Kitabı oku: «Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne», sayfa 3

Yazı tipi:

§ 2 Ökumene und Arbeitsrecht

Anhand der drei Grundfunktionen des kirchlichen Lebens – Zeugnis des Glaubens, Feier der Liturgie und Diakonie im Dienst an den Menschen – kann die Ökumene heute gut beschrieben werden. Das Zeugnis des Glaubens meint nicht nur den Klerus, sondern jeden einzelnen Christen.46 Dabei geht es um das alltägliche Bekenntnis, das in verschiedenster Form erfolgen kann (vgl. Röm 10, 14 f.). In diesem Sinne haben sich kürzlich die Bistümer Aachen, Münster, Essen und Paderborn mit der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen auf eine neue Form der ökumenischen Zusammenarbeit in Form eines konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts an staatlichen Schulen geeinigt.47 Auch die Feier der Liturgie, als zweite Grundfunktion, hat eine zunehmende ökumenische Dimension. Vermehrt werden ökumenische Wort- und Vespergottesdienste gefeiert. Die Diakonie im Dienst ist wahrscheinlich der Bereich, in dem bereits jetzt die engste Zusammenarbeit erfolgt.48 So heißt es im Apostolischen Schreiben Intima Ecclesia natura – über den Dienst der Liebe von Papst Benedikt XVI. „Der Bischof möge, wenn es angebracht ist, karitative Initiativen gemeinsam mit anderen Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften fördern, unbeschadet der Besonderheiten aller Beteiligten.“49 Auch von evangelischer Seite wird eine stärkere Zusammenarbeit in diesem Bereich befürwortet (vgl. etwa § 1 DiakonieG). Differenzen hinsichtlich des Glaubensverständnisses treten hier in den Hintergrund.50

Eine enge Zusammenarbeit der christlichen Kirchen war im Laufe der Geschichte lange Zeit alles andere als selbstverständlich. Zunächst wird daher ein kurzer Blick auf die Entwicklung der Ökumenischen Bewegung geworfen. In einem nachfolgenden Schritt werden „ökumenische Einrichtungen“ sowie „ökumenisches Arbeitsrecht“ näher definiert.

A. Ökumene und ihre Entwicklung

Grundlage einer möglichen Regelung des Arbeitsrechts in ökumenischen Einrichtungen ist eine nähere Auseinandersetzung mit dem Begriff „Ökumene“. Notwendig ist eine Klarstellung, in welchem Kontext dieser Begriff in der vorliegenden Arbeit gebraucht wird.

I. Ökumene – eine Begriffsbestimmung

Der Begriff „Ökumene“ stammt aus dem Griechischen „oikouménē“ und meinte ursprünglich „[ganze] bewohnte [sc. Erde]“, „Erdkreis“ (vgl. Lk 2, 1).51 Im Römischen Reich bezeichnete „Ökumene“ mit zunehmendem Erstarken des Christentums auch die Gesamtheit der Christen. Im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Christentums zu Zeiten Augustinus wurden „ökumenisch“ und „katholisch“ synonym verwendet.52

„Ökumene“ wird in unterschiedlichen Zusammenhängen gebraucht. So meint Interkonfessionelle Ökumene einen Austausch zwischen den verschiedenen Konfessionsfamilien – etwa im Lutherischen Weltbund oder der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen. Abrahamitische Ökumene bezeichnet den Dialog zwischen den monotheistischen Weltreligionen – Judentum, Christentum und Islam. Unter vertikaler Ökumene versteht man die Verständigung zwischen mono- und polytheistischen Religionen.

Den Dialog und die Zusammenarbeit der christlichen Konfessionen bezeichnet man gemeinhin als „Ökumenische Bewegung“.53 Mit diesem Begriff werden die „Bemühungen aller Christen bzw. Kirchen für die Wiederherstellung der christlichen Einheit“ umschrieben.54 Jedenfalls in Deutschland wird dem Begriff „Ökumene“ das Verständnis der Ökumenischen Bewegung zugrunde gelegt. Wenn auch wissenschaftlich gesehen unpräzise, soll auch die vorliegende Arbeit hierauf aufbauen. Dabei geht es konkret um den interkonfessionellen Austausch zwischen der römisch-katholischen Kirche und den evangelischen Kirchen.55

II. Kurzer Abriss der Entwicklung der Ökumenischen Bewegung

So alt wie das Christentum sind auch die ersten Zerwürfnisse der Christen – diese begannen bereits in der Urkirche. Ein erster namhafter Streit war der sog. Antiochenische Zwischenfall zwischen Paulus und Simon Petrus.56 Viele Streitigkeiten konnten beigelegt werden, ohne dass es zu Abspaltungen kam, jedoch nicht alle. Link vergleicht die Kirche mit einem Baum57: Dieser gabelt sich seit dem abendländischen Schisma (1054) in zwei große Stämme (Orthodoxie und Westkirche), aus denen seit der Reformation weitere Äste und Zweige hervortreiben. Im Osten stehen die byzantinische und die orientalischen Kirchen, im Westen der römische Katholizismus und die Reformationskirchen. Für Deutschland ist die durch Martin Luthers Veröffentlichung der 95 Thesen ausgelöste Reformation mit ihren religiösen und weitreichenden politischen Folgen von besonderer Relevanz.58

Ein erster Versuch, den durch die Reformation hervorgerufenen Konflikt zwischen Lutheranern und Katholiken zu lösen, war das Augsburger Bekenntnis von 1530, in dem die lutherischen Lehren und ihre teilweisen Übereinstimmungen mit der römisch-katholischen Kirche dargestellt wurden.59 Diese Bemühungen scheiterten. Auch das Konzil von Trient (1545 bis 1563) verbesserte die Lage nicht. Weiterhin definierte es den Katholizismus im Gegensatz zum Protestantismus.60 1617 wurde in Deutschland von den Protestanten das 100-jährige Jubiläum von Luthers Thesenanschlag gefeiert. Luther galt den Protestanten als Befreier vom „römischen Joch“.61 In Rom rief man zeitgleich ein Sonderjubiläum zur „Ausrottung der Ketzerei“ aus.62 Ein Jahr später begann der 30jährige Krieg.

1. Der Beginn der modernen ökumenischen Bewegung

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts traten vereinzelt ökumenische Bestrebungen in Erscheinung. So wurde 1844 der noch heute bestehende Wingolfsbund als überkonfessioneller Studentenbund gegründet, der als erste ökumenische Institution gilt. Die Bestrebungen zur Gründung kamen nicht von den Kirchenoberen, sondern erwuchsen aus Bewegungen kleinerer privater Gruppen und Vereine. Weitere bedeutsame Bestrebungen zur Ökumene setzten erst im 20. Jahrhundert ein. Aus protestantischer Sicht wird der Beginn der modernen ökumenischen Entwicklung auf das frühe 20. Jahrhundert datiert.63 Die Ökumenische Bewegung ging ursprünglich neben Laien maßgeblich von der protestantischen Kirchenleitung aus. Bis zum Zweiten Weltkrieg lehnte die katholische Kirche einen konfessionsübergreifenden Austausch ab. Internationale Aktivitäten Anfang des 20. Jahrhunderts fanden in Deutschland zunächst wenig Widerhall.64 Bereits 1909 rief der Amerikaner Paul Francis Wattson die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen – jeweils vom 18. bis 25. Januar – ins Leben. 1916 erklärte Papst Benedikt XV. in einem Apostolischen Schreiben die Teilnahme der katholischen Kirche hieran. Als wichtiger Vorläufer der Ökumene wird die erste „Weltkonferenz für Mission“ in Edinburgh (UK) im Jahre 1910 angesehen.65

Zum Verständnis der Position der katholischen Kirche Anfang des 20. Jahrhunderts ist der CIC von 1917 entscheidend. Danach galt die katholische Kirche als identisch mit der Kirche Jesu Christi, es bestand ein exklusiver Identitätsanspruch.66 Nichtkatholiken waren nach dem Verständnis des CIC/1917 Häretiker und Schismatiker (vgl. cann. 167 § 1 n. 4; 731 § 2; 765 n. 2; 795 n. 2; 985 n. 1; 1240 § 1 n. 1; 1458 § 1; 1470 § 1 n. 6; 2314 § 1, 2339)67, damit ausgeschlossen von der aktiven Teilnahme am Gottesdienst und nicht zugelassen zu den Sakramenten. Katholiken wiederum war es untersagt, an Gottesdiensten anderer Konfessionen teilzunehmen und Sakramente zu empfangen.68 Die einzige Möglichkeit zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit war die Einzelkonversion.69 Andere (nicht-katholische) Kirchen und kirchliche Gemeinschaften galten als nicht-katholische Sekten (cann. 542 § 1 und 693 § 1 CIC/1917).

