Kitabı oku: «Planungsinstrumente für Wandern und Mountainbiking in Berggebieten», sayfa 4

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2.2.2.3 Zukunftsaussichten

Aussagen über künftige Entwicklungen im Bereich des naturorientierten Outdoorsports stützen sich auf verschiedene Methoden, u.a. räumliche Regressionsmodelle, expertenbasierte Trendforschung und sozialwissenschaftliche Befragungen.

In den Vereinigten Staaten von Amerika unternahm ein Team mit renommierten „outdoor recreation“-Wissenschaftlern Projektionsversuche für das Jahr 2050 (Bowker et al., 1999). Ihre Prognosen basierten auf Regressionsmodellen mit erklärenden Variablen aus dem Nachfragebereich (demografische Prognose-Daten des US-Zensus) und dem Angebotsbereich (beispielsweise Fliessgewässer, stehende Gewässer, Schneebedeckung, Skipistenflächen usw.). Landesweit und gemessen an den Anzahl Personen berechneten Bowker et al. bis ins Jahr 2050 Zunahmen im Bereich Langlauf und Alpin-Skifahren, beim Besuch von historischen Orten und Sehenswürdigkeiten, sowie beim Biking mit einem Zuwachs zwischen 70 % und 95 %. Als Aktivitäten mit dem geringsten Zuwachs im Hinblick der Anzahl Personen gingen Rafting, Trekking (Backpacking), Offroad fahren, infrastrukturarmes Camping und schliesslich die Jagd (-11 %) aus den Berechnungen hervor. Beim Wandern, der populärsten Outdooraktivität in den USA, lag die Zunahme im Rahmen des Bevölkerungswachstums, da bereits zum Zeitpunkt der Studie sehr viele Menschen diese Aktivität betrieben (Bowker et al., 1999). Bei der Prognoseentwicklung integrierten die Autoren regionale und topografische Modelle und beschränkten beispielsweise die Wintersportarten vorwiegend auf die schneebedeckten Gebirgsregionen oder auf den Norden.

Buckley (2010) sprach dem Abenteuertourismus, dessen Aktivitäten grossteils zum naturorientierten Outdoorsport gehören, auf internationaler Ebene ein weiteres Wachstum zu, insbesondere bei geführten Touren und im Luxus-Segment. Dabei formulierte er einen Wachstumstrend bei kostspieligen, sogenannten „Firsts“, also Erstbesteigungen, ersten Wandertouren durch eine bestimmte Landschaft oder ersten Schlucht-Durchquerungen. Mengenmässig fallen solche „Firsts“ nicht ins Gewicht, hingegen sind diese aus der Naturperspektive nicht unproblematisch, weil mit solchen Trips neue Gebiete erschlossen werden, welche vorher der Natur überlassen blieben und Nachahmer erzeugen. Im Zusammenhang mit dem Abenteuertourismus beschrieben Newsome et al. (2011) Zunahmen bei Abenteuer-Rennen mit Offroad-Fahrzeugen, Mountainbikes, Gleitschirmen usw., welche weltweit stattfinden, in den Alpen beispielsweise das Red Bull X-Alps (Red Bull, 2013). Solche Veranstaltungen werden meist mit wenigen Teilnehmenden durchgeführt (31 beim Red Bull X-Alps 2013), erzielen aber ein grosses Medienecho.

Generell erklärt sich die Zunahme der Bedeutung des naturorientieren Outdoorsports vor dem Hintergrund von Trends und Megatrends der letzten Jahrzehnte (Wopp, 2006). Das in der Schweiz zu den führenden Trendforschern gehörende Gottlieb Duttweiler Institut wurde von Schweiz Tourismus beauftragt, eine Studie über die Zukunft des Schweizer Tourismus (Frick et al., 2010) und für Reiseanbieter (Bosshard und Frick, 2006) auszuarbeiten. In der Studie 2006 stützten die Autoren ihre Ergebnisse durch Interviews mit anderen Trendforschern ab. Eine wichtige Erkenntnis war eine neue Formulierung von Wohlstand und Luxus in Westeuropa; den naturorientierten Outdoorsport tangierende Eigenschaften waren: kein Verkehr, selber machen, Zeitsouveränität, Entschleunigung, Renaturalisierung und unberührte Natur, „barfüss“ und Fairness (Bosshard und Frick, 2006), welche sich mit den Wohlstandformulierungen von Bieger (2008, 9) grossteils decken (vgl. Kapitel 2.2.1.1). Als Grundlage für die Weiterentwicklung des Sommertourismus in der Schweiz führten Frick et al. (2010) folgende Trends auf: u.a. Klimawandel, Wasserverknappung, Natursehnsüchte, Angstkultur, Sport und Aktivität, „cool forever“ der Babyboomer sowie „Reisen als Spiel“ (u.a. mit neuen Medien).

