikte anschließt und er systematisch nicht auf § 229 StGB anwendbar zu sein scheint, geht die herrschende Meinung vom Gegenteil aus. Wenn die Einwilligung in eine vorsätzliche Körperverletzung die Tat rechtfertigen kann, soll dies erst Recht für fahrlässige Körperverletzungen gelten.[370] Auch bei § 229 StGB kann daher die Einwilligung des Rechtsgutinhabers in ein bestimmtes Risiko, das sich dann in einem Verletzungserfolg realisiert, zur Straflosigkeit führen.

213Die Qualifikationstatbestände der §§ 224, 226 StGB greifen bei einer fahrlässigen Körperverletzung nicht, da sie stets eine vorsätzliche Begehung voraussetzen. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung im Gesetz – sie |98|folgen unmittelbar auf den Grundtatbestand des § 223 StGB.[371] Auch wenn also jemand einen anderen fahrlässig mit einem Messer verletzt, ist § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht einschlägig.

214Fahrlässige Körperverletzungen werden in der Praxis oft durch Unterlassen verwirklicht, etwa wenn jemand seinen Verkehrssicherungspflichten nicht nachkommt und dadurch ein anderer körperlichen Schaden nimmt. Wie üblich kommt eine Unterlassensstrafbarkeit aber nur in Betracht, wenn eine Garantenstellung vorliegt.[372]

215Hinsichtlich der Voraussetzungen einer Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung gelten die allgemeinen Regeln der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit.[373]

216Tab. 6: Prüfungsaufbau § 229 StGB


6. Misshandlung Schutzbefohlener (§ 225 StGB)
a) Einleitung

217§ 225 StGB knüpft an ein besonderes Täter-Opfer-Verhältnis an. Täter kann nur sein, wen gegenüber dem Opfer eine bestimmte, in den NRn. 1 bis 4 des Abs. 1 abschließend aufgeführte[374] Fürsorgepflicht trifft. Das Opfer wiederum muss entweder unter 18 Jahre alt oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlos sein. In den Anwendungsbereich des § 225 StGB fallen daher in erster |99|Linie Misshandlungen und Vernachlässigungen von Erziehungspersonen gegenüber Kindern oder von Pflegepersonal gegenüber alten oder kranken Menschen.[375]

b) Tatbestand

218Die Wehrlosigkeit des volljährigen Opfers muss aus der Gebrechlichkeit oder aus der Krankheit resultieren.[376] Es wird darunter das Unvermögen verstanden, sich gegen die Tathandlung zur Wehr zu setzen.[377] Das Bestehen einer Fluchtmöglichkeit schließt das Vorliegen von Wehrlosigkeit nicht aus.[378]

219Eine Misshandlung Schutzbefohlener kann durch Quälen oder rohes Misshandeln oder eine die Gesundheit schädigende böswillige Vernachlässigung der Fürsorgepflicht begangen werden. Die ersten beiden Varianten sind Begehungsdelikte, die dritte ist ein echtes Unterlassungsdelikt.[379] »Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, daß durch das Unterlassungsdelikt der Gesundheitsbeschädigung infolge böswilliger Vernachlässigung der Sorgepflicht die Strafbarkeit des Quälens und des rohen Mißhandelns eingeschränkt sein soll […].«[380] Die ausdrückliche Regelung eines (echten) Unterlassungsdeliktes bedeutet demnach nicht, dass nicht auch die beiden erstgenannten Begehungsvarianten durch Unterlassen verwirklicht werden können (unechtes Unterlassungsdelikt[381]). Die Garantenstellung ist dann jeweils durch die Fürsorgepflicht gem. Abs. 1 Nr. 1 bis 4 gegeben.

220»Quälen bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender Schmerzen, wobei dieses Tatbestandsmerkmal typischerweise durch Vornahme mehrerer Handlungen verwirklicht wird und gerade die ständige Wiederholung für sich den besonderen Unrechtsgehalt dieser Form der Körperverletzung auszeichnet […]. ‚Roh’ ist eine Misshandlung i.S.d. Tatbestandes, wenn sie aus einer gefühllosen gegen die Leiden des Opfers gleichgültigen Gesinnung heraus erfolgt, wobei die Gefühllosigkeit keine dauernde Charaktereigenschaft zu sein braucht […] und deshalb das Merkmal ›roh‹ auch das ›Wie‹ der Misshandlung betrifft […].«[382] Die Fürsorgepflicht vernachlässigt böswillig, »wer die Pflichtverletzung aus besonders verwerflichem Motiv, nicht aber […] aus Gleichgültigkeit oder Schwäche begeht […].«[383]

221Es wird darüber gestritten, ob der Begriff des Quälens bei § 225 StGB auch durch rein seelische Beeinträchtigungen erfüllt sein kann. Der alltägliche |100|Sprachgebrauch legt eine solche Auslegung nahe.[384] Geht man davon aus, stellt die Begehungsvariante des Quälens im Gegensatz zu den sonstigen Varianten des § 225 StGB keine Qualifikation des § 223 StGB dar, sondern einen eigenständigen Tatbestand.[385] Dagegen wird eingewandt, dass § 225 StGB Teil des Abschnitts der Körperverletzungsdelikte ist und daher Quälen hier nur dann vorliegen könne, wenn die psychische Einwirkung auch körperliche Folgen hat.[386] Beide Ansichten sind gut vertretbar.

₺863,11

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
1022 s. 71 illüstrasyon
ISBN:
9783846344385
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 3,5, 2 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre