Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil», sayfa 9
6. Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)
130Von § 222 StGB werden diejenigen Fälle erfasst, in denen der Täter die objektiven Voraussetzungen des § 212 StGB erfüllt, dabei aber hinsichtlich des Todeseintritts nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig handelt. In Fallbearbeitungen ist an die Prüfung des § 222 StGB daher insbesondere auch dann zu denken, wenn zuvor eine Strafbarkeit wegen vorsätzlichen Totschlags erörtert und nach Darstellung der Auseinandersetzung um die Anforderungen an den Tötungsvorsatz (hierzu Rn. 20ff.) verneint wurde. Im Übrigen betreffen Prüfungsschwerpunkte im Zusammenhang mit der fahrlässigen Tötung in der Regel Fragestellungen aus dem Allgemeinen Teil des Strafrechts, wobei insbesondere die Ermittlung von Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Teilnahme im Straßenverkehr sowie die Abgrenzung der tatbestandslosen eigenverantwortlichen |62|Selbstgefährdung zur grundsätzlich tatbestandsmäßigen Fremdgefährdung regelmäßig wiederkehrende Prüfungsgegenstände sind.[218]
7. Aussetzung (§ 221 StGB)
131Der als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestaltete § 221 StGB dient dem Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit. Abs. 1 der Vorschrift enthält zwei Tatbestandsvarianten, die trotz ihrer teils erheblich voneinander abweichenden Struktur eine Reihe von gemeinsamen Strafbarkeitsvoraussetzungen aufweisen und insbesondere beide zweistufig ausgestaltet sind. Hiernach ist erforderlich, dass der Täter einen anderen Menschen der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt, indem er ihn entweder in eine hilflose Lage versetzt (Nr. 1) oder in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist (Nr. 2). Der Vorsatz des Täters muss sich neben der Tathandlung auch auf den konkreten Gefahrerfolg beziehen.
132Da es sich bei § 221 Abs. 1 StGB um ein Vergehen handelt und die Versuchsstrafbarkeit nicht ausdrücklich angedroht ist, ist der Versuch des Grunddeliktes straflos. Abs. 2 Nr. 1 normiert einen Qualifikationstatbestand, während die § 221 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 StGB mehrere Erfolgsqualifikationen enthalten. Bei den in Abs. 2 und 3 normierten Fällen handelt es sich ausnahmslos um Verbrechenstatbestände, so dass insoweit auch eine Versuchsstrafbarkeit besteht. § 221 Abs. 4 StGB sieht zuletzt eine obligatorische Strafmilderung bei Vorliegen eines minder schweren Falles vor.
133Tab. 3: Prüfungsaufbau § 221 StGB

a) Tathandlungen
aa) Versetzen in eine hilflose Lage
134Bei der 1. Tatbestandsvariante des § 221 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein klassisches Begehungsdelikt, das nach mehrheitlich vertretener Auffassung unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 StGB auch durch Unterlassen verwirklicht werden kann.[219] Die Tathandlung des § 221 Abs. 1 Var. 1 StGB besteht darin, dass der Täter einen anderen Menschen in eine hilflose Lage versetzt.
135In einer hilflosen Lage befindet sich, »wer der abstrakten Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsbeschädigung ohne die Möglichkeit eigener oder fremder Hilfe ausgesetzt ist […]. Hilflosigkeit im Sinne des Tatbestandes definiert sich danach als das Fehlen hypothetisch rettungsgeeigneter sächlicher Faktoren oder hilfsfähiger (und generell auch hilfsbereiter) Personen«[220]. Entscheidend ist, dass sich das Opfer in einer Situation befindet, in der es sich nicht selbst oder mit der Hilfe schutzbereiter Dritter vor Gefahren für Leib und Gesundheit zu schützen vermag.