Lamprecht et al. (2008a) befragten die Personen nach den Sportarten, welche sie in Zukunft ausüben möchten. In der gesamten Stichprobe nannten die Probanden die bestehenden Favoriten Wandern/Walking/Bergwandern sowie Radfahren/Mountainbiking am häufigsten. Bei Kindern figurierten andere Sportarten an der Spitze: Fussball, Reiten, Tennis, Tanzen. Die Reihenfolge änderte sich mit zunehmendem Alter zugunsten anderer Sportarten wie Kampfsport oder Fitness (Lamprecht et al., 2008b).

Zusätzlich zu obigen Betrachtungen ist in den vergangenen Jahrzehnten eine bedeutende Industrie im Bereich des naturorientierten Outdoorsports entstanden (Egner, 2000). Diese wirkt als selbstverstärkende Komponente im System, stützt den naturorientierten Outdoorsport und entwickelt ihn vom ökonomischen Standpunkt aus weiter. Frick et al. (2010, 25) formulieren dies so: „Outdoor-Mode ist längst alltagstauglich. Trekkingschuhe und Outdoor-Jacken gehören heute zum Basis-Outfit des modebewussten Städters. “

Obwohl solche Aussagen über künftige Entwicklungen oftmals aus der Retrospektive getroffen werden oder auf Ansichten von Einzelpersonen beruhen, darf davon ausgegangen werden, dass der naturorientiere Outdoorsport in den nächsten Jahrzehnten ebenfalls einen wichtigen Bestandteil der Freizeitbetätigung bilden wird und mit einem Wachstum zu rechnen ist. Das Ausmass ist dabei ungewiss, deshalb wird es die Aufgabe der Planung sein, verschiedene Nutzungsszenarien in die Überlegungen einzubeziehen. Bei allen selbstverstärkenden Systemen braucht es jedoch gewisse Regulatoren, damit das System künftig funktionieren kann und möglichst viele Beteiligte profitieren können. Daher gilt es im nächsten Kapitel einen Blick auf die mit dem naturorientierten Outdoorsport verbundenen Konflikte zu richten.

2.2.3 Beeinträchtigungen und Konflikte

2.2.3.1 Allgemeine Betrachtungen

In der englischsprachigen Literatur wird der Forschungsbereich zu Auswirkungen von Freizeit/Tourismus auf die Natur der „recreation ecology“ zugeordnet (Cole und Landres, 1996, Leung und Marion, 2000) und mit „impact“ bezeichnet. Neben diesen Beeinträchtigungen der Natur sind zudem Konflikte zwischen Menschen möglich – Erholungsuchende und Landnutzer sowie unter Erholungsuchenden derselben oder verschiedener Aktivitäten (Ammer und Pröbstl, 1991).

Solche Beeinträchtigungen und Konflikte werden im System des touristischen Strukturmodells in Abbildung 2.9 gezeigt. So beeinflusst die touristische Nutzung den Naturhaushalt (1) (Ingold, 2005, u.a.) und der Naturhaushalt kann seinerseits die touristische Nutzung prägen (3), u.a. durch die Folgen des Klimawandels mit geringerer Schneebedeckung oder der Destabilisierung von Hängen durch auftauenden Permafrost (Pröbstl, 2011b, Pröbstl et al., 2011, Landauer, 2013, u.a.). Einen weiteren Gesichtspunkt bilden die teilweise gegenläufigen touristischen Bedürfnisse, d.h. Interessen von Sportlern verschiedener oder derselben Outdoorsportarten (2) (von Janowsky und Becker, 2002, u.a.).

Die vorliegende Arbeit widmet sich speziell der Untersuchung der Auswirkungen (2) und (3). Selbstverständlich existieren noch weitere Beeinträchtigungen in diesem System, auf welche hier aber nicht näher eingegangen wird.