Gleichzeitig erstarkte die „Bewegung für praktisches Christentum“, die 1925 ihre erste Weltkonferenz abhielt. Zwei Jahre später fand die erste Weltkonferenz der „Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung“, die stärker auf die Kirche ausgerichtet war, in Lausanne (Schweiz) statt. Katholiken wurde allerdings die Teilnahme vom Heiligen Stuhl untersagt (vgl. can. 1325 § 3 CIC/1917).70 Diese ablehnende Haltung wurde auch in der Enzyklika Mortalium animos von 1928 deutlich.71 Die Enzyklika warnt vor einer Gleichstellung aller christlichen Konfessionen und ist damit Zeugnis der bis dahin vertretenen Rückkehr-Ökumene, d.h. einer Wiedervereinigung nur durch Rückkehr zur katholischen Kirche.

Aus dem protestantisch geprägten Milieu entstand der Hochkirchliche Bund. Hiervon spaltete sich in Deutschland 1924 der neugegründete Hochkirchliche Ökumenische Bund ab.72 Letzterer verstand sich als „Umfassungsbewegung“ – „una sancta catholica ecclesia“.73 Später wurde spezifiziert, dass die Wahrheit nicht in einer Kirche und in einer sichtbaren Gemeinschaft alleine existiere, es gäbe vielmehr Teilwahrheiten, sie sich gegenseitig befruchteten.74 Mit Schreiben des Sanctum Officium75, der Kardinalskongregation für die Reinhaltung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre, an die deutschen Bischöfe wurde es Katholiken untersagt, sich in irgendeiner Weise an dem (Hochkirchlichen) Ökumenischen Bund zu beteiligen.76

Nach katholischem Verständnis begann die Ökumenische Bewegung in Deutschland 1938 mit der „Una Sancta Bewegung“, begründet von Max Josef Metzger.77 Daneben werden aus katholischer Perspektive häufig der Jaeger-Stählin-Kreis und das Zweite Vatikanische Konzil als wesentlich für die Ökumenische Bewegung angesehen.78 1946 bildeten sich zunächst zwei voneinander unabhängige Gesprächskreise, auf katholischer Seite geleitet vom einstigen Erzbischof von Paderborn, Lorenz Kardinal Jaeger, auf evangelischer Seite von dem damaligen Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Oldenburg, Wilhelm Stählin. Die Arbeitskreise vereinigten sich 1968 zum „Evangelischen und Katholischen ökumenischen Arbeitskreis“, der bis heute existiert.79 1957 gründete Erzbischof Lorenz Kardinal Jaeger das „Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik“ mit dem Ziel einer künftigen Einheit in der Wahrheit und in der Liebe.80 Das Institut besteht bis heute.

Auf internationaler Ebene kam es 1948 zur konstituierenden Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Amsterdam (Niederlande).81 Katholiken wurde weiterhin die Teilnahme untersagt. Die katholische Kirche ist heute nach wie vor nicht Mitglied des ÖRK, mittlerweile erfolgt jedoch eine enge Zusammenarbeit.82

2. Das Zweite Vatikanische Konzil

Im Land der Reformation hatten die beiden Weltkriege die Konfessionen näher zusammengebracht. Zum einen hatten die Kirchen gleichermaßen die nationalsozialistische Unterdrückungspolitik erfahren, zum anderen hatten sie gemeinsam die Schrecken des Krieges erlebt.83 Auf der katholischen Seite ergab sich allerdings eine deutlich erkennbare Divergenz zwischen der Auffassung des Vatikans und der der Laien. Das Sanctum Officium prägte weiterhin eine ablehnende Haltung gegenüber den anderen christlichen Konfessionen und änderte hieran auch bis unmittelbar vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil nichts.84 Erste „Ökumenische Kreise“, die unabhängig von der institutionalisierten Kirche agierten, entstanden bereits Ende der 1950er Jahre.