[221] Abzustellen ist jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, wobei sich die Hilflosigkeit insbesondere aus den örtlichen Gegebenheiten, aber auch aus der persönlichen Konstitution des Tatopfers ergeben kann. Zutreffend bejahte der BGH daher die Hilflosigkeit in einem Fall, in dem zwei Streifenpolizisten einen erheblich alkoholisierten Heranwachsenden, den sie zuvor wegen einer Ruhestörung aufgegriffen hatten, nachts und bei einer Außentemperatur von 4 Grad Celsius in 8 km Entfernung zur nächsten Ortschaft aus dem Streifenwagen aussteigen ließen und davon fuhren.[222] Die Hilflosigkeit des Heranwachsenden ergab sich hier daraus, dass er sich in einer Situation befand, die jederzeit in eine konkrete Gefahrenlage umschlagen konnte,[223] und dass er selbst wegen seiner Alkoholisierung nicht in der Lage war, die Gefahr abzuwehren, während zugleich wegen der örtlichen |64|und zeitlichen Umstände mit einem Eintreffen schutzbereiter Dritter nicht zu rechnen war. Dass der Heranwachsende ein funktionstüchtiges Mobiltelefon bei sich trug, änderte nach Einschätzung des BGH nichts am Vorliegen einer hilflosen Lage, da es ihm nicht gelungen war, jemanden anzurufen und er im Übrigen gar nicht wusste, wo er sich befand.[224] In einer hilflosen Lage befinden sich typischerweise auch Kleinstkinder und Schwerverletzte, die sich an entlegenen oder ansonsten von anderen Menschen nicht frequentierten Orten aufhalten. Keine hilflose Lage besteht demgegenüber bei nur kurzfristigen Augenblicksgefahren oder in Fallkonstellationen, in denen jemand nur nicht erkennt, dass er sich in einer gefährlichen Situation befindet, er im Fall ihrer Realisierung aber ohne Weiteres in der Lage wäre, der Gefahr selbst zu entgehen.[225]
136Der Täter muss das Opfer in die hilflose Lage versetzt haben. Das Versetzen erfasst sämtliche dem Täter zurechenbaren Zustandsveränderungen, durch die dieser die hilflose Lage herbeiführt.[226] Typischerweise geschieht dies dadurch, dass der Täter die kritische Situation selbst unmittelbar verursacht, das Opfer also beispielsweise an einen abgelegenen Ort verbringt, es einsperrt, betäubt oder ihm eine derart große Menge Alkohol verabreicht, dass es nicht mehr in der Lage ist, sich eigenverantwortlich zu verhalten.[227] Daneben erfüllt aber auch derjenige die Voraussetzungen der 1. Tatbestandsvariante, der das bereits hilflose Opfer in eine andere hilflose Lage versetzt oder diese dadurch herbeiführt, dass er hilfsbereite Dritte dazu veranlasst, das Tatopfer alleine zu lassen.[228] Nicht erforderlich ist, dass der Täter die hilflose Lage durch eine Ortveränderung bewirkt.[229] So kann ein Versetzen in eine hilflose Lage auch darin liegen, dass der Täter dem Tatopfer überlebenswichtige Ressourcen (d.h. insbesondere Nahrung) oder zur Kontaktaufnahme hilfsbereiter Dritter geeignete Gegenstände (bspw. Mobiltelefone) wegnimmt und hierdurch eine spezifische Gefahrensituation begründet.
bb) Im Stich Lassen in hilfloser Lage trotz Obhutspflicht
137Die 2. Tatbestandsvariante des § 221 Abs. 1 StGB unterscheidet sich vorrangig dadurch von der. 1. Variante, dass sie ein echtes Unterlassungsdelikt normiert, auf das die in § 13 Abs. 2 StGB vorgesehene Milderungsmöglichkeit keine Anwendung findet.[230] Auch bei der 2. Variante muss sich das Tatopfer in einer hilflosen Lage befinden, wobei die vorherigen Ausführungen entsprechend gelten. Im Unterschied zur 1. Tatbestandsvariante wirkt der Täter jedoch nicht aktiv an deren Entstehung mit, sondern lässt das Tatopfer in der hilflosen |65|Lage im Stich, obwohl er dazu verpflichtet wäre, diesem beizustehen. Besteht Anlass, die Verwirklichung von § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB zu prüfen, ist daher im Anschluss an die Feststellung, dass sich das Tatopfer in einer hilflosen Lage befand, der Frage nachzugehen, ob der Täter eine besondere Obhutspflicht für das Tatopfer inne hatte und (bejahendenfalls), ob er sich dieser dadurch entzogen hat, dass er das Tatopfer im Stich ließ.