Abbildung 2.9: In dieser Arbeit behandelte Konflikte und Beeinträchtigungen im System des touristischen Strukturmodells (Beratende Kommission für Fremdenverkehr des Bundesrates (Hrsg.), 1979, verändert)

2.2.3.2 Beeinträchtigungen der Natur durch naturorientierten Outdoorsport

Die naturorientierten Outdoorsportarten stehen seit den 1960er-Jahren in der Kritik, indem sie als Folge von Wohlstand und aufkommender Mobilität zu einem Massenphänomen wurden (Lauterwasser, 2010). Ohne Rücksichtnahme auf Natur und Umwelt wurden immer mehr Infrastrukturen errichtet und bewirtschaftet. So erregten beispielsweise im alpinen Skisport zunächst der Bau neuer Bergbahnen und Pisten sowie 1979 die ersten technischen Beschneiungsanlagen der Schweiz (Savognin) grosses Aufsehen (Höhener, 2009); es formierte sich entsprechender Widerstand.7

Solche, durch den naturorientierten Outdoorsport verursachte Beeinträchtigungen, gliedern diverse Autoren in direkte, resp. primäre Effekte und indirekte, resp. sekundäre Effekte (Lorch, 1995, Seewald et al., 1998, Wöhrstein, 1998, Leung und Marion, 2000). Die direkten Effekte beschreiben Einflüsse, die sich aus der unmittelbaren sportlichen Betätigung ergeben, die indirekten Effekte sind nicht auf den ersten Blick ersichtlich und haben oft längerfristigen Charakter. Seewald (1998) zählt auch Auswirkungen, welche aus den für die Outdooraktivitäten notwendigen Infrastrukturbauten oder aus der Anreise hervorgehen, zu den indirekten Effekten. Über die direkten Effekte existieren etliche Studien, während bei den indirekten und oft grossräumigen Effekten noch viel Forschungsbedarf besteht (Cole und Landres, 1996, Monz et al., 2010, Pickering et al., 2010b).

Eine Auswahl solcher Umweltbeeinträchtigungen ist in Tabelle 2.3 aufgeführt. Diese Effekte können von verschiedener Qualität sein – von Störung bis Vertreibung/Tötung (z.B. Wildtiere) oder von Beschädigung bis Zerstörung (z.B. Vegetation).

Tabelle 2.3: Ausgewählte Beeinträchtigungen einzelner Umweltbereiche durch naturorientierten Outdoorsport (Beispiele in Anlehung an Leung und Marion, 2000)8


Pickering (2010) wählte einen handlungsorientierten Ansatz zur Beurteilung der Auswirkungen von Outdoorsportaktivitäten und für das Management von Schutzgebieten. Sie identifizierte dazu zehn Faktoren:

1) Naturschutzwert des genutzten Raumes

2) Widerstandsfähigkeit gegenüber der Nutzung

3) Regenerationsfähigkeit von der Nutzung

4) Erosionsanfälligkeit

5) Schwere der direkten Auswirkungen der Nutzung

6) Schwere der indirekten Auswirkungen

7) Nutzungsgrad – Anzahl Personen

8) Soziale Aspekte der zeitlichen Verteilung der Nutzung

9) Ökologische Aspekte der zeitlichen Verteilung der Nutzung

10) Genutzte Fläche

Mit der vorliegenden Arbeit werden Beiträge zur Erfassung der Faktoren 7 – 10, also zur räumlichen und zeitlichen Nutzung der Landschaft durch Outdoorsportler geleistet.

2.2.3.3 Konflikte unter Outdoorsportlern

Konflikte im Freizeitbereich können als Zieldifferenz zwischen den verschiedenen Akteuren angesehen werden (Jacob und Schreyer, 1980). Sie führen dazu vier Faktoren auf:

1. Aktivitätsart: persönliche Bedeutung der Aktivität

2. Bedeutung der spezifischen Ressource: z.B. Landschaft

3. Erlebnismodus: Erwartungen an die Umweltwahrnehmung

4. Lebensstil-Toleranz

Jacob und Schreyer (1980), aber auch Vaske (2000) beschreiben solche Konflikte mit der Ausprägung obiger Faktoren und mit der Art der Interaktion, wie beispielsweise die Bewegungsgeschwindigkeit, Art und Grösse der Gruppe sowie des Gebietes. Diese Konflikte können zwischen verschiedenen Sportaktivitäten, aber auch innerhalb derselben Sportaktivität entstehen (Strasdas et al., 1994), da die Motive und das Verhalten innerhalb einer Sportart unterschiedlich sein können (vgl. Kapitel 2.2.2.2).