Weniger als drei Monate nach seiner Wahl verkündete Papst Johannes XXIII. 1959 seine Absicht zur Einberufung eines Konzils. Anders als bei früheren Konzilen war die Vorbereitungskommission etwa zur Hälfte mit Bischöfen und Ordensoberen besetzt, d.h. mit späteren Entscheidungsträgern, so konnte der Kurienapparat bereits während der Vorbereitung entscheidenden Einfluss nehmen. Der Papst musste hinsichtlich seines eigenen Anliegens, der Förderung der Ökumene, zunächst größere Widerstände überwinden. Um den Einfluss der Kurie einzuschränken, richtete Papst Johannes XXIII. 1960, d.h. noch vor Eröffnung des Konzils, das „Sekretariat für die Förderung der Einheit der Christen“ ein.

Das Zweite Vatikanische Konzil (Vaticanum II)85, von der römisch-katholischen Kirche als das 21. Ökumenische Konzil angesehen, hatte den Auftrag zur pastoralen und ökumenischen Erneuerung. Nach dem Tod von Papst Johannes XXIII. Im Juni 1963 wurde das Konzil von Papst Paul VI. fortgesetzt. Das Konzil verlief in vier Sitzungsperioden, in denen insgesamt 16 Dokumente promulgiert wurden, und endete im Dezember 1965. Grundlegende Dokumente für den katholischen Ökumenismus sind die Dogmatische Konstitution über die Kirche (Lumen gentium, LG)86, das Dekret über den Ökumenismus (Unitatis redintegratio, UR), die Erklärung zur Religionsfreiheit (Dignitatis humanae) und die Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung (die Verbum).87 Nicht-katholische Kirchen und kirchliche Gemeinschaften werden als legitime Existenzformen christlichen Lebens angesehen.88

Ein Meilenstein der Ökumenischen Bewegung ist das im Zuge des Konzils verfasste Dekret über den Ökumenismus „Unitatis redintegratio“89. Inhaltlich steht das Ökumenismusdekret in enger Beziehung zur dogmatischen Konstitution LG. Es beginnt mit den Worten „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen II. Vatikanischen Konzils.“.90 Christus habe eine einige und einzige Kirche gegründet.91 Die vorliegende Spaltung sei ein „Ärgernis für die Welt und Schaden für die Sendung der Kirche“.92 Die Taufe aller Christen begründe ein sakramentales Band der Einheit, alle Getauften seien Schwestern und Brüder im Herrn.93 Nach dem Ökumenismusdekret darf die Schuld der Trennung nicht den nicht-katholischen Christen zur Last gelegt werden, denn „(…) die katholische Kirche betrachtet sie als Brüder, in Verehrung und Liebe“.94 Hinsichtlich anderer christlicher Konfessionen wird erstmals von „Kirchen“95 und „kirchlichen Gemeinschaften“96 gesprochen.97 Auch Nichtkatholiken und Kirchen bzw. kirchliche Gemeinschaften werden als legitime Existenzformen christlichen Lebens angesehen.98 Durch das Zweite Vatikanische Konzil wurde der Kirchenbegriff ausgeweitet und damit das Verfassungsrecht des CIC/1917 revidiert.99

3. Ökumene in Deutschland nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Ausgehend vom Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde – nun auch von katholischer Seite – der Dialog mit anderen Konfessionen gesucht.100 Dabei ging es zum einen um bilaterale interkonfessionelle Gespräche und zum anderen um einen multilateralen Dialog, insbesondere gefördert durch den ÖRK.101 Der katholisch-orthodoxe Dialog erzielte 1965 mit der Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikation beider Kirchen aus dem Jahr 1054 einen großen Erfolg. Die Leuenberger Konkordie von 1973 und die sich daraus entwickelnde Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa führte zu einer gemeinsamen Abendmahlsfeier von Lutheranern und Reformierten und damit zur Überwindung wesentlicher kirchentrennender Differenzen der evangelischen Kirchen in Europa.102