138Während der Täterkreis bei der 1. Tatbestandsvariante nicht auf bestimmte Personen beschränkt ist, kann die 2. Variante von vornherein nur von demjenigen verwirklicht werden, der eine auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit des Opfers gerichtete Garantenstellung innehat. Trotz des insoweit nicht identischen Wortlauts der Vorschriften ist das Vorliegen der Garantenstellung bei § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB nach den zu § 13 Abs. 1 StGB entwickelten Grundsätzen zu ermitteln. Als Täter kommen daher insbesondere Ehegatten, Lebenspartner und Familienangehörige in Betracht, daneben aber auch solche Personen, die einverständlich eine Schutzfunktion übernommen (bspw. Babysitter), oder aufgrund ihres pflichtwidrigen Vorverhaltens eine Ingerenzgarantenstellung innehaben. Im Übrigen ist an dieser Stelle auf die Darstellungen zur Existenz und Reichweite von Garantenstellungen zu verweisen.[231]
139Der Täter muss das Tatopfer entgegen der ihn treffenden Obhutspflicht im Stich gelassen haben. Hierunter sind sämtliche Verhaltensweisen zu subsumieren, durch die der Täter sich seiner Beistandspflicht entzieht, also die zur Abwendung der Gefahr gebotene Hilfeleistung nicht erbringt.[232] Typischerweise erfolgt dies dadurch, dass der Täter das Opfer in der hilflosen Lage zurücklässt, erforderlich ist ein entsprechendes Verlassen des Tatorts indes nicht. Vielmehr kann ein »Im-Stich-Lassen« auch dann anzunehmen sein, wenn der Täter zwar am Ort des Geschehens verweilt, aber die Vornahme der gebotenen Rettungsmaßnahme verweigert. Auch insoweit unterscheidet sich die Prüfung des § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB nicht grundlegend von den zu § 13 Abs. 1 StGB entwickelten Grundsätzen.
b) Erfolgseintritt und Risikozusammenhang
140Durch die jeweilige Tathandlung muss das Tatopfer in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung versetzt worden sein. Schwere Gesundheitsschädigungen sind in diesem Zusammenhang zunächst die in § 226 StGB umschriebenen Folgen, darüber hinaus aber auch das Verfallen in eine ernste, langwierige Krankheit sowie der Verlust bzw. die erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft.[233] Von einer hinreichend konkreten Gefahr i.S.d. Tatbestandes ist dann auszugehen, wenn es für das Tatopfer nur noch vom nicht mehr beherrschbaren Zufall abhängt, ob es stirbt bzw. an seiner Gesundheit |66|schwer geschädigt wird.[234] Insoweit gelten die Ausführungen in Rn. 531 zu den Anforderungen an die konkrete Gefahr bei § 306a Abs. 2 StGB entsprechend. Der Gefahreintritt muss ursächlich auf die hilflose Lage zurückzuführen sein. Darüber hinaus muss ein Risikozusammenhang dergestalt bestehen, dass sich im konkreten Gefahrerfolg gerade das vom Täter begründete Risiko realisiert, wofür es allerdings ausreicht, wenn eine bestehende Gefahr durch ihn weiter verstärkt wird.[235]
c) Qualifikationen und Erfolgsqualifikation
141Den in § 221 Abs. 2 Nr. 1 StGB enthaltenen Qualifikationstatbestand erfüllt, wer die Tat gegen sein Kind oder eine Person begeht, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, also eine spezifische Garantenpflicht verletzt. § 221 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 StGB enthalten zwei Erfolgsqualifikationen, die voraussetzen, dass sich entweder die Gefahr der schweren Gesundheitsbeschädigung realisiert oder der Täter den Tod des Opfers verursacht. Hinsichtlich der Erfolgsqualifikationen gilt § 18 StGB, so dass der Täter im Hinblick auf die schwere Folge zwar nicht vorsätzlich, aber zumindest fahrlässig handeln muss.