Konflikte zwischen verschiedenen Sportlern sind meist asymmetrisch (Ramthun, 1995), wie auch aus Tabelle 2.4 hervorgeht. Mountainbiking hat oft störenden Charakter gegenüber anderen Sportarten. So fühlten sich nur 5,6 % der Mountainbiker durch Wanderer gestört, während umkehrt 32,2 % der Wanderer ihre Erlebnisse durch Mountainbiker als beeinträchtigt empfanden (Ramthun, 1995).

Konflikte unter Sportlern derselben Sportart entstehen in Situationen, wenn die Erholungsuchenden ein Gebiet als überfüllt wahrnehmen (Strasdas et al., 1994), was mit dem englischen Fachbegriff „crowding“ beschrieben wird. Crowding wurde in der nordamerikanischen Freizeitforschung bereits eingehend untersucht (Vaske und Shelby, 2008). Die beiden Autoren verglichen in ihrer Arbeit 181 Studien zur Crowding-Thematik, bei welchen die 9-Punkte-Skala zum Einsatz kam („not at all crowded“ bis „extremely crowded“). Im Zusammenhang mit dem Crowding-Kontext ist das Konzept der „carrying capacity“ zu nennen, welches in den 1960er-Jahren mit der Arbeit von Wagar (1964) im Bereich der Freizeitnutzung in Parks wissenschaftlich eingeführt und im Zusammenhang mit dem Artikel von Hardin „The Tragedy of the Commons“ (1968) diskutiert wurde. Die Feststellung der Akzeptanz anderer Erholungsuchender beruhte auf der Einschätzung von Situationen in Befragungen, beispielsweise mit Bildern, die von den Probanden mit der erwähnten Skala bewertet werden mussten. Aus der Aggregation all dieser persönlichen Normen ermittelten die Forschenden gemeinsame Normen bestimmter Gruppen und machten diese in sogenannten sozialen Normkurven sichtbar (Manning und Lawson, 2002). Das Konzept der carrying capacity wird teilweise kontrovers diskutiert und uneinheitlich operationalisiert. Manning et al. (2002) setzten die geforderten Methodenkombinationen ein und kamen zu Schluss, dass die damit ermittelten crowding-Normen robust seien. In der Publikation von Manning (2007) wurden darauf aufbauend verschiedene Anwendungen für das Parkmanagement vorgestellt. Arnberger und Haider (2007a) kombinierten die globale Crowding-Perzeption in Bildern mit der aktuellen Situation vor Ort, welche von den Befragten jeweils tiefer eingestuft wurde. Cole und Carlson (2010) entwickelten Vorgehensweisen zur Bestimmung solcher Besucherkapazitätsgrenzen in einem etwas weiteren Kontext und betonten, dass das Setzen von Besucherkapazitätsgrenzen nie die erste Managementmassnahme sein könne, sondern dass diese zumindest in eine ganzheitliche Analyse der Problematik und der Lösungssuche eingebettet sein müsse (Cole und Carlson, 2010).

Konflikte zwischen Erholungsuchenden unterschiedlicher Sportarten werden vor allem durch die verschiedenartige Nutzung desselben Raumes verursacht. Ein objektiver Faktor dabei ist die unterschiedliche Bewegungsgeschwindigkeit bei der Sportausübung, wodurch gefährliche Situationen und deshalb Konflikte entstehen können, beispielsweise Mountainbiker–Wanderer oder Kanufahrer–Motorbootfahrer (Strasdas et al., 1994). Ein weiterer objektiver Grund ist die Verursachung von Lärm, z.B. Motorradfahren–andere naturorientierte Outdoorsportarten (Jauss, 2012, u.a.) oder Jet Ski fahren–Schwimmen (Strasdas et al., 1994).

Neben den objektiven können auch subjektive Faktoren bei der Entstehung von Konflikten eine wichtige Rolle spielen. Diese beruhen auf unterschiedlichen Lebens- und Freizeitstilen (Strasdas et al., 1994, Trachsel und Backhaus, 2011). So stellte Wyttenbach (2012) fest, dass Biker mit Schutzausrüstung deutlich häufiger als störend empfunden wurden als Radfahrer ohne Schutzausrüstung.

Von Janowski und Becker (2002) erarbeiteten zum Konfliktpotenzial mittels Interviews eine Zusammenstellung, welche auszugsweise in Tabelle 2.4 wiedergegeben ist. Dabei wurde das Konfliktpotenzial unter Sportlern derselben Sportart, welches sehr wohl besteht, nicht beachtet (vgl. Crowding-Thematik in diesem Kapitel). Neuere Forschungsarbeiten zeigten weiter, dass Wanderer und Spaziergänger mit Hunden ein Konfliktpotenzial in anderen Wanderern und Spaziergängern sehen, da sie dann den Hund weniger frei laufen lassen können (Arnberger und Haider, 2005, Arnberger et al., 2010c).