In den 1970er und 1980er Jahren herrschte eine regelrechte Aufbruchsstimmung. Viele Gläubige engagierten sich für die Ökumene und hofften auf verbindliche Gemeinschaften christlicher Kirchen.103 So entstanden gerade in den 1970er Jahren im Zuge der charismatischen Erneuerung viele neue Gemeinschaften, nicht wenige von ihnen sind ökumenisch geprägt.104 Initiativen und Vereine innerhalb und außerhalb der Kirchen setzten sich dafür ein, dass sich die Kirchen verstärkt neben ökumenischen auch zu politischen Fragen positionierten.105 Theologische Gespräche zwischen der DBK und der VELKD begannen bereits in den 1980er Jahren.106 Entscheidende Impulse für die Ökumene in Deutschland kamen zudem durch die Besuche von Papst Johannes Paul II. in Deutschland in den Jahren 1980 und 1987.107 Ein im Auftrag der Ökumenischen Kommission eingerichteter Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen kam 1985 zu dem Ergebnis, dass die gegenseitigen Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts die Partner heute nicht mehr treffen.108

4. Ökumene in den 1990er und frühen 2000er Jahren in Deutschland

Die 1995 von Papst Johannes Paul II. promulgierte Enzyklika „Ut unum sint“ (UUS) war der Ökumene gewidmet. Der Papst bekräftigt das unbedingte Streben nach der Einheit der Christen.109 Johannes Paul II. greift damit den drängenden Wunsch Christi zur Einheit wieder auf.110 Nicht unerwähnt bleiben sollte das im August 2000 von der Kongregation für die Glaubenslehre veröffentliche Schreiben „Dominus Iesus – Über die Einzigkeit und Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche“. Hierin wird der Rang der katholischen Kirche stark hervorgehoben. Teile der katholischen Kirche und insbesondere die evangelischen Kirchen sehen hierin eine deutliche Belastungsprobe des ökumenischen Verhältnisses.111

Anders als im Fall der katholischen Kirche gibt es keine einheitliche evangelische Kirche. So wird im Rahmen des ökumenischen Dialogs teilweise zwischen der Verständigung zwischen der katholischen Kirche und der lutherischen bzw. der katholischen Kirche und der reformierten Kirchengemeinschaft differenziert.112 Dabei sind sich die katholische und die lutherische Kirche hinsichtlich der Realpräsenz Christi in der Eucharistie einig.113 Die reformierte Kirche hingegen misst dem Abendmahl lediglich eine rein symbolische Bedeutung bei. 1999 veröffentlichten die katholische Kirche und die Lutheraner die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GER).114 Katholiken und Lutheraner erklären, dass ein Grundkonsens hinsichtlich der Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre besteht. Die weiterhin bestehenden Unterschiede im Verständnis werden ausdrücklich als tragbar angenommen.115

2001 unterzeichneten die „Konferenz Europäischer Kirchen“ (KEK) und der „Rat der Europäischen Bischofskonferenzen“ (CCEE) die Charta Oecumenica, eine Selbstverpflichtung zur Achtung der Vielfalt der christlichen Traditionen.116 Durch die 2007 unterzeichnete „Magdeburger Erklärung“ haben elf Mitglieder der „Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK)“117, darunter auch die katholische Kirche vertreten durch die DBK sowie die EKD, die gegenseitige Anerkennung der Taufe vereinbart.

Begeisterung lösten im In- und Ausland der erste Ökumenische Kirchentag 2003 in Berlin sowie zweite Ökumenische Kirchentag 2010 in München aus. Der dritte Ökumenische Kirchentag ist 2021 in Frankfurt am Main geplant.118 Wie bereits Papst Johannes Paul II. setzte auch Papst Benedikt XVI. während seiner Deutschlandbesuche 2005 und 2006 ein Zeichen für die Ökumene, indem er zu verschiedenen ökumenischen Gesprächen einlud. Auch das 2008 von Papst Benedikt XVI. anlässlich des 2000. Geburtstages des Apostels Paulus ausgerufene Paulusjahr stand ganz im Zeichen der Ökumene. Inwieweit Papst Franziskus neue Impulse für den Dialog der christlichen Konfessionen setzt, bleibt abzuwarten. Bisher hat er sich der Ökumene sehr zugewandt positioniert.119