d) Konkurrenzen
142Die Aussetzung wird von vorsätzlichen Tötungsdelikten verdrängt, sind diese nur versucht, gilt aus Klarstellungsgründen Tateinheit. Ebenfalls in Tateinheit steht die Aussetzung grundsätzlich mit Körperverletzungsdelikten, allerdings tritt die fahrlässige Körperverletzung (ebenso wie die fahrlässige Tötung) hinter § 221 Abs. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 3 StGB zurück. § 323c StGB wird von § 221 StGB im Wege der Spezialität verdrängt. Innerhalb des § 221 StGB wird die Erfolgsqualifikation nach § 221 Abs. 2 Nr. 2 StGB von derjenigen in § 221 Abs. 3 StGB verdrängt.[236]
e) Leitentscheidungen
143LG Zweibrücken DAR 2000, 167f.; Aussetzung mit Todesfolge: Ein Taxifahrer nimmt an einem Februarabend gegen 2 Uhr nachts einen erheblich alkoholisierten Kunden an einer Diskothek auf. Während der Fahrt beleidigt der Kunde den Taxifahrer mehrfach und veranlasst ihn wiederholt unter dem Vorwand, er müsse sich übergeben, zum Anhalten. Nachdem der Kunde den Taxifahrer gegen 2.30 Uhr auf einem menschenleeren Werksgelände abermals zum Halten veranlasst hat und aus dem Taxi ausgestiegen ist, fällt er infolge seiner Trunkenheit auf den unbefestigten Randstreifen in die aufgeweichte Erde. Hierauf beleidigt der Kunde den Taxifahrer erneut, was diesen dazu veranlasst, den Kunden zurückzulassen und nach Hause zu fahren. Hierbei |67|geht er davon aus, dass der Kunde wegen seiner erheblichen Alkoholisierung, der Jahres- und Nachtzeit und der Ortslage im Industriegebiet nicht in der Lage sein wird, sich gegen mögliche Gefahren zu schützen. Tatsächlich begibt sich der Kunde auf eine naheliegende Bundesstraße und wird dort von einem PKW-Fahrer tödlich verletzt. – Der Taxifahrer ist strafbar wegen Aussetzung mit Todesfolge nach § 221 Abs. 1 Var. 2, Abs. 3 StGB. Der Kunde konnte sich infolge seiner Alkoholisierung in der nächtlichen Umgebung nicht selbst vor aufkommenden Gefahren schützen, befand sich also in einer hilflosen Lage. In dieser hat ihn der Taxifahrer im Stich gelassen, obwohl er durch die tatsächliche Übernahme der Beförderung eines ersichtlich Angetrunkenen dazu verpflichtet war, ihn nach Hause oder zumindest zu einem weniger abgelegenen Ort zu fahren. Ferner hat sich im Tod des Kunden auch die durch die Aussetzung an einem entlegenen Ort begründete Gefahr realisiert, so dass dem Taxifahrer auch der Todeseintritt zuzurechnen ist. Vor dem Hintergrund der wiederholten Beleidigungen ist jedoch die Annahme eines minder schweren Falles nach § 221 Abs. 4 StGB in Erwägung zu ziehen.
144OLG Stuttgart NStZ 2009, 102f.; Voraussetzungen des § 221 Abs. 1 Var. 2 StGB: Nachdem sie gemeinsam erhebliche Mengen Alkohol konsumiert haben, befinden sich drei Jugendliche auf dem Weg zum Bahnhof. In der Nähe des Bahnhofsgebäudes bricht einer der Jugendlichen infolge des vorherigen Alkohol- und Methadonkonsums im Schnee zusammen, woraufhin die anderen Jugendlichen ihn aufrichten und zu einer Bank im Bahnhofsgelände bringen, sich aber zunächst nicht um ärztliche Hilfe kümmern. Entgegen ihrem ursprünglichen Plan steigen sie zunächst nicht in den nächsten Zug, sondern betreuen den schlafenden Jugendlichen. Erst als dessen Atmung aussetzt, rufen sie einen Notarzt, der den Todeseintritt jedoch nicht mehr verhindern kann. – Die beiden Jugendlichen sind nicht strafbar nach § 221 Abs. 1 StGB. Die 1. Var. scheitert bereits daran, dass die Jugendlichen den Bekannten nicht selbst in die hilflose Lage versetzt haben, sondern diese auf dessen eigenverantwortlichen Alkoholkonsum zurückzuführen ist. Im Hinblick auf die 2. Var. fehlt es zunächst an der erforderlichen Garantenstellung. Allein aus gemeinschaftlichem Alkoholkonsum folgt keine Obhutspflicht für die körperliche Unversehrtheit eines anderen am Alkoholkonsum Beteiligten. Ferner folgt eine Garantenpflicht auch nicht aus der Verbringung des anderen Jugendlichen in den Bahnhof, da durch diese Hilfeleistung seine Situation nicht wesentlich verändert und andere Rettungswillige nicht vom Einschreiten abgehalten wurden. Unabhängig hiervon erscheint aber auch fraglich, ob die Jugendlichen den Hilfsbedürftigen im Stich gelassen haben, da sie zwar davon abgesehen haben, die optimalste Rettungsmaßnahme in Form der unverzüglichen Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe zu ergreifen, sie sich aber gleichwohl um ihren Bekannten gekümmert haben.