Tabelle 2.4: Konfliktpotenzial zwischen verschiedenen Sportlern (+++ = schwere Konflikte; ++ = mittlere Konflikte; + = leichte Konflikte; - = keine Konflikte) (Auszug aus von Janowsky und Becker, 2002)


2.2.4 Folgerungen für die vorliegende Arbeit

Der naturorientierte Outdoorsport ist Teil eines komplexen Freizeit- und Tourismussystems, das für die Gesellschaft und Wirtschaft eine grosse Bedeutung hat und sich heute sowie in Zukunft grossen Herausforderungen gegenüber sieht. Stettler (2012) formuliert die Situation wie folgt:

„ Grosse, ungelöste Problembereiche des alpinen Tourismus sind auf lokaler und regionaler Ebene die Raumplanung […] Können die Probleme auch in Zukunft nicht gelöst werden, wird die Attraktivität der Natur und Landschaft weiter abnehmen und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit des alpinen Tourismus beeinträchtigt. “

Die Notwendigkeit einer systemischen Planung im Bereich des naturorientierten Outdoorsports konstatieren verschiedenste Autoren (u.a.: Strasdas et al., 1994, Roth et al., 2004, Cordell, 2008, Cordell et al., 2008)

Für die Ausarbeitung geeigneter Instrumente werden in der vorliegenden Arbeit aufgrund der zentralen Bedeutung im naturorientierten Outdoorsport die Aktivitäten Mountainbiking und Bergwandern verwendet.

2.3 Naturorientierter Outdoorsport in den Alpen

2.3.1 Bedeutung der Bergregionen für den Outdoorsport

Berge und Gebirge sind faszinierende Regionen und erfüllen wichtige Ökosystemleistungen für den Menschen. Besondere Bedeutung haben Bergregionen als Süsswasserquellen, Hotspots der Biodiversität, für Mineralien, für die landwirtschaftliche Produktion und für die Erholung. Diese sogenannten „Ecosystem services“ wurden in den letzten Jahren immer deutlicher wahrgenommen und erforscht (Grêt-Regamey et al., 2012).

Die Beliebtheit der Bergregionen zeigt die Tatsache, dass bereits vor 10 Jahren ca. 15–20 % der weltweiten Wertschöpfung (ca. 70–90 Mrd. US-Dollars) im Tourismus in Bergregionen erwirtschaftet wurde (United Nations Environment Programme, 2002). Für die in der Schweiz lebende Bevölkerung lagen im Jahr 2010 Ferien in den Bergen hinter Strandferien an zweiter Stelle, bei Personen ab 55 Jahren waren die Berge die beliebteste Destination (Schmid, 2012). Bergregionen bieten mit ihren topografischen Formen und der vielgestaltigen Landschaft für diverse naturorientierte Outdoorsportarten hervorragende Bedingungen. Viele Outdoorsportarten sind auf die Eigenschaften von Bergregionen unmittelbar angewiesen (vgl. Tabelle 2.5).

Tabelle 2.5: Auswahl spezieller Eigenschaften der Bergregionen für naturorientierten Outdoorsport (eigene Darstellung)


Eigenschaft der BergregionResultierende Eigenschaft für OutdoorsportSportart zwingend auf Eigenschaft beruhendDurch die Eigenschaft bereicherte Sportart
Vertikale Dimension mit relativen Erhebungen gegenüber der UmgebungGefälleAlpin-SkifahrenAlpinwandernBergwandernCanyoningHängegliden/GleitschirmKlettern/BergsteigenSkitourenSnowboardenWildwasserfahren (Kanu, Kajak)Nordic WalkingSchneeschuhwandernSkilanglaufenTrailrunning/JoggenMountainbiking
AussichtBergwandernNordic WalkingTrailrunning/JoggenMountainbikingReiten
Dünn besiedelte LandschaftErlebnis von Natur und „Einsamkeit“ als Kontrast zum AlltagKlettern/BergsteigenSki-/SnowboardtourenSchneeschuhlaufenBergwandern/Backpacking
Temperaturen unter dem GefrierpunktSchneedeckeAlpin SkifahrenSchneeschuhlaufenSki-/SnowboardtourenSkilanglaufenSnowboardenHochtourengehenWinterwandern
EisdeckeEislaufen auf SeenEisklettern
OberflächeFelsKlettern/Bergsteigen

Die Entwicklung der Übernachtungszahlen und Ankünfte in den Bergregionen stieg in den vergangenen Jahrzehnten und letzten Jahren markant an auf ca. 100 Millionen Besuchertage pro Jahr in den Europäischen Alpen (United Nations Environment Programme, 2007).