III. Gegenwärtige Position der Kirchen zur Ökumene

Ein derart großer ökumenischer Enthusiasmus wie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist nicht mehr vorhanden.120 Zwischenzeitlich empfand man den ökumenischen Dialog als schwierig.121 Man sprach sogar von einer Krise der Ökumene.122 Der ökumenische Prozess habe, so Kasper, inzwischen eher das Format einer friedlichen Koexistenz.123 Auch die Forschung konzentrierte sich in den vergangenen Jahrzehnten auf einige wenige Theologen und Initiativen.124 Die Ursachen für die Stagnation sind vielseitig: Zollitsch führt den Rückgang des ökumenischen Enthusiasmus darauf zurück, dass durch die deutliche Annäherung in den vergangenen Jahrzehnten nun die Differenzen sichtbarer wurden.125 Ähnlich äußert sich Schockenhoff, der das momentane Stocken der Ökumene darin begründet sieht, dass die Kirchen verstärkt nach der eigenen Identität suchen.126 Unterschiedliche Auffassungen in konfessionellen Fragen führten dazu, dass sich die einzelne Konfession nach ihrer Position fragen müsse.

Teilweise wird sogar die Gefahr eines Identitätsverlusts durch die Ökumene gesehen.127 Dabei könnten durch den Versuch, konfessionelle Profile zu überwinden, umgekehrt sogar rekonfessionalisierende Tendenzen entstehen.128 So unterstreicht Papst Benedikt XVI.: „Das Notwendigste für die Ökumene ist zunächst einmal, dass wir nicht unter dem Säkularisierungsdruck die großen Gemeinsamkeiten fast unvermerkt verlieren, die uns überhaupt zu Christen machen und die uns als Gabe und Auftrag geblieben sind.“129 Sofern den Menschen die christliche Identität nicht mehr bewusst ist, droht die Ökumene in einem „Wischi-waschi-Ökumenismus“ zu verschwimmen, befürchtet Kasper.130 Es sei wichtiger denn je die Fundamente der Ökumenischen Bewegung zu sichern. Ein Identitätsverlust – egal ob konfessionsbezogen oder bezogen auf das Christentum – sei für eine erstarkende Ökumenische Bewegung kontraproduktiv.

Mit Blick auf die zahlreichen Fortschritte der Vergangenheit einerseits und die momentan vermeintliche Stagnation andererseits wird oftmals eingewandt, dass die Lehre aus bestimmten Aspekten ein Problem mache, wo Gläubige gar keins sehen. Die eigentliche Frage, die sich heute mehr denn je zu stellen scheint, ist diejenige, welches Ziel Ökumene eigentlich hat. Meint Ökumene „Rückkehr“ oder steht sie für „Vereinigung und Verschmelzung“? Oder soll Einheit in der Ökumene den kleinsten gemeinsamen Nenner abbilden? Es gibt nach wie vor keine einheitliche Vorstellung davon, was von Einheit erwartet wird und wie diese aussehen soll.131 In der Ökumenischen Bewegung bestand von vornherein weitgehende Einigkeit darüber, dass Einheit nicht mit Uniformität gleichzusetzen sei.132

Insbesondere die evangelisch-lutherische Seite prägte das Konzept der Einheit in versöhnter Vielfalt.133 Konfessionen sollen nach diesem Verständnis nicht ihre Bedeutung verlieren. Dabei sei jedoch eine Verständigung über das Bekenntnis erforderlich, die eine gemeinsame Feier der Sakramente und die gegenseitige Anerkennung ordinierter Dienste voraussetze. Aufgrund der Versöhnung werden sich alle momentan bestehenden Konfessionen wandeln, ohne dabei jedoch ihre Identität zu verlieren.134 Äußerungen von Papst Franziskus lassen sich dahingehend verstehen, dass er sich ebenfalls für dieses Modell ausspricht.135

Aus der vorangehenden Darstellung wird deutlich: Es gibt keine einheitliche Antwort auf die Frage, was das ökumenische Ziel ist. Im Prozess der Einheitsbildung geht es nicht nur um das Sammeln von Informationen über die jeweils andere Konfession, um sie besser kennenzulernen, sondern auch darum, sich gegenseitig zu bereichern und voneinander zu lernen („Ökumene der Gaben“136).137 In der heutigen Ökumenischen Bewegung steht ein stetiger Austausch im Vordergrund (Dialogökumene).138