|68|II. Körperverletzungsdelikte (Lea Voigt)
1. Einleitung
145Die Körperverletzungsdelikte spielen in der Praxis und in der universitären Lehre gleichermaßen eine große Rolle. Den Grundtatbestand bildet die »einfache« Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 StGB, in den §§ 224ff. StGB werden Tatbestands- und Erfolgsqualifikationen sowie die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit geregelt. Nicht ohne weiteres in diese Systematik passt die Beteiligung an einer Schlägerei gem. § 231 StGB, da die Strafbarkeit hier nicht erst durch das Verletzen einer anderen Person, sondern schon dadurch ausgelöst wird, dass der Täter sich an einer Schlägerei beteiligt, die wiederum zu einer schweren Verletzung oder gar zur Tötung eines Menschen führt. Es genügt also gewissermaßen ein mittelbarer Erfolg. Hauptanknüpfungspunkt der Strafandrohung ist nicht die Verletzung, sondern das mit einer Schlägerei verbundene Risiko, dass es zu einer solchen kommt. Ebenfalls einen Sonderfall bildet die Körperverletzung im Amt gem. § 340 StGB. Danach macht sich strafbar, wer als Amtsträger im Rahmen seiner Amtstätigkeit eine Körperverletzung gem. §§ 223ff. StGB begeht. § 340 StGB stellt folglich eine Qualifikation des § 223 StGB und zugleich ein Sonderdelikt dar. Wegen der Anknüpfung an die Amtsträgereigenschaft wird § 340 StGB in dem Kapitel über die Amtsdelikte erläutert, vgl. Rn. 669ff.Ebenfalls in einem eigenständigen (Verbrechens-)Tatbestand geregelt ist neuerdings die Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226a StGB).
146Das Schutzgut der Körperverletzungsdelikte ist die körperliche Unversehrtheit und das körperliche Wohlbefinden eines anderen.[237] Eine Selbstverletzung ist folglich nicht strafbar. In Ermangelung einer strafbaren Haupttat ist in der Folge auch die Beihilfe zur Selbstverletzung straflos (vgl. die Ausführungen zur Beihilfe zum Suizid unter Rn. 115). Es gibt allerdings eine Reihe von Grenzfällen, bei denen sich die Frage stellt, ob tatsächlich noch Beihilfe vorliegt, oder ob die Schwelle zur (mittelbaren) Täterschaft überschritten ist. Das Landgericht Berlin[238] war beispielsweise mit dem folgenden Sachverhalt konfrontiert: Ein Kneipenwirt veranstaltet mit einem 16-jährigen, aber alkoholgewöhnten Gast ein Wetttrinken. Derjenige, der zuerst aufhört zu trinken oder sich übergibt, verliert. Der Gast fällt nach 44 Gläsern ins Koma und verstirbt später. Der Wirt hatte sich während des Wettbewerbs heimlich statt Tequila Wasser in sein Glas gießen lassen und bleibt deshalb unversehrt. Das Landgericht hat den Wirt wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Verstorbene hat sich zwar autonom zu dem Wetttrinken entschlossen, war über die Wirkung von Alkohol informiert |69|und hat auch gewusst, wie viele Gläser er bereits getrunken hatte. Durch die Wettbewerbsmanipulation des Wirts habe er jedoch irrig angenommen, sein Konkurrent habe bereits ebenso viel getrunken. Dieser bewusst gesetzte Irrtum begründe eine Tatherrschaft des Wirts, weshalb eine eigenverantwortliche Selbstschädigung ausscheide. Der Wirt war nach der Ansicht des LG Berlin mittelbarer Täter.[239]
147Über den Begriff des Körpers gibt es einige Meinungsverschiedenheiten. Sie werden festgemacht an der Frage, ob künstliche Körperteile (z.B. Beinprothesen), implantierte Hilfsmittel (z.B. Herzschrittmacher) und vom Körper getrennte Körperbestandteile (z.B. entnommenes Blut oder Organe) Gegenstand eines Körperverletzungsdelikts sein können, oder ob deren Beschädigung unter § 303 StGB (Sachbeschädigung) fällt. Die meisten Stimmen stellen bei der Beurteilung solcher Fälle darauf ab, ob es (noch oder schon) eine dauerhafte Verbindung mit dem Körper gibt. Durch diese Verbindung verlieren Prothesen ihre Sacheigenschaft und werden Körperbestandteile. Andersherum werden natürliche Körperteile zu Sachen, wenn sie nicht nur vorübergehend vom Körper getrennt werden.[240]
148In § 230 Abs. 1 StGB ist für die einfache Körperverletzung (§ 223 StGB) und die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) vorgesehen, dass diese nur auf Antrag des Verletzten verfolgt werden, wenn die Strafverfolgungsbehörden kein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejahen (Antragsdelikt).[241] Abs. 2 berechtigt bei Körperverletzungshandlungen gegen Amtsträger (z.B. Polizisten) auch den Dienstherrn dazu, Strafantrag zu stellen.