Beispielhaft zeigt dies das österreichische Bundesland Tirol9, dessen Tourismus zu einem grossen Teil in Verbindung mit naturorientierten Outdoorsportarten steht. Die jährlichen Übernachtungs- und Ankunftszahlen haben sich in den letzten fünfzig Jahren etwa vervierfacht. Die Übernachtungen im Sommer reduzierten sich allerdings seit 1990 von ca. 23,5 Millionen auf ca. 18 Millionen, wurden jedoch durch die Anstiege im Winter kompensiert (Tirol Tourismus Research, 2013).

Die Übernachtungszahlen sind für den naturorientierten Outdoorsport nur ein Indiz für die Feststellung der Nutzungsintensität. Infolge der hohen Mobilität werden viele Tagesausflüge in die Berge unternommen. So machte im Jahr 2010 in der Schweiz der Freizeitverkehr ca. 40 % der durchschnittlichen Tagesdistanz im Inland aus (Bundesamt für Statistik und Bundesamt für Raumentwicklung, 2012).

2.3.2 Bedeutung des Outdoorsports für die Bergregionen

2.3.2.1 Wirtschaftliche Bedeutung

Outdoorsport und Tourismus haben eine grosse Bedeutung für die Wirtschaft in Bergregionen (vgl. Kapitel 2.3.1) und insbesondere für dortige Schutzgebiete. Diese Feststellung gilt auch für die Schweiz. Deren Bevölkerung ist in den Bergregionen insgesamt überproportional angestiegen (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, 2010). Trotzdem ist gleichzeitig in vielen Bergregionen die Bevölkerungszahl rückläufig (Bätzing, 2002). Rund die Hälfte aller Erwerbstätigen im Berggebiet findet im dritten Sektor ihr Auskommen, insbesondere im Bereich Freizeit und Tourismus. Zudem ist der Anteil im primären Sektor im Berggebiet ebenfalls stärker vertreten (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, 2010)10. Siegrist et al. (2002) berechneten für die Schweiz die Gästeausgaben im Bereich des naturnahen Tourismus von ca. 2,3 Mrd. Franken. Etwa 30 % des Binnentourismus können dem naturnahen Tourismus zugeordnet werden. Wandern ist dabei die wichtigste Aktivität.

Aus der grossen Bedeutung der Bergregionen für die verschiedensten Lebensbereiche ergibt sich die Forderung nach der Orientierung an einer nachhaltigen Wirtschaftsweise in der Tourismus- und Freizeitbranche, was den Ressourcen-, Natur- und Landschaftsschutz miteinschliesst (United Nations Environment Programme, 2002, Müller, 2007, United Nations Environment Programme, 2007).

2.3.2.2 Anforderungen an eine Outdoorsport-Destination

Destinationen werden vorwiegend aus der Sichtweise der Konsumenten, d.h. Touristen oder hier Outdoorsportler, definiert. Bieger (2008) fordert daher ein kunden- und prozessorientiertes Destinationskonzept unter Anwendung von Dienstleistungsketten.

Eine touristische Destination, die sich im Bereich des naturorientierten Outdoorsports positionieren will, muss ihre potenziellen Kunden und deren Bedürfnisse kennen. Eine Möglichkeit kundenorientierter Angebotsgestaltung sind sogenannte „Packages“. Diese dienen dem Kunden zur direkten Buchung eines Produktebündels und zusätzlich kann ihr Angebot Individualreisenden Ideen für den Urlaub aufzeigen (Bieger, 2008).

Exemplarisch für den naturorientierten Outdoorsport untersuchte Flesch (2007 zitiert nach: Heinemann, 2010) verschiedene Mountainbike-Destinationen in deutschen Mittelgebirgsregionen. Er stellte positive wirtschaftliche Effekte für die Destinationen fest – allerdings müssten Zusatznutzen für Mountainbiker angeboten werden, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Flesch (2007 zitiert nach: Heinemann, 2010) teilte den Kundennutzen für Mountainbiker in drei verschiedene Stufen ein: Basisnutzen, Leistungsfaktoren und Begeisterungsfaktoren (vgl. Tabelle 2.6, wobei beispielsweise GPS-Touren und Portale heute bereits zu einer Selbstverständlichkeit geworden sind). Ähnliche Anforderungen an eine Mountainbike-Region betonte Prinz (2008).

Im Jahr 2008 entschied die Destination Engadin/St. Moritz, sich strategisch auch im Bereich Mountainbiking zu positionieren. Dazu wurde ein Masterplan mit einer speziellen Positionierung der Destination erarbeitet. Das Credo lautete nicht „grösser, weiter, mehr“, sondern es sollte mit sanften Eingriffen ein nachhaltiges Produkt für ein neues Genusserlebnis Mountainbiking im Engadin geschaffen werden (Cazin, o.J.). Die Elemente dieses Masterplans sind in Tabelle 2.6 ersichtlich. Die Elemente sollten flexibel gestaltet werden, da der Mountainbike-Markt noch als sehr jung eingeschätzt wurde und sich deshalb noch weiter differenzieren würde. Bis Ende des Jahres 2013 wurden verschiedene Elemente, wie beispielsweise Flowtrails bereits realisiert und weitere werden folgen (Wohlgensinger, 2013).

Das Beispiel von Flesch (2007 zitiert nach: Heinemann, 2010) und der Destination Engadin/ St. Moritz zeigt die Mountainbike-spezifische Umsetzung einer Positionierung, welche als exemplarisch betrachtet werden kann. Scarpa und Thiene untersuchten in Norditalien die Positionierung von Kletterdestinationen (Scarpa und Thiene, 2005) und Wanderdestinationen (Thiene und Scarpa, 2008). Die beiden Autoren verwendeten aber weniger Attribute, sodass diese nur sehr lückenhaft in das Konzept von Tabelle 2.6 integrierbar sind. Sicherlich wäre dieses Konzept auch auf andere Outdoorsportarten übertragbar. Für das Wandern werden die hauptsächlichen Bedürfnisse jedoch bereits mit dem Basisnutzen abgedeckt, da das Reiseziel mit den Landschaftshöhepunkten, Wanderwege und -angebote und Unterkünfte die wesentlichen Merkmale für den Destinationsentscheid nach Dreyer et al. (2010) darstellen. Weitere Faktoren wie Rahmenprogramm, Familienangebote, Hundefreundlichkeit usw. lassen hingegen Differenzierungen zu.

Tabelle 2.6: Kundennutzen und Produktehierarchie einer Destination im Mountainbike-Tourismus und Umsetzung in der Destination Engadin/St. Moritz (erweitert nach Flesch 2007 zitiert nach: Heinemann, 2010)


KundennutzenProdukteProdukte des Mountainbike-Masterplans der Destination Engadin/St. Moritz
BasisnutzenVielfältiges Routen- und WegnetzBeschilderungssystemDifferenziertes Übernachtungsangebot (Camping bis gehobene Hotellerie)KartenmaterialBikeverleihstationen und reparaturwerkstättenGrosses Routen- und Wegnetz ursprünglicher Forst- und Wanderwege (Zone 1)Beschilderung nach VSS-NormVielfältige ÜbernachtungsmöglichkeitenBikekarten und -führerBikeshops und Rentalsysteme
Leistungsfaktoren (Zusatznutzen I)Zertifizierte Bike-freundliche Übernachtungs- und GastronomiebetriebeAngebot von GPS-Daten und – GeräteverleihRadportalGeführte TourenFahrtechnik-SeminareBikehotels in allen KategorienTracks auf WebplattformenGeführte TourenFörderung der lokalen Bikeszene
Begeisterungsfaktoren (Zusatznutzen II)Spezialisierte Bike-HotelsBike-ParkTest-CenterEventsBergbahnservice um in grössere Höhen zu gelangen: Naturerlebnis und Fahrspass (Zone 2)Bestehende Wege Mountainbiketechnisch unterhalten und geringfügig umgebaut (Zone 2)Flowtrails – Hauptantrieb ist Schwerkraft, aber nicht zu schwierige Hindernisse (Zone 3)Bike-SchuleÜbungsgeländePackagesTestcenters

2.3.3 Zukunftsaussichten und resultierende Aufgaben

Die Bedeutung der naturorientierten Outdoorsportarten wird nach Auffassung einiger Experten weiterhin zunehmen (Bowker et al., 1999, Cordell, 2008, Frick et al., 2010). Roth et al. (2004) äusserten hingegen die Meinung, dass das quantitative Wachstum im naturorientierten Outdoorsport nicht mehr gross sei und sich allenfalls Verlagerungen zeigen werden. Allerdings sahen diese Autoren durchaus ein Wachstumspotenzial bei Frauen und bei Menschen aus sozial schwächeren Milieus. Daraus ergeben sich verschiedene Positionierungsmöglichkeiten für Destinationen.

Hinsichtlich des Klimawandels ortete Wirth (2010) ebenfalls Nischen im Ausbau von Outdoorsportangeboten und -aktivitäten. Sie wies darauf hin, dass dies nur im beschränkten Masse erfolgen sollte, damit die vorhandenen Gäste dadurch nicht verstimmt würden. Sensible Lebensräume sollten von einer Erschliessung ausgenommen werden.

Die Trends Klimaerwärmung mit heissen Sommern, die Bedeutung von Naturerlebnissen, Gesundheit und Fitness sowie mehr Mobilität deuten darauf hin, dass Menschen vermehrt im Sommer in den Bergen unterwegs sein werden (Pröbstl, 2011a). „ Um die Bedürfnisse von Mensch und Natur zu berücksichtigen und dazu touristisch erfolgreich zu sein, braucht es auch im Outdoorsport Managementkompetenz. Denn Outdoor ist mehr als nur die Türe öffnen “, unterstreicht Jürg Schmid, Direktor Schweiz Tourismus (Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur, 2013) diese Auffassung. Um als Destination im naturorientierten Outdoorsport langfristig erfolgreich zu sein, d.h. den Sportlern unvergessliche Erlebnisse zu bieten, erfordert dies also ein umfassendes Management – gut geplante Infrastruktur, Marketing, Besuchermanagement usw. Eine proaktive Steuerung zur Konfliktvermeidung in verschiedener Hinsicht im Sinne des Vorsorgeprinzips ist daher notwendig (Lorch, 1995, Pröbstl, 2011a, Pröbstl et al., 2011).

2.4 Wandern in den Bergen

2.4.1 Bedeutung des Wanderns und des Bergwanderns

Das Wandern ist die naturorientierte Outdoorsportart mit der längsten Tradition. Eine gültige Abgrenzung zwischen den verschiedenen Begriffen Spazierengehen, Wandern, Bergwandern, Bergsteigen und Klettern existiert nicht. Hingegen kann Bergwandern von alpinem Klettern unterschieden werden, indem das Bergwandern keine Zuhilfenahme der Hände erfordert (Muhar et al., 2006). Auf den Alpin-Wanderwegen in der Schweiz sind allerdings auch Stellen vorhanden, welche nur unter Zuhilfenahme der Hände zur Sicherung überwunden werden können. Roth et al. (2003) verstehen unter Klettern alle Bewegungsformen in Fels und Eis. Bergwanderer bewegen sich jedoch ebenfalls teilweise im Fels – die Übergänge sind also fliessend.11

Bei der schweizerischen Wohnbevölkerung stellt das Wandern mit 32,9 % knapp hinter dem Radfahren die zweithäufigste ausgeführte Sportart dar (Lamprecht et al., 2008a), mit Wanderern aus allen Bevölkerungsschichten. Jugendliche, Personen mit geringerem Bildungsgrad sowie die ausländische Wohnbevölkerung sind jedoch unterrepräsentiert (vgl. auch Brämer, 2008a). Wandern ist insbesondere bei der älteren Bevölkerung beliebt. Diese Gruppe betreibt das Wandern mit ca. 47 Wanderungen pro Jahr deutlich häufiger als die Jüngeren. Bergwanderungen unternehmen allerdings „nur“ 10,3 % der schweizerischen Bevölkerung, die Bedeutung des Bergwanderns stieg aber zwischen dem Jahr 2000 und 2008 deutlich an (Lamprecht et al., 2009).

Boller widmete seine Aufmerksamkeit dem Wandern in abgelegenen Regionen der schweizerischen Südalpen, die durch Alpwirtschaft extensiv genutzt werden. Diese Wanderform ist sonst eher in Nordamerika, Nordeuropa oder Neuseeland verbreitet. Er prognostizierte eine leichte, durchaus gewollte Zunahme solcher Wanderaktivitäten, schätzte die Übernutzungsgefahr aber als gering ein (Boller, 2007, Boller et al., 2010).